Notdienstzecke

Mutter: „Ja, der Thor-Wart hatte da so eine Zecke.“
Ich: „Hatte…?“
Mutter: „Habe ich selbst rausgemacht.“ Sie hält ein Plexiglasröhrchen hoch.
Ich: „Spitze, gratuliere, und was kann ich …?“
Mutter, sie wedelt mit dem Röhrchen: „Einschicken!“
Ich: „Was denn, die Zecke?“
Mutter: „Aber sicher, vielleicht hat sie Bollerose.“
Ich: „Dann würde ich die Zecke trotzdem nicht behandeln. Das kann gut sein, jede fünfte Zecke soll wohl den Erreger in sich haben.“
Mutter: „Ebend, und das möchte ich wissen.“
Ich: „Aber die Chance, sich dann zu infizieren, ist doch eher gering. Vielleicht bei zweihundert Zeckenstichen kommt es einmal zu einer wirklichen Krankheit.“ (siehe)
Mutter: „Möchte ich aber sicher sein.“
Ich: „Gut. Das kann ich verstehen, aber sehen Sie, aus dem positiven Nachweis bei der Zecke wird sich keine Therapie bei Ihrem Sohn ergeben. Das Risiko einer Infektion ist viel geringer als die Häufigkeit der Durchseuchung bei den Zecken. Schauen Sie, man beobachtet die Stichstelle für ein paar Wochen, und wenn sich…“ Zur Wanderröte kam ich erst gar nicht.
Mutter: „Naja, wenn die Zecke nix hat, kann er ja auch nix kriegen.“
Ich: „Darauf würde ich mich dann auch nicht verlassen. Zum einen sind die Tests nie hundertprozentig, und dann übertragen Zecken auch noch andere Sachen.“
Mutter: „Genau. Die FMSE – kann man auch untersuchen lassen, kost´ alles zusammen nur siebzig Euro.“
Ich: „Das ist der andere Punkt. Die Krankenkassen zahlen das gar nicht, deshalb kann ich das auch nicht einschicken. Müßen Sie schon schon selbst übernehmen.“

Und dann kommt immer der beste Satz:
Mutter: „Und warum bin ich dann hierher gekommen?“

32 Antworten auf „Notdienstzecke“

  1. Im Alltag werden Menschen mit vielen unsichtbaren Quellen für infektiöse Keime konfrontiert. Um sich rasch und effektiv die Hände desinfizieren zu können, benötigen sie eine Möglichkeit, die nicht gleich noch mehr versteckte Belastungen mit sich bringt. Aus diesem Grund ist die berührungslose Aktivierung des Geräts vorteilhaft: Egal wie viele Personen die Hygienestation vor ihnen benutzt haben, sie bleibt problemlos sauber. https://hande-desinfektion.shop/

  2. Hm, ok, ich oute mich mal. Hatte das mit dem Zecken-aufheben-und-einschicken auch so schon gehört und habe daher nach vollständiger, unkomplizierter Entfernung der Zecke einfach bei unserem Kinderdok angerufen. Kurzes nettes Telefonat mit einer der immer sehr freundlichen MTAs und dann die Zecke entsorgt und die Stelle beobachtet. Ich finde, man muss nicht alles wissen, aber eine kurze Nachfrage hilft meist besser als blinder Aktionismus.

    1. Aus der Anleitung:“Zerkleinern Sie Zecken, die größer als 1 mm sind, am Boden des Röhrchens mit dem Plastikstab“…
      Das ploppt so schön eklig – wer das nicht abkann, macht es nicht (oder nicht richtig) und hat 10,- zum Fenster rausgeworfen.

      Ich gehöre auch zu den Rabenmüttern und gehe nicht zum Arzt (und der GöGa bekommt es nur beiläufig ein paar Tage später von den Kindern erzählt, kommt zu regelmäßig vor). Was ich allerdings schon immer mache, ist eine Dokumentation von Datum, Bißstelle und evt. Besonderheiten (Größe, noch Nymphe o.ä.). Ich hoffe, meine Mutterpflichten damit ausreichend erfüllt zu haben.

  3. Ich muss zu meiner Schande gestehen, auch schon mal wegen einer blöden Zecke den Notdienst besucht zu haben… allerdings haben weder mein Mann noch ich es geschafft, das Tierchen von unserer Tochter zu trennen. Ich kam mir auf dem Hinweg blöd vor, als ich da war (und die gute Dame vor Ort ungefähr 2 Sekunden gebraucht hat, um die Zecke zu entfernen) noch blöder und trotzdem würde ich wieder dahin, wenn ich die Zecke nicht entfernt krieg. Drin lassen ist ja nun auch keine Option.

    Aber zum Einschicken zum Notdienst? Nie und nimmer. Obwohl ich diesen Gedanken vom kinderdoc einfach nur genial finde: „Dann würde ich die Zecke trotzdem nicht behandeln.“ Arme Zecke ;-).

  4. Bollerose – hübsches Wort. Fast schade, daß die Dame sich nicht auch noch an „Frühsommer-Meningoenzephalitis“ versucht hat 😎

  5. immerhin sind sie nicht in die notaufnahme gekommen, um die zecke entfernen zu lassen und haben sich auch nicht beschwert, dass sie da doch laenger haben warten muessen… alles schon dagewesen…. selbst tieraerzte muessen schon mal samstag abend ausruecken, um eine zecke am pferd rauszuziehen, alles schon dagewesen… uebrigens: ziehen, nicht drehen, auch nicht nur nach links. das tier hat kein gewinde. und nein, es ist auch kein weltuntergang, sollte ausnahmesweise mal der kopf drinbleiben, kommt von alleine raus und entzuendet sich so gut wie nie… ok, man koennte problemlos auf diese drecksviecher verzichten, aber das bohei, das darum gemacht wird….. erstaunlich….

  6. jetzt nochmal für Doofe:
    Ich habe in der Tat gelernt, man könne und solle Zecken aufheben.

    Wofür wird das denn gelehrt? Sprich, macht es irgendeinen Sinn, gezogene Zecken aufzuheben?

    1. Hrm. Meine Chefs wollen die Zecke sehen, ob sicher zu gehen, dass sie auch tatsächlich „draußen“ ist und das Kieferwerkzeug nicht noch drinnen steckt oder die Zecke zermatscht wurde beim entfernen (beides erhöht die Gefahr sich mit FSME bzw. Borreliose zu infizieren bzw. beim ersteren schauen sie, ob sie den Kopf noch raus bekommen).
      Außerdem können sie so beurteilen, wie langen die Zecke schon saugte und können dadurch das Risiko ebenfalls besser einschätzen – denn umso länger sie da rum hängt, desto mehr Erreger kommen in den menschlichen Körper. 😉

      1. Und dann verlässt er sich darauf, dass ihm der Patient auch wirklich „Die“ Zecke zeigt. Mutig. Oder vielleicht auch eher so, weil er die vom Doc oben beschriebene Diskussion umgehen will, und eine kurze vorgetäuschte Begutachtung ein besseres Gefühl hinterlässt.

        1. Nönö – wenn die Leute die Zecke nicht mitbringen, ist auch alles gut. Da gibt es gar keine Diskussion drum.
          Aber wenn die Leute fragen, ob sie die Zecke mitbringen sollen, sagen wir eben ja. Und dann lassen die Ärzte im Zimmer ihr Mantra ab.

          Ist wahrlich mehr „Diskussion umgehen“ als alles andere – aber unsere Patienten diskutieren gerne, viel und lange. Da wiederholt man auch in 20 Minuten 20Mal die das selbe Argument – daher versuchen wir die so gut wie möglich zu umschiffen (solange die Gesundheit nicht darunter leidet 😉 )

  7. Und keiner würdigt das schöne Pseudonym! Thor-Wart, sehr gelungen und so passend :)!

    Was die Zecke betrifft, bin ich dankbar, dass die Krankenkassen doch nicht jeden Schwachfug bezahlen – und erstaunt, wie schnell die ach so wichtige Untersuchung dann doch hinfällig wird, sobald die Kosten selbst übernommen werden sollen…

    1. Das Thor-Wart ist mir auch aufgefallen, aber ich kommentierte es nicht…

      …weil dem Kinderdok sowieso immer grossartige Namen einfallen. 😀

  8. Ach Turtle… die Zecke war doch schon draußen. 😀

    @Topic:

    Thow-Wart. Danke für den Schmunzler. :3

    @Zecken:

    „Einschicken“… ahja… auf was für Ideen manche Leute doch kommen. Und dann wegen 70€ kneifen und dann wahrscheinlich noch den Arzt verfluchen, weil der das nicht auf seine Kosten macht. Böser Doktor – kein Kundenservice. Tss.

