die in der mitte

beim bloggen neige ich dazu, eher die lustigen dinge des alltags preiszugeben, zugegeben. oder die unfreiwillig komischen, die geschrieben zunächst witzig sind, aber in näherer betrachtung oder besser objektivem abstand schockieren oder zumindest mal entrüsten. aber so ist der alltag auch: bei manchen situationen bin ich mir nicht sicher, ob ich sie gerade jetzt gerade so erlebe, oder ob ich da nicht in einem traum verdämmere, aus dem ich auswache. manche dinge sind nicht glaubbar. und andere so alltäglich üblich und immer wieder gleich, das sie subkortikal ablaufen.

so ähnlich wie die ads-kinder: die fallen auf und aus der reihe, über sie wird gesprochen, zwischen eltern, zwischen lehrern und eltern, zwischen lehrern. sie alleine bestimmen das durchleben einer ganzen klasse. über die mittleren, die normalen, spricht kaum einer. und dann wieder vielleicht die ganz unten, die migranten, die, die schon die klasse wiederholt haben, die die seufzend in den lehrerkonferenzen aufgearbeitet werden.  von der klasse meiner tochter kenne ich neben ihren engsten freunden nur den klassen-loser und den klassen-kasper. auch nach ein paar jahren schule tauchen da immer wieder namen auf, die ich noch nie gehört habe – das ist der mittelbau, über den nicht mal meine tochter spricht.

vielleicht so ähnlich läuft auch der praxisalltag. und der umsatz in diesem blog. ich nehme mir vor, mehr von denen im mittelbau zu schreiben. nicht die braven, nein, so heißen sie nicht, auch nicht die normalen, den das ist nur definition, nein, die wenig extremen und doch die guten, die instinktiven, ob eltern oder kinder, die authentischen. es sind die kleinen und großen menschen, die den raum erfüllen, alleine, weil sie da sind. bei denen man gerne durch die tür tritt und gerne sie auch wieder nach der untersuchung verläßt, weil, das wird schon. die, die mir keine sorgen machen, und auch nicht ihren eltern, oder ihren kindern. sie machen neunzehntel des tages aus. über sie sollte ich schreiben. denn sie lassen meinen alltag nicht alt werden, aber meine abende schön.

12 Antworten auf „die in der mitte“

  1. Ich kenne das nur zu gut, im Lehrerzimmer gehen die pflegeleichen, „normalen“ Kinder manchmal unter, im Sinne von: werden nicht durchdiskutiert.
    Dabei sind wir doch so froh, solche den Alltag ausgleichende Personen bei uns zu haben. Ein Lob auf die ganz „gewöhnlichen“!

  2. Also, Kinderdoc,

    ich lese auch gerne über die Extremen. Normal bin ich ja selbst schon genug. Und da es wohl dem Großteil der anderen Normalen ebenso ergeht, interessiert sich auch kaum einer für die Belange oder Geschichten der breiten Masse.
    Eigentlich schade.
    Irgendwie aber auch nachvollziehbar.
    Daher bitte auch weiter schön über die Extremfälle schreiben. Es entlockt mir jedesmal ein Schmunzeln und den Gedanken: Wie schön, dass ich so normal bin!
    🙂

  3. Lieber Kinderdoc,
    ich finde Sie schreiben doch auch über die angenehmen „Mittleren“! Sie hatten mal einen Superbeitrag über ein frisch gebackenes „ganz normales“ Elternpaar, dem Sie einfach vertrauten – das war traumhaft.
    Aber so oder so: es ist immer schwer, sich nicht von den wüsten Alltagssituationen überwältigen zu lassen, die die normalen so zudecken. Ist wohl in jedem Blog und jeder Konversation so. Wird schon!
    MfG: Ihre Mama007

      1. Ich meinte die, die den Patienten zu Poesie anregen. Die werden meist auf Basis von Bierkutscher-Pöbelei oder Amtsdeutsch hergestellt.

  4. Das klingt schön! Und ich hoffe doch sehr, dass auch wir zu dieser Mitte gehören… 🙂 Trotzdem muss ich Tintenfischchen zustimmen, dass es ja genau diese „Ausreißer“ sind, die die Kinderdoc-Geschichten so spannend, lustig, zum Haareraufen, zum Grübeln oder wie auch immer, jedenfalls immer berührend machen.

  5. ich stimme Cara voll umfänglich zu!
    was wäre die Welt ohne die (oftmals schweigende) mehrheitliche Mitte.
    Grüße
    Hajo

  6. Das hast Du schön geschrieben.

    Ich hoffe, zu diesen „Mittleren“ gehören auch unser Sohn und wir, seine Eltern – nicht nur beim Kinderarzt…

  7. Ich glaube, daß es wohl jedem Leser klar sein dürfte, daß Ihre Berichte aus der Praxis nicht die Normalfälle sind. Aber das ist es ja gerade, was Ihren Blog so lesenswert macht. Erzähltes, gelesenes, verfilmtes Leben muß die Farbtupfer im sonst so grauen Alltag behandeln, um interessant zu sein. Das hat nichts mit Geringschätzung der Normalos zu tun.

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