Schattenspringer

Eine Entdeckung für mich –
Ich bin sowieso Comic-, neuer: Graphic-Novel-Fan, wie so viele Sechziger/Siebziger mit den Heftchen aufgewachsen damals ™ , irgendwann für die schöne Literatur und den Deutsch-Leistungskurs vor allem zeitlich aufgegeben, erst später „in diesem coolen Comic-Laden“, den jede Uni-Stadt hat, wiederentdeckt. Irgendwann wieder liegengelassen, Opfer von Nachtdiensten und Examina, da hat alles Lesen gelitten.

Erst die letzten Jahre sind die Comics wiedergekommen, ein wenig Shaun Tan hier, ein bisschen Ralf König da, eine Prise Moers und ordentlich viel, weil zeitlos, Goscinny und Herge.

Als ich letztens nach Buchtipps twitterte, wies mich @KiezkickerDe auf den „Schattenspringer“ von Daniela Schreiter aka Fuchskind hin, ein Comic, indem sie ihre Erfahrungen als Asperger-Mensch verarbeitet. Zwei tolle Dinge dabei: Die ersten vier Kapitel lassen sich hier genießen und – der Panini-Verlag hat soeben den Comic als Buch (incl. 5.Kapitel) veröffentlicht.

Als Arzt kannst Du Dich belesen zu Asperger und Autismus wie Du willst, Du kannst Patienten kennen, Du kannst das en detail studieren, und trotzdem wirst Du diese Welt nicht verstehen. Dank der zunehmenden Akzeptanz dieses Lebensumstandes, vielleicht auch dank des zunehmenden Mutes oder Sicherheit, die Diagnose zu stellen, gibt es inzwischen auch mehr Erfahrungsberichte von … mmh … Betroffenen (ist das das richtige Wort?), gerade in der Bloggerszene liest sich da so einiges. Fuchskind gelingt es, in wunderschönen Bildern der Welt des Aspergers näher zu kommen und mehr zu verstehen. Vielen Dank dafür. Insoweit ist das dann auch nicht offtopic.

Der „Schattenspringer“ ist übrigens für den „Ehrenpreis für Gestaltung“ nominiert. Hier kann man seine Stimme abgeben.

24 Antworten auf „Schattenspringer“

  1. Eine späte Rückmeldung an den Kinderdok und Danke für die Empfehlung.
    Ich bin selbst ein Graphic-Novel-Fan und nur die hohen Buchpreise halten mich vom regelmäßigen Kauf ab. So war es gut, mal ein Buch dieses Genres auf Praxis-Kosten anschaffen zu können (*grins*). Ich habe es von einem jugendlichen Asperger sowie zwei Angehörigen von Autisten „probelesen“ lassen und schließlich in unsere kleine Patienten-Ausleih-Ecke aufgenommen. Leider wird bei uns nicht sorgfältig Buch geführt, wer wann die Bücher wem mitgibt und es kam, wie es kommen mußte: Es ist seit längerem verschwunden.
    Als ich heute darüber nachdachte (nachsurfte), woher ich den Tip für dieses Buch hatte, fiel mir auf, dass ich bisher keine Rückmeldung gegeben habe: Das Buch ist klasse! (…leider erkenne ich mich und meine Gedankengänge auf vielen Seiten wieder…)
    Also, bitte stelle uns weiterhin Deine Empfehlungen vor!
    Das Schlappohr, das sich viel zu wenig Zeit & Muße zum Lesen nimmt.

  2. Vielen Dank für den Link/Hinweis. Einfach nur eindrücklich und Verständnis erweckend, dieser Comic. Hat mir sehr gut gefallen und werd ihn „weiter empfehlen“!
    Auch wir hatten während der Schulzeit „komische“ Kinder in der Klasse, war aber selbst teilweise Teil der Aussenseiter, darum könnte ich heute nicht mehr sagen, ob jemand mit Asperger drunter war..
    Aber da ich jetzt selber Kinder habe, bin ich doppelt froh um solche Erweiterungen meines Horizonts.

  3. Bei mir steht die offizielle Autismus/Asperger Diagnose seit Jahren aus. Ich hätte damals mit dem Bus zur Klinik fahren müssen, zusätzlich zur Fahrt zur Schule. No way. Spricht für sich.
    Ich hab den Comic meinem Freund (null Verständnis von geistigen Krankheiten) und meiner Mutter (hat’s natürlich schon immer gewusst..) gezeigt. Meine Mutter meinte nur, so kennt sie mich. Besonders zum Friseur zu gehen war für sie wohl fast schlimmer bzw peinlicher als für mich. Ich muss mich bis heute zusammenreißen die arme Frau mit der Schere nicht anzubrüllen, und stattdessen bitten, mich selber kämmen zu lassen.
    Mein Freund regt sich immer auf, dass ich a) „nicht zuhöre“, weil ich so viel anderes höre und b) leise rede. Klar, wer wenig hört,redet lauter, wer alles hört, redet leise. Ich empfinde meine normale Sprechstimme als furchtbar laut, aber hab nach 23 Jahren mal raus, wann man mich hört.
    Im übrigen möchte ich Jedem von der „sind wir nicht alle autistisch“ EINEN Tag aus meiner Schulzeit erleben lassen. Mit den Kindern, dem Krach, dem ungewollten Kontakt, den blöden Kommentaren und dem „warum DAS denn jetzt?!“ Gefühl.

