gelbe kinder am fenster

neugeborenes, klassische gelbsucht nach geburt, beratung der mutter über mögliche therapie-maßnahmen.

ich: „wenn die gelbsucht zuviel wird, muß man vielleicht nochmals die blutwerte kontrollieren, eventuell muss ihre tochter dann unter die spezielle bilirubinlampe.“
mutter
: „ei, dann stell ich die kleine eben vor die fensterscheibe, dann geht die gelbsucht doch auch weg.“
ich: „das bringt nicht viel, weil fensterglas uv-licht filtert. sie können auch kaum hinter einer fensterscheibe braun werden. dann müssen sie schon richtig in die sonne gehen, oder wenigstens in halbschatten.“

sag´s und patsche mir später schwungvoll an die stirn. was habe ich denn da wieder für einen quatsch gefaselt?

die behandlung der neugeborenengelbsucht hat gar nichts mit uv-licht zu tun. die kinder kommen unter ein blaues licht, wellenlänge ca. 440-490 nm, dies sorgt am besten für die aufspaltung des sichtbaren bilirubins in der haut, so dass später die abfallprodukte leichter über nieren und darm ausgeschieden werden. aber so entstehen die waldbrände: alle welt redet immer davon, dass die neugeborenengelbsucht in der sonne auch besser wird, also redet man plötzlich vom uv-licht und der uv-lampe im neugeborenenzimmer oder in der kinderklinik und ruckzuck red´ ich das auch an die eltern ran. dabei ist es nur der blauanteil im sichtbaren licht, welches eben auch in der sonne seine wirkung tut.

korrekter wäre gewesen: „es macht genausowenig unterschied, ob sie mit ihrem kind in die sonne oder vor die fensterscheibe gehen, der blauanteil des lichtes ist jeweils ähnlich hoch – nämlich zu gering, um einen ausreichenden abbau des bilirubins zu erwirken. einziger vorteil: hinter der fensterscheibe bekommt ihr kind vermutlich weniger sonnenbrand.“

– denn das stimmt wiederum: eine herkömmliche fensterscheibe filtert in der regel den großteil des uv-lichtes, so dass man hier weniger sonnenbrand bekommt – und auch weniger braun wird. das ist natürlich auch abhängig von der dicke des glases, der beschaffenheit (alte dünne fenster filtern weniger als neue neubaufenster, dreifach verglast) und letztendlich der dauer der sonnenexposition.

naja, obige kleine gelbe war dann gar nicht so gelbe und durfte nach hause – und die mama mit ihr ein wenig spazierengehen.

nebenbei: ich hab dann noch etwas im netz recherchiert – und mich am ende wieder geärgert, welche ammenmärchen welcher schrott in manchen elternforen ausgetauscht wird. beispiel. da werden mützchen als prophylaxe vor der gelbsucht empfohlen. so ein quatsch und eher ein puzzelsteinchen in der plötzlicher-kindstod-prophylaxe. vitamin k soll die gelbsucht fördern? warum das? so ein quark. stillen? fördert eher die gelbsucht, aber es wäre grundfalsch, daher vom stillen abzuraten, denn auch die „verdünnung“ ist wichtig, usw. – beim nächsten mal spare ich diese foren bei der recherche besser aus.

edited 20.6.09

22 Antworten auf „gelbe kinder am fenster“

  1. ich finde es unglaublich, wieviel gequirlte kacke in den unkommentierten foren (wie z.B. der oben genannte „rabeneltern“-link) steht.

    wieso haben all die super gescheiten und völlig stilldementen hühner denn nix besseres zu tun, als ihren mist (von vitamin k injektionen bis hin zu kaffee-trinken damit das baby weniger schläft) ins netz zu stellen.

    morgen kommt auch bestimmt bei uns wieder eine verzweifelte mama mit einem ausdruck von solchen foren zu mir und fragt mich, was ich davon halte.

