Über das Wissen

Ich bin ein Fachidiot, ein pädiatrischer Nerd, ein Scheuklappenmediziner. Damit stehe ich glücklicherweise nicht alleine. Um sich niederzulassen, ist es in Deutschland notwendig, eine fachärztliche Weiterbildung zu absolvieren, was heißt, das sich nach dem Regelstudium von ca. 6 Jahren eine Weiterbildungszeit von nochmals vier bis sechs Jahren anschließt, die uns dann zum Dermatologen, HNO-Arzt, Allgemeinmediziner oder Kinder- und Jugendarzt machen. Den „praktischen Arzt“ von früher, bei dem man sich direkt nach Studium in die eigene Praxis begeben konnte, gibt es heute nicht mehr.

Das ist eine lange Ausbildungszeit. Ein entscheidender Nebeneffekt ist, dass wir uns alle spezialisieren, wir werden zu Experten unseres Gebietes, und je nach Ausbildungsstelle sogar zum Experten eines Teilgebietes unseres Fachbereiches. Ich hatte das Glück, meine Weiterbildung in einem Krankenhaus mit sehr breiter pädiatrischer Versorgung zu genießen, aber es kann auch passieren, dass man trotz Rotation monatelang bei den Gastroenterologen oder Kardiologen verbringt.

Ich kann heute nicht mehr die verschiedenen Frakturformen des Handgelenkes herbeten (wunderbare Eigennamen) oder die Operationsverfahren bei Leistenbrüchen oder die Leopold´ Handgriffe oder sämtliche Abgänge sämtlicher Venen, Arterien und Nerven. Dafür bin ich fit in Impfungen, sozialpädiatrischen und psychosomatischen Zusammenhängen und kann sämtliche Hautausschläge dieser Welt auseinanderhalten. Ich kann einschätzen, ob ein Kind sich über die Jahre normal entwickelt und beurteilen, ab wann es welche Therapie benötigt.

„Es ist erschreckend, wie wenig Ärzte von der Krankheit XYZ wissen“, wird uns nachgesagt. Das stört mich nicht. Es ist essentiell zu wissen, wo man etwas nachlesen kann und die wichtigen von den unwichtigen Informationen zu trennen, statt alles zu wissen. Auf meinem Gebiet kenne ich mich ausreichend aus.
Eltern, deren Kinder eine seltene Krankheit haben, werden zu Hyperexperten. Sie erwarten das auch von ihrem betreuenden Mediziner. Ich kann mich genauso belesen und fortbilden und mich in ein Krankheitgebiet einarbeiten, wie das Eltern tun, und wenn ich eine seltene Krankheit vor mir habe, tue ich das auch. Dabei erkenne ich, was relevante Fakten sind und unterscheide, was nur Internetgerüchte sind. „Ich habe da mal gelesen,…“, bedeutet ein Stochern in der Flut von Informationen. Besonders verloren sind Eltern, wenn die Diagnose noch nicht gestellt ist.

Die wahre Stärke der niedergelassenen Ärzte ist die Differentialdiagnose, das „Darandenken“. Wenn es im Hinterkopf klingelt, dass diese oder jene Krankheit diese oder jene Symptome macht und sich damit von dieser oder jener anderen Erkrankung unterscheidet, ist mein Wissen gut. Das kann man nicht aus dem Internet oder durch reines „Anlesen“ wissen. Dazu kommt: Das Gesetz der grossen Zahl. Wer viele Patienten sieht, unterscheidet besser, was häufig ist. Im Internet ist alles häufig und besonders. Aus einem Krankenfall wird da schnell die Regel, aus einem Kolibri ein Starenflug (hrrgs…). Häufiges ist häufig und Seltenes ist selten. Wer Pferdegetrappelt hört, sollte nicht gleich an Zebras denken. Und so weiter, fröhliches Metapherdropping.

