Kurze Mitteilung

„Nein, Frau Meier, ich kann ihn leider nicht einfach so Rect.o.delt Zäpfchen aufschreiben, auch wenn Sie privat versichert sind. Dieses Medikament ist rezeptpflichtig. Das wissen Sie, gut, und deshalb wollen Sie auch ein Rezept, klar. Ihr Kind hat keinen Pseudo-Krupp, keine akute Bronchitis, kein Asthma, keine Allergieveranlagung, die das Rezeptieren eines Cortison-Präparates rechtfertigen würde. Ich kann verstehen, dass Sie für alle Eventualitäten bereit sein und dieses Medikament gerne in der Hausapotheke vorrätig haben wollen. Trotzdem kann man nicht jedes Medikament zur Verfügung haben, das auf dem Markt ist. Sie würden für sich ja auch kein Nitrospray in den Schrank legen, nur weil Sie eventuell in zwanzig Jahren einen Herzinfarkt bekommen könnten. Das sei ein Unterschied? Schließlich, sei Pseudo-Krupp bei Kindern deutlich häufiger als ein Herzinfarkt bei Erwachsenen? Ja, das ist richtig. Aber er ist auch deutlich harmloser. Sie müssten bei einem Pseudo-Krupp Anfall dann in die Kinderklinik fahren, da Sie ja nun kein Zäpfchen zu Hause haben? Ja, auch das ist richtig. Warum dann alle Eltern, deren Kinder bereits einen Pseudo-Krupp Anfall hatten, diese Zäpfchen zu Hause haben? Nun, weil ihre Kinder mal einen Pseudo-Krupp Anfall hatten. Sie wollen die Praxis wechseln, weil diese Banalität für Sie ein Bruch des Vertrauensverhältnisses darstellt? Das ist schade, aber jeder muß wissen, welche Prioritäten zu setzen sind. Schade auch, daß ich Ihnen keine frohen friedvollen Weihnachtstage mehr wünschen kann, weil Sie sich nun wortlos umdrehen und das Zimmer verlassen. Trotzdem: Frohes Fest.“

13 Antworten auf „Kurze Mitteilung“

  1. … mein Kind (gesetzlich versichert) hat die mal verschrieben bekommen (mit einem knappen Jahr) von einem Kinderarzt, den ich zeitweise mal im Verdacht hatte, Kinderdoc zu sein 😉
    Und zwar, weil es immer mal geröchelt hat – im Rückblick wegen riesiger Mandeln und mit der Aussage, er mache das nur vorsichtshalber, falls das Kind mal keine Luft mehr bekommen würde – ich solle sie in den Kühlschrank legen und einfach in zwei Jahren wegwerfen, weil ich sie nicht gebraucht habe. Ich muss sagen, dass ich das Röcheln seitdem entspannter sehe – gebraucht haben wir die Zäpfchen bisher tatsächlich noch nicht.

  2. Ich muss ins Krankenhaus fahren, wenn mein Kind Pseudokrupp hat und ich keine Cortisonzäpfchen zu Hause habe?

    Hmm. Ich hab das Kind nachts durchs Dorf geschoben, bis es wieder normal geatmet hat. Mein Kinderarzt hat dann zwar am nächsten Tag die Zäpfchen verschrieben, fand unsere Nicht-Hysterie aber ganz angenehm, glaube ich.

    1. Hmm. Wir versuchen es auch immer mit Hochlagern, Beruhigen (Kuscheln und Lieder vorsingen) und reichlich kalter Nachtluft. Das hilft zum Glück meistens.

      Und dann gab es die wenigen Fälle, wo das nicht ausreichte. Da half nur noch ein Cortison-Zäpfchen oder (beim ersten Mal) eine nicht-hysterische Fahrt ins Krankenhaus.

      1. Diese Variante finde ich überzeugend. Die eigenen Grenzen nicht zu kennen kann im schlimmsten Fall ja auch böse enden. Mich überraschte einfach die Pauschalformulierung.

  3. Lieber Kinderdoc,

    frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr.

    Leider sind Eltern von kerngesunden Kindern oft der Meinung, dass sie besonderen Zuspruch brauchen, wenn das Kind hustet oder niest oder es ihm irgendwie schlecht geht. Vielleicht hat es zuviel geschlafen oder es schläft zuwenig. Jedenfalls weicht sein Verhalten vom Normalen ab.

    Ich bewundere Dich und alle anderen Kinderdocs dafür, dass Ihr trotz dieser Eltern richtig kranke Kids erkennt und für diese und ihre Eltern immer da seid (so ist jedenfalls mein Kinderdoc).

    Du bist nicht meiner, aber ich denke, Du bist wie er:
    Kinder, die wirklich krank sind (Gendefekt, Asthma, chronische Erkrankung), kommen schneller dran und bleiben auch länger zur Beobachtung, bevor entschieden wird ob Krankenhaus nötig oder nicht.

    Manche Eltern mögen es nicht, wenn ihnen gesagt wird, dass ihr Kind gesund ist. Diese wechseln dann den Arzt und erzählen, wie schlecht er ist. Schließlich hat er die bedrohlichen Pusteln (oder die Hautrötung, oder die erhöhte Temperatur oder -) nicht ernst genommen.

    Danke, dass es solche Kinderärzte gibt!
    Kinderärzte, die hinschauen und für das Kind entscheiden – und nicht, weil die Eltern eine Diagnose wollen.

  4. Was Du ihr so nicht sagen konntest ist natürlich auch: „Und ich schreibe das auch deshalb nicht ohne Grund auf, damit sie nicht beim kleinsten Hüsteln des Kindes (und Kinder husten ja viel) das anwenden gehen (und damit mehr Schaden anrichten als Nutzen),“
    Kenn ich.

    1. Ja, das wäre ein Privatrezept. Aber als Arzt hast Du ja auch die Verantwortung für eventuellen Fehlgebrauch, also verordnen wir nur Dinge, die auch für das akut kranke Kind Sinn machen.
      Anders mag es bei einer Hausapothke sein – Nasentropfen, Fiebermittel usw., die werden auch „privat“ aufgeschrieben, weil eine solche Ausrüstung von den Krankenkassen zu Recht nicht übernommen werden.

      Konsequent weitergedacht müsste ich der Frau zusätzlich ein Antibiotikum, Nitrospray, krampflösende Medikamente und eine Infusion incl. Besteck aufschreiben, damit sie für alles gewappnet ist.

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