Der blinde Darm

Plötzlich heftige, stärker werdende Bauchschmerzen sind Warnzeichen für BlinddarmentzündungSieht schon viel besser aus ;-)

Wenn Kinder plötzlich starke Bauchschmerzen haben, die sich steigern, kann dies ein Warnzeichen für eine Blinddarmentzündung sein.

„Die Bauchschmerzen gehen zunächst vom Nabel aus und wandern dann häufig in den rechten Unterbauch. Druck auf den Bauch und plötzliches Loslassen, das Anziehen des rechtens Beins, Gehen oder Bewegung mit Erschütterung – wie z.B. das Hüpfen von einem Stuhl – oder Husten sind mit starken Schmerzen verbunden. Fieber und Übelkeit können ebenso auftreten“, beschreibt Prof. Hans-Jürgen Nentwich, ehemaliges Vorstandsmitglied des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) mit langjähriger Klinikerfahrung (Leitung der Kinderklinik in Zwickau), häufig auftretende Beschwerden. „Jede Art von Schmerzen, die ein Kind nicht still sitzen lassen und es ihm schwer machen, eine angenehme Position zu finden, erfordern umgehende ärztliche Hilfe“, rät er. Eine Blinddarmentzündung kann in jedem Alter auftreten, doch trifft sie Teenager, insbesondere männliche, häufiger als kleine Kinder.

Doch bei kleinen Kindern ist das Gefährliche, dass die Anzeichen einer Blinddarmentzündung oft schwer zu erkennen sind. „Hier kann auch ein geblähter Bauch mit einer Blinddarmentzündung zusammenhängen. Bauchschmerzen, die Kleinkinder nicht schlafen lassen oder die sie nachts aufwecken, sollte der Kinder- und Jugendarzt auf jeden Fall abklären“, rät Prof. Nentwich. Mit Blinddarm ist eigentlich der kleine Wurmfortsatz des Blinddarms gemeint, der Appendix. Kotreste, Darmparasiten oder eine Verengung des Blinddarms können zu einer Entzündung des Wurmfortsatzes führen, zu einer Appendizitis. Wird eine Blinddarmentzündung nicht rechtzeitig behandelt, kann der Wurmfortsatz platzen, und es gelangen Eiter und Stuhl in die Bauchhöhle. Dies kann zu einer lebensbedrohlichen Blutvergiftung führen.

Eine Pressemitteilung des BVKJ.

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Tja, wenn´s nur immer so einfach wäre, wie der gute Professor das umschreibt. Er gibt Lehrbuchwissen weiter, das mal stimmt, mal überhaupt nicht. Auch hier gilt das Selbstverständliche für den untersuchenden Arzt: Daran denken. Mein Diagnoseschnitt liegt aktuell eher pro „richtige Diagnose“, d.h. die Kinder, die ich mit dem Verdacht auf Appendizitis eingewiesen habe, hatten i.d.R. auch eine. Manche aber auch nur eine dicke Verstopfung. Toitoitoi, bisher ist noch keines nach Hause gewandert, was später mit Blinddarmdurchbruch im Notfall operiert werden mußte.

In der Öffentlichkeit ist die Blinddarmentzündung klar präsent: Wenn ein Kind mit Bauchweh kommt, mußt der behandelnde Kinderarzt nach der Untersuchung den entscheidenden Satz sagen: „Ein Blinddarmentzündung ist es nicht“, und schon entspannen sich die elterlichen Gesichtsmuskeln. „Gott sei dank.“ Die Salmonellose, die Skyballa oder die Askardien nimmt man dann eher gelassen hin.

Es gilt der Lehrsatz: Der Verdacht auf eine Appendizitis muß zumindest zum Chirurgen führen, besser zur OP. Dank hoch auflösender Ultraschalls ist man inzwischen zwar etwas gewappneter in der Diagnostik und muß sich nicht mehr komplett auf Leukozyten und McBurney-Punkte verlassen, aber dennoch: Der Blinddarm darf einen nicht blind machen. Kalauer Ende.

 

(c) Bild Flickr bei Jan Stettler

15 Antworten auf „Der blinde Darm“

  1. Ich war 5 Jahre alt, hopste morgens munter durch die Wohnung, erklärte meiner Mutter dann, dass mir der Bauch ein bisschen weh täte. Sie schickte mich in die Schule, meine Schmerzbekundungen war nicht sehr überzeugend. In der Schule war tatsächlich erst alles ok und dann baute ich ab, innerhalb von vielleicht 3 Stunden von fit zu schwer krank. Den miesen Allgemeinzustand hat sich unser Hausarzt nicht lang anschauen müssen und mich in die Klinik überwiesen. Am gleichen Nachmittag bin ich als Notfall operiert worden.

