Magendarm

Ich: „Ihr Sohn hat eine ordentliche Magen-Darm-Grippe.“
Mutter: „Und was kann ich dem Hinnrick jetzt dann geben?“
Ich: „Achten Sie bitte vor allem aufs Trinken, er ist ja beinahe zwei, da kann nicht soviel passieren, aber Trinken muß man beachten.“
Mutter: „Der trinkt ja gar nichts.“
Ich: „Wenigstens etwas Tee oder Wasser.“
Mutter: „Mag er nicht. Saft trinkt er.“
Ich: „Naja, das ist jetzt weniger…“
Mutter: „Tee trinkt er nicht. Brauchen Sie ihm gar nicht mit zu kommen.“
Ich: „Gut, wenn er sonst nichts…“
Mutter: „Also Saft. Und Essen?“
Ich: „Da müssen Sie nicht soviel beachten, man empfiehlt heutzutage…“
Mutter: „Was nun?“
Ich: „… keine echte Diät mehr, er soll ruhig essen, was er will.“
Mutter: „Der isst ja eh nichts grad.“
Ich: „So ein paar Salzbrezen oder so? Trockene Nudeln?“
Mutter: „Trocken? Mag er nicht.“
Ich: „Eigentlich kann er alles essen.“
Mutter: „Isst ja nichts.“
Ich: „Wunschkost ist völlig in Ordnung. Vielleicht keine Mengen an Milch…“
Mutter: „… mag er eh nicht …“
Ich: „… und nichts wirklich Süßes…“
Mutter: „Na, was bleibt denn da übrig? Isst er ja gar nichts mehr.“
Ich: „Na, alles andere. Hauptsache, er isst überhaupt ein bisschen was.“
Mutter: „Der! I-hi-sst! Ni-hi-chts! Habchdochschongesagt, hören Sie nicht zu?“
Ich: „Jetzt haben wir ja kurz vor Mittag, was gab´s denn bisher?“
Mutter: „Na, nix! Paar Saitewürschtle heute morgen und dann nix mehr, gar nichts.“
Ich: „Na, das ist doch schon was.“
Mutter: „Dann schreibense mal sonstwas auf.“
Ich: „Sie brauchen nur aufs Essen und Trinken zu achten.“
Mutter: „Mach ich ja, mach ich ja, und Arznei?“
Ich: „Ist nicht nötig, solange er…“
Mutter: „Nix? Gar nix? Meine Nachbarin gibt immer so Zuckerkügele.“
Ich: „Ist schon ok, brauchen Sie nicht.“
Mutter: „Und wenn er weiter so´n Dünnschiss hat? Der Hinnrick muß doch was essen.“
Ich: „Wie gesagt…“
Mutter: „Oder was zum Darmaufbau, meine Hebamme hat immer gesagt, da muß man was zum Darmaufbau geben.“
Ich: „Eigentlich beruhigt sich der Darm nach so einem Infekt von alleine.“
Mutter: „Gibt´s da nicht was?“
Ich: „Es gibt so Milchsäurebakterien, die sind in Pulverform, können Sie dann später in Tee einrühren.“
Mutter: „Tee? Mag. Er. Nicht.“

Usw. usf.
Der kleine Hinnrick saß derweil sehr munter auf der Untersuchungsliege.
Sein Blick ging wie bei Wimbledon nach rechts und links, zu mir, zu ihr. Am Ende klatschte er in die Hände und krähte: „Hinnick! Kaka macht!“
Ja, das konnte man dann auch riechen.

50 Antworten auf „Magendarm“

  1. Ehrlich gesagt ist es mir immer schleierhaft, warum ein ansonsten gesunder, normalgewichtiger dem Säuglingsalter entwachsener Mensch bei akutem Magen-Darm-Infekt überhaupt was essen MUSS, wenn er nicht will. Trinken, trinken, trinken, klar. Aber essen? Wenns ein normaler MDI ist kommt der Appetit spätestens an Tag 3 wieder, bis dahin verhungert wohl keiner.

  2. Seitenwürschtle, ist das das rohe Zeug das man in Schwaben als Nahrungsmittel bezeichnet? Ungebraten geht das bei mir auch roh wieder hinten raus, und ich bin kein Kind mehr.

    Vielleicht sollte man das Kind allmählich an Spätzle gewöhnen. Die gehen zwar auch (anfangs) wieder hinten raus, behalten dabei aber die Form.

    1. Na, roh sind die wohl kaum. Das sind Brühwürste. Braten tut man die auch eher selten, wenn überhaupt werden sie in Wasser erhitzt.