  4. Ich bin selber ein spät diagnostizierter Asperger Autist und bin in der Zeit vor meiner offiziellen Diagnose auch im Internet auf Daniela Schreiters Schattenspringer gestoßen.
    Das Comic ist sehr liebevoll gezeichnet und erinnert mich in seiner Qualität an das Frühwerk von „Ralf König“, wobei Fuchskind einen ganz persönlichen und wunderbaren Stil entwickelt hat.
    Man erkennt sich als Betroffener in diesem Comic an sehr vielen Stellen wieder, findet aber auch Dinge, in denen man sich selber nicht wieder erkennt. Das ist auch ganz normal, denn jeder Betroffene ist anders. Fuchskind ist beispielsweise gegen Wärme empfindlich und leidet daher vor allem im Sommer. Mir geht es genau umgekehrt, ohne triftigen Grund bekommt man mich zwischen November und April nicht aus dem Haus, weil ich die Kälte nicht vertrage, selbst bei mehr als angemessener Kleidung.
    Beim Lesen des Comics sollte man sich also immer vor Augen halten, das andere Betroffene mit ähnlichen aber durchaus anders gearteten Problemen durchs Leben gehen können. Insgesamt beschreibt sie ihre Welt aber sehr plastisch und plausibel, so das ich mal vermute, das es auch für Nichtautisten (NT, Muggel) verständlich ist.
    Neben dem Comic, den man sich unbedingt kaufen sollte, bietet Fuchskind auf ihrer Webseite auch viele kurze Clips und kleine Zeichnungen an.
    Für die Eltern von betroffenen Kindern habe ich auch noch einen kleinen Tip parat. Es gibt im Internet Foren und Gruppen für Autisten, beispielsweise auf aspies.de oder auch bei Facebook. Wenn ihre Kinder sich seltsam und unerklärlich verhalten, kann man dort mal nachfragen, es gibt oft den einen oder anderen Erwachsenen Autisten, der sich an ähnliche Situationen gut erinnern kann und das Verhalten der Kinder besser erklären kann, als es den kleinen schon möglich ist. Aber bitte immer dran denken, Autisten kommunizieren sehr direkt, also bitte nichts in die Aussagen hinein interpretieren, was da nicht drin steht und bitte auch akzeptieren, das Betroffene ihre ganz eigene Sicht der Dinge haben.

  5. Ich kenne Danielas Blog schon seit einem Jahr und war ein bisschen enttäuscht, als es hieß, der Schattenspringer wird ein Buch, Ihr müsst jetzt warten.
    Aber das Warten hat sich gelohnt. Das Buch ist liebevoll gemacht, mit einem tollen Einband.
    Ganz toll finde ich die Fuchskind-Fernsignierstunde. Mit einem Autogramm wird das Buch ein ganz persönliches.

    1. Kein gutes Leseverständnis bei dir. Ich redete von männlichen Eigenschaften, die natürlich auch Frauen haben können.
      Und ansonsten keine Entkräftungen meiner Aussagen.

        1. Zum Leseverständnis: einfach noch mal meinen Kommentar lesen. Ich habe vom Bild der Medien gesprochen, nicht direkt von ihrem Vergleich (der aber zugegebener Maßen direkt aus der Medienlandschaft entsprungen sein könnte).
          Gerade weiblicher Autismus unterscheidet sich vom männlichen Autismus nicht selten so stark, dass er schlichtweg nicht erkannt wird. Daniela Schreiter hatte hierzu sogar mal einen Blogeintrag verfasst. Einfach mal lesen, wenn reales Interesse an Autismus und seinen Facetten besteht:
          http://www.fuchskind.de/?nav=blog&seite=401

  6. Unser 12jähriger Sohn wurde als atypischer Autist diagnostiziert. Was uns als Eltern half, waren die Bücher u der Austausch mit erwachsenen Autisten. Eigentlich nie Ärzte, Therapeuten oder Psychologen. Wie könnten sie auch…sie stecken ja nicht drin!
    Vor ein paar Tagen meinte unser Sohn:“ Ich bin sehr gern bei Euch!“ Auf meine Frage, warum, lautete seine Antwort:“Weil ihr mich versteht.“
    Gibt es ein größeres Kompliment?
    Und darum werden wir uns dieses Buch auch anschaffen…damit wir noch besser werden…im Verstehen.
    Schöne Empfehlung, Herr Kinderdok!

      1. Er ist anders, stimmt. Aber einen Erwachsenen mit atypischen Autismus haben wir hier nicht zum Austausch parat…Das macht aber nichts…es gibt Überschneidungen beim Denken, Handeln u Fühlen.
        Und Anregungen zum Verstehen oder Nachvollziehen bekommt man von jeder Seite des Spektrums.

        1. Immer klar machen: Asperger und Autismus sind eher Abstufungen eines Zustandes, ähnlich wie bei ADHS oder im Internistischen bei Bluthochdruck oder Übergewicht. Was wiederum bedeutet, dass die Ausprägungen sehr unterschiedlich sein können. Jeder ist vielleicht ein bisschen Asperger oder ADHS, erst, wenn es die Gesellschaft stört, wird es zur. Krankheit.
          Windpocken oder ein Herzinfarkt sind kategorische Erkrankungen, man hat sie oder eben nicht.

            1. Liebe Agatha, das schreib mal lieber nicht in einem Autisten-Forum! Viele Betroffene reagieren sehr negativ auf solche Verniedlichungen ihrer Probleme. Denn jeder von uns hat schon oft erlebt, das andere Menschen seine Probleme nicht ernst nehmen. Bei mir ging das so weit, das ich viele meiner Sensorischen Probleme selber nicht ernst nehmen wollte. Wie soll man anderen auch erklären, das es mir physikalisch weh tut, wenn im Winter ein Fenster geöffnet wird und die kalte Luft mich trifft. Da kam immer nur „Du musst dich mal abhärten“ zurück, das hat sich so in mein Bewusstsein gebrannt das ich es nie im Traum gewagt hätte, das einem Arzt zu erzählen! Aber auch nach der Diagnose hat man immer wieder das Gefühl, das einen die Leute nicht ernst nehmen, da kommen dann so Sprüche wie „Sind wir nicht alle ein bisschen Autistisch“?
              NEIN, das seid ihr nicht, auch wenn ich den NT’s zugestehe, das sie durchaus auch ein paar der berühmten Autistischen Züge haben können, allerdings eben nicht in der Originalgröße sondern als Modellbahn. Was für einen Autisten unerträglich sein kann, ist für einen Neurotypischen Menschen eben ein bisschen unangenehm.
              Da Du am Ende „duckundweg“ schreibst, gehe ich aber mal davon aus, das dir die Problematik grundsätzlich bewusst ist, sonst müsstest Du ja nicht in Deckung gehen.

            2. Aber es ist so. Asperger besteht vor allem aus überzeichneten männlichen Eigenschaften. Wenn man sich die Bibel der Aspis anschaut „Ein Leben mit Asperger“, dann wird jeder neurologisch unauffällige zig Gemeinsamkeiten mit seinem Charakter erkennen.
              Darum werden jetzt ja erst im Erwachsenen Alter so viele Aspis erkannt bzw. diagnostizieren es bei sich selbst.
              Weil es keine typische Erkrankung ist, wenn sie nicht sehr stark ausgeprägt ist.
              In den letzten Jahren kommt man erst dazu alles, was politisch oder gesellschaftlich unerwünscht ist, als Krankheit einzuordnen.

            3. Tut mir Leid, aber: NEIN, dem ist nun mal nicht so. Aber ich stimme zu, dass es leider immer noch das gängige Bild der Gesellschaft ist, das leider verstärkt durch die Medien gefüttert wird. Es gibt hier anscheinend nur zwei Extreme: entweder der hochbegabte, sozial nicht kompatible Savant oder der „Nerd“, der einfach nur ein bisschen merkwürdig ist. Ach ja, und natürlich männlich, weibliche Autisten gibt es ja nicht. Ironie off.

              Dies ist aber es Bild, das mit der Realtiät in keinster Weise deckungsgleich ist! Daher ist es so wichtig, so viel wie möglich (auch für die Früherkennung) über Autismus zu informieren und ein vielfältiges Bild zu schaffen. Wir reden hier von einem autistischen Spektrum, einer Entwicklungsstörung, die auch zur einer Schwerbehinderung führen kann und Ernst genommen werden muss. Nicht von ein paar „Macken“, die im Grunde jeder hat oder haben könnte.

  7. Oh wie toll.
    Mein Lebensgefährte hat Asperger und obwohl ich mich mit seinen Lebensumständen durchaus gut verständigen kann, bringt das Buch doch einiges mehr an Klarheit. Ich kann nun durch aus vieles verstehen – so zum Beispiel seine Unverständnis der Tatsache gegenüber, dass er bei einem Musikstück, das für mich einfach nur Krach ist, tatsächlich tausende von Einzelheiten wahrnehmen kann.
    Ich glaube, das werde ich mir in die Sammlung gönnen. Die ersten Kapitel sind definitiv überzeugend!

    Vielen Dank für die Empfehlung Herr Kinderdok!

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