  2. „Wenn man viel, viel stillt dann wird die Verdauung angeregt, das Kindspech kommt früher und das Bili hat GAR KEINE ZEIT, INS BLUT ZU GELANGEN“… bin zwar erst seit einem jahr med.student, aber – no comment. nein, ich werde mich nicht aufregen über solche schlauheiten. nein, ich werde mich nicht aufregen…

      1. Tja, wäre man eine Schnecke, dann hätte man ein Gonorenoperikardialsystem. Da könnte sowas durchaus mal vorkommen 😉 (Manche Schnecken haben auch Hämoglobin, also daran scheitert’s auch nicht)

        Bei Bilirubin muß ich immer an das Schweigen der Lämmer denken, an den schmierigen Chilton.

  3. Kindspech gibt es aber wirklich. Das ist der erste Stuhl eines Neubeborenen (auch Mekonium genannt). Der besteht aus abgeschilferten Schleimzellen, Galle, verschluckten Fruchtwasserbestandteilen, ect. und sieht eben dunkel aus.

  4. Was um alles in der Welt ist den Kindspech?

    Oh das Forum ist ja wirklich klasse. Selbst mir als Medizinischem Laien kommt da alles sehr sehr seltsam vor. Halbwissen kann (leider) sehr gefährlich sein – aber das kennst du ja gut genug.

  5. Also – als ich noch so winzig war, musste ich wegen meiner Gelbsuchtwerte noch mal ins Krankenhaus.
    Ich bin an einem Donnerstag geboren, am Samstag durften Mama und ich nach Hause und am Montag hat der Kinderarzt Mama und mich wieder ins Krankenhaus geschickt, weil mein Gelbsuchtwert bei 21,irgendwas lag. Trinken wollte ich auch nichts, weil es mir zu anstrengend war. Im Krankenhaus lag ich dann unter dem blauen Licht und durfte 2 Tage später wieder heim.

  6. Kurze Frage interessehalber, leicht OT, aber in Bezug auf das supi Elternforum:

    Ist es eigentlich fahrlässig, Kleinkinder und Säuglinge (ausschließlich) mit den tollen Globuli verarzten zu wollen? Z.B. bei der hier thematisierten Gelbsucht?
    Und generell bei anderen, teils saugefährlichen (Kinder-)Krankheiten?

    Weil da mit Placeboeffekt und Selbstheilung ja wohl noch nicht viel los sein kann…

  7. Ich als Hebamme empfehle den Müttern wohl: hell stellen, warm halten (ich habe beobachtet, dass kalte/frierende Kinder eher gelb werden bzw. länger gelb sind … und deswegen auch gern mit Mützchen 😉 ) und die Kinder müssen viel trinken. Dabei ist es mir wurscht was. Sind die Kinder sehr früh gelb, dann auch Wasser/Tee. Im Zweifelsfall wecken, die Kinder müssen trinken, damit das Bili ausgeschieden wird.
    Und natürlich ersetzt das helle Fenster, der Spaziergang (im Halbschatten) natürlich nicht die Phototherapie, das würde ich auch nie so erklären und im Zweifelsfall wird kontrolliert. Zum Glück sind die Grenzwerte heutzutage so hoch, dass eine „richtige“ Therapie nur noch selten der Fall ist.

  8. Was ich mich frag: hast du bei der Mutter in der Geschichte eigentlich später den Sachverhalt geklärt? Sonst läuft die ja jetzt rum und verbreitet Gerüchte 😉

    1. ei logisch. ich hab´s klar gestellt, die mama hat mit den schultern gezuckt und es hingenommen. das war ihr dann wohl egal, ob´s um uv oder blau oder rot geht. tja. so isses manchmal.

      1. Trotzdem sehr löblich 🙂
        Und wenns der Mutter schon wurscht ist, gibts das „Danke“ dann halt stellvertretend von mir.

