windpocken sind die neue pest

jetzt ist amtlich, was schon seit geraumer zeit in fachkreisen kursiert: windpocken – wie auch röteln, mumps und keuchhusten – sind neuerdings dem gesundheitsamt meldepflichtig. damit stehen die schafblattern in so schöner reihe wie der ehec-erreger, die krätze oder die pest. die behörden erhoffen sich davon eine bessere kontrolle über die tatsächliche krankheitshäufung, vor allem, da die varizellen-impfung bereits seit 2004 zu den allgemeinen empfehlungen der ständigen impfkommission zählt.

eigentlich eine etwas überzogene massnahme. dass man die masern zur meldepflichtigen erkrankung machte, kann ich noch verstehen –  zu verpönt gilt die impfung dagegen immer noch, zu sehr verharmlost wird die erkrankung in entsprechenden kreisen. aber die masern haben deutlich höhere komplikationsrisiken als die windpocken. letztere wurden zur impfempfehlung vor allem deshalb erkoren, weil die erkrankung für das kind selbst oft ein martyrium bedeutet, die kinder eine woche komplett isoliert werden müssen – was für viele berufstätige eltern kaum noch zu bewältigen ist in these days – und ja, auch, weil in einem von zwanzig fällen komplikationen wie lungenentzündung oder schwere superinfektionen der haut auftreten können. für einen niedergelassenen kinderarzt ist die impfempfehlung eine absolut nachvollziehbare maßnahme, zuviele bobeles mit pickeles habe ich schon leiden sehen. aber gleich meldepflicht?

vielleicht soll das etikett der aufnahme ins infektionsschutzgesetz auch eine zusätzliche gefahr suggerieren, sind nicht alle meldepflichtige erkrankungen gleichbedeutend mit aussatz, mittelalter und pestilenz? überfliegt man das ifsg, so wimmelt es von tod, bedrohung und behörden. das erhebt die windpocken in den status einer wirklich wirklich wirklich gefährlichen erkrankung. und noch eins: ärzte, die masern, windpocken, keuchhusten und mumps nicht impfen wollen, werden durch die meldungen nun in den fokus gerückt – sei es, weil kollegen im umkreis die nichtgeimpften, aber dann erkrankten kinder melden und das ein rückschluss auf den erstbehandelnden und nicht impfenden arzt zulässt, oder weil dieser den meldungen der eigenen nichtgeimpften kinder nicht nachkommt, um die behörden nicht auf sich aufmerksam zu machen.

achja. und dann war noch herr wulff zurückgetreten. ich bin übrigens für klaus töpfer als bundesklaus. bitte nicht frau von der leyen. huuuaaahbrrr! aber mich beruft ja wieder keiner in die bundesversammlung.

zum titel: ich weiß, grammatikalisch nicht ganz korrekt. aber urspünglich hieß das posting „windpocken und wulff“, aber das war ja dann auch nichts.

31 Antworten auf „windpocken sind die neue pest“

  1. Ich habe die Windpocken mit 21 bekommen, noch dazu an Weihnachten, allerdings in milder Form. Ich hatte wohl Glück. Die habe ich mir beim Praktikum in einer Hausarztpraxis von einem Kind geholt, das gut 3m von mir entfernt stand. Da finde ichd as Verhalten der schwangeren Ärztin schon mutig! Aber gut, vielleicht hatte sie die Windpocken ja schon…
    Trotzallem stimme ich dem Murren zu: Meldepflicht ist doch wirklich überzogen!