Ich bin ein Experte für Serversysteme unter Windows Server 2012, ich kenne mich unglaublich gut in den Spezifikationen der neuesten LED-Fernseher aus und habe ein brutales Wissen zu Fliesen- und Laminatverlegen, dem Programmieren meines HD-Recorders und kann Samba Pa Ti ganz ordentlich auf der Gitarre spielen. Alles im Internet gelernt, dank YouTube und Leserforen. Da macht mir keiner etwas vor. Letztens habe ich ein Brot gebacken, das hätte ich verkaufen können. Danke an Chefkoch.de.
Trotzdem bekomme ich den Computer-Client in Zimmer 4 nicht ans Laufen, das Laminat zeigt an zwei Stellen schöne Lücken und Santana höre ich doch lieber über meinen MP3-Player (und warum geht die Katze immer aus dem Zimmer, wenn ich die Gitarre stimme?). Achja: Meine Frau hat übrigens zweimal in der Klinik entbunden, nicht zuhause, die Kinder bekamen ihre Vorsorgeuntersuchungen bei der Kollegin und Impfen wollten sie sich auch lieber von ihr. Warum ich das erwähne? Weil mein Expertenstatus verpufft, wenn es mich persönlich betrifft und weil Wissen endet, wenn es schwierig wird.

Die uns allen zur Verfügung stehenden Informationen vermitteln ein trügerisches Universalwissen, das frühere Bücherwissen ist heute das Wikipediawissen, es ist umfassender, bodenloser und verwirrender. Das Wissen muß gefiltert werden, dazu braucht es Experten, aber es braucht auch unser Vertrauen in die Nerds, welche sich auf ihrem Gebiet perfekt auskennen. Ich werde jetzt doch Gitarrenunterricht nehmen und für die Neubeplankung meiner Gartenterrasse einen Schreiner engagieren.

Obwohl… da gibt es doch dieses Video von Obi…

(c) Fotos bei Sebastien Wiertz und pfv.

26 Antworten auf „Über das Wissen“

  1. Da lobe ich mir meine Kinderärztin, die sich nicht scheut, beim Kardiologen nachzufragen, wenn sie etwas nicht genau weiß oder mich bittet, in der behandelnden Klinik nachzufragen. Denn wenn sie Auskunft gibt, kann ich mich darauf verlassen, daß sie sich sicher ist.

  2. Ich bin ein „Zebra“
    Syntome Magenkrämpfe Erbrechen.

    Bei solchen Symtomen ist über das Internet nichts zu machen da gibts tausende von Möglichkeiten. Sobald der Hausarzt mit seinem Latein am Ende ist kommt immer die Diagnose „Psychisch“.

    Was ich mir von den Hausärtzen wünschen würde wäre in solchen Fällen würde eine enge Zusammenarbeit mit einem Psychologen der erstmal nur die Wahrscheinlichkeit einer psychischen Erkankung abprüft“, Wenn ich als Hausarzt den Verdacht Herz habe schicke ich den Patienten ja auch zum Kardiologen.

    Was ich mir von der Politik wünschen würde wären Spezialkliniken für alle selten Erkankungen die in erster Linie eine erweiterte Diagnostik machen: „alle“ Blutwerte, komplettes MRT usw. Um möglichst viele Erkrankungen Abzudecken müstte das dann Fließbandmässig organisiert sein.

    Nach der Diagnose ( es war übrigens ein Phäocromozytom ) lief dann alles super.
    Überweisung zur Fachklinik. Hausarzt hat sich eingearbeitet und ich hab mich in Wikipedia schlau gemacht. Und ich bin froh über Wikipedia, solch detailierten Infos zu seltenen Erkrankugen findet man in keinem Medizienlexikon für den Hausgebrauch.

  3. Das Thema ist so paradox. Weil Mediziner durchaus davon ausgehen, dass man sich selber zu informieren hat. So eine Liste
    http://www.gewuenschtestes-wunschkind.de/2014/01/alles-was-fuer-kinder-und-babys-gefaehrlich-und-ungesund-ist.html
    hätte ich z.B. gerne zur Geburt meines Kindes im Krankenhaus überreicht bekommen. Aber da kriegt man nur die Hipp Werbehefte und verlässt sich auf die Hebamme. Wenn die dann Blödsinn erzählt ärgern sich die Kinderärzte. Aber wo soll man das Wissen, denn nun her nehmen?
    Wenn ich eine unsichere Frage bei unserem Kinderarzt stelle rollt er die Augen und fragt: hat das Dr. Google gesagt? Viel hilfreicher wäre ein Verweis auf gute Informationsquellen.