  9. […] alle Welt redet immer davon, dass […] *g* immer dieser Gruppenzwang, gelle?! 😉

    Sehr informativer Artikel, ich wusste zwar, dass das „ans Fenster stellen“, „viel Tageslicht“, etc. was hilft, aber warum?! Hmm. Naja. Jedenfalls hab ich das Kindergefängnis, äh Kinderspielparadies (damals eher: Tagesbett) vor’s größte Fenster gestellt. Und naja, so gelb war das Töchterlein dann doch nicht. 😀

  10. Auch Ärzte (hier ein Frauenarzt) kann mal eine gelbe Erwachsene „übersehen“. Die Krämpfe wären der Magen in der 3.Schwangerschaft.

    Meine Kids hatten beide zum Glück keine Biliprobleme. Einer meiner Neffen hatte es seinerzeit, bin aber zu wenig informiert gewesen (über die Therapie. Wir haben zu weit auseinander gewohnt)

  11. Unser Kinderarzt + Hebamme sagten: Viel Tageslicht, nicht so viel Sonne, dass es Sonnenbrand gibt aber trotzdem so viel Licht wie möglich.
    Das anlegen, anlegen, anlegen sagten auch beide, allerdings nicht um den Wert zu senken sondern weil gelbe Kinder eben schläfriger und trinkfauler sind.

    Aus dem Gelb wurde braun und das verschwand später schlagartig über Nacht.

    Lieber Kinderdoc, es mag sein, dass Stillen nicht hilft bei der Bilisenkung, aber was du schreibst klingt fast, als wäre es was schlechtes, zu stillen wenn man ein gelbes Kind hat.
    Was ist, in Bezug auf die Gelbsucht eigentlich an der MuMi anders als an der Fertigmilch?

    1. ich habs korrigiert, ich würde natürlich nie vom stillen abraten und damit den zorn des laktationsgottes auf mich ziehen

  12. Hmm… Als mein Sohn 2007 geboren wurde, mussten wir in den ersten 10 Tagen täglich zur Kontrolle des Bilirubinwertes. Der Wert war nicht richtig ernst, aber grenzwertig. Musste eben kontrolliert werden, aber wir wurden nicht zur Phototherapie aufgenommen (dankenswerterweise). Damals habe ich sowohl im Krankenhaus als auch von der Hebamme die Tipps bekommen, ihn eben hell zu stellen, viel rauszugehen und auch viel anzulegen. Mal davon abgesehen, dass ich sowieso nach Bedarf gestillt habe und er sowieso nicht mehr getrunken hätte, als er wollte – das war alles Quatsch? Wirkt es nicht wenigstens ein kleines Bisschen unterstützend? Dass solche Maßnahmen im Ernstfall die Phototherapie nicht ersetzen können, ist mir dabei schon klar… Aber da ich in nächsten Wochen wieder Nachwuchs erwarte, würde mich das jetzt interessieren 🙂

    Viele Grüße
    Sandra

    1. nein, das ist nicht alles falsch – mir ging es auch um die therapie der gelbsucht. stillen bedeutet ja, dem kind flüssigkeit zu geben, d.h. du vedünnst letztendlich den bilirubinwert im blut, und damit sinkt dieser auch. aber: muttermilch verdrängt bilirubin aus seiner “konjugation” am protein im blut – und damit wird weniger bilirubin ausgeschieden – die gestillten kinder sind oft länger gelb als die ungestillten.
      und das mit der sonne habe ich ja im thread geschrieben – es hilft, aber eben nicht in so bombigem maße wie die blaulichtlampe.

      tägliches bili-kontrollieren? das war schon 2007 anachronistisch. der arme.

      1. Das Problem ist nur, dass die Kinder trinkfaul werden wenn das Bili ansteigt. Deshalb bekommen Bilikinder bei uns immer ne Infusion (Klar, auch wegen dem höheren Flüssigkeitsbedarf unter der Lampe). Viele unserer Eltern merken garnicht, dass das Kind gelb ist sondern nur dass es mehr schläft und weniger trinkt. Teilweise sogar wenn das Kind knapp an der Austauschgrenze entlangschrappt.

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