Jabberwocky

Ich schiele auf das Vorsorgeheft. „Oh prima, schon zur Zweijahresuntersuchung, Sean ist ja schnell gewachsen.“ Sean. Also [ʃɔːn]. Wie Sean Connery.
„Wieso Schoon? Der heißt Sean“, sagt sie. Also See-ann. Sprach sie’s aus.

„Ah… ja. Ok“, ich bin etwas irritiert. „Und wie geht’s Dean?“ Seinem Bruder. Dean. Also [diːn]. Wie Dean Martin oder James Dean.
„Na, Herr Doktor. Sie meinen dann wohl den Dee-ann.“

Alles klar. Das ist konsequent. Schließlich hat jeder das Recht, sein Kind zu nennen, wie man will. Und auch so auszusprechen. Ob’s Sean, Dean, Aliena, David, Jackeline oder Rrrrobbert heißt.

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(BTW: Die Verlosung zum Welttag des Buches läuft noch bis heute abend.)

49 Antworten auf „Jabberwocky“

  1. Aussprache von Namen ist ein immer amüsantes Thema. Wir wurden im französischen Raum auch schon gefragt, ob unser Zwerg nicht anders ausgesprochen würde, im Französischen würde man das doch so oder so betonen. Ich schätze aber mal, dass die Mutter wird sich irgendwann ab Schule daran gewöhnen muss, dass ihre Söhne sich eher die englische Aussprache zulegen wollen.

    Klärt man halt einmal und damit ist es auch getan.

    Genauso geht es eigentlich allen Erwachsene, daher kann ich (wieder einmal) den Bohei und das Abgleiten zum Chantalismus nicht nachvollziehen. Dann heißen sie eben Tschäckeline, Kara-Ben-Nemsi oder Hüsniye mit Vornamen. Das sagt man einmal dem Gegenüber, der nickt und nennt einen nach einem Nachfragen fürderhin bei dem Namen. Ich seh da eigentlich nur Gründe zum Gruseln, wenn ich die deutsche Ätsch-Bätsch-Mentalität mit einbeziehe.

  2. Ich weiß von einem Kind, das den Namen Fy trägt. und eine Angelique Chantal kenne icha uch, wobei letzgenannte immerhin einen französischen Nachnamen führt.

  3. Am besten sind aber die Kommentare von Eltern, wenn man sie mal (viel zu selten) fragt, ob sie wüssten, was sie ihrem Kind antäten. „Ja der heißt eben nicht so wie jeder andere! WIR müssen den Namen doch schön finden!“ Und das Kind muss damit leben mit all seinen Konsequenzen.

    1. Ob die Eltern Bildung demonstrieren wollten und der Name ihres Kinders eine versteckte Hommage an den oberfränkischen Dichter „Jean Paul“ (wird französisch ausgesprochen) ist?
      Man soll ja nicht immer gleich das Schlechteste unterstellen…

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      Einen hab‘ ich noch! Lange her, damals aus dem Kreissaal. Der sehr deutsche Nachname der Eltern begann mit SCH, das Kind bekam die Palette der internationalen Sch-Laute gleich mit: Chuck-Gerome. Also „Tschack“, dann gaaanz weiches „dsch“ aus dem französischen und schließlich das deutsche „sch“.
      Grusel.
      Die Erklärung der Eltern dazu war eigentlich gut durchdacht. Sie waren absolute Chuck Norris-Fans, der Standesbeamte ließ den Namen aber nicht durch, weil er ihm nicht geschlechtstypisch genug war. Dann kam der zweite Favorit einfach dahinter und alle waren zufrieden. Komplett ausgesprochen hatten sie den Namen nie.

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      Übrigens heiße ich nur deshalb nicht Barbara, weil dann meine Initialen auf Taschentüchern etc BH gewesen. So erzählte es mir meine Mutter vor vielen Jahren. Also gab es schon vor bald einem halben Jahrhundert Eltern, die sich Gedanken über dieses Thema machten.