  2. Hallo,
    schon mal zur Vorwarnung für den Kinderdoc: Die Stiftung Warentest prüft in ihrer neuen Ausgabe Impfungen (auch für Kinder); hier der Link: Viel Spaß beim Diskutieren.
    http://www.test.de/themen/gesundheit-kosmetik/test/Teil-1-Serie-Impfen-Impfungen-fuer-Kinder-Dieser-Impfschutz-ist-sinnvoll-4335096-4335746/

    Die Bild hat das bereits aufgefriffen und die Diskussion in den dortigen Kommentaren ist, wenig überraschend, von Impfgegenern und Pharmaindustrie-Kritikern besetzt:
    http://www.bild.de/ratgeber/gesund-fit/impfungen/impfen-sinnvoll-welche-impfungen-braucht-mein-kind-22795892.bild.html
    Viele Grüße

    1. ja, ich habe das gelesen. keine neuen erkenntnisse durch die stiftung warentest. wir fraegn uns nur, wer sind die experten bei der stiftung, die hier ihre meinung äußern dürfen. und – eine so renommierte institution hat natürlich gewicht in der bevölkerung. wir freuen uns schon in der praxis auf die diskussionen.

  3. Ich hatte die Windpocken als Vorschulkind. Nur das es gar keiner gemerkt hat … wurde für „viele Mückenstiche“ gehalten. Bei meinem Bruder war es dann schon als Krankheit identifizierbar, und dann fiel meiner Mutter auch auf, dass meine „Mückenstiche“ genauso ausgesehen hatten.

    Trotz dieser persönlicher Erfahrung lasse ich mein Kind nach Empfehlung impfen.

    Aber so richtig Schiss habe ich vor den Masern, – hoffentlich gabelt sie die nicht schon vor der Impfung in der Kita auf. (Für diese schweren Sachen wäre mir persönlich eine Impfverpflichtung für Kita-Kinder nicht unlieb.).

  4. Ich hatte schon mit sieben Monaten die Windpocken, nachdem mein acht Jahre älterer Bruder diese mit nach Hause geschleppt hat.
    Bin ich aber auch sehr froh drüber. Ich hatte nur minimale Pöckchen und kann mich an nichts mehr erinnern.

  5. Meine Mutter hat ihre eigene Meldepflicht eingeführt, als ich im Kindergarten war… sie hat mich regelmäßig gefragt, ob Kind X, Y oder Z schon Windpocken, Masern, etc. hatten. Wenn ich das nicht wusste, sollte ich die Kinder fragen und ihr hinterher Bericht erstatten. Sie ist ziemlich auf Krankheiten fixiert… +seufz+

    1. Naja, das dem Kind aufzubürden finde ich auch ziemlich daneben. Schließlich hätte sie die anderen Eltern auch selber fragen können. Zumal so ein Kindergartenkind jetzt auch nicht unbedingt den Überblick hat, welche Krankheiten es schon hatte.

  6. Meine Tochter bekam damals die Windpocken pünktlich zu Heiligabend und bis auf den Juckreiz in den ersten beiden Nächten, war sie fit wie ein Turnschuh. Deswegen war ich im Nachhinein froh, dass wir nicht geimpft haben. Wir wollten bewusst warten bis zum Schuleintritt, dann hätten wir impfen lassen. Im Kindergarten ging es damals rum, darunter allerdings auch ein Junge, der geimpft war.
    Blöd war nur, dass meine Freundin weder Windpocken hatte noch geimpft war, weil sie selbst keine Kinder hat und einen großen Bogen um uns machte. Klar, die Verläufe sind unterschiedlich, aber ich glaube am Schlimmsten hat es mal meinen Bruder als junger Erwachsener erwischt, der die Windpocken unbedingt zweimal bekommen musste.
    Wir sind keine Impfgegner, aber eben Impfkritiker und dazu stehen wir! Die meisten Sachen haben wir impfen lassen, manche mussten wir machen, weil es nur noch Kombi-Impfungen gibt und wir dem Kind zig einzelne Stiche ersparen wollten. Und wenige Impfungen haben wir bewusst weggelassen.

      1. Ja, Sechstelgott, genau, ich schnalle mein Kind nur bei langen Fahrten an, einen Helm trägt es nur bei Bergabfahrten und überhaupt sind Impfkritiker ganz schlechte Eltern. Schnell mal eben pauschal einen total fremden Menschen abgeurteilt und in eine Schublade gesteckt. Aber so ist das ja immer bei den heißen Eisen in den Elternforen oder auf den Blogs. Es gibt nur schwarz und weiss und nie Farbe. 😉

        1. Sorry, meine Reaktion eben war doch leicht überzogen! Trotzdem ist man nicht gleich verantwortungslos, wenn man sich mit dem Thema Impfen kritisch auseinander setzt. Und deswegen fand ich das Argument mit dem Anschnallen etwas daneben. Mein Kind ist fast komplett durchgeimpft, genauso wie mein Mann und ich auch. Und bei Windpocken kamen wir eben zu spät, weil die Impfung noch neu war. Und im Nachhinein war das ja auch okay, weil der Verlauf so harmlos war. Impfkritisch heisst nicht unbedingt gegen Impfungen, sondern man setzt sich kritisch mit den Empfehlungen auseinander. Und ja, wir haben uns bewusst gegen Hep B im Säuglingsalter entschieden. Ich persönlich finde Impfen schon sinnvoll, aber letztendlich liegt die Entscheidung bei den Eltern und die müssen mit den Konsequenzen leben, egal, wie sie sich entscheiden. Das ist nicht nur bei Impfungen so!

          1. Nein, die Kinder müssen mit den Konsequenzen leben – oder eben nicht. Die Kinder der „Impfkritiker“ und die zu jungen Kinder anderer Eltern und die immunsupprimierten Alten, Transplantierten, HIV – positiven und so weiter. DIE müssen mit den Konsequenzen leben, nicht die Eltern, die kann man ja nicht mal verklagen wenn ihre Kinder einen selber oder die eigenen Kinder anstecken.

          2. „Und im Nachhinein war das ja auch okay, weil der Verlauf so harmlos war.“ Öhm. Du rechtfertigst die Nichtimpfung damit, dass ihr Glück gehabt habt? Wo bitte ist das denn eine kritische Auseinandersetzung?
            Wenn ihr euch entschlossen habt, bei Schuleintritt zu impfen, was war der Grund euer Kind die Jahre davor dem Risiko auszusetzen? Und deine Freundin und die anderen Kindergartenkinder und wer weiß wen gleich mit? Welchen Vorteil hat das Herauszögern der Impfung, der dieses Risiko rechtfertigt?
            Wenn ihr Hep B sowieso irgendwann impfen lassen wollt, warum nicht gleich mit den anderen Sachen im Säuglingsalter mit? An anderer Stelle schreibst du doch, du willst die Zahl der Piekse beschränken? Wo liegt der Nachteil der Säuglingsimpfung, der hier diesen zusätzlichen Pieks rechtfertigt?
            Mich würde wirklich interessieren, wie du diese Entscheidungen begründest. Denn da du dich gründlich informiert und kritisch mit der Sache auseinandergesetzt hast, dann fällt das olle „die armen Kinder sollen nicht mit sooooo vielen bösen Erregern vollgepumpt werden“- Argument ja schonmal flach.

    1. Bei meiner Tochter verliefen die Windpocken fast genau so. Einen Tag lang hatte ich ein minimal kränkliches Kind, die restlichen Tage ein launisches – weil gelangweiltes – Kind, das unbedingt wieder in den Kiga wollte.

      Ich bin nicht gegen Impfungen, aber ich wäre gerne gefragt worden, bevor bei meiner kleinen Tochter mit der 6fach-Impfung dann auch einfach mal Windpocken mitgeimpft wurden, weil sie halt mal gerade da und ich nicht schnell genug war.

  7. Hallo Kinderdoc,

    ich hab mal gelesen, Windpocken seien für ungeborene Kinder fast genauso gefährlich wie Röteln ? Und gegen Röteln „sollen“ ja zumindest Mädchen geimpft werden.