  4. Andererseits nervt es mich, dass Ärzte oder im Bereich Tätige uns simple Eltern oft als unfähig abstempeln. Nachdem bei meinen Töchtern im Krankenhaus mittels Atemtest die Laktose- und Fruktoseunverträglichkeit festgestellt wurde, wollte ich wissen ob es dazu vom KH irgendwelche Informationen gäbe. Nein, leider nicht, wir sollten auf die Ernährungsberatung in 8 Wochen warten. Als ich sagte dass das nicht schlimm wäre, ich würde mich online erstmal schlau machen, gabs großes Augenrollen. Ich sollte das lieber sein lassen, da würde man viel Quatsch lesen und „dann müssten sie sich wieder mit Gerüchten rumschlagen“. Als ich sagte dass ich durchaus in der Lage wäre zu differenzieren, kam nur ein „Ja, klar…“
    Da fühlt man sich auch nicht sonderlich ernst genommen.

    1. Oh, wie Recht Du hast!!!! Und Solche, die ehrlich zugeben können, wenn sie mal etwas nicht wissen und das erst nachschauen müssen, sind mir tausend mal lieber, als irgendwelche Poser, die eben genau das nicht zugeben wollen und stattdessen entweder drum herum reden, oder aber im schlimmsten Falle Mist erzählen!

      1. Ganz deiner Meinung! Das habe ich auch der neuen Ärztin in unserer Praxis gesagt, die sich entschuldigen wollte weil sie bei einer „komischen Hautsache“TM bei einer meiner Töchter lieber noch den älteren Kollegen draufschauen lassen wollte. Ich find das super, keiner ist unfehlbar oder perfekt.

  5. Ach Kinderdok, das kenne ich nur zu gut! Das ist so, wie wenn einem eine beliebige Frage zu irgendeinem historischen Ereignis gestellt wird, man die Antwort nicht kennt und es dann verblüfft-vorwurfsvoll heißt: „Ja wie, Du weißt das nicht, Du hast doch Geschichte studiert????“
    Wie meine ehemalige Lehrerin immer so passend sagte: „Es kommt nicht darauf an, alles zu wissen, sondern zu wissen, wo man das Wissen herbekommen kann, wenn man es braucht!“
    Im gleichen Atemzug betonte sie stets die Wichtigkeit einer kritischen Quellenanalyse – eine Fähigkeit, die immer mehr aus der Mode zu kommen scheint, „Das muss doch stimmen, das steht doch da!“…

  6. Ich verstehe meinen Kinderarzt als Experten in dem Sinne, den Du beschreibst. Ich bin aber sehr dankbar, dass er mich als ebenbürtige, nur eben weniger gut informierte Partnerin in Sachen Kindergesundheit betrachtet. Vielleicht liegt das daran, dass ich sowohl in Gesundheitsfragen etwas Erfahrung habe (die über die einer Mutter hinausgeht) als auch in Fragen des Umgangs mit Sachinformationen, und dass er das merkt. In jedem Fall trägt diese Haltung sehr dazu bei, dass ich ihm wirklich vertraue. Was mich dagegen aufregt, sind paternalistische Ärzte, die glaube, nur sie allein könnten denken und urteilen. Wenn ich das wahrnehme, macht mich das stutzig, da lese ich garantiert nochmal nach.

    Insofern klare Zustimmung zu Deinem Post – mit der kleinen Ergänzung, dass es *auch* am Arzt liegt, wie sein Expertentum angenommen wird.

  7. „(und warum geht die Katze immer aus dem Zimmer, wenn ich die Gitarre stimme?)“

    Das heißt nichts – mein Katerchen begann schon immer laut zu motzen, wenn ich nur die Violine auspacke. Muss also nicht an deinem Gitarrenspiel liegen 😉

    1. Also mein Hund legt sich immer neben das Klavier, wenn ich spiele 😉

      Querflöte mögen die aber auch nicht, da wird fleißig rumgejault 😀

  8. Ich kann nicht anders, ich stolpere über diesen Satz (und die Folgesätze):

    „Eltern, deren Kinder eine seltene Krankheit haben, werden zu Hyperexperten. Sie erwarten das auch von ihrem betreuenden Mediziner.“

