Wenns krampft bei Fieber

Wenn Kinder einen Fieberkrampf erleiden, ist das für Eltern immer ein prägendes, erschreckendes, unvergessliches Ereignis. Das Kind ist gerade noch gesund, oder nur wenig erkältet, fiebert plötzlich und schnell auf, Vater oder Mutter hören ein seltsames Geräusch – die meisten Krämpfe finden in den Abend- oder Morgenstunden statt – und finden ihr Kind im Bett liegend vor, die Extremitäten zuckend oder angespannt, mitunter auch völlig erschlafft, die Augen verdreht oder starrend, und das Kind nicht ansprechbar. Die Zeit des Abwartens, des Nichtwissens beginnt, in realiter oft nur eine halbe Minute, für die Eltern Stunden.

Meist „erwacht“ das Kind im Anschluss, um sofort wieder einzuschlafen, oder – je nach Alter – erst einmal in Weinen auszubrechen. Machen kann man nichts bei einem Fieberkrampf. Krampflösende Medikamente, z.B. Diazepam, werden vom Arzt nach dem ersten Krampfereignis, verordnet, sie hat man beim ersten Mal nicht zu Hause. Fiebersenkende Mittel nützen nichts.

Fakten zu Fieberkrämpfe:
– Fieberkrämpfe sind selten, von meiner Praxis geschätzt: maximal 2 Kinder pro Quartal – bei über 1500 Patienten
– Häufig ist der einmalige Fieberkrämpf, Wiederholungstäter sind noch seltener
– Viel mehr Jungs erleiden Fieberkrämpfe, im Alter sind sie über einem Jahr und unter dem Schulalter
– Fieberkrämpfe haben mit Epileptischen Anfällen zunächts einmal nichts zu tun, sie gelten als „Gelegenheitskrämpfe“
– Eine Epilepsie kann sich aber erstmals in einem Fieberkrampf äußern (oft länger, oft einseitig, oft einzelne Extremitäten, oft sehr langer Nachschlaf, oft Einnässen oder -koten)
– Fieberkrämpfe gibt es bei 38,2 wie auch bei 41,2 Grad – das Auffiebern ist in der Regel das auslösende Moment – daher wird ein stures Fiebersenken schon lange nicht mehr empfohlen
– Einen Notarzt braucht man: Wenn der Krampf länger geht als zwei oder drei Minuten, wenn der Krampf nicht „generalisiert“ ist, also sich nur einzelne Körperteile bewegen, wenn das Kind sehr klein ist (unter einem Jahr), wenn die Eltern ihn rufen (ohne Häme, sondern der Wunsch ist absolut nachvollziehbar)
– Wenn ein Krampf abläuft, nehmt Euer Kind auf den Arm, haltet es fest und gebt ihm Halt, schützt es vor Eigenverletzungen. Redet auf es ruhig an und versucht selbst, so entkrampft wie möglich während des Ereignisses zu sein. Weinen ist erlaubt. Angst auch. Das ist normal. Aber habt keine Sorge: Passieren wird Eurem Kind nichts.

