Husten und Schnupfen

„Hallo lieber Kinderdoc, (…) Aus eigenem Interesse fände ich es toll, wenn Du mal einen Post über Erkältungen bei Kleinkindern verfassen könntest. Da sich in meinem Umkreis 1000 Meinungen befinden, was man so alles dagegen machen kann, wenn die Kleinen und Kleinsten husten und schnupfen. Über Babix, die s.g. „braunen Nasentropfen“, über Engelwurzbalsam und die Klassiker wie Nasivin o.ä. existieren von Kinderärzten, Hebammen, Erziehern und Bekannten mehrere gegensätzliche Meinungen. Die einen sagen, unbedingt nehmen, die anderen wollen einen beim Jugendamt anzeigen, weil man seinem Kind sowas gibt *kopfschüttel*…vom Internet und den diversen Foren braucht man ja nicht erst reden 🙂 (…)“

Liebe Schreiberin,
dann will ich doch auch mal meine gegensätzliche Meinung dazu äußern 😉 – schlichte Statements aus dem Praxisalltag:

Schnupfen:
– Babys haben meist keinen echten Schnupfen, sondern nur enge Nasengänge und gereizte Schleimhäute (z.B. von trockener Luft) – Anfeuchten mit Kochsalz-Lösung reicht
– Es ist egal, welche Salz-Tropfen man da kauft – chemisch ist alles NaCl – egal ob aus dem Toten Meer oder der Nordsee
– Hochlagern hilft vielen Säuglingen beim Atmen – bitte etwas unter die Matratze, kein Kissen.
– Frischluft lässt die Nase laufen, das ist gut und macht nicht mehr krank. Heizung nachts aus, gut durchlüften.
– Ältere Kinder profitieren von abschwellenden Nasentropfen – also Xylometazolin o.ä. – wenigstens abends gegeben, zum gut Schlafen. Maximal dreimal täglich, maximal 5-7 Tage, sonst droht der Gewöhnungseffekt und entzündete Schleimhäute

Husten:
– … ist erstmal gut, da es die Rotze, Schleim usw. aus den tieferen Atemwegen nach oben befördert. Er sollte nur „abgestellt“ werden, wenn das Kind nicht schlafen kann. Dann kann man ausnahmsweise Hustenstiller geben – von heissem Tee/Milch mit Honig angefangen über Thymian-Präparate bis zur „echten“ Medikamenten gibts da viel. Aber Vorsicht:
– Steckt hinter dem Husten eine Bronchitis, gibt man keinen Hustenstiller. Besser sind dann so genannte Bronchodilatoren – die die Atemwege öffnen. Gibt´s als Tropfen oder Inhalation (am besten mit einem „Spacer“). Verschreibt der Kinder- und Jugendarzt.

Was ist entbehrlich?
– Jegliche Balsame. Sie helfen nicht, duften zwar hübsch, es gibt aber keinen Wirkungsnachweis. Bei Säuglingen und Kindern mit Bronchitis sogar kontraproduktiv.
– Schleimlöser. Da gibt´s nichts zum Lösen. Kein echter Wirkungsnachweis. Bei Bronchitis eher Verschlechterung.
– Inhalationen mit NaCl-Lösung. Sie wird meist isotonisch (0,9%) durchgeführt und meist nicht richtig („verdampft“). Kein echter Wirkungsnachweis.
– Naja, und die üblichen Verdächtigen: Glaubuli.

Was lindert – Hausmittel?
– Gar nicht schlecht: Warme Wickel – um den Hals oder die Brust. Wahrscheinlich egal, mit was. Hauptsache warm (nicht heiss!).
– Frischluft
– Tee/Milch mit Honig

Noch was: Erkältungen sind in der Regel viral bedingt – und dauern. 7-10 Tage sind da keine Zeit. In der Wintersaison bei ein- bis fünfjährigen Kindern, also dem klassichen Kita- und Kindergartenalter jagt da ein Infekt den anderen – und schnell wird daraus ein „Dauerschnupfen“ oder ein „chronischer Husten“ – hier trainiert sich das Immunsystem schön für die kommenden neunzig Jahre. Es will immer keiner glauben, aber Dauerkranke in dieser Zeit sind später oft dauergesund.

