wenn die psyche krank macht

liebe frau sulzfeld, doch ich denke schon, dass es berechtigt ist, diese frage zu stellen.

sie haben mir soeben erzählt, dass ihr fünfzehnjähriger sohn immer wieder krank sei, dass sie inzwischen einschließlich meiner person in den letzten vier monaten vier ärzte aufgesucht haben, dazu eine heilpraktikerin, dass sie bereits einen krankenhausaufenthalt von fünf tagen hinter sich haben – der nichts ergab – , dass die zahlreichen blutabnahmen und untersuchungen der vielen kollegen – ja, auch die eigenblutbehandlung der heilpraktikerin – bisher keine früchte trugen, dass sie sich allerdings – und das sollte man erwähnen – vor zwei jahren von ihrem mann getrennt haben, der mit seiner sekretärin durchgebrannt ist und sie daher aus der großen stadt aufs weite land ziehen mußten, dass ihr ältere tochter vor einem jahr mit unklaren kopfschmerzepisoden durch die gesamte neurologische maschinerie gewandert ist, dass ihr sohn wiederum vor einem halben jahr die schule wechseln musste wegen zu vieler fehlzeiten, die beabsichtigte privatschule aktuell aber auch mit den wiederholten erkrankungen ihres sohnes nicht zurechtkommt, dass er nun bereits seit zwoeinhalb wochen das bett hütet und nicht zur schule geht und mir hier soeben so interessante symptome schildert wie „irgendwie so müde in den armen“ und „irgendwie so flau im bauch“.

doch, frau sulzfeld, da denke ich schon, dass es gerechtfertigt ist, die frage zu stellen, ob das nicht psychosomatisch sein könnte. nein, doch, ja, das frage ich, auch wenn sie sich jetzt sehr aufregen.

39 Antworten auf „wenn die psyche krank macht“

  1. Genau das, was Muschelsucher anspricht, ist damals bei mir passiert, als ich 15 war. Ich hatte keine Schmerzen, hab lediglich gehustet, aber nach einem Jahr dann von meiner Mutter zu mehreren Ärzten geschleppt worden. Als der letzte in der Reihe das Wörtchen „psychosomatisch“ in den Mund nahm, hab ich gradezu aufgeatmet, weil ich Hoffnung hatte, dass endlich was besser wird, dass meine Mutter endlich die Augen geöffnet werden. Ich mein, ich selbst wusste ja, das was nicht in Ordnung ist, aber alle Hilferufe wurden kunstvoll ignoriert. Auch hat keiner der 5 oder 6 Ärzte meine frischen Brandnarben und -wunden an den Händen bemerkt oder die Schnitte an den Armen, oder nur einmal mit mir allein geredet. Da geht wirklich Vertrauen flöten, sowohl in Ärzte als auch in Eltern.

    Naja. Beide haben es dann im Laufe des Gespräch nicht mehr erwähnt, und es wurde niemals wieder angesprochen. Es hätte mir vermutlich die wirklich schlimmen Zeiten der Depression und Folgen bis heute, 11 Jahre später, erspart.

    Insofern würde auch mich wirklich interessieren, wie das Gespräch denn weiterging. Ob die Mutter das als Möglichkeit akzeptiert hat, oder was der Junge dazu sagte.

  2. cih geb Muschelsucher recht.
    Wenn mein Hausarzt vermutet, ich hätte was mit dem herzen schickt er mich zur Abklärung zu Kardiologen.
    Das gleiche solte bei psychischen Problemen auch passieren ( natürlich nicht zum Kardiologen ;-))
    Aber leider wird mann dann meist mit wenig hilfreichen Ausgen 2 machen sie sich alt nicht soviel Stress“ nach hause geschickt.
    Es wäre für Arzt und Patient wichtig den Psychologen als normalen Facharzt zu akzeptieren.

