Work Life Balance

Der Vater stemmt die Hände in die Hüften: „Ja, gestern abend, da waren Sie nicht mehr erreichbar.“
Ich: „Es gibt doch dann den Notdienst im Krankenhaus, da können Sie jederzeit hinfahren.“
Vater: „Ja, genau, und da setze ich mich hin und warte stundenlang.“
Ich: „Tagsüber können Sie uns gut erreichen. Hatte Ihre Tochter das Fieber nicht schon übers Wochenende?“
Vater: „Mmh. Wir sind dann zu Ihrem Kollegen in die Stadt gefahren. Der war immerhin um 20 Uhr 30 noch in seiner Praxis und hat gearbeitet. Da hatten Sie“, er zeigt mit dem Zeigefinger auf mich. „schon Ihren segensreichen Feierabend.“

Das Helfersyndrom habe ich in der Klinik abgelegt. Dafür hat es ein paar Therapiestunden gebraucht, aber ich war erfolgreich. Außerdem habe ich eine Familie zuhause, die mich auch gerne mal außerhalb des Wochenendes sieht.

25 Antworten auf „Work Life Balance“

  1. Wir waren in den letzten Tagen häufiger in Krankenhäusern und auch Notaufnahmen (wg meines Mannes). Ich war sehr erstaunt, wie viele Menschen am Sonntag morgen mit kleinen Kindern im Krankenhaus lange an der Notaufnahme anstehen, um zur dortigen Anlaufpraxis zu kommen. Die meisten Kinder sahen sehr munter und gesund aus (und waren dementsprechend gelangweilt und laut). Die Eltern nutzen den Sonntagsdienst dort anscheinend, um ein Rezept zu bekommen, vielleicht weil am Sonntag auch der Papa Zeit zum mitfahren hat… War schon sehr nervig, auch für die Ärzte.
    Ein anderes Mal musste sogar die Polizei geholt werden, da ein Vater mit der Behandlung seines kleinen Sohnes nicht einverstanden war. Er musste dort wie alle anderen warten und wurde wohl nicht sofort stationär aufgenommen. Zum Verständnis: Der Junge spielte derweil auf dem Flur, der Vater brüllte und randalierte währenddessen…

    Ich habe großen Respekt vor der Arbeit der Ärzte. Es gibt viele, die über die normale Zeit erreichbar sind, die sich kümmern und vieles möglich machen. Klar gibt es schwarze Schafe, aber meines Empfindens gibt es viel mehr „schwarze Patienten“ in letzter Zeit!

    1. So ist es. Die „die-sind-doch dafür-da“ und „das-ist-doch-ihr-Job“ Mentalität setzt sich leider immer mehr durch. Ärzte sind auch nur Menschen die Familie und Hobbys haben, ab und zu mal schlafen müssen usw.

  2. Es gibt einfach zu viele doofe Leute.
    Dabei sind Kinderärzte meiner Erfahrung nach echt mit Abstand die nettesten Ärzte, die ich kenne. *seufz*

    Unser ist wirklich mal auf dem Nachhauseweg umgedreht (obwohl er etwas weiter weg wohnt und selber vier Kinder hat), um noch einmal nach unserem stark fiebernden Säugling zu gucken, nur damit er uns den Weg in die Notfallambulanz erspart. Das rechne ich ihm bis heute hoch an und werde ihm das nicht vergessen.

  3. Nicht zu glauben…
    Aber die, die nicht drauf angewiesen sind, weil ihre Kinder eigentlich gesund oder ganz „normal“ krank sind, die wollen ihren Kinderarzt am liebsten rund um die Uhr und am besten noch zuhause bei sich. Liebe Leute, euer Kind wird auch gesund, wenn der Kinderdoc nicht Tag und Nacht Händchen hält!

    Es gibt auch die Kinder, die chronisch krank sind: Gendefekte haben, mit Behinderungen zur Welt kamen, Herzfehler oder Stoffwechselstörungen haben und vieles Andere. Auch solche Kinder betreut der Kinderdoc.

    Eines meiner Kinder gehört zu diesen „Problemkindern“. Ich habe von meinem Kinderdoc sogar die Handynummer. Diese habe ich noch nie benutzt.
    Entweder geht es meinem Kind außerhalb der Öffnungszeiten so schlecht, dass ich ins Krankenhaus fahre oder ich kriege das selbst in den Griff, bis mein Kinderdoc wieder Sprechzeit hat.