    Eltern, deren Kind eine seltene Krankheit hat, sind verzweifelt und erleben sehr, sehr viel Überheblichkeit und Ignoranz von Medizinern, die ja als Experten alles besser wissen.
    Mein Kind HAT eine seltene Krankheit, eine sehr seltene Krankheit und was wir bis zur Diagnose erlebt haben, war ebenfalls zum Verzweifeln.
    Die einzige Ärztin, auf die ich mich verlassen konnte, war unsere Kinderärztin, die STETS ihre eigenen fachlichen Grenzen zugegeben hat, aber nie müde wurde, mit mir zu kämpfen, sich über Spezialkliniken aufzuregen, neu zu suchen, wieder zu kämpfen. DAS ist es, was ich als Mutter schätze und erwarte, nicht dass die Ärztin, zur Expertin der Krankheit meines Kindes wird, das das einzige ist, das in ihrer gesamten Laufbahn diese Erkrankung hat.
    Die Ärztin ruft in Krisenzeiten von sich aus bei uns zu Hause an, überlegt mit mir, wie es weitergeht, gibt zu, dass sie nicht weiß, wie die geeignete Therapieform im Moment ist, leitet uns an Spezialkliniken weiter. Diese Frau und ihr Engagement, ihr Zugewandtheit zum Kind und dankenswerterweise auch zu mir (als Eltern eines schwer chronisch kranken Kindes braucht man ab und zu nämlich auch ein aufmunterndes Wort), ist es, was uns zur Diagnose getragen hat und uns nun hilft, die Krankheit in den Alltag zu integrieren. Der Arzt als MENSCH, als anteilnehmender, zugewandter Mensch, nicht als Hyperexperte, wo selbst die Hyperexperten manchmal passen müssen.

    1. Danke. Ich erlebe (mit einem immer kümmerlicher werdenden Kind) derzeit eher Ärzte, die mir freundlich auf die Schulter klopfen und sagen: „Also, wenn Sie da mal eine aktuelle Studie zu finden, würde mich das sehr interessieren.“ Was hilft es mir, dass der Kinderarzt viele Jahre Ausbildung hat, wenn er nicht einmal eine Vorstellung hat, in welche Richtung man suchen könnte? Wer soll nach Informationen recherchieren, wenn ich das nicht tue? Sicher gibt es auch sehr engagierte Ärzte, denen man vertrauen kann, aber auf den Bäumen wachsen die nicht. Bzw erlebe ich in den letzten Jahren auch zunehmend Ärzte, die durch die erschwerten finanziellen Rahmenbedingungen sehr an Motivation verlieren.

      1. Und das ist wirklich schlimm. Wir durchleben seit Monaten einen ähnlichen Albtraum. Pädiater, Klinikärzte sind ratlos. Mit den im Internet gefundenen Erkenntinissen konnten wir immerhin den Zustand unserer Ältesten stabilisieren. Was bleibt anderes, als die Forschungsbemühungen zu beobachten und hoffen.

        Lieber Kinderdok (und angehende und mitlesende Docs):
        „Es gibt Zebras – und zwar mehr als Sie denken! Sie können davon ausgehen, dass jeden Tag eines aus der riesigen Herde in ihrer Praxis sitzen wird.“

  9. Jaja das Wissen.

    Wenn ich eines im Studium gelernt habe dann ist es zu selektieren… und zwar mehr als die Hälfte. Aktuell habe ich nur 12 Veranstaltungen die Woche. Davon sind 7 Veranstaltungen Seminare. In 4 Seminaren höre ich davon zu 80% 90 Minuten Referate von Studierenden, die ihre gut gepflegte 2 PowerPoint Seiten umfassende Quellenangaben für 3 Sekunden einblenden, bevor die altbekannte „Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit“ Folie aufploppt.
    Aber *schaut nach links und rechts und flüstert“ in Wirklichkeit stammen die Infos der Folien alle aus Wikipedia. Mit etwas Glück wurden die Bücher tatsächlich mal ausgeliehen und vielleicht wurde sich sogar das Inhaltsverzeichnis angeschaut.

    Man gebe einem das Thema und lasse es selbst aufarbeiten. Perfekt. Da wäre die Zeit mit Sicherheit besser angelegt als in einem Seminar zu sitzen (mit Anwesenheitspflicht ! ) und sich irgendwas über Inklusion / AD(H)S / Entwicklungpsychologie / Gender / Chancengleichheit und Co. von Leuten anzuhören, die selbst wenig Ahnung haben.

    Das ist der Grund, warum ich grundsätzlich immer Hausarbeiten schreibe, wenn ich die Möglichkeit dazu habe.

    Und in 3,5 Jahren wenn die Praxis kommt werde ich hoffentlich eine Spezialistin dafür sein, mir die Infos superschnell zu organisieren, damit ich mir das alles aneignen kann wenn ich es wirklich brauche. Das von gestern ist nämlich schon wieder im Hirn irgendwo hingesiebt worden 😉

    1. Seminare unterscheiden sich da offensichtlich in den Fachrichtung (und Dozent) enorm. In der Informatik kommt man im Proseminar (ein Seminar, um Vorträge zu lernen) mit Wikipedia durch, im Seminar bekommt man bei vielen Lehrstühlen ein recht aktuelles wissenschaftliches Paper zum Aufarbeiten und Präsentieren. Das ist dann eine gute Gelegenheit eine Wikipedia-Seite zu bearbeiten oder gar anzulegen, aber Wikipedia rettet einen nicht über den Vortrag.

  10. Perfekte Mischung:

    Patient und Arzt vertrauen sich. Und interessieren sich beide genau gleich für das Problem und seine Lösung.

    Schlechteste Mischung:

    Sehr kompetenter Arzt, und ein Patient, der bloss „Machen Sie das wieder normal!“ fordert. Als wäre es gar nicht sein Körper, sondern eine defekte Autobatterie.

    1. Also Deine „schlechteste Mischung“ kann ich so nicht unterschreiben. Im Gegenteil: Wenn es etwas ist, was jetzt nicht auf den eigenen Lebenswandel zurückzuführen ist, zB eine Unfallverletzung, dann vertraue ich generell auf meinen Arzt! Der kann mir alle Möglichkeiten aufzeigen und mir alle Vor- und Nachteile, Risiken und Nebenwirkungen aufzählen, aber im Endeffekt habe ich das nicht studiert und auch nicht die Möglichkeit, mir mal eben so das nötige Fachwissen dazu anzueignen. Also frage ich den Arzt klipp und klar: „Was/wozu würden Sie mir raten?“, denn er/sie ist da der Experte! Und dann folge ich auch meist diesem Rat. Was soll daran schlimm sein?

      1. Schlimm finde ich hier die „Ich Kunde, ich bezahle, du machen alles wieder heil“-Mentalität. Wenn der Kunde äh… Patient nicht erhält, was er sich erwartet, spricht er wieder von Bevormundung und unfähigen Ärzten.

        Ein kompetenter Patient und ein unfähiger Arzt ist deshalb nicht das Schlimmste, weil der Patient den Arzt durchschauen kann. Ist die Begründung für die Therapiewahl verständlich? Es ist ja nicht schlimm, wenn ich von einem unfähigen, verbohrten Arzt die Weiterleitung zum Spezialisten und eine Krankschreibung bekomme. Oder das Rezept, wenn ich wegen einer 08/15-Sache zu ihm komme.

        Bei einer Weiterbildung stellte ich einem Arzt eine Testfrage. Es ging darum, welches Schmerzmittel wir Nichtärzte für Berg-Unfälle mitführen sollten. Er: „Tramal? Nie! Davon bekommen die Leute zwei Tage Verstopfung!“.

        In erster Linie sollte der, der etwas haben möchte, kompetent sein. Dies ist aber schwierig zu erreichen. Erfahrung kriegt man weder aus der Wikipedia noch aus einem Lehrbuch.

    2. Perfekte Mischung, ja, stimme ich zu.

      Schlechteste Mischung aber: Schlechter Arzt UND uninteressierter, nicht mitarbeitender Patient. (weiter rauchende Herzinfarktpatienten, massiv übergewichtige Hypertoniker, tbc ad infinitum)

  11. Wie wahr. Warum immer mehr Menschen denken, mit ein wenig Wikipediawissen Leuten gleichzustehen, die dasselbe Thema jahrelang studiert haben, ist mir ein Rätsel. Genauso wie solche Leute idR nicht in der Lage sind, Informationen zu fachfremden Themen vernünftig zu sammeln (und dabei unwichtiges zu verwerfen), zu strukturieren und dann auszuwerten.

    1. „Wikipedia ist ein guter Diener, aber ein schlechter Meister.“

      Und es gibt ja den Begriff des Inselwissens. Wir lernen dank Wikipedia und Google hunderttausend Details, aber Bildung ist das immer noch nicht. Und eine Quizshow, wo man eine Million € für Bildung – und nicht für simple Fakten – abholen kann, fehlt immer noch.

      Allerdings hat man in der Medizin das Problem, dass man sich mit viel angelesenem, *echtem* Wissen nur selten einbringen kann. Entweder man hält seinem Arzt Predigten, oder man bietet sein Wissen auf einer Webseite feil und rät pauschal zu bestimmten Behandlungsmöglichkeiten. Oder man arbeitet in einer Selbsthilfegruppe, wo man auch immer wieder sein eigenes Unwissen reflektieren muss – huch, da kommt eine Frage auf die ich keine Antwort weiss…

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