34 Antworten auf „Wenns krampft bei Fieber“

  1. Mein Sohn gehörte zu den seltenen Fällen, bei denen sich die Fieberkrämpfe gehäuft haben; insgesamt 15 in zwei Jahren, davon 11 innerhalb von fünf Monaten. Nachdem wir die ersten Male etwas panisch waren, vor allem, nachdem der erste komplizierte Fieberkrampf auftrat, hat es mir geholfen, mich aufs Beobachten zu konzentrieren. Krampft er gleichmäßig, sind die Augen verdreht? in welche Richtung? Und auf die Uhr schauen: Länger als drei Minuten habe ich es nicht geschafft, zu warten, bis ich das Diazepam gegeben habe.
    Extrem verunsichert haben mich aber die widersprüchlichen Botschaften von Seiten der Ärzte:
    Einerseits wurde uns immer wieder versichert, Fieberkrämpfe sähen nur so schlimm aus, seien aber absolut harmlos. Gleichzeitig wurden wir nach den komplizierten Fieberkrämpfen grundsätzlich im Klinikum behalten (und mein Sohn hat es geschafft, IMMER freitags oder samstags zu krampfen, und war einen Tag später wieder ziemlich fit), dass dann schon immer so ein besorgter Blick kam und dass die Diagnose-Maschine angeworfen wurde: Kontroll-EEG, Schlafentzugs-EEG, Kopf-CT; unser Kinderarzt begann, laut über eine Dauertherapie nachzudenken.
    Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich das so formulieren konnte, und dann hat sich einer der Neurologen mit mir hingesetzt (die waren überhaupt großartig in der Kinderneurologie! Sobald wir Fragen hatten, hat sich jemand die Zeit genommen, in Ruhe mit uns darüber zu sprechen, obwohl die wirklich viel zu tun hatten, und wir uns mit unseren vergleichsweise harmlosen Anliegen fast geschämt haben) und hat mir erklärt, dass es darum ginge, abzuklären, ob eine Epilepsie vorliege (Gott sei Dank war alles unauffällig, und seit zwei Jahren hat er auch nicht mehr gekrampft). Krämpfe könnten schon Schäden hervorrufen, aber keinesfalls durch die Häufigkeit, nur durch die Dauer. (Handlungsanweisung war: Wenn nach zehn Minuten unter Diazepam nicht entkrampft, nochmal geben, wenn dann nicht entkrampft, Notarzt rufen, dann bliebe immer noch genug Zeit. nota bene: wir wohnen in fußläufiger Entfernung zum Klinikum). Auch das ist zum Glück nie eingetreten, hat mir aber bei einer entspannteren Sicht geholfen.
    Fieber sehe ich inzwischen tatsächlich wieder locker und verteile Zäpfchen nicht mehr nach gemessener Körpertemperatur (das habe ich da schon gemacht, hat aber nix genützt), sondern nur, wenn es den Jungs deutlich schlecht geht.

  2. unser kleiner hatte kürzlich auch einen fieberkrampf. mein erster gedanke war auch fieberkrampf, allerdings war er noch nicht warm, als er zu zucken anfing. das fieber kam erst mit dem krampf. erst die zuckungen, welche ca. 1 minute andauerten, danach knirschte er mit den zähnen und hat sich 2x übergeben. dann apathie und danach hat er bitterlich geweint. das zähneknirschen dauerte aber mindestens 5 minuten an….? gehörte das zähneknirschen auch zum krampfen???

  3. schreibbittebitteendlicheinbuch, Kinderdoc! Voll mit genau solchen kurzen Infos und Handlungsanweisungen. Nicht für digitale Volk, sondern für den Rest der Eltern-Gemeinde, die nicht mit dem iPad an der Wiege des Nachwuchses sitzt.

    1. Hiho,

      1. Der Kinderdoc hat schon ein Buch geschrieben (oder is noch dabei einfach bei Amazon mal Kinderdoc eingeben) handelt aber mehr über die Gesichten in seiner Praxis.
      2. Ein Buch zu schreiben mit Handlungsanweisungen usw ist ein haufen Arbeit und ich bin mir ziemlich sicher das es sowas schon gibt, vllt kann der Kinderdoc eins empfehlen.
      3. Danke Kinderdoc für den Artikel sehr Informativ 🙂

      LG IchHalt

  4. Danke lieber Kinderdoc, das war eine schöne Zusammenfassung und bestärkt mich sehr in meinem Handeln.

    Meine Tochter ist 7, hatte zwischen den 4 und 6. Jahr 3 mal einen Fieberkrampf. Ich habe sie jedesmal auf den Schoss genommen (sie wurde ganz steif und schaute in die Ferne und machte komischen Geräusche, waren wirklich nur ewige 30 Sekunden), danach erst Papa gerufen damit ich mal schnell in die Küche sausen kann und einmal kurz ein Schnaps zu trinken (nur zur Beruhigung der Nerven, mache ich alle Jahre mal und bei sowas) und dann wieder mich zum Kind zu legen und die weitere Nacht zu schlafen bzw, wachen.
    Ich war nicht in der Notaufnahme, ich war nicht mal am nächsten morgen sofort zum Arzt gefahren, erst mal auschlafen und fragen ob wir in den nächsten Tagen mal kommen können Zwecks Besprechung des Vorfalls.