  3. Ich möchte nicht wissen, wie die Zähne des kleinen Patienten aussehen, wenn er nur mit Saft und Süßigkeiten ernährt wird..
    Ich habe auch Patientenmütter in der Praxis, die mir erzählen, dass ihr Kind nun mal nichts anderes als Capri-Sonne trinkt und man kann das Kind ja nicht verdursten lassen.

    1. Ich frage mich da immer, ob da die Wahrnehmung der Eltern mit den Tatsachen übereinstimmt. Denn wenn ich tatsächlich nur/ausschließlich solche Zuckerbrühe trinken würde, würde ich vor Durst irgendwann Amok laufen. Das Zeug macht mehr Durst als dass es selbigen stillt.
      Ja, ich habe auch ein Kind, das kaum Durst verspürt. Aber lieber erinnere ich gefühlte 25 Mal am Tag daran, dass er was trinken soll (gaaaanz dünne Saftschorle als Kompromiss oder Wasser, dann aber Bitte mit Kohlensäure), als zu süße Getränke anzubieten. Manchmal trinkt er dann nur, damit Mami endlich aufhört zu nerven. 😉

  4. Ich gehörte leider auch zu den Kindern die tatsächlich kein Wasser und kein Tee mochten und habe nur Saft getrunken. Und glaubt mir, meine Eltern haben es oft genug versucht. (Das beste Angebot waren 50 Pfennig für ein Glas Wasser trinken. War damals viel Geld für mich, ich habe es trotzdem nicht gekonnt.) Es ging sogar bis vor ein paar Jahren bis hin zur Übelkeit wenn ich ein 0,3 l Wasser (ohne Kohlensäure!) auf einmal trinken wollte. Zum Glück hatt meine Mitbewohnerin ein Faible für Tee und hat mich tatsächlich dank Kandis an dieses wundervolle Getränk herangeführt. Heute trinke ich Tee ohne jeglichen Zucker, Kandis oder Honig und Wasser ist bei Hitze immernoch das Beste Getränk. Aber meine Liebe zu einer eiskalten Cola wird wohl immer bleiben.
    Also Liebe Eltern, die Hoffnung nicht aufgeben. Ich weiß, dass vieles wahrscheinlich Erziehung ist, aber wenn ich mit Anfang 20 eine Liebe zu Tee entwickeln kann und regelmäßig Wasser trinke, ist noch nicht alles verloren.

    1. Ich möchte nicht wissen, wie die Zähne des kleinen Patienten aussehen… Trinkt nur Saft und wird mit Süssigkeiten ernährt. Fatale Mischung.
      Habe auch solche Patientenmütter, die mir erzählen, dass ihr Kind halt nur Capri Sonne trinkt und nichts anderes.

    2. Vorleben ist immer noch die beste Methode. Ich hab Kaffee immer gehasst, daher hab ich mir Schwarztee angewöhnt. Mein Freund/später Mann hat dann aus Solidarität mitgetrunken und mag inzwischen nur noch ganz selten Kaffee. Und die Kinder haben irgendwann von ganz alleine Tee eingefordert, weil wir den eben immer trinken. Ich hab das nie angepriesen oder so, es gibt hier auch Saftschorle, aber es ist nunmal ein Getränk das hier ganz selbstverständlich allen zur Verfügung steht und über den Tag getrunken wird.

      1. Hm, das mit dem Vorleben hat so seine Grenzen habe ich gelernt. Zumindest was den Speiseplan meines Sohnes angeht. Mit zwei hat er alles gefuttert, was so im Haushalt im Angebot war. Inklusive Rotkraut, Spargel, was auch immer. Seit er drei ist, ernährt er sich von Nudeln. Nudeln mit Nudeln und Nudeln, aber auf jeden Fall ohne Sauce. Gekochtes Gemüse wird von den Eltern gegessen, von Sohnemann ganz sicher nicht. Aber: alles was an Gemüse ungekocht verzehrt werden kann, wird zu den Nudeln gefuttert, Gurke, Paprika etc. Obst sowieso. Süßes gibt es auch, aber nur, wenn vorher eine (in den Augen der Mutter) ausreichende Menge an Nudeln vernichtet wurde. Ich fände es sooo toll, wenn er irgendwann mal wieder am Familienessen teilnehmen würde. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt… .
        Mein Mann trinkt Tee, ich Wasser. Mein Sohn nur Wasser mit Saft, allerdings mittlerweile in einem fast homöopatischen Mischungsverhältnis.Ich kann mich aber daran erinnern, dass ich bei einem Magen-Darm-Infekt von ihm dasaß und ihm Wasser per Löffel eingeflößt habe, weil er tatsächlich „nichts“ trinken wollte. Seitdem kann ich Vorlesen und gleichzeitig mit einem Löffel hantieren. Geht alles.