    1. Natürlich richtig. Nur muss man sich dann auf Wartezeiten von einigen Monaten einstellen. Was bei psychischen Erkrankungen, die tödlich enden können (wie Depressionen) fatal ist.
      Bestenfalls bekommt man in einigen Städten einen Termin binnen 3 Wochen bei einem Psychiater, der einem Antidepressiva verschreibt. Eine erste Gesprächstherapie können – je nach Ort – viele Betroffene erst nach Monaten, oder – teilweise ! – sogar Jahren an Wartezeit aufnehmen.
      Das man dann – als psychisch lädierter Mensch keine große Lust verspürt, dem ganzen auch noch hinter her zu rennen, ist wohl verständlich.

  3. Entscheidend finde ich, daß die ärztliche Hilfe mit der Diagnose „psychosomatisches Problem“ nicht eingestellt wird, was aber meist der Fall ist. Genau da muß aber die ärztliche Hilfeleistung dann ansetzen.

    Schöne Grüße

  4. Ich finde es ja schon gut das überhaupt mal an etwas psychosomatisches gedacht wird. Es gibt leider viele Eltern die da so gar nicht dran denken oder den Zusammenhang für nicht möglich halten ;-).

  5. Eine in meinen Augen absolut berechtigte Frage.
    Ich denke, dass die Psyche eine größere Rolle spielt, als viele denken. In einem gesunden Körper wohnt oftmals auch ein gesunder Geist.
    Ich habe auch einige harte psychische Erfahrungen gemacht. Das rächte sich irgendwann körperlich. Und nun rächt es sich anders.
    Vielleicht sollte die gute Frau sich nicht aufregen, sondern etwas unternehmen. Das Problem wird erst gelöst, wenn man es an der Wurzel packt und nicht versucht, der Müdigkeit beispielsweise mit Koffein entgegenzuwirken.

  6. oh, böse Falle – Mütter und psychische Probleme des Nachwuchses. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, daß die meisten Mütter schon selbst auf den Trichter gekommen sind. Leider ist dann aber noch die Hürde des Eingestehens zu nehmen. Und das ist nicht so einfach, leicht bekommt man dann von der Umwelt das Gefühl vermittelt, als Mutter versagt zu haben.
    Es dauert seine Zeit und braucht viel Einfühlungsvermögen.
    Gutes Gelingen

  7. Was mir im Text – und auch in der Diskussion bisschen zu kurz weg kommt: Erkrankungen solcher Art sind ernstzunehmende Erkrankungen-. Und zwar ernster als die meisten Erkältungen. Der Junge hat nicht einfach eine Macke. Und ich denke instinktiv wissen Eltern/Mütter auch, dass das, was da jetzt auf sie zurollt, kein Spaß ist. Und wer selbst damit zu tun hatte, weiß wie unschön es ist, mit dem Stigma umgehen zu müssen. Ganz abgesehen davon, dass man sich als Eltern mit eigenem Versagen usw, auseinandersetzt oder auseinandersetzen muss. Und ganz abgesehen davon, dass die Erkrankung auch nicht so schnell wieder weichen wird …

  8. Es muss doch jedem klar sein, dass Körper und Psyche eine Einheit bilden… wie beim PC. Wenn der Bildschirm hin ist, bleibts genauso dunkel, wie wenn die Festplatte im Eimer ist… wenn ich bei meinen Patienten eine psychische (Mit-)Ursache vermute, versuche ich das immer klar zu sagen. Abgesehen davon ist auch bei rein somatischen chronischen Erkrankungen eine psychologische/therapeutische Mitbetreuung anzuraten- das geht nämlich auch anders rum, nicht nur die Psyche kann den Körper krank machen, auch der kranke Körper greift die Psyche an (was jeder weiß, der schon mal länger außer Gefecht war- mir reichen da schon 7 Tage mit Grippe und ich bin ziemlich down).
    2 große Themengebiete müssen da aber mitbedacht werden:
    Stigmatisierung und Vorurteile
    Der absolute Mangel an ambulanten Therapieplätzen v.a. im Kinder- und Jugendbereich

  9. ihr liegt alle richtig – und das bestätigt auch meine einstellung, dass auch nicht fachleute in der regel instinktiv das richtige denken. nicht immer 😉
    psychosomatische erkrankungen werden als echt erlebt, d.h. die bauchweh, die kopfweh, das übelsein – all das passiert wirklich und muss auch entsprechend symptomatisch behandelt werden. aber kausal muss natürlich an die psyche gegangen werden.
    also: symptome ernst nehmen, auch möglich organische ursache in betracht ziehen und ausschließen, aber: wenn das doctorhopping beginnt (nachdem die wichtigsten dinge ausgeschlossen sind), ist schon was faul. denn sehr oft wird dann womöglich die psychische genese negiert. es braucht natürlich auch immer den arzt, der daran denkt.

    unseren berufsverband beschäftigen diese „neuen krankheiten“ sehr, denn psychosomatische erkrankungen verlagern sich immer mehr auch ins kindes- und jugendalter.