    Diese „Meckereltern“ sind nach meiner Erfahrung Leute, die zwar Kinder (oder oft auch nur ein Kind) haben, die aber Elternsein auf einer rationalen Ebene erleben und denen die Empathie für ihre Kinder völlig abgeht. Da wird nicht aus dem Bauch heraus entschieden sonder nach dem Programm: Kind hat irgendwas – also Doktor -dafür ist er da, und das möglichst rund um die Uhr. Da wird ein Windelausschlag zum akuten Notfall, weil die Eltern ihr Bauchgefühl schon vor Jahren an der Garderobe abgegeben haben.

    Hallo, der Kinderarzt ist immer da für Kinder, die krank sind. Manchmal reicht es aber auch, als Eltern den gesunden Menschenverstand zu benutzen, und wenn der grade in Urlaub ist, frag mal Deine Mutter – die hat auch ein oder zwei (oder mehr) Kinder groß gekriegt, ohne dass ständig Kinderdoc auf ihre Finger geschaut hat.

    Es ist natürlich, dass man sich um seine Kinder sorgt. Aber nicht jedes aufgeschlagene Knie, nicht jedes fiebernde Kind – wenn ein Infekt umgeht, nicht jede Rotznase muss vom Kinderdoc berührt werden, um wieder gesund zu werden. Das schaffen die Kids auch alleine (und Pusten von Mama oder Papa hat schon zu so mancher Spontanheilung geführt).

    Ok, ist länger geworden, als ich wollte. Aber das muss auch mal gesagt werden.

    Liebe Grüße an den Kinderdoc

  4. Wuhaha… das kenne ich.

    Montagsmorgen… das Telefon klingelt.
    „Das ist eine Frechheit!“
    „Guten Morgen Herr Nervsack.“ <— dessen Nummer kennen wir alle auswendig, weil der WIRKLICH anstrengend ist am Telefon. "Was haben wir denn verbroch… ährm… was ist eine Frechheit?"
    "Am Freitag war das Telefon aus!"
    Jo… normaler Weise sind wir Freitags bis 17Uhr noch erreichbar. Da wir MFAs aber viele Ausfälle hatten (2 von 9 MFAs waren noch arbeitsfähig…), haben die Ärzte beschlossen die Praxis Freitagnachmittag zu schließen und einen entsprechenden AB-Text zu schalten. Telefon war dann ab 15Uhr aus und Praxis geschlossen.
    Wollte Herr Nervsack aber auch nicht verstehen. "Wofür bekommen sie denn Geld?!".
    HAbe dann lieb gefragt, weswegen er uns denn so dringlich erreichen wollte. "Wollte nen Rezept bestellen."
    Und dafür so ein Aufriss.

    Aber gut… laut meinen Kolleginnen wollten auch bestimmte Patientinnen nicht verstehen, dass wir ihre Termine canceln müssten, nachdem unser einziger Gyn in der Praxis einen schweren Herzinfarkt hatte…

    1. Laaaach! (Da kann ich nur lauthals lachen, um nicht weinen zu müssen – Termin muss stattfinden, Herzinfarkt kann warten :-\, wie schräg ist das denn?)

  5. Da hat der Maurer ein Loch in der Wand gelassen. Dieses Loch nennt sich Tür. Da gehen Sie jetzt hindurch und kommen nie mehr wieder!

  6. Jetzt mal blöde Frage, warum sollte ein Kinderarzt um 20:30 Uhr noch offen haben? Liegen da nicht die meisten Kinder bereits im Bett?! Gerade die kranken mit Fieber? Ja, ich weiß, es gibt Notfälle. Aber simples seit Tagen bestehendes Fieber ist doch kein akuter Notfall, oder sehe ich das falsch?
    Ich finde es gerade bei einem Kinderarzt verständlich, wenn er um 21 Uhr nicht mehr offen hat, da liegen schließlich 90% seiner Kunden im Bett und schlafen. Und für Notfälle gibt es ja Krankenhäuser/Ambulanzen. Ja, nicht schön, aber immer leben wir in einem Land, in dem es überhaupt sowas gibt. (Ja, und die nächste für uns ist auch einige Kilometer weit weg.)
    Bei uns gibt es in der Nähe einen Zahnarzt, der hat an einigen Vormittagen zu, dafür an zwei Tagen die Woche bis 22 Uhr offen. Sehr praktisch für Berufstätige. Aber mit Kind gehe ich da doch lieber tagsüber hin! 😉

  7. Ich glaube, ich hätte den guten Mann mal nach seinen Arbeitszeiten gefragt 😈 und ob er bereit wäre, über 12h zu arbeiten. An fünf Tagen pro Woche plus die Wochenendnotdienste. Was nein? Geregelter Feierabend und sowas? Tja… Komisch, dass er das dann von anderen erwartet.
    So nette Leute hats auch in meinem Job. Leider.