        1. Oh, keine Sorge. Die „Nudeln-ohne-alles“ Phase haben meine beiden auch schon durch (bzw der Kleine überwindet sie grade). Das legt sich wieder. Je weniger man da reinredet, desto schneller wirds wieder interessant, was die anderen so essen 😉

  5. Andersrum ist auch nicht lustig: Sohnemann trinkt ausschließlich Leitungswasser. Wehe, er war krank und sollte Elektrolytlösung, Tee, aufgelöstes Perent**ol oder sonstiges trinken!

  6. „(…) man empfiehlt heutzutage (…) … keine echte Diät mehr, er soll ruhig essen, was er will. (…) Wunschkost ist völlig in Ordnung. “

    -> Hallo? HALLO????
    Warum erst jetzt? Was musste ich mich als Kind quälen lassen mit ekeligen Salzstangen, ungebuttertem Zwieback und WARMER Cola ohne Kohlensäure! *Schauder*
    Kann ich da rückwirkend wen verklagen für?

        1. Ach das geht schlimmer, bei einer Freundin wurde die Kohlensäure mit Salz aus der Cola rausgerührt. Sollte bestimmt den Mineralstoffverlust ausgleichen. Für mich gab es als Kind auch so selten Cola nur mal im Restaurant oder eben bei Magen-Darm-Infekten (letzteren gefühlt häufiger als den Restaurantbesuch), dass es was ganz besonderes war und zusammen mit der liebevollen Pflege meiner Familie (ich als Nesthäkchen in einer Großfamilie verfügte über umfassendes Pflegepersonal) sorgte es nachhaltig für einen Wunderbaren Placeboeffekt von Cola und Salzstangen der bis heute anhält. Bei Magen-Darm immer noch Mittel der Wahl.

    1. Ich vermute viel weniger Überspitzung als du glaubst. Eigentlich bleibt dann nur eine bestimmte Ware (= Tipps, Behandlungen oder eben Arznei) anzubieten und der Kunde (=Patient, Eltern) kann und muss selbst entscheiden was er davon beherzigen möchte. Außer bei Notfällen sehe ich da keine andere Chance.

      1. Aber selbst das funktioniert nicht wirklich… Siehe oben 😉 Manchmal muss man es in gaaaaanz kurzen und wenigen Sätzen sagen und selbst da kann es passieren, dass nix ankommt 😁
        Diese Problematik ist mir nicht unbekannt, leider… 😔

        1. Ja das meine ich. Man wird leider nicht die ganze Welt retten können, nur versuchen die ganz schlimmen Verläufe zu vermeiden bzw. vorherzusehen. Leider.

        1. Ich glaube, Kinderdok hatte sehr gute Gründe, nicht die volle Härte zu bringen. 😁 Wenn ich mir das noch schlimmer vorstelle… Brrr. Habt ihr nen Sandsack in der Praxis oder von der Heldin eine portable Tischkante bekommen? 😉

        2. So wie das klingt hat sich das Gespräch vermutlich ne Viertelstunde im Kreis gedreht, das wollte er nicht alles tippen, und copypasta ist langweilig zu lesen 😉

          1. Das sind die Momente, in denen der Dok mal dankbar für eine Unterbrechung durch die MFA ist. Zumal wenn sie die Praxisinfo zum Thema Ernährung bei Magen-Darm in der Hand hat und das Gespräch übernimmt und beendet…

  7. Ich staune ja immer wieder, wie schwer es doch in der heutigen Zeit im mitteleuropäischen Raum ist, sein Kind zu ernähren.

  8. Sorry, mag sein, daß das einige hier anders sehen: aber ich fand diesen Beitrag mal wieder köstlich und könnt mich vor lachen kringeln. Besonders bei Erwähnung der „Zuckerkugeln“ konnte ich nur noch laut loskichern. Dazu kann man stehen, wie man will, aber ich weiß, wie der Kinderdoc dazu steht…

    Danke, das hat heute gut getan.

    LG
    neko

    1. Vor allem, da Milchzucker ja sogar abführend wirkt. Da haben die Dinger einmal ne echte Wirkung, und dann genau die, die man nicht braucht 😉

  9. Gut, dass das Thema Essen mal angeschnitten wird. Meine Zwillinge werden bald 2, und die essen fast alles. Mein Junge hat sogar mal Wirsing gegessen! Das muss man sich mal vorstellen! WIRSING!!!11!! Was kommt als nächstes? Etwa noch Rosenkohl?!?