    Alles in allem gab es bei mir keine große Vorwarnung, alles spielte sich an einem halben Tag ab.

  2. Hachja der Blinddarm.. Manchmal kann die Informiertheit (blödes Wort) der Eltern da echt auch ( auch für einen selber) anstrengend sein. Bei Bauchschmerzen checkt jeder erstmal obs rechts weh tut…. ich ja auch.

    Meine Wurmfortsatzentzündung *g* ( Ich war 14) zeigte sich 2 Tage. Tag 1 leichte Unterbacuhschmerzen nur vormittags. Tag 2 das selbe plus brett harter Bauch. Kein Arzt hatte Zeit für mich… eigentlich wollte ich ja nur ne Entschuldigung für die Schule. Als ich nachmittags endlich eine Arzt fand, sagte die werte Dame was von Blinddarm und jagte mich ins KKH. Meine Mutter musste arbeiten, ich musste mit den Großeltern hin… Abends 21 Uhr wurde ich in den OP geschoben. Kurz vor Durchbruch. Laufen –> ging, Hüpfen —> ging, Fieber, Übelkeit —> nö….

    Mein Sohn hat alle 2 Jahre 2 mal hintereinander ne echte Grippe die Zweite zeigt sich immer mit richtige Blinddarm Symptomen. Krümmen vor Schmerz, Wärme schmerzt noch mehr, Loslassschmerz, Temp. Unterschied rektal axial von 1,5°C usw.
    Einmal fuhren wir direkt ins KKH, ne Stunde warten, im Schall nix zu sehen, 2 Tage später Grippe. Beim nächsten Mal fuhren wir erst in die Notdienstpraxis –> bitte sofort ins KKH, garantiert Blinddarm. 4 Stunden warten, Einlauf, Ultraschall usw… sollten wieder nach Hause. 2 Tage später Grippe.

    Beim nächsten Mal fahr ich trotzdem wieder, auch wenns es bestimmt wieder Grippe ist, aber was wenn NICHT?

    Bye the Way… Ist dieser Temperatur Unterschied wirklich so typisch? Ich mein axial und rektal ist doch immer ein (großer) Unterschied???

    1. Yap! 3 winzig kleine Schnitte, davon einer sogar im Bauchnabel. Also kaum sichtbar. Aaaaaber: wenn dabei was schiefgeht, dann ist es leider gleich unangenehm. Der Wurmfortsatz muss dabei nämlich ein Stück durch den Bauchraum gezogen werden, um eben durch eines von den kleinen Löchern entfernt zu werden. Und dabei können Keime in den Bauchraum gelangen. Das ist zwar selten, wie mir mein Arzt neulich erklärt hat, aber extrem unschön, weil sich dann ein eitriger Abszess bilden kann. Und wenn der aufgeht, ist der Weg auf die Intensivstation sicher. Inklusive längerem Aufenthalt dort. Oder noch Schlimmeres. Sprach’s und schnitt bereits wenige Stunden später die gleichen drei Stellen wieder auf, um besagten Abszess zu entfernen.
      Merke: minimal-invasiv ist nicht zwingend immer besser und nebenwirkungsärmer! Und Pech kann man auch bei Standard-OPs haben.

  3. Meine größte Angst ist ja, dass ich das Bauchweh eines Kindes dann nicht schnell genug ernst nehme. Wie oft haben Kinder Bauchweh! Wärmflasche, hingelegt, vielleicht eine Tee und mal ein paar Stunden abwarten… Wer geht schon bei jedem Bauchweh zum Arzt?
    Andererseits, meinen Mann (damals noch Freund) hab ich gerettet. Der kam Abends zu mir, weiß wie eine Wand. Meinte ihm gehts nicht so gut, wollte sich nur hinlegen. Ich bin kein Mensch, der in Panik ausbricht, ich hatte null Erfahrung mit sowas, aber das erste was ich sagte war „soll ich dich in die Klinik fahren?“. Nach ner halben Stunde „nur mal hinlegen“ fand er, Klinik sei vielleicht doch nicht so schlecht. Bis er dann im OP war war das Ding schon durchgebrochen.