  4. Meine 3 Lieblinge in Sachen Eltern-sollten-wenigstens-mal-googlen-wie-was-geschrieben-werden-könnte.
    Elay…. im Kindergarten, immer wieder Elay, las ich am Gruppenboard. Der Junge wird Ilaj gesprochen, nur blöde das das Ganze Eli geschrieben wird…. Und nun heißt der Kleine Kerl Elay, Ilej, wenn man es korrekt spricht.
    Nummer 2, andere Gruppe, gleicher Kindergarten…. Naveen, toller Name, Nawien gesprochen. Und die Mutter nuschelt das Kerlchen Neefn an… *whut? Ich dacht ich hab mich verhört. Nein, Neefn! Wuaaaah….
    Nummer 3, mal was weibliches, Kinderartzpraxis Wartezimmer. Nur Mädchen da. Jeremiah wird aufgerufen… eine der Mütter rappt ihr Mädel und sagt erneut…. „Scheremaja“, kommst du jetzt? Manchmal frag ich mich ernsthaft….

    Wobei die Mutter einer Schulkameradin meiner Tochter ja auch der Meinung war Sheherezade sei ein toller Name und zählte beim Aufschreiben immer alle Buchstaben durch… Autsch!

  5. Oh man, ich hatte bei meinem zweiten Sohn überlegt, dem Standesbeamten aus Scherz erst mal „Voldemord-Sauron“ als Namen zu sagen. Wenn ich mir das hier so durchlese, dann wäre das vermutlich tatsächlich durchgegangen :-/

  6. Da ich nur selten in der Akutsprechstunde arbeite, sondern zum Glück mehr Zeit mit den Kindern zur Verfügung habe, beginne ich oft das Gespräch mit der Frage nach dem Namen. Zum einen ist das ein unverfänglicher Aufhänger für die Überprüfung der „freien Rede“, außerdem gewinne ich oft wichtige Eindrücke über die Kommunikation innerhalb der Familie: Was bedeutet dein Name, wer heißt auch so, usw.
    Da gibt es Kinder, die wissen rein gar nichts über ihren Namen oder dessen Herkunft. Dann wieder erzählte mir eine knapp Vierjährige(!) sichtlich stolz, dass sie den zweiten Vornamen nicht seit Geburt habe, sondern erst danach bekommen hat. Er soll sie immer an ihren verstorbenen Papa erinnern (von der Mutter später bestätigt). Oder der Grieche, der etwas verlegen erklärte, dass er entgegen der Tradition nicht den Namen seines Großvaters als ersten Vornamen trage, weil dieser etwas schlechtes bedeute.
    Wie man den Namen ausspricht ist auch ein interessantes Thema. Da gibt es die stolzen kleinen Patrioten, die auf exakte, landestypische Aussprache ihres für deutsche Zungen sehr komplizierten Namens bestehen. Auf der anderen Seite oft nur ein Schulterzucken: „Ist mir egal“.

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    Mein persönlicher Hit in Sachen Namen war eine deutsche Mama. Ich rief Sohn und Mutter ins Sprechzimmer: „Mikkel M. bitte ins gelbe Zimmer!“ Mikkel sprach ich dabei „Mik-kel“ aus. Während die stattlich gebaute Mutter an mir vorbeirauschte, fauchte sie mich an: „Das heißt Mai-kel!“. Es scheint öfter zu passieren, denn sie machte ohne Pause gleich weiter: Ob ich denn Michael Jackson nicht kennen würde? Nicht ausgesprochen war dabei, wie blöd ich eigentlich sei… Durch den unfreundlichen Ton ziemlich vor den Kopf geschlagen, sagte ich gar nichts mehr, sie umso mehr. Es ging in Richtung falsche Aussprache richtig geschriebener Namen und dämliches Personal…
    Da nicht viel los war, machte ich direkt eine kurze Internet-Recherche. Mikkel ist skandinavischen Ursprungs, wird genauso ausgesprochen, wie man es schreibt und ist deshalb – obwohl ein schöner Name – im Deutschen durch die Nähe zu „Pickel“ suboptimal als Name für ein Kind. Man denke nur an die Gemeinheiten auf dem Schulhof. Da bin ich damals mit Anne-Kaffeekanne noch gut weg gekommen, andere hat es schlimmer getroffen.
    Im Laufe der Zeit (ist schon ein paar Jahre her) habe ich so gut wie jeden skandinavischen, englischen und US-amerikanischen Muttersprachler gefragt, der mir begegnet ist und die Aussprache immer wieder bestätigt bekommen. Surft man ein wenig in deutschen Michael-Jackson-Foren herum, findet sich die Mikkel-Schreibweise allerdings inzwischen erschreckend häufig.
    Klein-Mikkel kam übrigens nie wieder. Ob es es an den festgestellten Entwicklungsdefiziten lag? Aber wahrscheinlich hat der Arzt einfach nur etwas falsch ausgesprochen…

    1. Nicht ganz in die Kategorie „Falsche Aussprache“, sondern unter „Mangelhafte Recherche“ fällt der Name meines Neffen. Philipp ist ein wunderschöner Name (meine Meinung) und die Schreibweise auch korrekt vom griechischen Ursprung ins deutsche übernommen: philos =Freund, hippos = Pferd, das ergibt ein L und insgesamt drei P.
      Als ich meinen Schwager auf den Namen ansprach und mich wunderte, dass er seinen Erstgeboren so genannt hat, fiel dieser aus allen Wolken: Er kann nämlich bekanntermaßen Pferde absolut nicht leiden!

  7. Wo wir grade beim Thema sind, ich hab letztens ein Interview gelesen; Jan Delay wars, die haben ihre Tochter Carla Marie genannt und sind nicht drauf gekommen dass das ungeschickt betont „Calamari“ wird. Aber sie nehmens mit Humor, immerhin!

  8. Das mit den Namen und den Geschmäckern ist ja so eine Sache. Es gibt ja viele Namen, die man sowohl deutsch wie auch englisch aussprechen kann. Michael, Theresa, Thomas zum Beispiel. Da wundert sich ja auch keiner. Das ist normal, weil wir es gewohnt sind und dann noch wegen diesem Biebelkram :D. Vermutlich wird uns das mit englischen Namen irgendwann ähnlich gehen?
    Ich hab ein Freund, der Zaimen heißt. Also wie die englische Variante von Simon. Da kann man dann zwar den Namen korrekt vorlesen, allerdings schreibt natürlich jeder Simon, wenn er sich vorstellt und keiner schreibt Zaimen. Das ist auch eher verwirrend.

  9. Und ich bin auf alle Zeiten Frau Christiansen dankbar..

    Aber ehrlichgesagt klänge bei meinem extrem ungarischen Nachnamen jeder Deutsche Vorname extrem lächerlich..

  10. … nach dem Studium aller Kommentare glaube ich, dass ich in Zukunft weniger über meinen Namen jammern sollte. Da gibt es Kinder, die es viel schlimmer haben werden.

    Auf der anderen Seite ist es als Erwachsener aber durchaus möglich sich noch einen extra Vornahmen zuzulegen, den man dann Freunden und Bekannten nennen kann, und der dann über kurz oder lang der „normale“ Name wird, auch wenn es kein Taufname ist.

  11. Ich habe mal ein Mädchen mit „Ämeh“ angesprochen und wurde verärgert korrigiert „Äimi, bitte!“ Wieso man dann „Aimee“ statt „Amy“ schreiben muss, ist mir ein Rätsel…
    Ich habe ja selber das grosse Glück, einen Namen zu tragen, den man fast in jeder Sprache kennt und irgendwie vernünftig aussprechen kann. Ich reagiere auf „Irene“, Iren“ und „Airiin“ *g*.

  12. Deshalb die unbedingte Empfehlung: den geplanten Kindernamen mal schon vor der Geburt laut über einen Spielplatz gröhlen – wobei ich bei manchen Menschen bezweifle, dass sie die Reaktionen der anderen oder auch nur den Missklang selbst richtig deuten können.
    Ich persönlich erstarrte mal vor Schreck, als ein kleines pausbäckiges rotblondes Mädchen „Cheyenne-Shakira“ gerufen wurde „Schaijenn-Schakira, komm da wech“ …

    1. Hm, das muss so falsch nicht sein, immerhin gibt es auch die „Shayenne“, hier im Kindergarten zwei davon (nur eine „Cheyenne“)

  13. Hups… Chantalismus? 😃
    Bei unseren drei Kids bestanden die Großeltern beiderseits drauf, dass die Kids „aussprechbare“ Namen bekommen. Gut, kein Problem 🙂
    Kronprinzessin und Miniprinz klappt auch, aber der Name der Miniprinzessin wird, obwohl schon längst eingedeutscht und echt im Überfluss vorhanden, immer wieder halb englisch ausgesprochen. Und beide Großeltern können kein Englisch… Waaah…

  14. Mit dem Eindeutschen von Namen habe ich prinzipiell eigentlich kein Problem. Andere Leute erfinden Vornamen und fühlen sich besonders überlegen-avantgardistisch dabei, und was klanglich rauskommt, liegt dem Li-am nicht so fern (wobei das übrigens schöner als Li-äm klingt, finde ich 😉 ).
    Historisch war es zudem überwiegend so, dass Namen – wie andere Lehnwörter auch – in der Aussprache und meist auch im Schriftbild an die jeweilige Zielsprache angepasst wurden. Dass das heute kaum mehr geschieht, ist wohl u.a. auf die Fremdsprachenkompetenz der meisten deutschen Eltern zurückzuführen. Und wenn manche Eltern Namen dann doch eindeutschen, hat die wissende Mehrheit gleich ein wunderbares soziales Distinktionsmerkmal, a la: „Die (da unten) haben ja keine Ahnung, wie das „richtig“ heißt!“.

    Nein, soll die Mutter doch Se-an sagen, wenn ihr das gefällt.
    Mir ist es lediglich ein Rätsel, warum sie ihren Söhnen Namen gegeben hat, die sich in ihrer deutschen Aussprache SO ähnlich sind (und dabei noch so blöd klingen, aber das ist natürlich Ansichtssache).

    Und jetzt habe ich schon wieder kommentiert, obwohl ich das gerade bei solchen Diskussionen nicht mehr wollte. *MichwiederinsLeseeckverzieh*

    1. „das is so damit die Omma das auch verstehen tuen kann und richtig ausspricht“

      Eine Kind von Bekannten heißt Trevis damit die Großmutter den Namen richtig schreiben und aussprechen kann

      Kopf-Tisch-klopf

  15. Mein Thema! Ich habe vor vielen Monden, als ich selbst noch zu meiner Kinderärztin ging, auch eine Mutter gehört, die ihr Kind Brie-aahn rief. Und mal eine, die sagte Je-Nie. Also nicht Tschennie, sondern J wie in ja, langes E, kurzes N und I hinten dran. Auch strange.

    Das selbe mit Eltern, die ihr Kind Liam nennen und es Li-Am statt richtig Li-Äm aussprechen. Ist nun mal die Kurzform von WilLIAM. Sollte man also auch so aussprechen.

    Oder Tar-ja statt richtig Tariiiia, wie bei Maria. Oder Dschell statt K-Jell. Es gibt hunderte Beispiele. Wirklich schrecklich!

    Ich bin nicht per es gegen ausländische Namen. Dann aber richtig aussprechen!

    1. Sicher, dass die „Taria“ nicht eine „Tarja“ war? Tarja und Kjell sind nordische Namen und es heißt in der Tat „Tar-ja“ und (ungefähr – die Aussprache ist schwierig) „Schell“.

      Und Jenny wird im deutschen und skandinavischen Sprachraum durchaus mit „J“ (wie „ja“) ausgesprochen: http://de.wikipedia.org/wiki/Jenny#Aussprache

      Aber ich gebe zu, dass mir das (buchstäblich ausgesprochene) „Roger“ hier in Schweden auch immer noch merkwürdig vorkommt.

      1. Da muss ich wiederum an einen Arbeitskollegen meines Vaters denken, der hiess „Rodscha“. Ja, auch so geschrieben 🙂

    1. Praline: Jabberwocky ist ein wunderbares Nonsensgedicht von Lewis Caroll, der mit Alice im Wunderland, mit vielen tollen Wortneuschöpfungen, die für sich allein keinen Sinn machen, aber im Kontext des Gedichtes gut erschließbar sind.

  16. Immer wieder schön…

    Ich durfte letztens „Marquise“ kennenlernen. Nein, kein Mädchen, und auch nicht französisch, die Eltern bestehen darauf dass das „Markess“ ausgesprochen wird weil es ja ein spanischer Name ist 🙂
    Der Nachname ist natürlich der häufige deutsche Name mit einem M am Anfang. Ja, ich wollts selbst nicht glauben…

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