  8. Ich hatte als Kind die Windpocken, allerdings auch die Masern, an die Windpocken kann ich mich nicht erinnern, aber die Masern und alles was danach kam, waren die Hölle! Hätten wir damals nicht so einen tollen Kinderarzt gehabt, der täglich zu uns nach Hause kam, wäre ich wohl heute nicht hier.
    Unsere Kinder sind geimpft, auch gegen WiPos, und ich stehe dazu. 🙂

  9. eine gürtelrose kommt man in der regel, wenn man bereits mal windpocken hatte oder sich zumindest still infiziert hat – das virus verbleibt in den spinalganglien des rückenmarkes und kann dann noch nach jahren (meist nach reaktivierung durch wiederum windpockenkontakt) als gürtelrose wieder auftreten.
    ob die windpockenimpfung dies dauerhaft verhindern kann, ist noch unklar, da die impfung noch nicht so lange auf dem markt ist. gut meinende sagen, auch die zahl der herpes zoster zb in den usa sei zurückgegangen, die kritiker meinen, alles verschiebe sich ins ältere alter.

  10. Ich hatte damals auch noch keine Impfung, und wünsche dem ***** der damals seinen Sohn trotz Windpocken in die Schule geschickt hat mindestens Weichteilfäule.

    Für mich waren das grausame 2 Wochen und Weihnachten viel auch flach. Danke auch.

  11. Bei meinen Jungs gab es die Impfung auch noch nicht und so bekamen beide die Windpocken, beide ohne Komplikationen.
    Meine Fragen wären jetzt – Hält die ein Leben lang? – Kann man dann keine Gürtelrose mehr bekommen?
    @Anna
    Gürtelrose kann man auch bekommen oder bekommt sie eben gerade, wenn man keine Windpocken hatte. War bei meinem Mann so.

    1. Irrtum, Gürtelrose ist ein Wiederaufflammen des Windpockenviruses, man kann sie nur bekommen wenn man die Windpocken (auch wenn sehr leicht) hatte.
      Aussage laut Professor in der Virologievorlesung (für Mikrobiologen)

  12. Ich wäre froh gewesen wenn ich geimpft worden wäre und zwar aus zwei (persönlichen) Gründen.
    Erstens wäre ich dann nicht als Kind als ich die Windpocken bekommen habe zwei Wochen andauernd von meinem Großvater beschimpft worden, dass er jetzt wegen mir einen Gürtelrosen-schub bekommen hat.
    Zweitens wären mir meine zwei, sehr schmerzhaften Gürtelrosen erspart gebleben. (Dieses seltsame: Leichte Berührung schmerzt, starke weniger ist wirklich nervenaufreibend)

  13. Ich konnte leider nur 1 Kind gegen Windpocken impfen lassen, die anderen Beiden haben genau 1 Woche vor dem Impftermin die Windpocken aus dem Kindergarten mitgebracht. Danke auch, da der Gatte und ich diese Kinderkrankheit (wie andere auch) ausgelassen haben 😉

    Mein Sohn bekam dann mit knapp 7 Jahren eine sehr fiese Gürtelrose. Als wir dann am Samstag nachmittag (nein, solche Erkrankungen treten niemals während der normalen Sprechstundenzeiten auf) mit dem pickeligen, juckenden Kind zur Notfallambulanz sind, wurden wir von einer sehr schwangeren Ärztin empfangen 😉

    Sie nahm das alles sehr gelassen, vermied aber Körperkontakt mit dem Kind (verständlich). Die Gürtelrose war auch auf 50 cm Entfernung sehr gut zu diagnostizieren.

    Ich finde die Aufnahme in die meldepflichtigen Krankheit zwar auch etwas übertrieben, aber wenn ich mich an die Kindergartenzeit erinnere, kann ich es auch etwas nachvollziehen.

    Viele Eltern (die nicht berufstätig waren) haben ihre Kinder deutlich zu früh mit Windpocken wieder in den Kindergarten geschickt. Ja, sie durften mit Kind wieder nach Hause gehen. Aber erstmal sind sie durch das gesamte Gebäude gegangen. Weiß der Geier, wieviele Kind da dann wieder angesteckt wurden.

    Mein Aufregthema, nicht nur bei Windpocken. Aber da könnte man alle Kinderkrankheit mit der Pest und der Cholera gleich setzen, manche Menschen ändern sich nie…

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