  10. Vorweg eine Frage: Psychosomatisch bedeutet, dass die physische Erkrankung aufgrund eines psychischen Problems auftritt, oder? Also das Bauchweh nicht vom Blinddarm kommt sondern vom Stress (um ein Beispiel zu nennen).

    Was macht man da eigentlich? Hilft es, die Symptome zu behandeln? Oder hilft nur ein Psychologe? Oder ein Psychiater? (ich kenne mich mit den Unterschieden dieser beiden nicht so aus).
    Was hast du der Frau Sulzfeld geraten? Oder lief sie beratungsresistent raus bei dem Wort Psychosomatisch?

    Ich stelle in meinem Umfeld auch fest, dass das Wortteil „Psycho-“ gleich merkwürdige Reaktionen hervorruft. Da gehen manche auf Abstand weil sie Angst haben, es sei ansteckend. Andere sagen „es ist psychisch“ und damit wird es total bagatellisiert denn sie setzen psychisch mit eingebildet und nicht wichtig gleich. Irgendwie finde ich, es bedarf da einiges an Aufklärung und Enttabuisierung, oder?

    1. BIn zwar kein Arzt, aber trotzdem – ja, psychosomatisch kommt von gr. „psyche“ (Seele) und „soma“ (Leib, Körper).

      Der Unterschied zwischen Psychiater und Psychologe ist der, dass ein Psychologe Psychologie studiert hat – er hat kein Medizinstudium durchlaufen wie ein Psychiater und darf dementsprechend auch keine Psychopharmaka oder ähnliche Medikamente verschreiben (jedenfalls nicht soweit ich weiß).

      Was die Symptome angeht – es kommt immer darauf an. Depressionen beispielsweise können ganz verschiedene körperliche Symptome hervorrufen, die aber trotzdem behandelt werden müssen – unter anderem auch Herzkreislaufstörungen, hoher Blutdruck, blahblah.

      Da hoher Blutdruck auch schon bei Jugendlichen gefährlich ist, bzw. werden kann, muss man den mit Medikamenten runterkriegen – gleichzeitig muss aber eben auch die Ursache gefunden werden. Und da nützt es schon sehr, auch wirklich mal zum Psychologen zu gehen.

      Wie schon oben gesagt – deine beschriebenen Reaktionen auf „Psycho“ kenne ich auch und finde die – ganz ehrlich – zum Kotzen.

      Ich hoffe, das ist alles richtig gewesen und hilft dir weiter. 🙂

  11. Mal abgesehen von der etwas ausufernden Diskussion, wer sie bitte warum um wen kümmert oder aber nicht – wenn sämtliche organischen Sachen ausgeschlossen sind, dann sollte man vielleicht psychologische Kompenenten in Erwägung ziehen.

    Es ist doch so – wie einer der besten Ärzte, die ich hatte mal sagte – selbst wenn die Schmerzen keine organische Ursache haben, sie sind ja da. Ein Kind, daß Bauchschmerzen hat, weil es eine Mathearbeit schreibt, hat diese Schmerzen und bildet sie sich nicht nur ein. Dann muß eben an dem Grund gearbeitet werden.

    Was ich nicht verstehen kann ist, dass Eltern sich einer Sache verschließen können, weil sie es nicht wahrhaben wollen. Klar, in einer idealen Welt finde ich raus, was es ist, gebe dem Kind eine Pille und gut ist es. Aber wir leben nun mal nicht in einer idealen Welt.

    Kann schon mal jemand anfangen für die Therapie der beiden Kinder zu sparen?

  12. >> dass immer alles bei den Müttern landet und das alle recht selbstverständlich zu finden scheinen.

    Melody, die Mütter und der Gesetzgeber wollen das so.
    Das Frauen überproportional auf Krisen-Situationen wie aufgescheuchte Hühner reagieren ist ein Teil meines Erfahrungsschatzes. Aber aufgrund von Erziehung, Politik und allgemeiner Meinung der Öffentlichkeit sollen Männer sich nicht tiefergehend mit ihren Kindern beschäftigen (halt, doch, sollen sie schon – aber das Geld soll dann vom Himmel regnen).
    Deine Meinung klingt etwas nach Alice Schwarzer, die immer sehr an einen traurigen alten Tanzbär erinnert; Er ist schon lange aus dem Zirkus befreit, aber wenn er Musik hört tanzt er trotzdem sofort los…

    1. Genau.

      *Die* Mütter wollen das so. Und *die* Frauen reagieren auf Krisensituationen wie aufgescheuchte Hühner. Ne ist klar.

      Und *die* Männer sind alle Schweine und hauen mit der nächstbesten Jüngeren ab. *Die* Männer sind alle männlich und haben alles im Griff.

      Wörter wie „Charakter“ oder *Persönlichkeit* sagen Dir jetzt wenig, oder?

      Ich kenne Männer, die rennen panisch weg, wenn zwei Dinge die Familie betreffend auf einmal passieren. Ich kenne auch Frauen, die das tun. Ich kenne Frauen, die an ungefähr sieben Fronten gleichzeitig mit Bravour kämpfen. Ich kenne auch Männer, die das tun.

      Der Himmel gebe, dass Menschen mit Retromeinungen wie Deinen wahlweise aussterben oder einfach mal die Klappe halten.

  13. Schon wieder diese alte Diskussion „hach, das kann gar nicht sein, dass das psychosomatisch ist!“? Und schon wieder dieses Theater, dass ein/e Jugendliche/r erst ganz spät zum Psychologen kommt, weil „wenn die Nachbarn das mitkriegen, oh-oh …“

    Natürlich ist das für Eltern überhaupt nicht witzig, sich einzugestehen, dass man da nicht helfen kann, aber – diese psychosomatischen Beschwerden sind kein Spaß und können auch verdammt gefährlich werden.

    Auch schon bei Jugendlichen …

    1. Eines der Probleme ist aber sicherlich auch, dass sich psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen tatsächlich häufig anders aüßern, als bei Erwachsenen. Und selbst wenn man die Symptomatik für Erwachsene ganz gut auf dem Schirm hat, heisst das noch lange nicht, dass man sie bei Kindern auch erkennt.
      Dazu kommt der nicht wegzubekommende Mythos, dass Kinder ja noch gar keine psychischen Erkrankungen haben können und schon mal gar nicht vor der Pubertät. Da ist noch doppelt so viel Aufklärung nötig, wie bei psychischen Erkrankungen überhaupt.

  14. Hajo, ich habe keinerlei solche Erfahrungen. Nur eine wache Beobachtungsgabe.

    Wieso eigentlich ist die Mutter damit betraut und der Vater außen vor? Wieso ist der Vater nicht da, wenn es seinem Sohn schlecht geht, wieso sitzt der Vater nie beim Arzt? Sekretärinnen beglücken ist netter, schon klar – aber die Annahme, dass die Probleme jetzt der Mutter gehören, die ist es, die ich kritisierte :-))

    Ich meine damit auch nicht dich persönlich, sondern es ist mir eben mal wieder aufgefallen, dass immer alles bei den Müttern landet und das alle recht selbstverständlich zu finden scheinen.

    1. Also „immer“ ist schon ein großes Wort. 😉

      ich denke, es ist hier einfach der Tatsache geschuldet, dass die beiden offensichtlich bei den Eltern wohnen. Und wer öfter da ist – und je nachdem, wo der Vater wohnt – geht dann auch mit den Kindern zum Arzt. So einfach.