Zum gleichen Thema rebloggt:
Warum denn bloß (21.1.2013)
WANZe (18.12.2012)
nein: jetzt! (23.9.2012)
da fällt der groschen (14.11.2011)

27 Antworten auf „Husten und Schnupfen“

  1. Also ich selbst war auch einer, der im zarten Kindesalter sehr häufig krank war. Keinen Infekt ausgelassen, alles mitgenommen. Zur Strafe wurden mir dann die Mandeln rausoperiert, bevor ich in die Schule kam. Nicht dass ich den ganzen Unterricht verpasse.

    Und seither war ich dauergesund. Zufall? Vielleicht. Ich weiß ja nicht, wie viele lebenslange Resistenzen ich erworben habe und wie gut die Abwehr sonst funktioniert, man kann nur indirekt vermuten 🙂

    Aber dann kam mein erstes Kind in den Kindergarten. Und so war ich letzten Winter über Monate „dauerkrank“. Also nicht immer dasselbe, ein Infekt nach dem anderen. Und nichts auslassen, ob Viren oder Bakterien, alle dürfen mal. Und vorher hatte der Nachwuchs immer den entsprechenden Infekt, und der Rest vom Kindergarten natürlich auch. Nur frag ich mich, warum ich mit knapp 40°C Fieber nicht fröhlich rumtoben möchte sondern mich schlapp und krank fühle. Gibt es dafür eine vernüftige (Alter ist keine vernüftige) Erklärung?

  2. Klasse Beitrag, lieber Kinderdoc! Wenn man jetzt nur immer als Laie wüsste, ab wann es ernst ist oder nicht… *seufz*
    Highlight: Baby hustete damals und hustete, so richtig trocken und fies. Wir halb-panisch zum Kinderarzt. Der meinte dann nur ganz lapidar: „Mei, das Kleene is ich krank, das stört nur a Speiserest!“ 🙂

  3. Und jetzt wäre es noch toll zu erfahren wie man es schafft als Elternteil nicht immer gleich mit krank zu werden 🙂 Jetzt wo mein Partner die Eingewöhnung macht schleppt er jede Erkältung die er in der Kita finden konnte mit nach Hause.

          1. Wechselduschen für Warmduscher:
            1. Warm (bzw. heiß) duschen.
            2. Aufhören mit dem warmen rumgedusche.

            Zuviel Duschen ist eh schlecht für die Haut. Neurodermitis-Patienten wissen, dass Baden viel besser ist. 😀

  4. Mist, hätte ich diese Links mal heute früh auf dem Schirm gehabt.
    Ich hatte nur von früheren Beiträgen Deinerseits dieses in Erinnerung:

    – Schleimlöser. Da gibt´s nichts zum Lösen. Kein echter Wirkungsnachweis. Bei Bronchitis eher Verschlechterung.

    als unser Kinderdoc uns Mucosolvn gegen die Bronchitis verschrieb.

    Da „des hab ich in so nem Kinderarztblog gelesen“ sicher auch bei Dir nicht als überzeugende Quelle durchgegangen wäre, habe ich nur das Rezept genommen, ihm vertraut und es dem Kind gegeben.
    Was könnte ich denn nun besser machen? Inhaliergerät haben wir gar nicht.

    Links ausdrucken und nochmal gehen! Komme mir dann so besserwisserisch vor 🙁

  5. Du hast schon des Öfteren geschrieben, dass Du der Ansicht bist, dass Ambroxol, ACC und Co. als Schleimlöser therapeutisch nichts bringen würden. Ich will Dir das gerne glauben.
    Nichtsdestotrotz würde ich als Apotheker das mal evidenzbasiert nachlesen wollen. Kannst Du diese These über wissenschaftliche Paper (habe Zugriff darauf) oder Leitlinien untermauern? Gilt das auch für Erwachsene? Besten Dank vorab!

      1. Für ACC gibt es zumindest eine positive Cochrane-Bewertung von 2010.
        Und nach Arznei-Telegramm sollte man sowieso nahezu alle AM meiden^^

        Wundermittel sind die Schleimlöser aber sicher nicht.

      2. Vielen Dank für die Links. Ich habe die Abstracts gerade mal grob überflogen. Ich muss die Paper aber mal in Ruhe am Wochenende durchlesen.

