Dreams are my reality

Die Mutter baut sich vor der Theke auf: „So, jaja, wir haben keine Termin, ich weiß schon, was Sie jetzt sagen wollen, aber, wissense, die Mira-Bella hat ja nur ein wenig Schnupfen. Das dauert auch nicht so lange beim Untersuchen. Da kann ich doch sicher gleich drankommen? Geht schnell, ne?“
fMFA: „Ja, guten Tag, Hallo. Guten Morgen, Mira-Bella. Das ist ausgesprochen schön und vertrauensvoll, dass Sie sich in dieser misslichen Lage an unsere Praxis wenden und ihr Vertrauen in die diagnostischen und therapeutischen Fähigkeiten des Herrn Doktors setzen. Dass Ihre Tochter so schwer erkrankt ist — ach nein? Na dann… — tut mir ausgesprochen leid und ich empfinde ein tiefes Mitleid für Ihre aktuelle Situation. Ich möchte gerne sehen, was ich für Mira-Bella und Sie tun kann, damit Sie nach Abschluss des heutigen Konsils zufrieden und gesundet gen Heimat ziehen können.
Mal sehen: Der Herr Doktor Kinderdok beschäftigt sich soeben mit einer Vorsorgeuntersuchung, betreut im Anschluss zwei Kinder mit Epilepsie, dann eines mit einer Lungenentzündung, dann kommt noch die kleine Vierjährige – das arme Kind – mit der Laufbehinderung nach dem Sauerstoffmangel unter der Geburt. Ich sehe grad, es folgen dann noch die Zwillinge mit vierzig Fieber und dem eitrigen-grünlichen Auswurf, dann wird er noch die Fäden ziehen bei dem Fünfzehnjährigen nach dessen Sturz von der Leiter – ganz üble Geschichte, sage ich Ihnen, Spiralbruch und so was, hässliche Geschichte – und schliesslich in ungefähr zwei Stunden nach den anderen zehn oder zwölf Kindern widmet er sich sicherlich mit voller Aufmerksamkeit dem Schnupfen Ihrer Tochter. Könnte ja auch mal eine Lungenentzündung oder Tuberkulose dahinter stecken, nicht wahr? Na, keine Sorge. Passt schon. Achso, das dauert zu lange, Sie sagen, das sei eine Lappalie? Ja. Kann sein. Ich würde es jetzt nicht so nennen, weil, Sie kommen ja schließlich zu uns in die Praxis. Ohne Termin. Dann wird´s schon dringend sein. Oder?“
Mutter: „Das dauert mir zu lange. Dann hol ich jetzt Nasentropfen.“
fMFA: „Alles klar.“

Träume. Träääääume.

33 Antworten auf „Dreams are my reality“

  1. Ich habe den Link zu deinem Blog eben bei NIDO gefunden und amüsiere mich gerade köstlich. Endlich mal jemand, der wirklich etwas zu erzählen hat und das auch noch sprachlich ansprechend umsetzen kann 🙂 Liebe Grüße

  2. Tja, meinereine wurde einst von der vereinten Skeptikergemeinde vor’s Kommentar-Gericht (Kategorie: unterste Schublade) gezerrt, weil ich in einem Blog-Beitrag doch allen ernstes behauptet hab, dass ich wegen einer Lappalie nicht zum Arzt gehe … so kann’s einem auch gehen.

  3. Wir gehen meist aus genau zwei Gründen mit den Kindern zum Arzt, wenn diese eigentlich „nur“ banale Erkrankungen wie Erkältung o.ä. haben:

    1. Wir brauchen die Krankschreibung für den arbeitenden Elternteil.
    2. Wir sind uns nicht ganz sicher, ob die Erkrankung wirklich nur banal ist und mit entschlossenem Zuwarten auskuriert werden kann, oder ob da doch eine behandlungsbedürftige schwerere Erkrankung dahinter steckt. Wir sind keine Ärzte, können also leider NICHT immer genau zwischen harmlos und ernst unterscheiden.

    Bsp.: – Hautausschlag – bloß aufekratzt/Irritation oder Impetigo/Entzündung?
    – starke Bauchschmerzen – haben wir einfach ein sehr empfindliches
    – Kind mit Magen-Darm (ohne Darm) oder steckt was ernsteres wie
    Blinddarm dahinter?
    – Halsschmerzen – viral und harmlos oder bakteriell und antibiotikapflichtig?

