ich mach´n praktikum

neben den azubis lassen wir gerne auch ab und an mal praktikanten, meist -innen, in der praxis mitlaufen. zur berufsfindung, als zusatzquali für die sommerferien, zum reinschnuppern in den arzt- oder mfa-beruf. wenn die auszubildenden bei uns die küken sind, dann sind die praktikantinnen meist eierschale. das ist auch klar. oft gerade fünfzehn oder sechzehn, völlig im schulalltag eingebunden, dann katapultiert in die berufswelt, die für eine knappe woche an ihnen vorbeisegelt.

trotzdem ist das wichtig. niemals sollte man als jugendliche/r einen berufsweg einschlagen, den man nicht wenigstens für kurze tage live erlebt hat. wir hatten schon praktikantinnen, die bei der ersten blutabnahme grün anliefen – war wohl nichts – , die sich zu schade waren, den helferinnen beim mülleimerbeutelaufhalten zu assistieren – war wohl nichts – oder die am zweiten praktikumstag mit flitzestuhl zu hause blieben – kann ja noch werden.

der herbst ist eine klassische zeit für die realschulpraktika – und auch dieses jahr hat sich wieder ein junge frau angekündigt. wir werden sehen. der herbst bedeutet auf jeden fall für den kinderarzt hochsaison, also bekommt sie genug zu sehen – wenn sie möchte, und hinter dem rücken der arzthelferinnen vorbeischaut. meine helferinnen versuchen immer, die praktikantinnen dicke einzubinden, in ihren möglichkeiten. aber ein praktikum hat was mit praktisch zu tun, und wer praktisch nicht mitmacht, hat praktisch nichts vom praktikum.

am ende gibts immer eine beurteilung. vier fünf stichpunkte (pünktlichkeit, kritikfähigkeit usw.), die die schülerin für diese woche charakterisieren soll. das ist immer sehr schwer. ist man zu freundlich, ergreift sie am ende tatsächlich diesen beruf, für den sie vielleicht gar nicht taugt. ist man zu ehrlich (und womöglich zu negativ), verbaut man ihr vielleicht schon die zeit in der letzten schulklasse. sehr schwierig. also bleibt die hoffnung stets, dass die praktikantin fähig ist – und man dass dann auch bescheinigen kann.

absolutes no-go: fragen vor den eltern stellen. im sinne von „das rote da, ist das was schlimmes?“ oder rhetorische fragen wie „tut ihm das nicht weh?“ (während der untersuchung wie hier) – da bekommen die eltern ganz schnelle sooolche ohren. deshalb stelle ich das meist vorher klar. genauso wie die schweigepflicht – da die schüler meist aus der umgebung sind, kennen sie oft die familien hier – und dann kommt es gar nicht gut, wenn in der nachbarschaft breitgetreten wird, welche familien grad mal wieder die läuse zu hause haben. die letzte praktikantin habe ich in jedem zimmer „verloren“, weil sie immer in smalltalk mit den müttern verfiel – die kannte wirklich alle.

21 Antworten auf „ich mach´n praktikum“

  1. Hi
    ich habe in dem Alter einige Praktika gemacht und nichts ausgeplaudert. Ich wußte, daß man eine Schweigepflicht hat und dann habe ich mich eben daran gehalten.
    Ich glaube nicht, daß es eine Frage des Alters, sondern er Persönlichkeit ist. Erst neulich nahm ich eine Freundin einer Freundin zu einem Konzert mit und diese plauderte lustig über Patient xyz. Als ich sie darauf ansprach, ob sie das gut findet und was ihr Chef dazu sagt, zuckte sie nur mit den Schultern und meinte ganz gelassen „Wen interessiert das schon“ und sie war keine 15/16, sondern eine erwachsene Frau

  2. Wenn wir wollen, dass aus unseren Kindern was wird, dann müssen sie auch die Möglichkeit haben sich zu orientieren. Oft haben sie einen Berufswunsch und eine völlig falsche Vorstellung davon. Während eines Praktikums bekommen sie wenigstens einen kleinen Einblick und können besser entscheiden, was sie denn mal werden wollen.
    Wenn ich in meiner Firma einen Praktikanten aufnehme, dann weiß ich aber ganz genau, was ich ihm zugänglich mache und was nicht. Diese Verantwortung habe ich nun mal.