    2. 1. „Sekretärinnen beglücken“: Ist er vielleicht einfach mit seiner Sekretärin – ganz unabhängig davon, dass sie seine Sekretärin ist – glücklicher? Wissen wir nicht, aber wir wissen auch das Gegenteil nicht (Nebenbei hätte ich mir, wenn meine Frau Eigenblutbehandlungen und sowas machen ließe, wahrscheinlich auch schnellstmöglich wen anders gesucht ;)).
      2. Die Kinder scheinen bei der Mutter zu leben. Ob die das nun so wollte und der Vater eigentlich gerne mehr Kontakt hätte (soll es tatsächlich geben) wissen wir auch nicht. Tatsache ist, dass die Mutter – in diesem Fall – mehr Kontakt mit den Kindern hat, also auch mehr Einfluss, mehr Einblick und dadurch mehr Verantwortung.
      3. Dass der Vater oft so „außen vor“ ist ist denke ich auch oft Schuld der Mütter bzw. der gesetzlichen Lage, die diese bevorzugt. Wenn es Streit darüber gibt, wo die Kinder nach der Trennung leben sollen, gewinnt meistens die Mutter. In vielen Familien (ich ziehe hier Informationen aus meinem Bekannten und Verwandten – Kreis, ich bin nicht sicher wie repräsentativ der ist) bleiben die Frauen auch recht lange nach der Geburt der Kinder zu hause. Klar sollen sie, ist ihr gutes Recht aber dadurch kann der Mann nicht zuhause bleiben. Bleibt die Frau 12 Monate bleiben ihm nur maximal 2 und bei solchen Konstellationen ist er dann meist auch der Hauptverdiener und kann sich so weniger Freizeit und Elternzeit leisten und hat so schon während die Ehe/ Beziehung noch hält weniger Kontakt zu den Kinder.
      Das muss nicht immer so sein, ich habe kein riesiges n wie gesagt aber es ist mal ein Versuch das Problem zu erklären.

      1. Lieber Achtelgott,

        also bei Punkt 3 regt sich bei mir ja schon deutlicher Widerspruch…

        „Die Frauen bleiben zu Hause, also können es die Männer nicht.“

        Hm…denken Sie da nicht vom Ende her? Grundsätzlich muss ja innerhalb der Beziehung geklärt werden, wer wie lange zu Hause bleibt und DANN wird es umgesetzt. Sollte so eine grundlegende Entscheidung nicht gemeinsam getroffen werden? Es ist ja wohl kaum so, dass die Männer gegen ihren Willen akzeptieren müssen, dass sie selbst keine Elternzeit nehmen oder nur die zwei Monate.

        Das ist so der nächste Punkt… Wieso eigentlich nur zwei Monate? Man kann sich 3 Jahre beurlauben lassen oder in Teilzeit gehen, auch als Mann, niemand hat gesagt, dass man nur zwei Monate darf. Gut, dann gibt es eben keinen finanziellen Ausgleich, aber den kriegen Frauen, die länger zu Hause bleiben ja auch nicht.

        Und ganz abgesehen davon: auch wenn man Vollzeit arbeitet, kann man sehr, sehr nah am Familienleben und am Kind dran sein.

        Mein persönliches n=1 😉 zeigt mir, dass ein Mann sehr wohl auch in sehr qualifzierter Position Elternzeit über 3 Jahre nehmen kann (Teilzeit) und später auch bei Vollzeitarbeit viel und intensiven Kontakt zum Kind hat, auch und gerade weil die Mutter stets Vollzeit gearbeitet hat (und auch nah am Kind dran ist).

        Es sind also nicht so sehr die Frauen und die Gesetzeslage als vielmehr auch die Männer selbst, die ihr bequemes Rollenverständnis nicht aufgeben. Denn Job UND Kind ist auf jeden Fall deutlich anstrengender als „nur“ eines von beiden.

        1. Klar kann es auch anders gehen, aber Männer müssen sich in der Regel wesentlich mehr rechtfertigen als Frauen wenn sie Elternzeit nehmen. Und zumindest bei einigen Frauen denen ich so begegnet bin würden sie mit diesem Wunsch auf absolutes Unverständnis treffen.
          Es war ja auch mehr ein Erklärungsversuch und ich schätze mal (hat jemand konkrete Zahlen dazu?), dass in den meisten Familien, in denen ein Elternteil deutlich der Hauptverdiener ist, das meistens der Vater ist. Bei solchen „klassischen“ Konstellationen kann Mann natürlich auch am Familienleben teilnehmen aber ein Gericht würde beim Sorgerechtsstreit wahrscheinlich die Mutter bevorzugen, weil die ja Zeit hat. Rechtlich werden eben immer noch eher die Rechte der Mutter als die des Vaters beachtet..