  6. Mit den „braunen Nasentropfen“ sind vermutlich solche mit „Silbereiweiß-Acetyltannat“ als Wirkstoff gemeint. Dieses wirkt anstringierend. [Zitat FAM-Text: „Der Silbereiweiß-Acetyltannat-Komplex wirkt adstringierend auf die Nasenschleimhaut. Der wässrige Nasenfluss wird eingedämmt und die Atmung durch die Nase wird erleichtert.“] Des weiteren ist etwas „Chlorhexidin-digluconat“ enthalten, ein Antiseptikum. Zugelassen ist das auf dem Markt befindliche Medizinprodukt zur „begleitenden Behandlung bei Entzündungen der Nasenschleimhaut mit Sekretbildung im Säuglinds- und Kleinkindalter“. Aber seit es vor einigen Jahren vom „apothekenpflichtigen Arzneimittel“ zum „apothekenpflichtigen Medizinprodukt“ umdeklariert wurde, welches allerdings nicht auf der „Anlage V zum Abschnitt J der Arzneimittelrichtlinie: Übersicht der verordnungsfähigen Medizinprodukte“ steht (selbige findet sich mit dem Stand vom 13.09.2013 hier: http://www.g-ba.de/downloads/83-691-333/AM-RL-V_2013-09-13.pdf ) und somit – auch auf Kassenrezept – von den Eltern selbst zu bezahlen ist, ist die Nachfrage extrem gefallen…

  7. Hallo Dok.
    Danke für die Infos… eine Frage als Mutter eines obstruktives bronchitis Kind (knapp 2): warum isotonisches Nacl sollte nix bringen? Aber spülen mit kochsalz doch (ist dies auch nicht Nacl ?) Ist das erste mal, dass ich so eine Stimme gg isolieren höre und möchte gerne mehr wissen. Und noch eins. Ab wann salbutamol mit spacer (freundlich schön darüber) danke!

    1. Das eigentlich Wirksame an Inhalationen sind die bronchienerweiternden Mittel wie Salbutamol oder Ipratropiumbromid. Und die lassen sich ebenso gut und schneller und praktischer mit einem Spacer inhalieren.
      Und das sicher ab dem 6. Lebensmonat

      1. Mein Kleiner (14,5 Monate) inhaliert seit er gut 6 Monate alt ist mit einem Spacer. Ich habe auch das Gefühl, die Medikamente kommen besser an als mit dem Vernebler. Abgesehen davon, dass es leiser und praktischer ist 😉

  8. Oh man, vielen Dank…nach einem Bronchitis-Schrecken gehen bei uns bei jedem Hatschi und Hüsterken die Alarmglocken los…und JEDER hat nen anderen Tip. Ich werde mich mal an die hier halten…und das dämliche Inhalations-Gerät wieder einmotten…hat nie was gebracht…*grummel*

  9. Eine zerschnittene Zwiebel, in ein Tuch eingepackt, am Kopfende des Bettchens platziert, hat uns mehrere dutzend Nächte erleichtert….der Gestank der Zwiebeln war uns da egal, Hauptsache die Nasenschleimhäute schwollen ab und unsere Zwerge konnten schlafen.

    1. Da unsere Kleine momentan sehr mit Schnupfen und verstopfter Nase kämpft: hilft das wirklich? Und schadet auch nicht dem Brüderchen im Bett daneben? Bei 7 Monate.

  10. Lieber Kinderdok,
    Mein Sohn hat zwischen 2 und 3.5 Jahren um die 243 verschiedene Rhinoviren durchgerotzt (sofern ich mich nicht verzählt habe). Waren das jetzt alle und kann ich mich schnupfentechnisch auf einen ruhigen Winter einstellen?

  11. Danke, besonders für den letzten Satz. Dann kann ich zumindest innerlich schmunzeln wenn ich mal wieder höre „Was? Deine Kinder haben schon wieder Schnupfen/Husten?“
    Das sagen die Leute immer so vorwurfsvoll. Als könnte ich was dafür.

    1. Aber klar! Hast du mal wieder den täglichen 4-stündigen Waldlauf durch den Schnee geschwänzt, was? Kein Wunder, dass deine Kinder total verweichlicht sind 😉

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