    Mein Sohn hatte inder Klasse 10, Realschule, sogar 2mal die Möglichkeit für ein zusätzliches Praktikum, er wurde dafür vom Unterricht freigestellt. Das hat ihm sehr geholfen.

  3. Ich hab keine ahnung, wie das beim kinderdok abläuft, aber ich geh auch mal davon aus, dass Praktikanten nicht einfach Zugang zu allen Akten haben und die bei problematischeren Patienten auch nicht im Behandlugsraum dabei sind.
    Ich hab auch mal von der Schule aus, ein Praktikum im Krankenhaus/Dialyseklinik gemacht aber da ging es eher um den „sozialen“ Teil (katholische Schule … ;)) also mit den Patienten reden usw. aber ich dürfte auch so Sachen wie das Schlauchsystem am Ende von der Behandlung von den Maschinen nehmen, die Maschinen putzen, neues Schlauchsystem draufmachen, Kaliumwerte bestimmen – ein Patient wäre sogar damit einverstanden gewesen, dass ich ihm eine Spritze gegeben hätte, das hab ich mir dann aber nicht zugetraut 😉 … aber ich hatte keinen Zugang zu den Akten – aber natürlich wurde ich darauf hingewiesen, wer Hepatitis oder so hat, weil da ja die Hygienevorschriften und so dann noch viel strenger waren …

      1. Wenn der Praktikantin mit 15 die Reife fehlt, um mir Patientenakten umzugehen, müsste man die 16-jährige Auszubildende auch noch überdenken. Quatsch! Außerdem: was sollte die Praktikantin an Akten zu suchen haben, außer sie bekommt mal gezeigt, wie soetwas aussieht und was man da macht. Und da wirds nen Schnupfen sein und nicht der Missbrauch.

      2. Glaubst Du echt, dass die Praktikantin lang genug nichts zu tun hat und in dieser Zeit unbeaufsichtigt an einem Ort sein wird, von dem aus sie in den Patientenakten rumschnüffeln kann? 😉
        Nichts für ungut, aber das ist realitätsfremd.

  4. Ich finde es gut, wenn Betriebe Schüler als Praktikanten einstellen. Meine Tochter (14, 9. Klasse Hauptschule) muss im Oktober ein Pflichtpraktikum durchführen. Es ist nicht einfach einen Betrieb zu finden, der Praktikanten einstellt. Die meisten Betriebe stellen keine ein, weil sie nicht ausbilden. Ihr erstes Praktikum (1/2 Tag) hatte sie schon mit 12 Jahren.

  5. Vielleicht werden die Patienten oder in dem Fall eher die Eltern ja auch gefragt, ob das ok is, ob eine Praktikantin zuguckt @ tintenfischchen ?
    War bei mir bisher jedes Mal so, wenn in einer Arztpraxis ein Praktikant war – für mich war das zwar nie ein Problem, aber ich fand es trotzdem immer nett, dass gefragt wurde …

    1. Einverstanden, wenn die Eltern gefragt werden. Aber was ist mit dem Zugang zu Patientenakten, in denen vielleicht ein Verdacht auf sex. Mißbrauch oder Mißhandlungen zu finden ist oder es sich um ein alkoholgeschädigtes oder mit Aids infiziertes Kind handelt?

      1. wenn es danach geht, dürften die meisten jungen menschen kein praktikum machen… in der bibliothek sieht man, dass die verhasste nachbarin xyz ein berg von schulden und büchern der bibliothek zu hause hat… in banken… naja…

        das sind niedere gründe! ich kenne so manchen 16jährigen, dem würde ich mehr anvertrauen als gleichaltrige =) kann man so pauschal nicht differenzieren.

  6. Ich bin – gelinde gesagt – ziemlich entsetzt, Praktikanten, zudem so junge, in einer kleinstädtischen Arztpraxis einzusetzen. Ich gehe davon aus, daß ihnen die nötige Reife fehlt, die dort erhaltenen Informationen für sich zu behalten. Es würde sicherlich schon Erwachsenen schwer fallen, eine brisante Informati0n über die Nachbarin nicht zumindest im trauten Familienkreis zu erörtern. Und dann ist es nur ein kurzer Weg bis sämtliche Tratschtanten im Ort Bescheid wissen. In einer Kinderarztpraxis werden vielleicht nicht gar so deftige Diagnosen gestellt werden, dennoch bin ich der Ansicht, daß Fremde in Praxen nichts zu suchen haben.