          1. Achtelgott, zu Deiner Argumentation möchte ich als Mann mal anmerken, dass es zwar immer noch so ist, dass der Frau aus traditionellen Gründen eher daheim bleibt als der Mann. Allerdings ist es seit Jahren schon so, dass die Nummer vor dem Gesetz gleich gestellt ist. Ein Arbeitgeber kann also dem Mann erstmal nicht verweigern, wenn er die 2 Jahre Elternzeit anstatt seiner Frau in Anspruch nehmen möchte.

            Weiterhin solltest Du bei Deiner Argumentation bedenken, dass verschiedene Arbeitsstellen einer Frau trotz Gleichberechtigung nicht offen stehen, wenn man die Realität betrachtet. Das dürften diese von Dir angesprochenen Stellen sein, in dem man sich als Mann für 2 Jahre Erziehungszeit rechtfertigen muss. Eine 30jährige Frau, die noch kein Kind hat, wird sich in unserem Arbeitsmarkt schwer tun, eine derartige Stelle zu ergattern, da ihr der potentielle Arbeitgeber schon bei der Bewerbung per se unterstellen wird, in spätestens 2 Jahren schwanger zu werden und dann in Elternzeit zu gehen und sie daher gar nicht erst einstellen wird. Schon klar: formal wird sie natürlich aus anderen Gründen nicht eingestellt.

    3. ach Melody,, Dein Klischeedenken zu sprengen, würde den Rahmen dieses Blogs sprengen. Nur eines: es ist selten alles schwarz oder weiss 😉

      1. Ja, das ist mir schon klar 🙂

        Und es gibt ja auch nichts, das du mir bei- oder näherbringen könntest – auch wenn es den Rahmen des Blogs nicht sprengen würde.

  15. ich denke mal (gestützt auf Vorkommnisse im engeren Umfeld), dass die Diagnose, die Du gestellt hast, nur einen Teilaspekt wiedergibt: die eigentliche Ursache liegt m.E. (sorry, klingt jetzt vielleicht vermessen, weil ich weder Arzt noch bin noch den Fall genau kenne) im Wesen der Frau. Verlassene
    Manche Frauen (bei Männern fehlen mir die Erfahrungen) neigen zu „unrationellem“ Verhalten, auch wenn sie das nicht selbst sehen und sich das schon gar nicht eingestehen wollen.
    Vielleicht wäre es angebracht, der Frau nahezulegen, sich (Fach-)ärztliche Hilfe zu suchen.

    1. Hajo, es ist in jedem Fall IMMER die Mutter schuld. Das hat sich unsere Gesellschaft so angewöhnt, und das ist viel praktischer als die Frage, ob der hurenbockende, ihm Untergebenede fremdbeglückende Vater vielleicht eine intelligentere Trennung hätte hinlegen können, fair sein und sowas. Nein, ist immer die Mutter, auch wenn hier der Vater alles für alle zerstört hat.

      Wenn die Frau wiederum so einfältig ist und nicht von selbst drauf kommt, unter welcher Belastung das Kind leidet, hat sie bei der Diagnose vermutiich „ist nur eingebildet“ verstanden und nicht „das Leben an sich wird dem Kind zuviel“.

      1. @ Melody: hab‘ ich da in ein Wespennest gestochen? war gar nicht meine Absicht!
        Es hat nichts mit „Schuld“ oder „Nicht-Schuld“ bezüglich des Scheitern einer Beziehung zu tun, absolut nicht! Aber die Mutter ist (in diesem Fall) nun mal diejenige, die mit „Aufzucht und Pflege“ der Kinder betraut ist und nur darauf hatte ich in meinem Kommentar abgezielt.
        Lies bitte das, was geschrieben steht und interpretier‘ nicht Deine ggf. gemachten Erfahrungen mit hinein. Ich denke, ich habe mit meiner Anmerkung „(bei Männern fehlen mir die Erfahrungen)“ die „andere Möglichkeit“ eingeschlossen, oder?