    Unsere Krämpfe waren immer bei wieder fallenden Temperaturen von 40 wieder zurück zu den 38,5….

    Aber eine andere Frage: Fieberfantasien, sind sie ähnliches Ursprungs? Weil krampfen tut unsere Tochter seit 1 Jahr nicht mehr, aber komische Sachen sieht sie, erkennt mich nicht und spricht komische Wörter.

  5. danke – den artikel vor 10 jahren und mir wären viele durchwachte fiebernächte erspart geblieben. was hatte ich immer panik, eins meiner kinder könnte einen fieberkrampf bekommen……

  6. Wir hatten bisher keinen Fieberkrampf und ich hoffe, wir werden ihn nie haben. Aber durch den Beitrag habe ich wenigstens grob ne Ahnung wie ich zu handeln habe. Vielen Dank!
    Mir wurde mal von einer betroffenen Mutter erzählt, man soll mit den Kindern an die Kalte Luft gehen, wenn sie einen Fieberkrampf haben. Stimmt das?

  7. kinderdok, unseren Sohn hättest du auch mit anderthalb bei seinen Krämpfen nicht festhalten können. Allerdings gehört er auch zu den seltenen Fällen, bei denen sich nach einigen Fieberkrämpfen eine Epilepsie einstellte, die wohl aber auch jetzt „nur“ als Komorbidität zu Asperger auftritt.
    Da ist es immer wenig tröstlich, zu lesen, dass so etwas so selten ist. Wenn es einen trifft, dann ist die Wahrscheinlichkeit recht egal.
    anonym

  8. Ich würde dringend abraten, ein krampfendes Kind auf den Arm zu nehmen. Die Gefahr einer Eigen/Fremdverletzung ist viel zu hoch. Auch wenn das Kind erst 2 Jahre alt ist, entwickelt es ziemliche Kräfte und es hat niemand etwas davon, wenn sich Kind oder Eltern verletzen. Das Kind „auskrampfen“ lassen und dann in den Arm nehmen.

    1. Es liegt mir fern, mich mit einem breitschultrigen Sani anzulegen 🙂 , aber ich halte das für sehr realitätsfern. Zweijährige haben nicht diese Kraft während eines Gelegenheitskrampfes. Ganz anders sieht’s bei echten epileptischen Anfällen aus.

      Einigen wir uns auf: Lasst das Kind lieber liegen, aber wenn Ihr’s schon auf dem Arm habt, darf es da ruhig bleiben. Und: Legt es weg vom Gitter oder der Wand.

  9. Schade, der Beitrag kommt etwas spät für uns. So hatten wir – in Sachen Fieberkrampf bisher völlig unbeleckt – auch gleich den Notarzt frei Haus bestellt. Der anschließende Krankenhausaufenthalt sah dann aus unserer Laien-Sicht ziemlich unnötig aus und so haben wir ihn nach einer Nacht beendet. Und alles wurde gut…
    Aber erschreckend was das ganze schon und ich kann mir vorstellen, dass angesichts des krampfenden Kleinen die elterliche Panik generell sehr nahe liegt.

  10. Ich schließe mich mal an und bedanke mich für den Beitrag, vor allem weil ich auch noch anachronistisch fiebersenkend ab 39,5 Grad unterwegs war. Zum Glück wurden wir bisher von einem Fieberkrampf verschont und da das Kind gerade (mal wieder) Fieber hat, kommt dieser Hinweis für mich mehr als passend. *Seufz*, der Frühling könnte wegen mir jetzt kommen und die Infektsaison beenden….

  11. Im Erste Hilfe Kurs für Kinder wird gelehrt, dass man die Kinder nicht hochnehmen soll, sondern nur dafür sorgen, dass sie sich nicht verletzen können. Anstattdessen soll man mit ihnen sprechen (um das Kind und sich selbst zu beruhigen).

    Ich wäre wahrscheinlich so eine Mutter, die den Notarzt vor allem zur Beruhigung von mir selbst brauche.

    1. Naja, mir erschließt sich nicht so ganz der Sinn, warum man Kinder nicht hochnehmen soll bei einem Fieberkrampf. Zeig mir mal die Eltern, die ihr Kind dann liegen lassen.

        1. Vielleicht wurde auch nur veralgemeinert, Erwachsene soll man auch nicht anfassen bei Krampfanfall, da man selbst und der Krampfende dadurch verletzt werden können.
          Be Kleinkindern kann ich mir vorstellen das Mutti vor schreck loslässt wenn klein Kevin ihr voll auf die Nase gibt.

    2. Ich habe gerade kürzlich in einem zweitägigen Kurs gelernt, dass man generell Personen während eines epileptischen Anfalls nicht hochnehmen oder anfassen soll, sondern lediglich dafür Sorge zu tragen hat, dass sie sich nicht selber verletzen. Für einen Fieberkrampf galt das nicht.

  12. Entgegen meiner Ankündigung, den Kommentaren fernzubleiben, muss hierzu doch etwas loswerden:
    Danke. Für die sachliche Information, für die knappe Zusammenfassung all dessen, was man wissen muss und für die Anmerkung zum Fiebersenken.

    Der Fieberkrampf unseres Sohnes äußerte sich damals eher unspezifisch durch nicht-Ansprechbarkeit und eine deutliche Zyanose. Die Diagnose stellte erst die Kinderärztin in der Klinik, der Notarzt tippte auf „pulmonalen Infekt mit spontaner Besserung“ (er hatte die Zyanose noch verschwinden sehen). Hätte ich Deinen Eintrag mit dem Verweis auf die unterschiedlichen Symptomatiken damals schon gekannt, wäre ich vielleicht selbst darauf gekommen…

  13. Es ist aber auch SEHR erschreckend, wenn man so völlig unvorbereitet einen Fieberkrampf am eigenen Kind erlebt!! Wir sind damals sofort in die Kinderklinik gefahren – das volle Programm mit EEG, Nervwasserentnahme usw…. Ich war allerdings froh, daß mein Baby damals grade bei mir auf dem Bauch lag, als sie die Krämpfe bekam… Wer weiß, was passiert wäre, wenn wr das gar nicht bemerkt hätten?? Zum Glück eine einmalgie Angelegenheit!!

  14. Dass stures Fiebersenken nicht mehr empfohlen wird, scheint sich aber noch nicht überall herumgesprochen zu haben. Wir sind einmal mit dem erkälteten Zwerg (damals 8 Monate) wegen Fiebers und sehr starkem Husten in die Klinik gefahren, da Weihnachten war und ich es abgeklärt haben wollte. Er hatte 39°C Fieber und ich hatte ihm noch nichts gegeben, weil ich erst einmal eine Diagnose abwarten wollte.

    In der Klinik wurde ich heftig angemotzt , weil wir noch keine Fiebersenker gegeben hatte.Die Ärztin sagte wortwörtlich: „Na, Sie haben wohl noch kein Kind mit Fieberkrampf gesehen, sonst hätten sie längst etwas gegeben“… Den gleichen Satz bekamen die nächsten Eltern noch im Warteraum zu hören.

    1. Blödsinn und wirklich ärgerlich. klar ist das auch eine Sache des Alters, aber solche Aussagen einer Ärztin spielen mit der Angst und sind absolut fehl am Platz. Himmel!

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