    Ich habe schon mal den Arzt gewechselt, als ich in einer Art Abstellkammer, in der EGKs gemacht wurden, in offenen Regalen Unmengen von Patientenakten vorfand. Eine äußerst interessante Lektüre für Bewohner einer dörflich strukturierten Kleinstadt.

    1. Also ich habe mit 15 ein Praktikum im Krankenhaus gemacht und für mich war absolut klar, dass ich nichts auszuplaudern habe, von dem, was ich dort erfahren habe. Wenn ich etwas von der Arbeit erzählt habe, habe ich immer drauf geachtet, Herr / Frau XY oder Ähnliches zu sagen und habe nicht einmal einen wirklichen Namen genannt.

      1. war bei mir auch so, im Praktikumsbericht wurden auch alle Namen geändert, bzw. hab ich nur „Frau S.“ oder so geschrieben (wir sollten eben eben auch über Erfahrungen mit Patienten schreiben …)

  7. Jaja, die Pünktlichkeit.
    Wir hatten jetzt zwei Praktikantinnen (wobei bei uns Praktika über mehrere Monate dauern, die sind also schon aus der Schule, keine war unter 19), die beide ausgesprochen unpünktlich waren. Bis ich sie unter mir hatte, waren sie zum Glück von den andern schon etwas in Pünktlichkeit „geschult“ worden, sonst hätte ich mich geärgert, weil ich meinen an ihren Stundenplan angepasst hatte und früher zur Arbeit kam.
    Mich hat v.a. die Gleichgültigkeit erstaunt „Ja ich weiss, das Problem hatte ich schon als Schülerin *schulterzuck*“. He, Hallo, wir arbeiten im Kundenkontakt mit Öffnungszeiten, die Kollegin will auch mal abgelöst werden! Wenn jemand Unpünktlichkeit normal findet, sollte er sich einen Beruf suchen, in dem Gleitzeit üblich ist.

  8. Find ich super, dass die Praktikanten so gründlich reinschauen dürfen. Ich bin insgesamt froh, dass sich bis ins fortgeschrittene Studium mir die Kollegen immer wieder Mut gemacht habe, dass ich das mit dem „Blut-sehen-können“ schon noch lerne… und sie hatten zum Glück Recht 🙂 Aber ich habe lange gezweifelt…

  9. Bei dir dürfen die Praktikanten mit in die Behandlungssräume?

    Damals (als 9tklässlerin) war ich im Zuge der BerufsOrientierung an GYmnasien (BOGY) auch in einer Arztpraxis, weil ich für die Krankenhäuser zu jung war. Ich war einmal in einem Behandlungszimmer dabei, weil es was chirurgisches war, bei dem die Ärztin (Allgemeinmedizin) Unterstützung benötigte. Ansonsten: Infusionen und Spritzen vorbereiten, Infusionen ziehen, diverse Tests machen, Blutdruck messen, Verwaltung und EKGs kleben. Praktikanten sind bei denen grundsätzlich nie bei der Anamnese dabei. Fand ich persönlich ziemlich schade.

    Eine Bewertung gab es damals auch, ich war wohl „gewissenhaft, zuverlässig und ordentlich“. Bei wie vielen Leuten schreibt das Praxisteam dies in den Bericht?

    Und Nein, ich wollte nicht nach der 9ten Klasse das Gymnasium abbrechen und eine Ausbildung zur MFA machen. Ich hatte an ein Medizinstudium gedacht.

    1. Bogy? Ha, was haben denn die Englischlehrer zu dieser Abkürzung gesagt? Das kann man wahlweise mit Teufel, Popel oder Schreckgespenst übersetzen. Wobei man im Englischen zum Schreckgespenst auch bugaboo sagen kann, was jetzt alle Leute freuen wird, die nicht so ’sophisticated‘ sind 😛

      Grüße!

  10. 😀
    find ich super das du Praktikanten/Innen in deiner Praxis schnuppern lässt…
    ja wir jungen Menschen sind halt noch nicht so erfahren also gehärt schimpfen schon dazu, also bitte motzen was das Zeug hält.

    1. Äh… nein, nicht „motzen was das Zeug hält“. Als Vorgesetzter sollte man sich da um konstruktive Kritik bemühen, „Feedback-Kultur“, wie man das heute so schön nennt 😉

      Das kann man übrigens auch lernen… und jedem, der Leute unter sich hat, lege ich das wärmstens ans Herz.

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