      2. „Wenn die Frau wiederum so einfältig ist und nicht von selbst drauf kommt, unter welcher Belastung das Kind leidet, hat sie bei der Diagnose vermutiich „ist nur eingebildet“ verstanden und nicht „das Leben an sich wird dem Kind zuviel“.“ (Melody)

        Guter Punkt – und das ist (ohne es jetzt auf den kinderdoc oder diesen Blogeintrag zu beziehen) auch oft ein Problem der Arzt-Patienten-Kommunikation. Gibt ja inzwischen genug Studien, die belegen, dass die Zusammenhänge zwischen Körper und Seele (oder wie immer man es nennen mag) weit komplexer sind, als eine Einteilung in „real“ und „eingebildet“ das jemals abbilden könnte. Nur: Das so zu erklären, dass das Stigma „verrückt“ dabei nicht mitschwingt, dass solche Überledungen also für den Patienten annehmbar sind und nicht sofort eine Abwehrreaktion evozieren, ist nicht einfach und braucht Zeit. Und wenn unser Gesundheitssystem diese Zeit auch noch honorieren würde, könnten wir vermutlich auf viele MRTs usw. verzichten. Aber wem sag ich das…

  16. Ich habe selbst eine Bekanntschaft mit psychosomatischen Beschwerden. Wobei die Mutter darauf besteht, daß es ja nichts psychisches sein könne „weil, da sind doch echte Schmerzen!“. Ein Psychiater hat bei einem stationären Aufenthalt sogar einmal** auf die psychosomatische Genese hingewiesen, der Aufenthalt wurde aber abgebrochen, „weil das Kind sich dort nicht wohlfühlte und Heimweh hatte“.
    (** Schlimm aber wahr, die anderen konsultierten Ärzte fanden entweder nichts oder operierten sogar. Eine verkorkste Geschichte, und traurig. 🙁 )

  17. Uj, ich finde es gut, dass auch mal jemand psychische Ursachen in Betracht zieht. Von alleine kommt man da manchmal nicht drauf. So war das auch bei mir als ich plötzlich immer wieder Bauchkrämpfe hatte und niemand etwas gefunden hat.

  18. ich schwanke zwischen zwei Interpretationen. Zum einen regt sich in mir durchaus Mitleid mit der Mutter, deren Beziehung so klassisch und blöde gescheitert ist und die nun statt in der Stadt in der Prärie wohnt und zudem seither eine Menge Sorgen mit den Zipperlein ihrer Teenager hat. Auf der anderen Seite kommt es mir so vor, dass solche Sorgen ja auch von ersterer Sorge ziemlich ablenken.

  19. und trotzdem ist es sinnvoll, mögliche körperliche ursachen gründlich abzuklären. „ist alles psychisch“ sagt sich so leicht… wenn sich aber wirklich nichts finden lässt, schadet ein gespräch beim psychologen (ohne mutter!) aber sicher nicht…

  20. Psychosomatisch oder depressiv? Oder das eine als Folge des anderen? Vielleicht doch mal eine Überweisung an den Kollegen Kinder- und Jugendpsychiater?
    Es ist nun mal so, dass die Menschen / die Gesellschaft, wer auch immer, viel besser mit KÖRPERLICHEN Erkrankungen umgehen kann als mit seelischen.
    Wobei… lieber Kinderdoc, Sie wissen ja schon auch, dass es endogene und exogene Ursachen für solche Erkrankungen gibt. Insofern ist es vielleicht taktisch unklug, der Mutter die suboptimalen Lebensumstände des Sohnes als mögliche Ursache für dessen mögliche seelische Erkrankung aufzuzählen, selbst wenn das zutreffen mag. Schuldgefühle der Mutter in Bezug auf den Sohn bzw. dessen Zustand könnten deren Kooperation in Sachen Psychiater deutlich schmälern.

  21. Irgendjemanden muss es doch geben, der den richtigen Knopf am Kind findet – 1x drücken, alles ist gut (bloß nicht sich selber in die Verantwortung nehmen…)

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