herr bahr? nachsitzen!

der bundesgesundheitsbahr hat einen ganz heroischen vorschlag gemacht: ärzte sollen in den schulen vorsorgeleistungen anbieten, um schüler bewußter mit der gesundheit umgehen zu lassen. bahr sieht parallelen zu den „vorbeugeuntersuchungen“ zur zahngesundheit (wer beugt sich denn da vor?). die krankenkassen freuen sich.

wer schon einmal bei einer zahn“vorbeuge“untersuchung im kindergarten zugegen war, lacht über diesen vorschlag. die qualität schwankt doch sehr. zum anderen gibt es ja schon seit langem die u10 (mit 7-8 jahren) und die u11 (mit 9-10 jahren), die als echte vorsorgeuntersuchungen durch die kinder- und jugendärzte durchgeführt wird. dies wird in der berichterstattung zum bahrschen vorschlag gerade gerne mal ausgeklammert. denn hier kommt auch das lächeln der krankenkassen her: wird eine vorsorge zur schulischen aufgabe, zahlt der staat, und nicht die kassen, die hingegen sparen enorm viel geld.

für uns kinder- und jugendärzte, die alleine fachlich in der lage wären, solche vorsorgen durchzuführen (vielleicht auch im rahmen des öffentlichen gesundheitsdienstes), kann das nur bedeuten: ja, aber nur, wenn die vorsorgen in der schule nicht zur fünfminutennummer verkümmern, und nur bei fairer bezahlung. die allgemeinärzte werden schon mit den füssen scharren, in diese lücke zu springen und für einen pauschbetrag von hundert euro pro tag geschwind eine klasse durchzuchecken.

nicht falsch verstehen: prävention ist cool und wichtig, keiner weiß das mehr als wir kinder- und jugendärzte, aber so wird wieder einmal luft ins sommerloch gepustet – unausgegoren, vermutlich ohne absprache mit den passenden fachverbänden, womöglich eingeflüstert durch krankenkassen-lobbyisten. am ende gehts doch nur wieder darum: wer zahlt wieviel dafür. und wer machts für das wenige geld, was fließen wird. und wie gut wirds dann gemacht, von dem ders dann macht.

20 Antworten auf „herr bahr? nachsitzen!“

  1. Irgendwie wird überall versucht Geld zu verdienen – ob sinnvoll oder nicht! Vielleicht sollte man mal eher bei den Eltern anfangen und dort das Bewusstsein für die wichtigen Untersuchungen „öffnen“! 😉

  2. Sehe es ähnlilch wie Frau Weh – zuerst denkt man: geht ja gar nicht(!), aber auf den zweiten Blick gäbe es sicher viele Kinder, die davon profitieren würden.
    (Bei Eltern, die mit ihrem Kind nicht regelmäßig zum Arzt gehen eh alles zu spät. Auch bei denen, die denken eine Untersuchung in der Schule würde einen kompletten Arztbesuch ersetzten.)

    Ich finde solche Untersuchungen sollte es – wenn überhaupt – zusätzlich zu den üblichen Vorsorgeuntersuchungen beim Arzt geben. Oder die Lehrer sollten die Möglichkeit haben solche Untersuchungen durchs Jugendamt anzurgegen.

  3. Ich bin hin- und hergerissen.

    Natürlich ist die Sache unausgegoren und rechtlich strittig. Wie so oft geht es auch hier ums Geld, klar. Aus Lehrersicht sehe ich absolut nicht ein, warum wir in der Unterrichtszeit neben Zahnarztbesuch, regelmäßiger Zahnprophylaxe und vielen weiteren verpflichteten Terminen nun auch noch einen weiteren Bereich abdecken sollen, der der Elternpflicht unterliegt.

    Aber: Wir haben Kinder an der Schule, die nach der U2 keinen Kinderarzt mehr gesehen haben. Die überhaupt nicht geimpft sind. Die ihre T-Shirts zum Sport nie wechseln und ziemlich häufig Treppen runterfallen. Da würde ich mir wünschen, dass mal jemand außer uns draufschaut.

