Bitte, liebe Privatversicherung

Ich habe meinen neuen Beitragsbescheid für die Private Krankenversicherung bekommen – es gab eine Erhöhung des Beitrags. Hatte ich erwartet. Na klar, alles wird teurer. Ich würde mich ja auch gesetzlich versichern lassen, aber das steht mir als Selbständigem nicht offen.

Freundlich weist eine beiliegende Broschüre auf „Hintergründe und Einflussfaktoren der aktuellen Beitragsanpassung“ hin. Es fehlt auch nicht der Hinweis, dass die Gesetzliche Krankenversicherung 1980 noch durchschnittlich 189,22 Euro verlangte, heuer 746,63 Euro. Die anderen machens schließlich auch. Geschenkt.
Dann folgen die Gründe. Ich zitiere: „Der medizinische Fortschritt ermöglicht heute Behandlungserfolge, die noch vor wenigen Jahren nicht denkbar waren. So ermöglichen heute z.B. das Einsetzen von Herzereignisrekordern und Herzschrittmachern eine bessere Diagnose (…), wobei die Kosten (…) schnell bei 15.000 bis 18.000 Euro liegen.“ Dagegen sieht meine Monatsbeitrag gleich ganz kleckrig aus.
Und weiter: „Hinzu kommen Preissteigerungen durch die allgemeine Inflation oder steigende Preise für ärztliche Leistungen, z.B. durch neue Gebührenordnungen.“ …

Äh. Moment. Neue Gebührenordnung? Die meinen doch wohl nicht die Neuauflage der Gebührenordnung für Ärzte GOÄ aus dem Jahr 2001? Das war die letzte Änderung – als der so genannte Punktwert von „11,4 Deutsche Pfennige“ auf „5,82873 Cent“ umgerechnet wurde. Die letzte tatsächliche Neuauflage der GOÄ  datiert nämlich aus dem Jahr 1982. Vor zweiunddreißig Jahren ging ich noch zur Schule. Und war gesetzlich familienversichert. 1996 gabs nochmal eine Anpassung der Gebühren, das ist auch schon achtzehn Jahre her, da war ich immerhin schon Assistenzarzt.

Bitte, liebe Private Krankenversicherung: Nimm Rücksicht auf das Gemüt derer, die bei Dir im Arzttarif versichert sind. Wenn Du mir schon schöne Broschüren ins Haus schickst, dann konsequent und lass solche Passagen weg. Dann fühle ich mich weniger beschummelt.

15 Antworten auf „Bitte, liebe Privatversicherung“

  1. Lieber Kinderdok,
    Soweit ich weiß wurde die GOZ 2012 angepasst und ich hoffe doch das der Zahnarztbesuch bei dir mitversichert ist. Und auch in der GOÄ gibt es die Möglichkeit mit analogen Ziffern immer neuere Behandlungsmethoden abzurechnen.
    Ich fürchte also so unrecht hat deine PKV nicht mit ihrem Schreiben.
    Also Kopf hoch und nicht ärgern.

    1. Doch wieder die Zahnärzte…. ich hab´s gewußt. Tja, mit Zahnschmerzen kann man mehr Lobbyarbeit machen.

      Analogziffern hingegen sind nicht „über Gebühr“ steigerbar, sondern lehnen sich immer an die alte GOÄ an.

  2. Hier nervt mich die Krankenkasse damit, dass sie versuchen auch mich und Familie dazu zu bringen, die Medikamente per Post von ihrem Partner schicken zu lassen. Hallo? Ich Apothekerin in der Offizin: Die wollen mir also faktisch meinen Job wegnehmen, indem sie ihre Kunden (auch) von meiner Apotheke abwerben. Ich habe nie das Werbebudget von denen und manche Krankenkassen lassen den Brief dann auch noch so tönen, als wäre das von Ihnen verlangt (nicht nur gewünscht). Das verwirrte schon einige – die ich dann in der Apotheke hatte mit „Meine Krankenkasse will, dass ich nicht mehr zu ihnen komme.“
    Freie Wahl des Leistungserbringers, Sag ich dann nur dazu.
    Leider machen das inzwischen die meisten Krankenkassen, so dass ein Wechsel da nicht viel bringt.
    Die 700undetwas Euro sind im Monat? Uh – und ich dachte, ich zahle mit 400undetwas hier schon viel. 🙁

    1. Wenn ich’s richtig gelesen habe, ist das der aktuelle monatliche Gegenwert, den die GESETZLICHE KK einzieht. Der wird aber hälftig vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen. Sind insgesamt 15Kommairgendwas Prozent vom Bruttolohn, also ca 7,5% für jede Seite. Dann gehen für die gesetzlich versicherten noch Pflege-, Arbeitslosen-, Rentenversicherungsbeiträge runter und Lohnsteuer 😉
      Aber sag mal, hast du schon mal da angerufen und gefragt, ob sie dich nicht mehr drin haben wollen, weil sie dir ja faktisch den Job wegnehmen? 😛 Ich glaube, ich hätte mir das nicht verkneifen können *gg*

  3. Wieso steht Dir die gesetzliche Versicherung nicht offen? Während meiner Promotion in der Industrie war ich aufgrund der Konstruktion des Vertrags auch buchstäblich selbstständig (kein Arbeitsvertrag, sondern einfach nur ein Vertrag; inkl. Zahlung von Umsatzsteuer und der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs). Ich hatte mich damals freiwillig gesetzlich versichert. Die gesetzlichen Kassen nehmen Dich als Arzt mit Deinem Gehalt mit Handkuss.

    Das Problem bei Dir ist wohl eher: Du hast Dich einmal für die private Krankenversicherung entschieden und Dein Gehalt liegt über der Beitragsbemessungsgrenze, so dass Du nicht mehr zurück kannst („Einmal privat, immer privat.“) 🙂

  4. freiwillig gesetzlich ist richtig teuer, wenn man dann auch auf grund der familiaeren konstellation die vorzuege der familienversicherung nicht nutzen kann. andererseits ist es mir deutlich lieber, ich zahle ordentlich krankenversicherung (das heisst, ich verdiene auch recht ordentlich), und muss sie aber nicht in anspruch nehmen, als dass sich meine beitraege fuer mich „lohnen“ wuerden…. nur woher nimmt die pkv einen grund zum jammern zum thema inflation????

  5. Mit entsprechenden Vorversicherungszeiten können auch Selbständige freiwillig gesetzlich versichert sein. Ist aber auch ein kostspieliges Vergnügen – für uns aber der einzige Weg unser behindertes Kind in der gesetzlichen Versicherung zu lassen – alles andere wäre finanzieller Selbstmord.

    1. Doch. Es ist schon bitter, wenn ich meinen Porsche verkaufen muß und mir nur noch einen Golf leisten kann. Und die Kinder müssen jetzt Urlaub im Spessart machen denn auf den Malediven. Was sollen die jetzt ihren Klassenkameraden sagen? Na? Hä? Da fällt Dir keine Bemerkung ein, nicht wahr?

      1. Oh doch, das tut mir schon leid, dass es nicht für einen Lambo gereicht hat wegen der hohen Beiträge. Das ist wirklich unschön. Das mit den Malediven lässt mich auch aufhorchen, denn ich hätte gedacht, Sie könnten in exklusivere Urlaubsorte fliegen. Malediven kann sich ja mittlerweile jeder untere Mittelschichtsbürger leisten!
        Soll ich Ihnen irgendwohin was überweisen?

    2. Darum geht es doch nicht, oder? Im Vergleich zu anderen Ländern sind wir hier fast alle nicht arm. Wenn die Versicherer schon ihre Beiträge rechtfertigen wollen, sollen sie es doch zumindest anständig und akkurat tun.

      1. Ich als gesetzlich freiwillig Pflichtversicherter kann da leider nicht mitreden, da ich mehr als andere im Verhältnis bezahle und dennoch wie Patient 2. Klasse behandelt werde.

        1. Es geht hier aber nicht um Ihren persönlichen Sozialneid, sondern darum, dass eine Firma für eine Preiserhöhung ihres Produktes (auf das man nicht einfach verzichten kann und an das man erst einmal vertraglich gebunden ist) eine Begründung angibt, die so nicht korrekt ist. Jetzt verstanden?

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