  4. Ich dachte, ich hätte auf dem Weihnachtsmarkt was falsches gegessen. Hausarzt, Apotheke, man hat mir einiges mitgegeben. Dann hab ich 95qm Wohnung Weihnachtsfein geputzt und als Abends Besuch kam hing ich überm Klo.
    Notaufnahme „wir wissen nicht, was es ist, aber ausgehend von den Blutwerten schicken wir ihren Freund heim und machen mal auf.“

    Hmpf. Immerhin erst geplatzt als man das Mistding in die Nierenschale gelegt hat…

  5. ..Neffe hatte starke Bronchitis, bekam wohl deshalb trotz Impfung leichte Masern, da wäre die Blinddarmentzündung fast übersehen worden.
    Er hatte keine Bauchschmerzen, aber sehr hohes Fieber und brettharten Unterbauch. Der Notarzt schickte sofort in die Klinik, wo man erst unsicher war, dann auf Verdacht öffntet, kurz vor dem Durchbruch.

  6. Mein Sohn hatte vor kurzem starke Bauchschmerzen mit Erbrechen, aber ohne Fieber und Loslassschmerz. Auch die erste Blutuntersuchung gab nichts her, erst die zweite nach mehreren Stunden zeigte erhöhte weisse Blutkörperchen. Beim Ultraschall war der Blinddarm nicht zu sehen. Da alles andere ganz normal aussah, schloss der Chirurg daraus, dass es wohl der Blinddarm sein musste – und so war es auch. Bin ich froh, mit dem Kind, das öfter mal starke Bauchschmerzen hat, dieses Mal ins Krankenhaus gefahren zu sein…

  7. Ich war ja so froh, dass das Ding bei mir zusammen mit der Gebärmutter rauskam – also die Gebärmutter musste sowieso, da haben sie bei der Gelegenheit gleich den Blinddarm mitgenommen.
    Eine Kollegin war hell entsetzt, dass man mir etwas rausgeschnippelt hat, ohne vorher zu fragen. Klar hätte die Ärztin vorher Bescheid geben sollen, aber ich bin da pragmatisch. Sie hat es halt vergessen gehabt.
    (Das Bild von dem Myom, das die Ursache für die OP war, betrachtet sie übrigens noch immer bei jedem meiner Besuche bei ihr mit Kopfschütteln. Das Ding hatte 1,7 kg…)

  8. Eigentlich Wahnsinn, dass man bei dieser häufigen Erkrankung immer noch im Zweifelsfall reinschauen muss, weil man sie anders nicht sicher ausschließen kann. Mein Mann hat eine nette Narbe davon.
    Aber der Körper ist halt doch ein größeres Mysterium als wir angesichts der High-Tech-Medizin manchmal gern glauben würden…

  9. Ich wurde mit Anfang 20 aus der Notaufnahme, in die ich mich mitten in der Nacht mit üblen Bauchschmerzen geschleppt hatte, ohne Befund wieder weggeschickt. Zwei Wochen später wies mich mein Hautarzt als Notfall mit akutem Blinddarm in die gleiche Klinik wieder ein und rief zusätzlich dort an, dass sie mich diesmal doch bitte da behalten sollten. Drei Stunden später war der kleine Übeltäter draußen.

  10. Mich hat vor 10 Jahren mit Anfang 20 der Hausarzt wieder heim geschickt, da ich keinen Loslass Schmerz hatte….. Konnte nicht gerade stehen und musste mich laufend übergeben. Es war natürlich der Blinddarm. Es ging noch mal gut aus, da mein Vater mich zum Wochenende aus meiner Studentenbude abgeholt hat um mich mit nach Hause zu nehmen, und nach wenigen Blicken auf mich den Notarzt geholt hat.
    Als kleiner ‚Witz‘ am Rande – die Diagnose des Hausarztes war Gastritis. Ähm ja. Weil der Magen ja rechts im Unterbauch ist….

    1. Soviel zu Ärzten… aber zum Glück sind ja nicht alle so. Zumindest eine Bestätigung, immer auch zu hinterfragen und nicht alles blind hinzunehmen.
      Eine Frage an den Arzt: gibt es irgendwelche Vorraussetzungen, die das Risiko erhöhen an einer Appendizitis erkranken? Oder ist das einfach eine Art Zufallssache? Spielen Ernährungsgewohnheiten, oder so was in der Art, eine Rolle?

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