    Grüße aus der Primarstufe,
    Frau Weh

  4. >>Auch dafür wird, zum Glück, immer noch die Einverständnis benötigt.<<
    Immer noch ? Oder: endlich mal ?
    Ich hatte als Kind zwar nur 1x das "Vergnügen" einer Schuluntersuchung aber meine Mutter wußte vorher nix davon. Da kam einfach eine Ärztin daher und hat untersucht…bei den Jungs incl Kontrolle auf Phimose (aber warum die Jungs ihren Schniedel herzeigen mußten hat denen niemand erklärt). (Ich bin Jahrgang 1971, die Untersuchung war 1980, Bundesland:Baden-Württemberg)

  5. Ja und was passiert dann wenn so ein „Schularzt“ was feststellt ? Wird dann (und von wem?) kontrolliert ob die Eltern das Kind behandeln lassen. Und (oh bin ich heute böse) wie weit reicht das ärztliche Budget für alle Ergotherapien und Logopädie die ja alle soooo nötig sind… ?

  6. Auch ich erinnere mich gut an die Zahnuntersuchungen in der Schule. Obwohl ich tatsächlich ein Loch im Zahn hatte (wegen Zahnarztphobie unbehandelte rausgefallene Füllung, also RIESENloch) wurde es nicht gemerkt, weil ich geschickt die Wange so drehte, dass kein Licht auf die Stelle fiel…Sehr sinnvolle Untersuchung….

    Und ansonsten halte ich solche Untersuchungen auch für Nonsens, denn eben, höchstwahrscheinlich wird sie kein Kinderarzt durchführen. Das endet dann so wie die Einschulungsuntersuchung meiner Tochter…Laut der Untersuchung beim Gesundheitsamt hat sie ein Hörproblem…Mein Einwand, dass noch bei keiner U etwas war und ich vermute, es liegt daran, dass während des raschen Hörtests ohne schalldichte Kabine draußen Kinder den Flur langtoben, wurde belächelt…Ok…ab ins Hörzentrum zum genauen Check, man ist ja eine fürsorgliche Mutter… Ergebnis: das Kind hört das Gras wachsen…

  7. Ich sehe nicht sehr viel Nutzen, eher die Gefahr des (Daten)Missbrauchs.
    Bei uns an der Schule gabs mal eine Impfaktion. Die lief so ab, dass die Klasse mit den „best geimpften“ einen Klassenausflug bekam und Kinder (bzw. deren Eltern), die sich weigerten den Impfpass vorzuzeigen, von der Klasse (und den Lehren) gemobbt/genötigt wurden.

    Seitdem seh ich staatliche Prävention sehr skeptisch gegenüber…
    Untersuchungen sind immer was (sehr) intimes/privates. Jeder der glaubt, dass bei einer Massen-/Schuluntersuchung der Datenschutz auch nur ansatzweise eingehalten wird, ist naiv. „Wer nix zu verbergen hat, muss ja schließlich auch keine Angst haben“…

  8. Ich weiß nicht, ob so eine Untersuchung was bringt, aber ich weiß, was passieren wird:
    (1) Gesundheitsbahr kennt das Wort Kinderarzt nur aus dem Wörterbuch. Untersuchungen macht also jeder beliebige Arzt.
    (2) Die Eltern fühlen sich verpflichtet, zu dem Arzt zu gehen, der auch in der Schule war (klappt bei den Zahnuntersuchungen wunderbar).
    (3) Kinderärzte haben plötzlich nur noch eine Art von Patienten: Die, die vorher vom Allgemeinmediziner „nicht hinbekommen“ wurden. Kurz: Die, die zum Teil über Jahre falsche Medikamente in falscher Dosierung bekommen haben „weil das bei Erwachsenen auch so wirkt“, die, bei denen Entwicklungsstörungen übersehen wurden, weil dem Arzt die Erfahrung fehlte und die, die Angst haben, weil der Arzt nicht wusste, wie er Kindern die Angst nimmt.

  9. jetzt mal eine Gedanke in die andere Richtung:

    Wieviel Prozent der Schulkinder gehen denn regelmäßig zu allen Vorsorge-Untersuchungen, insbesondere von denen, die „es nötig hätten“? Mit Sicherheit keine 100%.

    Jaa, selbst wenn diese Schuluntersuchungen nur 5 (oder 3) Minuten dauern, kann doch eine erfahreren Kinderarzt zumindest feststellen, da stimmt was nicht. Und dies kann den Eltern (und den lehrern?? -> Datenschutz) mitgeteilt werden.
    Was die Eltern daraus machen, steht ja noch auf einem anderen Blatt.

    Sind nicht (Kinder-) Ärzte irgendwie verpflichtet, zu melden, wenn sie einen begründeten Verdacht auf Vernachlässigung und/oder Misshandlung haben?

    1. Eltern die, aus welchen Gründen auch immer, nicht wollen das ihr Kind untersucht wird, die werden auch einer Untersuchung in der Schule nicht zustimmen.
      Auch dafür wird, zum Glück, immer noch die Einverständnis benötigt.

