Weihnachtsbuchtipp No.1

Ok, das ist jetzt ein amerikanisches Buch, übersetzt ins deutsche, und auch in seiner Urausgabe bereits von 1980, aber was an So sag ich’s meinem Kind: Wie Kinder Regeln fürs Leben lernen von Adele Faber und Elaine Mazlish so cool ist, sind die vielen vielen skurrilen (weil ungewohnt einfachen) aber einprägsamen Zeichnungen, die den eher trockenen Text zu Erziehungstipps aufwerten. Man blättert schnell einmal hinein, liest sich fest, und bleibt doch vor allem an den Bildern hängen.

In diesem Buch gehts zweitrangig um Regeln. Der Untertitel wurde wohl auch nur für die deutsche Leserschaft eingeführt. Im Englischen geht es um „How to talk so kids will listen and listen so kids will talk“. Anschaulich werden die bekannten Thesen von Thomas Gordon des aktiven Zuhörens verdeutlicht. Man vermittle ich-Botschaften, man motiviere sein Kind zur Zusammenarbeit, nicht Konfrontation, man fördere die Selbständigkeit und lobe, man lerne, ohne Strafen auszukommen. Hehre Ansätze, die sich mit vielen Übungen (auf die das Buch viel Wert legt) in der Familie umsetzen lassen.image

Es geht um Formulierungen. Beispiele: Wie oft vermitteln wir Eltern Vorwürfe in unseren Sätzen („Willst Du die Wohnung unter Wasser setzen? Stell das Badewasser ab. Du bist unverantwortlich“), statt dessen sollten wir die Situation beschreiben („äh, das Wasser geht schon bis zum Rand.“). Statt den Schuldigen zu suchen („wer hat schon wieder die Milch draussen stehen gelassen?“) gehts um Informationsmitteilung („die Milch wird sauer, wenn du sie nicht in den Kühlschrank stellst.“) Ganz Klasse auch die Beispiele zum Zutexten der Kinder (Statt „Immer und immer wieder habe ich euch gesagt, ihr sollt Eure Schlafanzüge anziehen, ihr aber kaspert nur herum. Ihr habt versprochen, Eure Schlafanzüge anzuziehen, bevor ihr Fernsehen schaut, aber ich sehe immer noch nichts.“ besser „Kinder, in die Schlafanzüge!“) 🙂
Wirkt trivial, ist aber essentiell.

Inzwischen gibt es viele Programme, die Eltern Hilfen bei der Erziehung an die Hand geben sollen, strenge wie das Triple-P oder sanftere Methoden wie das Step-Programm. Allen sollte der Respekt vor der Persönlichkeit des Kindes am wichtigsten sein. Daher sind Bevormundungen, Beleidigungen und verdeckte Schuldzuweisungen keine probaten Mittel der Kommunikation. Dies möchte das Buch vermitteln. Schaut mal rein. Es ist vielleicht nicht für jedermanns, aber manche Eltern finden sich vielleicht angesprochen.

Erschienen bei der Geheimwaffe aller Kinderratgeberverlage, dem Oberstebrink. Etikettiert mit „die Nr.1 beim Kinderarzt“, diesmal ohne BVKJ-Siegel. Naja. Vielleicht wieder ein Fall von Etikettenschwindel, denn so verbreitet wird dieses Buch wohl doch nicht von den Pädiatern empfohlen. Zu unbekannt?

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15 Antworten auf „Weihnachtsbuchtipp No.1“

  1. Oh, ich habe das Buch auch, aber ich finde es sooooo schwer umzusetzen. Auch wenn ich einsehe, dass es eigentlich gut ist. Aber so kreativ bin ich manchmal einfach nicht mehr und wenn dann wirklich immer wieder die Hände nicht gewaschen werden, und soooo oft schon erklärt wurde, warum das nötig ist, dann bricht es doch heraus. Schnüff 🙁

  2. also wenn man gefuehlt 100 mal die halbvolle milchtuete neben die andere halbvolle milchtuete (ja, das ist ein anderes thema…) in den kuehlschrank gestellt hat (und bereits gefuehlte 100 mal erklaert hat, dass die milch sauer wird), dann saeuselt man nicht mehr freundlich, dass die milch sauer werden koennte. dann ist man selbst sauer…. und irgendwo hab ich gelesen, dass man in der erziehung authentisch bleiben soll 😉

  3. Was ist denn bitte der Unterschied zwischen dem angeblich vorwurfsvollen „Willst Du die Wohnung unter Wasser setzen? Stell das Badewasser ab.“ und dem angeblich viel kinderfreundlichen, da informationsvermittelnden „die Milch wird sauer, wenn du sie nicht in den Kühlschrank stellst.“?
    Die Information über das anstehende Unglück gibt’s bei beiden und beide machen einen Vorwurf, denn beide haben den Schuldigen für das anstehende Unglück, das Kind, schon ausgemacht.