  8. Zurzeit eine schlimme „Arzt-Shopping“ Mentalität und auch Infantilisierung der Leute, dass mit jedem „Pups“ umgehend zum Arzt gegangen wird. Kein Wunder wenn Ärzte keine Lust mehr haben der Fußabtreter zu sein.

  9. Da fragt man sich doch, wieso er nicht schon vor 20:30 Uhr mit seinem Kind einen Arzt aufgesucht hat? Insbesondere, wenn das Kind schon das Wochenende über Fieber hatte. War der werte Herr vielleicht tagsüber auf der Arbeit und konnte daher sein Kind nicht zum Arzt bringen… tztztztz…

    1. solche Aussagen wie oben geschildert hört man aber nicht von patienten, die wegen der eigenen arbeit erst abends um 20.30 zum arzt fahren.
      die entschuldigen sich nämlich, anstatt so arrogant zu reagieren.

      außerdem: wenn ein kind einige tage am stück krank ist, lässt man es ja bestimmt nicht alleine zu hause. da wird ja sicherlich jemand gewesen sein, der auch zum arzt gekonnt hätte – nämlich während der sprechstundenzeiten.

      1. Ich kenne allerdings Eltern, die das Kind trotz Krankheit in den Kiga oder zur Tagesmutter bringen und erwarten, dass dort alles dann geregelt ist.

        Ich gebe ja zu; es gibt die Fälle wo es wirklich nicht anders geht. Aber für meine Begriffe kann der Prozentsatz maximal bei 5 % liegen.

        1. Mal abgesehen davon, dass solches Verhalten zu lasten der Betreuer, anderer Kinder und nicht zuletzt des eigenen Kindes geht; es ist auch völlig kurzsichtig gedacht. Denn ein Kind mit leichtem Fieber, das nur mal einen Tag Ruhe zur Auskurierung der Erkältung gebraucht hätte, ist nach so einem Tag halb krank im Kindergarten gerne mal so richtig krank. Und dann muss doch jemand bei ihm zu Hause bleiben, gerne auch mal ein paar Tage mehr als ursprünglich notwendig.

  10. Au Mann! Vielleicht hat der gute Herr einfach vergessen, das Du auch ein Mensch bist! Ich weiß janicht, welchen Beruf der Mann ausübt, aber da will er doch sicher auch nicht über 12 Stunden am Tag arbeiten, oder?
    Meine Sicht bei so etwas ist genau anders herum: Mann, was bin ich froh, dass es überhaupt so etwas wie Notdienste gibt, zu denen man hingehen kann! Das ist für mich ein grandioser Luxus, der nicht als selbstverständlich angesehen werden sollte!

  11. Frage mich gerade, warum er dann heute morgen schon wieder da war. Wahrscheinlich war der Kollege um 20.30 Uhr nicht mehr in guter Form. Ich wusste gestern abend nach 78 Patienten am Tag um 19 Uhr auch kaum noch, wie ich heiße. Es ist auch besonders im Interesse der Patienten, ein ausgewogenes Maß zu finden, um sein Bestes geben zu können.

    1. … und genau DAS wird dann den kinderlosen KinderDocs vorgeworfen! Die haben schließlich keine Ahnung von Kindern und den Nöten der Eltern, weil sie keine eigenen Kinder haben.

      Und es folgt der Umkehrschluß: Der Hausarzt nebenan, der hat Ahnung, schließlich hat er selbst Kinder.
      [ Kopf ==> Tischkante ]

      Lieber Kinderdoc, Du siehst, Du hast keine Chance.

  12. Achtung Sarkasmus: „Wie, lieber Kinderdoc, Sie sind nicht 24/7 auf Lebenszeit erreichbar. Und warum gönnen Sie sich noch ein eigenes Leben??“

    Mal ehrlich, egal welche Probleme der Vater da hat, ich kann von niemandem erwarten, dass er immer zur Verfügung steht. Dieser Vater wird wahrscheinlich noch nicht mal für sein Kind 24/7 erreichbar sein.

    Warum hat sich eigentlich die „Kultur“ eingebürgert, von anderen Menschen mehr zu erwarten, als man selber zu leisten bereit ist. 🙄

  13. Es verblüfft mich immer wieder, wie unverschämt die Leute manchmal sind. Auch wenn auf den Herrn wahrscheinlich 50 nette höfliche Leute kommen, die du tagsüber gesehen hast, man muss trotzdem den Kopf schütteln…

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