Trübe Gedanken

So zwischen den Jahren, das ist immer ein bisschen unbestimmt. Das alte Jahr ist irgendwo vor Weihnachten stehen geblieben, das neue beginnt doch eigentlich erst jenseits des ersten Montags. Da werde ich nachdenklich, sogar trübsinnig, zumal, wenn, wie heute, die Nacht eines Schneewinters ist.

Das letzte Jahr war kein erfolgreiches. Beruflich gesehen. Die Praxis hat sich etabliert, das ist keine Frage, die Eltern kommen gerne und schätzen die Beratung und mein Urteil. Aber trotzdem scheint Stagnation. Denn schließlich bin ich Unternehmer, und Unternehmen brauchen Zuwachs (nicht nur bei den Arzthelferinnen 🙂 ). Meine „Zahlen“ bleiben gleich, pro Patient sinken die Euroeinnahmen sogar, das hat was mit der Berufspoltik zu tun. Das macht Sorgen.

Im Personal hat sich so einiges getan, einiges zum Guten, einiges zum Argen. Sagen wir mal so: Weniger Arbeit werden wir nächstes Jahr nicht haben.

Und dann ist da der Verlust. Wir haben zwei Kinder aus der Praxis verloren, bei einer war es – wie die Omas in gut gemeintem Trost sagen würden – ein Segen, bei dem anderen ein Schrecken. Ich musste erleben, wie ein Elternteil einer liebgewonnenen Familie durch einen Unfall ums Leben gekommen ist, und was das für die anderen bedeutete, und habe zig Paare sich trennen sehen, was ich daran merke, dass ihre Kinder krank vor Kummer in die Praxis kommen.

Zwischen den Jahren überkommt mich ein unzufriedenes Gefühl, ich bin mehr der Zurückblicker als einer der in die Zukunft Sehenden. Letzteres sind die Optimisten, das liegt mir nicht. Dann Realist. Vielleicht ist es nur der Stress der letzten Tage, die vielen kranken Kinder vor dem Weihnachtsbaum, die Melancholie der dunklen Jahreszeit.

2013 war das Jahr des „Babyrotz“-Buches, die Aufregung davor, die anstrengende Arbeit da hinein, die Aufregung danach, wie gut es „ankommt“. Ein halbes Jahr haben wir uns ich mir gegeben, das abzuwarten.
2014 war das Jahr der Buchernüchterung, auch hier wohlwollend Stagnation, realistisch weniger als ladenhütend, denn bereits im Frühjahr fand sich das Buch kaum noch in den Regalen. Schade, wenn das eigene Kind in der Schule nicht mitkommt.

Das Blog funktioniert, das Blog lebt, das Blog unterhält inzwischen mehr Stammleser denn neue, das kann man ganz gut an den Besucherzahlen im Vergleich zu den absoluten Klicks absehen. Und schließlich gab es mehr als doppelt soviele Mitspieler beim Adventskalender 😃. Vielen Dank dafür. Und zusammen mit dem Getwitter, was ich erst 2014 so richtig für mich entdeckt habe, sollte ich mich auch bescheiden. Ein Buch gibt es bestimmt mal wieder, in anderer Form, in anderer Funktion, so ein paar Ideen gibts da schon.

Am Ende der Rede folgt Dank. An Euch, liebe Leser, liebe Follower, liebe TL, liebe Abonnenten, liebe Freunde, fürs Treubleiben und immer wieder Reinschauen.
Meinen Schätzen daheim gebe ich lieber live ein Küßchen.

Ein schönes Neues Jahr. Ich bin dann mal weg.

41 Antworten auf „Trübe Gedanken“

  1. Zunächst einmal: Ich finde es sehr positiv, dass Sie sich nicht nur als Arzt, sondern auch als Unternehmer. Das ist nämlich eine große Verantwortung, die viele Ihrer ärztlichen niedergelassenen Kollegen nicht sehen, nicht sehen wollen oder verdrängen. Das erlebe ich in meinen Beratungsgesprächen immer wieder: „Ich bin doch Mediziner.“ Falsch, wer eine Praxis führt, ist Mediziner, Unternehmer und Arbeitgeber.
    Ich finde es auch super, dass Sie die Zeit zwischen den Jahren nutzen, um das vergangene Jahr einmal Review passieren zu lassen und sich ein paar Gedanken über das kommende zu machen. Ich mache das genauso. Diese Bestandsaufnahme ist enorm wichtig, ist aber auch ein bisschen unangenehm, weil man über das nachdenkt, was man nicht mehr ändern kann. Aber jetzt muss es weitergehen: Was nun? Was machen Sie mit den Erkenntnissen des vergangenen Jahres? Was werden Sie 2015 ändern? Wie soll es weitergehen? Ich denke, ein bisschen Optimismus ist gar nicht verkehrt. Ohne Optimismus bräuchten wir uns keine neuen Ziele stecken. Und ohne neue Ziele, ohne eine neue Richtung kein Fortschritt.
    Als Arzt sehen Sie natürlich nur die kranken Kinder. Das ist sicherlich ein trauriger Aspekt Ihres Berufes. Und wenn dann noch Kinder von Scheidungsfamilien dabei sind, wo es ja mal glücklichere Zeiten gegeben haben muss, ist das sicherlich auch traurig. Hier führt nur ein Perspektivenwechsel und ein Blick über den Tellerrand zu einer Aufmunterung (hoffentlich): Wie viele Kinder leben in Ihrer Gemeinde? Wie viele davon waren bei Ihnen oder einem Kollegen in Behandlung? Wie viele Eltern haben sich NICHT getrennt?
    Unter dem Weihnachtsbaum im Anblick der Geschenke, der Lichter und der Eltern und Geschwister haben viele Kinder sicherlich (wenn manche vielleicht auch nur für kurze Zeit) vergessen, dass sie krank sind.
    Jetzt ist das neue Jahr angebrochen, mit seinem ganz besonderen Flair der ersten Tage mit den neuen Vorsätzen. Ich wünsche Ihnen, dass diese Stimmung lange anhält!

  2. Lieber Kinderdok, ich habe 2014 mein erstes Kind bekommen. Die ersten Monate waren sehr schwer für mich, körperlich und seelisch. Nach einer sehr schweren Geburt landete ich völlig erschöpft in einem neuen, fremdbestimmten Leben. Ich stand bis zum letzten Tag vor dem Mutterschutz voll im Beruf und es kam mir vor wie eine Fullstop. Nicht einmal mehr duschen konnte man ohne Planung vorher… 😉
    Auf dein blog stieß ich über Recherchen zum Thema impfen. Und es rettete mich. Ich habe es von Anfang an gelesen, viele lange Stunden beim Stillen. Und es hat mich zum lachen gebracht. Und zur Demut. Denn ich habe ein gesundes Kind. Die Krankheiten deiner Patienten sind uns großteils fremd. Manchmal erkennt man sein eigenes Glück nicht ohne Hilfe.
    Mittlerweile arbeite ich wieder, mein Mann ist zu Hause. Und jetzt bin ich richtig glücklich mit meiner wundervollen, kleinen Tochter.
    Ich wünsche dir ein zufriedenes neues Jahr. Und den Blick für das eigene Glück.

  3. Zwar mit Verspätung, aber dennoch von Herzen 🙂 Alles Gute für 2015 und danke für deinen Blog 🙂

    Wenn’s alte Jahr erfolgreich war, dann freue dich aufs neue.
    Und war es schlecht, ja dann erst recht.
    (A. Einstein)

    LG rabiata

  4. Vielen Dank für deinen unterhaltsamen und immer wieder informativen Blog, Kinderdok. Ich wünsche dir von Herzen ein gutes und spannendes neues Jahr.

  5. Kurz und knapp von mir mal ein Danke fürs Bloggen. Ich finde es meist unterhaltsam und interessant, deswegen lese ich hier.

  6. Ein gut geschriebener Rückblick. Vielleicht sollte man weniger „reizoffen“ sein und den „Tunnelblick“ etwas weiten. Sicher gibt es viele kranke Kinder unterm Weihnachtsbaum und viele Eltern in Trennung- ABER es gibt zum Glück auch noch viele intakte Familien und Kinder, die nicht jeden Infekt aufschnappen. Das ist immer eine Frage der Perspektive, ob man Arzt ist oder Erzieher, oder Therapeut oder Spielzeugverkäufer… oder Weihnachtsmann, der viele Kinderaugen leuchten sieht 🙂
    Alles Gute Kinderdok für dich und deine Praxis!

  7. Hätte der Kinderdoc den finanziellen Aspekt weggelassen, hätte ich ihm jetzt einen aufmunternden Kommentar geschrieben. Aber Ärzten geht es gut und dass die das selbst nicht sehen verwundert nur noch.

    1. Ich glaube, es war so gemeint, dass auch Ärzte nicht nur aus Pflichtbewußtsein und Verantwortungsgefühl heraus handeln sondern für ihre Arbeit genau wie jeder andere Handwerker/Angestellte auch angemessen bezahlt werden wollen.

    2. Gemessen an dem Durchschnittsverdienst in Deutschland verdienen (die meisten niedergelassenen) Ärzte gut. Gemessen an dem, was sie leisten, verdienen sie wenig! Ja, wie viele andere (Krankenschwestern z.B.) auch. Aber das macht es doch irgendwie nicht besser, oder?!
      Tut mir leid, aber wenn mein Kinderarzt, wenn er 20 Patienten mehr aufnimmt und behandelt, keinen Cent mehr dafür bekommt, und überhaupt erst nach einiger Zeit erfährt, was er genau pro Patient verdient, dann stimmt imho irgendwas am System nicht!
      PS: „Unser“ Kinderarzt hat eine super gut organisierte Praxis, freundliche Angestellte (ausreichend viele, auch in der Grippezeit), eine saubere und schön gestaltete Praxis (ja, sowas kostet auch Geld), übernimmt jedes Jahr (da keine kleinen Kinder zu Hause) den Dienst an so beliebten Tagen wie dem 23.12. oder dem 2.1. (was uns dieses Jahr z.B. den Gang zum Notdienst erspart hat) und organisiert mit anderen Kollegen zusammen einen kinderärztlichen Notdienst hier in der Umgebung jeden Sa und So und Feiertag. Ach ja, und er gibt seinen Patienten eine Handynummer an, unter der er außerhalb der Sprechstunden zu erreichen ist.
      Ich finde daher, (viele) Ärzte leisten damit überdurchschnittlich viel. Da ist Sozialneid irgendwie nicht ganz angebracht!

      1. Genau. Viele Dinge, die für die meisten Leute selbstverständlich sind, sind für Ärzte überhaupt nicht selbstverständlich: abends bei der Familie sein, pünktlich Feierabend, freies Wochenende usw. Und jetzt sagt nicht: das weiß man ja vorher-Ärzte sind auch nur Menschen!

        1. Uih, jetzt wird’s aber tiefgründig… Gähn, nein, danke, nix für ungut, aber für solche Spielchen äh Diskussionen ist mir meine Zeit zu schade. 😉
          Und ja, ich finde Sozialneid immer wieder und in allen Daseinsformen eine unangenehme Eigenschaft, die leider weit zur Zeit und hierzulande verbreitet ist.

          1. Ach komm, für’s Kommentieren ist dir deine Zeit nie zu schade. Ich leide nicht an Sozialneid, ich gönne jedem sein hohes Gehalt. Nur wenn jemand nicht merkt, dass er auf hohem Niveau jammert, dann krieg sich Plaque!

            1. Was wäre Dir denn die Gesundheit eines Kindes für einen Monat wert, wenn es ständig krank ist, und – sagenwirmal – vier- bis fünfmal in dieser Zeit zum Kinderarzt muß?

            2. Ich kann dir wohl schlecht einen Pauschalbetrag nennen, denn wenn ich das bei einem Kind mache, dass ständig zum Arzt geschleppt wird (viele Krankheiten entwickeln sich ja auch, weil Mutti alles aufbauscht – richtige Krankheiten ausgeschlossen!), und das nächste aber nur 1x im Monat kommt, dann merkst du sicher selbst, dass man nicht für beide den gleichen Pauschalbetrag einfordern sollte, sondern differenziert unterscheiden sollte. Und das gibt’s doch für alle Branchen: Tierärzte, Anwälte, sogar Frisöre. Warum soll es beim Arzt anders sein!?

            3. Weil es so ist: Ich bekomme für beide das Gleiche. Und das ist eben bei Tierärzten, Anwälten, sogar (?) Friseuren nicht so.

  8. Nun: Wenn man mit den Füßen in einem starken Strom steht, ist es eine Leistung, stehen zu bleiben, nicht wahr? Subjektiv als Stillstand oder gar Rückschritt wahrgenommen, sollte man sich doch fragen, ob nicht das schlcihte nicht-Abtreiben eine Leistung für sich ist.
    Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.
    An dieser Stelle meine besten Grüße an den tollen und symphatischen Kinderdok!
    Bald beginnt mein 3. Jahr als Blogleserin (BTW: Dein Blog ist mein 2. Blog überhaupt! 🙂 ) und ich freue mich schon auf viele weitere Beiträge von Dir!
    Dir und Deinen Lieben einen guten Rutsch
    und hundert Raketen und Champanger-/Sektbläschen, die die melancholische Stimmung vertreiben! 😉
    Liebe Grüße,
    Molly

  9. Ehrliche Worte zum Jahresabschluss sind allemal besser als ein geheucheltes „das alte Jahr war grandios und das kommende wird noch um Klassen besser werden“- Geplänkel. Guten Rutsch und auf ein sorgenfreies 2015

  10. Jetzt weiß ich es: Der Kinderdok ist mein Göttergatte!
    [Nur wie er das mit dem Buchschreiben und Bloggen geschafft hat, ohne mich wie sonst Korrektur lesen zu lassen – das muß ich noch herausfinden.]

    2014 hatte auch bei uns privat und beruflich Höhen und leider (viel zu) viele (sehr tiefe) Tiefen. Ich kann den Text vom Kinderdok beinahe 1:1 übernehmen. Auch ein Grund, sich auf das nächste Jahr zu freuen. Es KANN es nur besser werden und wir werden wie üblich unseren Teil dazu beisteuern. Das ist kein Vorsatz, sondern eine altbewährte Tatsache. Den Anfang machen wir bereits heute Abend, denn wir feiern ganz in Ruhe mit lieben Freunden, die wir viel zu selten sehen.

    Für das bereits heranschleichende neue Jahr wünsche ich mir vom Kinderdok, dass er weiter fleissig bloggt. Warum ich seine Seite so gerne lese, weiß ich zwar selbst nicht: Ich vermute, ein großer Teil ist das Gefühl beim Lesen, nicht als Einzige auf der Welt diesem schrecklich-schönen Alltag in einer Arztpraxis ausgeliefert zu sein. Und seine lustigeren Anekdoten helfen mir, auch bei uns die schönen Erlebnisse bewußter zu erleben und vor allem nicht so schnell wieder zu vergessen.
    Es ist nämlich eine wundervolle Tätigkeit, bei der man nie verzweifeln sollte, weil jeden Tag kleine Wunder geschehen. Manchmal sogar große…

    Allen Mitlesern und besonders dem Kinderdok wünsche ich ein Gutes Neues Jahr!

    Das Schlappohr.

  11. So ist das mit den Jahren, hier war es umgekehrt, nachdem 2013 ein heftiges Jahr war in dem „wir“ mehrere Kinder, Eltern und Erwachsene verloren haben,sowas möchte man einfach nucht haben.
    Ich wünsche für 2015 nur das Beste.

  12. Wo Licht ist, ist auch immer Schatten.
    Ich wünsche dir und deiner Familie, dass ihr gut im neuen Jahr ankommt und dass 2015 vielleicht ein wenig mehr Fortschritt als Stillstand bedeutet 🙂
    Nur soviel: ich freue mich über jeden deiner Posts, deine Gedanken und Geschichten aus dem Praxisalltag- du hast mich durchs Medizinstudium bis zum Examen begleitet und oftmals meine trüben Gedanken in ein Lächeln verwandelt- danke dafür! Ich freue mich auf 2015 als Kollegin 🙂

  13. Mir ist in diesem Jahr aufgefallen, dass du weitaus seltener schreibst als in den Jahren davor.
    Ich bleibe Stammleser, und danke dir für die Beiträge. Ein schönes, besseres neues Jahr wünsche ich dir.

  14. Hallo Kinderdoc!
    Selbstreflektion ist estwas Gutes! Jedoch macht es nicht immer glücklich. Mir persönlich hat das Lesen deines Blogs -und deines Buches! – viel einsatzfreie Zeit versüßt! Es hat mich zum Lachen gebracht und auch zum Nachdenken und Nachlesen! Vielen Dank dafür! Eine guten Rutsch und ein gutes neues Jahr, sowie liebe Grüße aus dem Norden!

  15. Ohne irgendwas „analysieren“ zu wollen, kann ich gar nicht, steht mir gar nicht zu, wünsche ich ein problemfreies schönes Jahr 2015!! Danke für die immer ehrlichen Worte hier im Blog.

  16. was ich mich beim lesen fragte – hatte 2014 eine Chance gegen 2013?
    2013 schien ein super Jahr mit vielen Projekten gewesen zu sein, während 2014 „Durchschnitt“ war. Das würde aber erklären, warum 2014 im Vergleich schlechter abschneidet – obwohl es ja gar nicht so schlecht war.

    Ich wünsche auf jeden Fall ein gutes und erfolgreiches Jahr 2015 und einen guten Jahreswechsel!

    1. Da gewährt jemand Einblick in seine privaten Gedanken, in seine Erlebnisse, in seine Welt. Er reflektiert nur sich selber. Und stellt anderen – Ihnen – diesen Einblick in sein Tagebuch kostenlos und unverbindlich zur Verfügung. Und zum Dank kommen Sie und kanzeln denjenigen ab – schlicht und einfach. Auch einen „Verbesserungsvorschlag“, eine Lösungsstrategie, einfach nur Empathie finde ich nicht in Ihrer Antwort. Nun, was ICH denke, „was sich nicht gehört“, habe ich wohl hinreichend zum Ausdruck gebracht. Wie wäre es für das Jahr 2015 einmal mit etwas Selbstreflektion? Steht Ihnen ja frei, ein „besseres“ Blog zu eröffnen. Ach, ich vergaß – inhaltlose Kritik läßt sich einfacher erstellen…

      Dem Kinderdoc einen Guten Rutsch und ein erfolgreiches Jahr 2015.

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