    1. Ach so. Die Zecke ist draussen? *fg*

      …dann bleibt immer noch die fünfstündige Dialyse, um Zeckengifte und Schockproteine auszuwaschen…

      (Leider wird so ein Quatsch tatsächlich getan. Quecksilber von Impfungen „auswaschen“ mit EDTA und anderen Chelatoren…)

  9. Ich hätte als Arzt eine grosszügige Exzision unter Vollnarkose vorgeschlagen.

    Man muss die Eltern schon ernst nehmen…

  10. „Und warum bin ich dann hierher gekommen?” – Na das ist ja wohl klar: Damit Du das ihnen sagen konntest.
    Wir könnten das in der Apotheke übrigens auch. Zecken-Set zum einschicken. Ich habe das bisher noch nie gemacht, obwohl ich einige Leute mit Zecke hatte. Aus den Gründen, die Du angibst.

  11. Jaaaa. Zecken sind was feines!
    Besonders schön, wenn man einen Kindergarten hat, wie den meinigen, in dem die Kinder gerne schon nach Hause geschickt werden wenn die Nase läuft.

    Der Kindergarten meiner Kinder rief mich vor einigen Wochen an, und teilte mir mit, dass mein Jüngster (knapp über zwei) an seinem Steißbein eine Zecke hat.

    Man war hörbar erstaunt, dass ich (als Vollzeit-arbeitende Rabenmutter, die ich nunmal bin) nicht sofort den Stift fallen lassen und die 20 km zum Kindergarten fahren wollte. Stattdessen habe ich doch glatt meinen Mann angerufen, den gebeten, in der Mittagspause beim Kindergarten vorbei zu fahren (da er im selben Ort arbeitet), die Zecke zu entfernen und das Kind im Kindergarten zu lassen.

    Welch ein Sturm der Entrüstung losbrach, dass ich mit dem Kind nicht gleich zum Arzt gehen wollte, mag man sich gar nicht vorstellen!

    Als ich irritiert fragte, was denn ein Arzt da machen solle, wurde mir mitgeteilt, dass der immerhin nachschauen könne, ob sich da eine Entzündung anbahne.

    Ah ja.

    Die (heißgeliebte) Kindergartenleiterin hat mich am Telefon so irritiert, dass ich eine Bekannte angerufen habe, die Ärztin ist, um mich zu versichern, dass meine Ansicht doch nicht sooooo verkehrt ist.

    Vielleicht liegt es daran, dass ich in BaWü aufgewachsen bin, wo eine Zecke weder einen Staatsakt noch ein mittleres Drama bedeutet (und sicherlich kein Fall für einen Notfall-Kinderarzt-Besuch ist), sondern einfach entfernt und die Stelle markiert und beobachtet wird. Es gibt dringendere Probleme, um die sich ein Kinderarzt kümmern sollte.

    Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich eine laxe Einstellung habe und eine furchtbare Mutter bin.

    Wer weiß.

    Mein Kindergarten denkt sicher letzteres.

    1. Ich hätte mich da gewaltig aufgeregt. Konnte die Frau die Zecke nicht gleich mit einer Pinzette rausnehmen und das ganze dann desinfizieren? Es ist doch besser, das Vieh gleich rauszunehmen?
      Hatte sie Angst was falsch zu machen? Ich würde dies an einem Elternabend mal ansprechen!
      Und ganz klar, ein Arztbesuch wäre nicht nötig gewesen, nur Info der Mutter, notieren des Datums um dann bei Fieber in ein paar Wochen daran zu denken!

      1. Leider nein.
        Desinfizieren dürfen sie auch nicht. (Wenn man Glück hat, wird die Wunde mit Wasser ausgewaschen, bevor das Pflaster drauf kommt. Manchmal kommt es auch auf den ganzen Dreck mit drauf….)
        Oh, und Fieber messen übrigens auch nicht. (Aber das Kind mit Fieber heimschicken.)