    Alles so schon gehabt, mehrmals, und trotzdem kann ich noch immer nicht 100% zuverlässig zwischen harmlos und behandlungsbedürftig unterscheiden…
    Bevor ich was verschleppe, geh ich lieber einmal „umsonst“ zum Arzt, um mir anzuhören, was ich sebst auch vermute: Daheim in Ruhe auskurieren reicht.

    1. Aber die von dir aufgezählten Dinge sind ja nun auch keine Erkältung! Gut, ich würde jetzt nicht bei jeden Bauch- und Halsschmerzen zum Arzt rennen, aber wenn ich ein komisches, unsicheres Gefühl habe oder andere Symptome dazukommen – warum nicht?!

  4. Und wieder eins dieser leidigen Thrmen. Geht es nicht hierbei um etwas anderes? Ist das nich ein dtl. Bild einer Gesellschaft, die ungern Verantwortung übernimmt, oder es auch nicht kann. Die es nicht schafft, Probleme auch einmal auszuhalten. Aber auch das ICH im Vordergrund steht. Also ICH komme, macht Platz. Ich bin doch das Zentrum….. In solchen Situationen versteh ich die Menschen nicht, versuche aber mit meinem Mantra: Das stehen wir gemeinsam durch! trotzdem für die kleinen und großen Sorgen ein Ohr zu habe. Vielen Dank für die kleine Supervision!

  5. WIr würden gerne auf das Warten bei der KiÄ verzichten, wenn der Kurze „nur“ einen grippalen Infekt hat. Dafür „müssen“ wir auch nicht zum Arzt, aber für die Krankschreibung schon und da hocken wir dann leider auch zwei Stunden rum, weil Frau Doktor trotzdem und unbedingt noch auf das Kind schauen will, anstatt die Krankschreibung rauszurücken. Falls es schlimmer wäre, würden wir in drei Tagen eh wieder auf der Matte stehen! Also muß man wohl auch leider hin und wieder wegen einer Lapalie zum Kinderdok! Nichts für Ungut Herr Doktor! 🙂

      1. Es gibt tatsächlich Schulen, die bei Fernbleiben vom Unterricht auf einen Arztbesuch mit Bestätigung bestehen (zum Glück gehen meine Kiddis nicht auf diese).
        Bei einem Notfall vorher anrufen, um einen geeigneten Termin auszumachen, halte ich eigentlich auch für sehr sinnvoll, habe aber schon manche Stunde umsonst an der Strippe gehangen. Entweder war belegt, oder niemand nahm das Telefon ab. Ich denke schon, dass dies auf ein übervolles Wartezimmer schließen ließ. Ich bin dann eben ohne Termin in die Praxis gefahren.
        In den, gefühlt, meisten Fällen fand der Notfall sowieso außerhalb der Praxiszeiten statt, also Sa und So, oder Mi und Fr nach 12:00, nur Mo, Di und Do hat die Praxis auch Nachmittags geöffnet.

    1. Rausrücken… Mmh.
      Das ist ja nun kein Selbstbedienungsladen und ein Arzt hat eine Verantwortung, wenn er etwas wie eine Krankschreibung „rausrückt“. Es ist Arztpflicht, die Notwendigkeit von diesen oder anderen Bescheinigungen zu prüfen. Gefälligkeitsbescheinigungen hat schon manchen geschadet.
      Was glaubst Du, wieviel große Augen ich schon gesehen habe, wenn ich das, naja, nicht wirklich kranke Kind in den Kindergarten entlassen habe und die Mama leider arbeiten musste…

  6. ich hatte einen kollegen (dr. med., praktischer arzt, allerdings weit weg von patienten in der industrie weit besser aufgehoben), der hatte vier kinder und eine nicht berufstägige frau, ebenfalls dr. med., praktische ärztin. wenn eines der kinder zum arzt musste begleitete er es, die frau musste ja auf die anderen drei aufpassen.

    aus kindergarten und schule brachten die kinder immer alle möglichen krankheiten mit nach hause (ich vermeine mich entsinnen zu können dass die alle mindestens drei mal masern, röteln, keuchhusten, scharlach etc. hatten, dazu jährlich zweimal die grippe mindestens). die kinder hatten zudem allesamt zahnspangen, und der zahnarzt war sein schwager. die kinderärztin war die frau des zahnarztes. die ordinationen waren im wohnhaus der ärzte, dieses war drei häuser vom wohnhaus des herrn kollegen entfernt. zumindest in grippezeiten steckte sich der arme mann dann auch noch bei jedem kind einzeln an, denn: die kriegten die grippe immer nacheinander, nie gleichzeitig. für die frau brauchte er dann pflegeurlaub.

    irgendwann kam man dann von seiten der firma dahinter und man glaubte es nicht wie schnell die ganze familie auf einmel bakterien- und virenresistent war nach einem gespräch mit dem geschäftsführer. quasi mit einem fingerschnippen innerhalb einer halben stunde: alle fortan gesund. der mann war entweder ein wunderheiler – oder sehr deutlich.

    1. naja.. wenns Kind nicht in den Kiga kann und Großeltern nicht zur Hand sind, brauchts halt ne Krankschreibung für die Eltern. Ansonsten würd ich mir das Warten bei nem lapidaren Schnupfen nicht antun; Nasentropfen gibts für 2fuffzich was in der Apotheke. Das einzige, wo ich schneller flitze, ist bei tiefem Husten; bevor sich das wirklich in Bronchitis oder gar Lungenentzündung auswächst (ich hatte selber schon beides, Töchterchen schon Bronchitis. Braucht die Welt nicht..) Aber ansonsten? Nö. Nicht wegen Schnupfen. 🙂

      1. Naja, bei uns geht das mit der Krankschreibung auch zwischenrein: Kinderdok anrufen, Sprechstundenhilfe sagen, dass Kind zwar krank ist und ich eine Kranschreibung brauche, aber keine Untersuchung. Dann sagt sie einen Termin zum vorbeikommen und abholen. Dann kommt man mit Kind vorbei und Doc schaut im Vorbeigehen wer Mutter/Vater und Kind ist (Doc kennt ja seine Pappenheimer) und macht seine Unterschrift drauf. Fertig. – Da braucht man auch keinen Termin.

    2. Dahinter steckt der Glaube, dass sowas nur eg geht wenn 1) der Arzt besucht wurde 2) dieser mindestens 3 verschiedene Preparate verschreibt, weil man nur dan valide sagen kann, dass man auch wrklich in echt krank ist. Tut man das nicht, simuliert man nur und kann auch eigentlich wie gehabt weiter machen. Meine Mutter ist da ähnlich gepolt, und will nicht einsehen dass ich krank mit Erkältung im Bett liegen kann und trotzdem nicht zum Arzt gehe, weil der mir ja auch nix verschreiben kann, was ich nicht sowieso in der Apotheke kriegen kann.

  7. Im Leben nicht hat die das gesagt! wollte ich gerade schreiben.
    Dann habe ich es noch gesehen: Träume.
    Okay, dann ist alles klar!

  8. Unser Kinderarzt hält für Notfälle täglich Termine frei, bittet aber eindringlich im Gegenzug immer vor Erscheinen in der Praxis anzurufen. Neulich habe ich erlebt, wie die MFA eine Mutter (ohne Termin) freundlich, aber sehr bestimmt darauf hingewiesen hat, dass keine Patienten „dazwischen geschoben werden können“, sie könne aber trotz des fortgeschrittenen Nachmittags noch einen Termin 30 Minuten nach Ende der offiziellen Öffnungszeit haben (wozu so etwas wie ein Feierabend…). Und nein, es würde wirklich nichts beschleunigen, wenn sie die Stunden bis dahin im Wartezimmer verbringen würde, da würde es auch nicht schneller gehen, als wenn sie zu Hause bis zum Termin warten würde.
    Die Mutter reagierte total genervt, ohne zu verstehen, das das Prinzip doch viel besser ist, als mit X Leuten stundenlang in einer offenen Sprechstunde rum zu hocken und sich gegenseitig an zu stecken.
    Die MFA war echt bewundernswert freundlich, ich wäre vermutlich irgendwann wütend über den Empfangstresen gehüpft.

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