      1. was aber auch nicht unbedingt von schlechter elternschaft zeugt. meine mama hat mir auch immer nen zettel geschrieben, wenn der zahnarzt kam, weil der einem immer die zaehne mit so fluoridzeug eingerieben hat und sie das einfach nicht wollte. und ich war weder unterernaehrt noch wurde ich geschlagen ^^

  10. Für 100 Euro am Tag würden es die Internisten machen? Lohnt sich das wirklich? Kriegen die an einem Tag in ihrer Praxis nicht mehr?

    An die Zahnuntersuchung kann ich mich auch noch ganz verschwommen erinnern. Der Typ hat mir nur gesagt, dass mein brauner Vorderzahn, den ich damals hatte, nicht vom zu wenig Putzen kommt, sondern abgestorben ist (ein Auto hat mich angefahren und ich bin mit den Zähnen zuerst drauf geknallt). Das wussten ich und meine Eltern allerdings schon vorher. Irgendwann kam dort auch der 2. Zahn und die Sache war erledigt.
    Die Impftermine waren auch immer ganz groß. Einmal mussten wir während einer Stunde bei unserem Hasslehrer hin, allerdings waren wir Mädchen nach drei Minuten fertig. Wir bettelten dann die Krankenschwestern (? falls das welche sind) an, uns noch ein bisschen länger da zu lassen und weil eine diesen Lehrer selbst mal gehabt hatte, tat sie es ^^ Unser Lehrer kochte, aber wir behaupteten einfach, wir wären noch über „Frauenthemen“ informiert worden 😀

  11. also zu den zahnvorsorgeuntersuchungen : ich hatte als kind immer einwandfreie zähne , ausser wenn der schulzahnarzt mal wieder gestochert hatte , der hat mir regelmäßig mit seinem haken das zahnfleisch angekratzt ! …..und die medizinische vorsorge : als ich vor 45 jahren vor der schulentlassung stand „beehrte“ uns eine ärztin vom gesundheitsamt zwecks abschlußuntersuchung, das ging so: huste mal ; einmal die wirbelsäule abklopfen, grader rücken ! einmal abhören … alles bestens ! auf meine klage dass ich während des schnellen laufens öfter seitenstiche hatte kam die antwort “ das sind entwicklungsstörungen , die wachsen sich aus “
    DANKE frau doktor!
    dass ich ein leichtes herzklappenproblem habe das nie ernst genommen wurde kann ich dieser ärztin verdanken ! sagt mein kardiologe !!

  12. Wieder so eine Lachnummer wie das Betreuungsgeld.
    Wenn ich an meine Schulzeit und die lächerliche Zahnuntersuchung zurückdenke, wird mir schlecht. Keine 5 Minuten hats gedauert und ich sollte eine Spange bekommen, die nicht mal notwendig war.

    Für einen richtigen Check der Kids fehlt doch definitiv die Zeit – besonders wenn eine Klasse warten muss.

  13. die 2,5s Methode wird auf Mundgeruch getrimmt sein.
    Richt es Faulig?
    Ja -> Nachsehen ->Schäden sichtbar -> Ja -> Termin
    Nein -> Nächster ‚-> Nächster

  14. Warum reichen denn die Us nicht mehr aus?? Und gibt es nicht auch Jugenduntersuchungen, die in der Kinderarztpraxis durchgeführt werden?? Natürlich muss man als Eltern auf die Idee kommen einen Termin dafür zu vereinbaren, vielleicht traut uns der Herr Bahr das nicht zu… Ich jedenfalls vertraue unserer Kinderärztin mehr, als einen Arzt, der mein Kind nicht kennt und vielleicht 10 Minuten im Jahr in der Schule sieht!

  15. Oh ja, an diese Zahnvorsorgen in der Schule kann ich mich auch noch erinnern, die gab es vor 20 Jahren schon. Ich konnte mir immer nie vorstellen, wo man diese gruseligen Ärzte gefunden hat. Wenn man vorher keine Angst vor dem Zahnarzt hatte, danach hatte man sie definitiv. Mund auf, 2,5 Sekunden rein schauen, nächster. Und das ganze auf dem Schoss des Gruselmannes. Ich bin bei diesen Untersuchungen regelmäßig vorher verschwunden und hinterher wieder aufgetaucht 😉
    Und seien wir mal ehrlich, Vorsorge sieht anders aus. Der soll mir mal erklären, was er in den 2,5 sec alles gesehen hat und wie genau er nach dem 100. Kind noch schaut.

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