    Wenn überhaupt, dürfte der Punkt eher sein, das überflüssige „Du bist unverantwortlich“ wegzulassen, denn die Eltern sollten wissen, dass Kinder in aller Regel unverantwortlich sind (weil ihnen der Überblick fehlt), und Kinder können mit so einer Anschuldigung nichts anfangen (außer, dass sie wohl ganz fürchterlich schlechte Menschen sein müssen).

    Und davon unabhängig: Der Ton macht die Musik. Mit einem ärgerlich-gebrüllten „Die Milch wird sauer, wenn du …“ verängstige ich ein Kind garantiert mehr als mit einem neckisch-beiläufigem „Willst du das Badezimmer unter Wasser setzen?“. Da kann die Formulierung der Saure-Milch-Nummer noch so pädagogisch-informationsvermittelnd-wertvoll sein.

    1. Als Sohn einer Mutter, die diesen Tenor auch nach 35 Jahren immer noch bei jeder Kleinigkeit ansetzt (zum Glück nicht nur bei mir..) kann ich dazu nur sagen, dass diese rhetorischen Fragen absolut nervig sind. Das Problem ist, dass Menschen, die dieses Stilmittel nutzen, es nicht dabei belassen, es einmal zu tun, sondern dazu tendieren, es regelmäßig einzusetzen.

      Die Folge ist, dass die rhetorische Frage die Absicht unterstellt, das angesprochene tatsächlich durchführen zu wollen. Dadurch fühlt man sich ständig gezwungen, auf Fragen zu antworten, deren Antwort von vornherein feststeht. Natürlich will niemand das Badezimmer unter Wasser setzen, die Küche in Brand setzen etc. Und auch, wenn die Frage rhetorisch ist, fordert sie eine verbale Rechtfertigung, Entschuldigung und letztendlich Unterwerfung regelrecht heraus. Ich kann dir versichern, dass dies außerordentlich frustrierend ist.

      Das Problem ist, dass hiermit a) Absicht, b) Verantwortungslosigkeit und c) Unselbständigkeit suggeriert wird und der Angesprochene in einer ständigen Abhängigkeitsposition gehalten wird.

      Wie gesagt, nichts spricht dagegen, in einer besonders absurden Situation auch einmal eine solche rhetorische Frage einzusetzen. In der Regel sind die Sender aber Wiederholungstäter, die sich diesen Stil angewöhnen und dadurch mit der Zeit heftigste Abwehrreaktionen bewirken, die dann wiederum zu wesentlich größerem Streit führen.

  4. wenn ich statt “Willst Du die Wohnung unter Wasser setzen? Stell das Badewasser ab.” sage :“äh, das Wasser geht schon bis zum Rand.” gucken mich hier die Männer an und sagen „ja, tut es“ da muss man dann schon eher sagen „mach das Wasser zu!“ Und das sollen dann Kinder verstehen?

    1. Das ist hier auch so. „Das Wasser geht bis zum Rand. Stell‘ es bitte rasch aus. Guck, bis daaaahin darf es höchstens gehen.“ Ist die Ansage, die begriffen wird. Nicht nur bei den Kindern…

  5. Zutexten ist aber doch ungemein befriedigender wenn man grade genervt ist. Da reicht mir persönlich ein kurzer Satz einfach nicht um meinen Frust rauszulassen. Und auch so lernen die Kinder fürs Leben: „Wie man unnützes Blabla erfolgreich ausblendet“.

  6. Familiefriedenrettend war hier vor Jahren ein anderes Buch derselben Autoren: „Hilfe, meine Kinder streiten! Ratschläge für erschöpfte Eltern“ – selten so einen Augenöffner gelesen.

  7. Wie praktisch. Lässt sich mit nur wenigen Worten ändern in „Wie sag ichs meinem Angestellten“ / „wie sag ichs meinem Ehepartner“…. willsagen, eigentlich sind Respekt und Wertschätzung plus klaren Aussagen/Ansagen ohne Schuldzuweisungen ja Grundregeln jeglicher Kommunikation – auch wenn das in den meisten Fernsehtalks nicht so rüberkommt

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