        Sie haben ja schließlich keine medizinische Ausbildung. (Ändert allerdings nichts daran, dass die Kinder regelmäßig mit „Diagnosen“ nach Hause geschickt werden.)

        Das Aufregen hab ich schon lange aufgegeben. Noch vier Jahre, dann ist der Jüngste durch. Das ist derzeit mein Mantra. Denn das mit der Zecke war noch Pillepalle. Manchmal denke ich, ich könnte ein Buch schreiben, mit dem, was ich bei/mit dem Kindergarten erlebe…..

  12. Mir ist exakt die gleiche Geschichte in der Notaufnahme auch mal passiert. Die Mutter war eine Holländerin. Die Zecke war noch komplett intakt und kletterte in der Plastiktüte herum. Sie hat sich dann auch sehr gewundert, dass ich das Tier nicht einschicken wollte. In den Niederlanden ist es wohl so, dass die Bevölkerung aufgerufen ist bei einem Zeckenstich, diesen zu melden und die Zecke einzuschicken. Es geht dabei wohl um Epidemiologie und als „Service“ bekommen die Eltern mitgeteilt ob die Zecke Borrelien getragen hatte: http://www.tekenradar.nl/

    1. Habe eben die Anleitung zum Test gelesen…
      Den machen die Zeckenbiss-Hyper bestimmt nur einmal, wenn überhaupt : „Benutze das Holzstöckchen, um die Zecke zu zerkleinern.“
      Vielleicht der eigentliche Sinn des Testes?

      1. ..ja..fiel mir dann auch auf…sehr anschaulich und bestimmt enorm erfolgsversprechend.
        Insgesamt würde mich die Zuverlässigkeit mal interessieren, welcher Arzt verordnet denn sofort AB, nur weil so ein Test positiv ist?
        dann doch lieber ne Bernsteinkette für den Hund…..*leiseseufz*

  13. Na ja, die Wanderröte sieht man doch nicht immer. Bei unserem Sohn, vor Jahren mit ca 8 Jahren hatten wir Glück. Wir bemerkten den Zeckenstich nicht, dann war er 3 Tage krank. Ich hatte abends eine Vorlesung und bat meinen Mann den Sohn, der wieder fast gesund war, baden zu lassen und da sah mein Mann die Wanderröte auf dem Rücken…morgens sah man fast nichts mehr davon.
    Wochenlang Antibiotika war nötig ;-( aber wenigstens erkannten wir es.

  14. Das wird auch aktiv so vermarktet in Populär-Wissenschaftlichen Medien. Man liest sehr regelmäßig den Hinweis, die Zecke nach einem Biß aufzubewahren.
    Klingt komisch, ist aber so.
    Und das Vertrauen der Menschen in die Medien, vor allem in die klassischen (Zeitschriften!) ist halt ungebrochen.

  15. (Ich schrieb das schonmal an anderer Stelle, ich glaub, da ging es um Blutgruppenbestimmung oder so) Am meisten gibt mir hier wieder zu denken, dass das der Mutter wichtig genug ist, damit zum Kinderarzt zu gehen, aber dann doch keine 70 Euro wert ist…
    Bei Zecken werde ich übrigens auch immer leicht paranoid, kontrolliere die Bissstellen 100 Mal. Ist so ein blödes Gefühl, wenn man weiß, es KANN etwas Fieses passieren und man kann nichts tun, um es zu verhindern!

  16. Weil Dr. med. Google Internet etwas ausgespuckt hat, die Angehörige leider beim lesen erstens einem spontanen Analphabetismus erlegen ist (sonst hätte sie die Info, dass das keine Kassenleistung ist auch noch aufgenommen) und beim Herunterfahren der Software leider, leider auch die im eher als veraltet gewertete Software „gesunder Menschenverstand“ ebenfalls ausgesetzt hat.
    Die Festplatte ist wohl vor lauter Sorge um etwaigen Virenbefall sehr überladen mit Schutzprogrammen…

    Lieben Gruß von der schnell diagnostizierenden,

    Oberschwester Hildegard

Kommentar verfassen

Entdecke mehr von Kinderdok.blog

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen