Kurze Anleitung

Der kleine Vertretungspatient hat eine dicke Bronchitis.
Ich: „Das ist ein Aero.chamber, ein praktisches Hilfsmittel für Kleinkinder, um Medikamente direkt zu inhalieren, ohne dabei großartig auf Ein- und Ausatmen zu achten. Sehen Sie, hier ist eine Maske, da atmet das Kind hinein und -aus, und hier hinten, das ist das Reservoir, aus dem das Kind das Medikament atmet. Weiter hinten gibt es eine Öffnung, hier, ja, genau, da kann man eine solche Kartusche aufstecken, man drückt hier einmal, das Medikament wird dann hier hereingegeben und befindet sich in dieser Röhre. Das Kind atmet und inhaliert dabei das Mittel. Und das wiederum wirkt auf die Bronchien, erweitert sie dadurch, und die Bronchitis wird besser. Früher hat man das mit Inhalationsgeräten gemacht, da mussten die Kinder Kochsalzlösung mit dem Medikament inhalieren, dauerte sehr lang und war viel weniger effektiv, da sich die größte Menge des Medikamentes in die Außenluft verlor. Die meisten Kinder behielten die Maske ja gar nicht lange genug über Mund und Nase. Ach wissen Sie, ich zeige Ihnen das nochmal. Also: Hier hinten stecken Sie das Medikament auf, dann wird hier einmal gedrückt, so, sehen Sie, das Medikamentenpulver verteilt sich hier in dem Spacer. Sie können dann die Kartusche wieder abnehmen, durch die statische Aufladung der Röhre verbleibt das Medikament drin, und Ihr Sohn muß dann fünf, sechsmal an der Maske atmen. Später geht das auch alleine mit dem Mundstück ohne Maske, wenn Sie wollen, das geht natürlich auch. Ich schreibe Ihnen das auf ein Rezept, man bekommt das Gerät in der Apotheke, genauso wie das Medikament, Sie inhalieren bitte mit Ihrem Sohn dreimal am Tag, für eine Woche, in Ordnung?“
Mutter: „Ja, wunderbar. Wir kennen das schon.“

26 Antworten auf „Kurze Anleitung“

  1. Jo gibts wohl in jedem Job.
    Ein Betreuter von mir fragte mich am Freitag was eine „Insolvenz“ ist. Ich dachte er hatte das aus seinem Familienkreis mitbekommen und versuchte das ewig lange, behutsam und „pädagogisch sinnvoll“ zu erklären. Am Ende meines Vortrags kam dann raus dass er das Wort bei „GZSZ“ aufgeschnappt hat.

  2. Na besser einmal zu viel die Erklärung gehört als einmal zu wenig, kann ja auch sein das der normale Kinderarzt irgendwas vergessen hat.

  3. Hihi. So geht es mir beim Kinderarzt auch ab und zu. Ein sehr netter Herr, der ausführlich erklärt, aber dabei keine Pausen macht. Da ich nie weiß, ob nicht noch etwas kommt, was mir neu ist, signalisiere ich dann auch nicht akute Langeweile, sondern lasse ihn ausreden.

  4. Alles schön erklärt. Und wenn die Mama dann mit dem Kind bei uns in der Apotheke steht, darf man ihr dann erklären, dass der Spacer trotz Verschreibung auf Rezept nicht von ihrer Krankenkasse gezahlt wird, während die gleiche Kasse die Arnica D6-Globulis vom gleichen Rezept problemlos übernimmt.
    Resultat: Die Globulis werden mitgenommen. Der Spacer kann ja nichts helfen, wenn er von der Kasse nicht übernommen wird.
    Wunderbare Welt.

      1. Das ist abhängig von der Kasse und vom Bundesland. Manche Kassen zahlen die Dinger anstandslos und bei anderen muss man sie vorher genehmigen lassen. Andere zahlen sie überhaupt nicht.
        Bei denen, die überhaupt nicht bezahlen, kann es aber sein, dass sie einen Vertrag mit einem Versender abgeschlossen haben, so dass der Spacer ausschließlich über diesen zu beziehen ist (dort wahrscheinlich billigere Konditionen für die Kasse; das muss der Kunde dann aber mit seiner Kasse ausmachen).

        Eine Kollegin hat in meiner Apotheke vor einiger Zeit eine Übersichtsliste für derartige Hilfsmittel für die bei uns gängigen Kassen erarbeitet, so dass wir auf einen Blick sehen können, wer was wie und ob bezahlt.

        Genehmigung oder Bestellung bei nem Versender ist natürlich blöd, wenn man ein Kind hat, welches den Spacer akut braucht (die Genehmigung kann sich schon mal ein paar Tage hinziehen; Versender zieht sich sowieso hin). Ich biete dann dem Kunden an, dass ich den Spacer gerne abgebe, wenn er ihn voll bezahlt (die Dinger kosten ja nicht die Welt) und er sich das Geld von seiner Kasse zurückholen möge bzw. er das Geld bei erfolgter Genehmigung zurück bekommt. Dabei weise ich aber deutlich darauf hin, dass die Kasse ihm das evtl. nicht bezahlen wird, bzw. die Möglichkeit besteht, dass die Kasse das nicht genehmigen wird.

        Wie geschrieben: Die Abgabe eines Fläschchen wirkungsloser Globuli ist einfacher. Aber das muss jeder Kunde bei der Wahl seiner Krankenkasse selbst wissen, ob es ihm lieber ist, dass Homöopathie bezahlt wird oder doch eher mal solche Hilfsmittel, Reiseimpfungen und ne Haushaltshilfe im Bedarfsfall.

        1. Leider sind m.W. Spacer noch immer nicht im Hilfsmittelkatalog gelistet, obwohl mittlerweile zehn Jahre etablierte Inhalationshilfen für Kinder und first-line bei Bronchitis- oder Asthmabehandlungen. Die Kassen zahlen lieber den beinahe achtmal so teuren P.boy, obwohl Kochsalzinhalationen ineffektiver sind, länger dauern und den Kinder noch weniger Freude bringen.

          1. Spacer SIND im Hilfsmittelkatalog gelistet. Die Hilfsmittelnummer muss ich aber in der Apotheken-EDV nachschlagen, die habe ich Sonntag-Nacht nicht an.

            Das Schlimme ist, das alle Hilfsmittel „zur Ausschreibung freigegeben“ sind, und die Kranken Kassen dort „Selektivverträge“ abschließen können. So darf ich z.B. bei der lokalen AOK Spacer nicht beliefern, obwohl ein Festbetrag (!) in meiner EDV bei dieser AOK hinterlegt ist. Ich brauche nicht mal einen Antrag auf Kostenübernahme dieses gelisteten Hilfsmittels stellen – denn: Ich müsste einen Zusatz-Hilfsmittelvertrag „Inhalationsgeräte und -hilfsmittel“ bei dieser Kasse abschließen, den mir die Kasse bisher aber nicht mal zur Einsicht vorgelegt hat.

            Und alle 130 derzeit existenten Kassen dürfen jeden Tag, ohne mich darüber informieren zu müssen, einseitig diese Verträge mit den Apotheken ändern – meist wohl zum Nachteil der Apotheke. Macht keinen Spaß.

            Habe hier schon vor ca. 1 Jahr als Kommentar geschrieben (oder ist das noch länger her?), dass mir fragliche AOK grundlos 2 Spacer für Kleinkinder auf 0,00€ retaxiert hat. Mal eben 60 Öcken Verlust. Mehrwertsteuer war natürlich ans Finanzamt schon abgeführt… also kein Verlust für Herrn Schäuble. Pech für mich. Danach war es halt Pech für die Kids… denn ich lerne, unter Schmerzen.

            1. Kann ich so bestätigen.
              Eine Zeitlang haben wir probiert, auch im Zweifelsfall bzw. im Fall der Unklarheit Hilfsmittelrezepte vorsorglich genehmigen zu lassen, um einer nachträglichen Retaxation zu entgehen. Schließlich haben wir dann einen Anruf von einer ganz bestimmten sehr großen Krankenkasse erhalten, dass sie uns angeblich einseitig den Hilfsmittelliefervertrag kündigen würden, wenn wir weiterhin bei Dingen nachgefragen würden, bei denen wir uns unsicher sind, die aber angeblich ganz klar bezahlt werden würden.

              Hat zur Konsequenz geführt, dass Hilfsmittelrezepte bei uns nur noch im sehr eingeschränkten Rahmen angenommen werden. Also nur noch von Stammkunden und nur, wenn wir uns definitiv sicher sind, dass die Kasse zahlen wird. Es ist eh nichts mehr daran verdient. Kunden der oben genannten Kasse werden aufgrund der telefonischen Aussage dieser Krankenkasse grundsätzlich weitergeschickt. Da die anderen Apotheken in der Umgebung ähnlich verfahren, muss der Kunde halt suchen.

              Bei einem Spacer ist das noch verkraftbar. Aber mir tut das vor allem um inkontinente ältere Frauen leid. Viele Kassen lassen Einlagen nicht mehr durch die Apotheke beliefern, so dass sie sich an den Versender der Kasse wenden müssen, der natürlich nur die billigste Ware auf Lager hat. Und bei den wenigen Kunden, die wir noch beliefern könnten, trauen wir uns manchmal einfach nicht mehr.

          2. Hab es grade mal rausgesucht: Sammel-Hilfsmittelnummer für alle Aero.Chamber ist die 14 24 03 1 001. Damit sind die voll zu Lasten der Kranken Kassen abrechnungsfähig – SO mir die fragliche Kranke Kasse das auch eim einzelnen erlaubt. An letzterem scheitert es immer öfter.

  5. Die Frage ist ja auch, ob man jemandem Glauben schenken sollte, der von Anfang an sagt, dass er schon alles weiß. Solche Kunden kenne ich. Die lassen sich das dann hinterher telefonisch erklären… 😉

  6. Tja – ein einfaches „Haben sie das schonmal gehabt?“ vorab wäre bei aller Erklärbegeisterung vielleicht hilfreich gewesen 😎

    1. Apotheker: „Haben SIe das schon mal gehabt?“
      Patient: „Ja.“
      A: „Und wissen Sie auch, wie man das macht?“
      P: „Ja.“
      Finde den Fehler!
      (Hint: Geschlossene Fragen sind in so einer Beratungssituation irreführend, denn bisher wurde noch nicht hinterfragt, WIE der Patient das anwendet bzw. ob der Patient das auch KORREKT benutzt. Hier sei mal das Dosier-Aerolsol als Raumspray erwähnt – das kenne ich in der Zwischenzeit aus mindestens 3 völlig unabhängigen Quellen.)

  7. Und was lernt der Kinderdoc daraus? Zwischendrin mal Pause machen und nachfragen, ob bis dahin alles verstanden wurde? Dann hat Mama früher die Chance, ein „kennen wir schon“ einzuwerfen. *lach*

    Ich hätte aber, gerade weil unbekannter vertrezungsarzt, auch geschwiegen und brav zugehört.

  8. Außerdem hätte es ja sein können, dass man noch was neues erfährt, was der eigene Kinderarzt einem noch nicht erzählt hat. Ich hätte Sie auch ausreden lassen.

  9. Wahrscheinlich wollte die Mutter nur vergleichen, ob der Vertretungsarzt auch das gleiche erzählt wie der andere, zu dem sie sonst immer geht. Ist ja manchmal ganz interessant, was sich da an Unterschieden auftut (;

  10. Hihi – da meint man es gut und will sämtliche Tipps loswerden, damit es später keine Probleme gibt – und dann das ;-)))

    Sehr lustig – aber dann ist man mittendrin im Erklärbär-Modus, so dass sein Gegenüber fast keine Gelegenheit erhält zu sagen, dass sie es schon kennt 🙂

    Danke für die schöne Gute-Nacht-Geschichte – ich lese gern hier auf diesem Blog,
    Julia

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