    Disclaimer: dieser Beitrag kann Spuren von Nüssen und Ironie enthalten. Die geschilderten Umstände sind allerdings war. Der Vater legt Wert auf die Feststellung, dass er jedweden Kohl verabscheut.

    1. Bei Rosenkohl schlag ich aber mit meinen Twins bei euch auf *ggg* Sehr lecker. Fanden die beiden gestern auch. Die haben gespachtelt wie nix. Die Große ist da ein wenig heikler – bei Oma kann man das essen, bei Mama nicht *gg*

    2. ha da kann ich mithalten, söhnchen(10 monate) ist auch NICHTS was aus dem gläschen kommt, dafür spinat von mamas teller und mama schaut in die röhre, das gläschen mag ich nämlich auch nicht und grünkohl mag er auch

    3. Kann ich toppen: Unsere Tochter begann die Phase der Beifütterung mit Zitronen, Oliven und eingelegten Gurken. Nach dem ersten vorsichtigen Kosten verlangte sie immer wieder gezielt und lautstark danach und es ist bis heute (11 Jahre alt) heiß begehrt bei ihr.

      @@Achtung liebe Eltern! Bitte nicht nachmachen, das ist keine kleinkindgerechte Ernährung.@@

  10. mal ins blaue gefragt, das süssigkeitenfach bei denen ist aber nicht irgendwie im untersten fach neben der couch und füllt sich von selbst auf? ich mein, das kind wird schon irgendwann hunger haben, wenn es sonst NIX ist. glaube ich aber nicht. Und ich bin sicher es trinkt auch (irgendwann) tee, vielleicht mal mit honig gesüsstem anfangen und langsam reduzieren? muss ja nicht zwingend fenchel, anis, kümmel sein … sogar nen früchtetee kann es anfangs bringen, um von saft (NUR) auf andere optionen umzusteigen. konsequenz und wille scheinen mir da, naja sowas wie unbekanntes fremdwort? aber da kommt man natürlich mit ratschlägen nicht weit, denn der wille, nix zu ändern scheint sehr konsequent.

    1. Oh, das mit dem kein Tee gibt es durchaus! Ich bin mittlerweile 27 Jahre alt, jedes bisschen Tee, dass man mir in meinem Leben einflößen wollte, hat den Darm nie gesehen. Noch heute könnte ich mich nicht ausreichend zusammenreißen, um erbrechen zu vermeiden. Dabei wurde mir schon an meinem allerersten Lebenstag im Krankenhaus Tee eingeflößt und meine Familie hat es die folgenden 20 Jahre auch immer mal wieder probiert, mir die Sache schmackhaft zu machen. Mit dem Ergebnis, dass ich Tee sehr gerne rieche und kaufe, aber niemals freiwillig trinken würde – egal welche Sorte, egal wie gesüßt.
      Aber so geht es mir im Prinzip mit allen Heißgetränken… Da bleibe ich doch lieber bei Wasser in Zimmertemperatur.

      1. Im Post selbst ging es ja allerdings nicht darum, dem Kind auf Teufel komm raus Tee zu geben, sondern einfach eine Alternative zum Saft zu finden, da dieser bei einem Magen-Darm-Infekt nunmal nicht so ideal ist. Wenn es (wie bei Ihnen) bei der Abneigung vornehmlich um die Temperatur geht, kann man ja auch abgekühlten Tee trinken. Und selbst Wasser ist noch besser als Saft.

  11. Meine Mutter war der Meinung, da war ich aber schon deutlich älter als 2, eher im Grundschulalter, wenn sich Magen und Darm wieder beruhigt haben, kommt der Appetit von alleine wieder.

  12. Kann nicht, geht nicht, auch nicht, gar nicht … kenn ich auch bei manch Patienten selber. So fängt das also an …
    (Und ich bin sooowas von Dankbar nimmt mein Junior die Medizin, die er kriegt. Manchmal mit etwas Protest, häufiger mit Bestechung, aber: er nimmt.)

    1. „aber: Er nimmt.“
      Ich denke, Kinder merken ganz genau wann etwas verhandelbar ist und Mama eventuell nachgeben wird, oder wann etwas definitiv sein muss. Ich krieg es auch am Ende irgendwie immer hin mit ausführlichen Erklärungen, gutem Zureden und Belohnung, aber irgendwo glaube ich auch, dass die Kinder irgendwann einsehen, dass Mami nicht nachgeben wird 😉

Kommentar verfassen

Entdecke mehr von Kinderdok.blog

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen