Die Vorsorgeuntersuchungen – U5

Jetzt gehts endlich weiter: Tut mir leid an alle Eltern, die verzweifelt auf die nächste Folge gewartet haben und deren Kinder mittlerweile eingeschult sind.  Nun also kurz meine Gedanken zur U5 heruntergeschrieben:

Die U5 ist was Nettes. Früher habe ich da die letzte Säuglings-Sechsfach-Impfung gemacht, inzwischen haben wir uns in der Praxis einen neuen Impfrhythmus zugelegt, so dass die Halbjahresuntersuchung ohne Piekser auskommt. Das stärkt sehr die Moral aller Beteiligten. Die Kinder sind – hoffentlich – noch nicht in der Fremdelphase angekommen, manche aber schon, die drei Impftermine sind wieder vergessen, die Eltern im festen Futter-, Schlaf- und vor allem Wachablauf gefangen. Also alles easy.

Der Säugling zeigt jetzt Sport. Er dreht sich, er bewegt sich, Längsachse, Sagittalachse, ganz nach Belieben. Er greift, er exploriert mit den Händen, er versucht, angebotenes Spielzeug zu erreichen, egal wie, rutschend, robbend, rollend, irgendwie. Überraschend, wo ein Baby plötzlich landet, wenn man es machen lässt. Die Säugling quasselt und erzählt. Die Emotionen werden ausgefeilter, Heulen ist weiterhin an vorderster Kommunikationslinie, aber jetzt gibts auch viel Lachen, wenn´s was zu Lachen gibt und Zornen, wenn einem was nicht passt. Die Eltern haben ein gutes Gespür dafür, welches Gequietsche welche Emotion bedeutet. Da fällt auch schon der Satz: „Das ist eine Zicke“ oder „Der simuliert nur“. Sagen die Eltern!

Sprache ist wichtig – wie in jeder Altersphase. Abzählreime, Lieder, Kommunizieren. Das Kind erzählen lassen, Antworten geben, wechselseitiges Wörteraustauschen. Manchmal hört man den Ansatz einer Silbenverdoppelung und eines Singsangs, der bereits an die Satzmelodie erinnern kann. Jetzt appelliere ich an die Eltern, den Großeltern auszurichten, sie sollen mit dem Enkelchen in normaler Sprache reden, keine UtziDutzi-Babysprache benutzen, keine Eididei und Wauwau, kein Ata-gehen und kein HappiHappi-Essen. Kinder kopieren Sprache, sie lernen sie nicht, sie baden in den Wörtern, die wir ihnen anbieten. Leider bleibt dann auch jeder Blödsinn hängen, und alle wundern sich, wenn´s Kind mit anderthalb immer noch Wauwau sagt und den Hund meint. Ja, liebe Omma, das Enkel versteht auch den Begriff Essen oder Windel statt Happi oder Pämpi. Wer hätte das gedacht. „So reden wir gar nicht, gell, mein Schatzi? Ooooh, musst Du da gleich weiniweini machen? Komm, ich mach schnell das Pupsi weg…“

Dann geht´s um Unfallverhütung. Schon von Geburt an predigen wir Kinderärzte, Kinder nicht alleine irgendwo erhöht liegen zu lassen, jetzt spätestens bei der U5 sind die Übermütigen mindestens einmal vom Wickeltisch gestürzt. Mit einem halben Jahr muß die Wohnung kindersicher sein: Es darf nichts mehr rumliegen, was nicht kindgerecht ist. Schubladen und Schränke dürfen unerreichbar, abschließbar oder leer sein. Steckdosen sind immer tabu (woher weiss ein Kind, ob eine Steckdose eine Kindersicherung hat oder nicht). Keine Bungee-Jump-Türrahmen-Aufenthaltsgeschirre, keine Säuglingsrollatoren. Treppen sichern.

Und schließlich das Essen: Spätestens jetzt sollte der Säugling anfangen, Beikost zu essen, auch die Gestillten. In welcher Dynamik das Kind dann an die Familienkost herangeführt wird, bleibt jedem selbst überlassen – mit einem Jahr jedenfalls tut die Familie gut daran, wenn Stöpke kein Extraessen mehr kriegt, sondern direkt vom Familienessen bekommt. Das macht es einfacher für die Eltern. Milch wird zum Auslaufmodell, Kauen ist angesagt – also Mut!

Je älter die Kinder werden, desto mehr gibt es zu besprechen, desto mehr rutscht die Untersuchung des Kindes in den Hintergrund, desto weniger begeistert sind dieselben auch davon. Also wird immer mehr und mehr geredet, Fragen beantwortet, diskutiert, abgewogen, die Individualität des Kindes hervorgehoben, die Variabilität der Entwicklung. Je älter die Kinder, desto mehr Largo wird vermittelt – jedes Kind ist anders, jeder Meilenstein des Einzelnen an verschiedenen Punkten des eigenen Lebensstrahles hinterlegt und zu erreichen. Das einzuschätzen ist ureigenste Aufgabe von kinderdoks Kolleginnen und Kollegen.

Aus dieser Reihe:
Die Vorsorgeuntersuchungen – U1
Die Vorsorgeuntersuchungen – U2
Die Vorsorgeuntersuchungen – U3
Die Vorsorgeuntersuchungen – U4

34 Antworten auf „Die Vorsorgeuntersuchungen – U5“

  1. Mein Gott. Durchlesen, annehmen, weiterleben. Ich hasse diese „Also bei UNS war es ja SO…“ Kommentare.

  2. Wenn die Eltern bei den U-Vorbereitungen erstaunt nachfragen, warum sie denn eigentlich nicht „Da, kuck ma WauWau“ oder „Hast Du Aua?“ sagen sollen, rutscht mir schon mal die Gegenfrage raus, warum sie ihr Kind unbedingt mehrsprachig erziehen wollen. Zuerst lernt es die Worte und Grammatik der Babysprache und dann (vielleicht sogar noch rechtzeitig vor der Einschulung) richtiges Deutsch…

    Tja, und was das kacken angeht (wir sind in Ruhrpott-Nähe) – da bin ich meiner Schwiegermutter sehr dankbar für das Wort „Ladung“. Ich bin nämlich stets kurz vorm Fremdschämen, wenn ein (meist größeres) Kind quer durch’s Lokal brüllt: „Mama, muß Kakka!“.

    ==

    Doch die Bandbreite der Spracherwerbs ist unglaublich groß. Bei einer Bekannten war ich gerade gestern schwer erstaunt. Die Älteste (knapp 6) ist bereits früh sehr weit in Sprache und Motorik gewesen. Die Mittlere (gerade 4 geworden) spricht fantastisch und bindet z.B.die Schleifen der Schuhe – über selbständiges Anziehen brauche ich gar nicht zu reden.
    Da noch in der 5. Klasse viele Kinder beim Schulschwimmen Probleme mit Strumpfhose, Reißverschluß der Hose und ihren Schuhen haben, freue ich mich immer, wenn ich diese Familie in der Praxis sehe.
    Doch die Dritte im Bunde, jetzt 2 geworden, ist maulfaul und scheinbar unselbstständig. Bei flüchtiger Betrachtung wäre sie in ihrer Entwicklung zurück, doch die Us haben etwas anderes ergeben: Sie kann, lässt aber die Geschwister für sich machen.

  3. Fallen irgendjemandem außer mir auch die Leute auf, die ihre Kinder so überkorrekt und -deutlich ansprechen, dass es manchmal so wirkt, als sprächen sie mit geistig zurückgebliebenen Schwerhörigen: „Möchtäst Du etwas trinkän?“
    Geht mir auf der anderen Seite auch gehörig auf die Nerven…
    =)

      1. Das ist eine schreckliche Angewohnheit vieler Mitmenschen. Und ich habe mich auch schon oft dabei ertappt. Scheint also irgendetwas unbewußtes zu sein, das man sich sehr bewußt abtrainieren mß.

        Im Studium hatte ich eine schwerhörige (fast ganz taube) Freundin, mit der ich deutlich sprechen mußte, damit sie von den Lippen lesen konnte. Da ich ein Viel-Zu-Schnell-Sprecher bin, mußte ich mich unglaublich darauf konzentrieren und habe trotzdem regelmäßig lauter statt deutlicher gesprochen.
        Sie fand’s lustig.

  4. kindi, hausi, paempi, schlafi, kizi….. un.er.traeg.lich!
    wobei ich wiederum die temporaeren „kuhbaerchen“ meines kindes durchaus gemocht habe…. oder das: heute ist zu sonnne….

  5. Jetzt mal abgesehen von persönlichen Likes und Dislikes gibt es sehr viel Forschung aus dem Bereich der Kognitiven Psychologie zu Baby Talk. Ich verweise hierzu auf den gleichnamigen Artikel der englischsprachigen Wikipedia. Der übergreifende Befund ist, daß Baby Talk die kognitive und Sprachentwicklung unterstützt. Ich finde das nicht sehr überraschend, da ein bißchen Duziduzidu ja in fast jedem, mit dem Kindchenschema konfrontiert, steckt und halte das für etwas Instinktives. Wie weit man diesem Instinkt folgt ist sicherlich eine persönliche Entscheidung. Und daß man es mit allem übertreiben kann, steht auch außer Frage. Die Vermutung, daß eine solche Übertreibung der Sprachentwicklung eher abträglich sein könnte, halte ich ebenfalls für naheliegend.

  6. Der letzte Abschnitt Zeit und Fragen klingt gut, leider habe ich ihn noch nicht so erlebt, auch wenn die Kinderärztin versucht, Fragen zu klären. Nur gibt es hier zu viele Kinder und zu wenige Ärzte.

    1. Manche Us werden bei uns schon bei der Terminvergabe mit mehr Zeit eingeplant. Dazu gehört natürlich die U3, aber auch bei der U5 haben die Eltern besonders viele Fragen.
      Erfahrungsgemäß braucht die U7, mehr noch die U7a, wegen Fremdelei besonders viel Zeit (und Ohrenstöpsel). Da ist bei den meisten Kinders nichts mehr mit Kooperation.
      Und dann gibt es noch die Patienten mit dem Vermerk „Vorsorge mit Zeit!“ bei (wie drücke ich es politisch korrekt aus?) besonderen Kindern.
      Und denoch: Es scheint stets zu wenig Zeit zu sein. Deshalb werden spezielle Fragen lieber in einem gesonderten Termin geklärt.

  7. Bei uns zu Hause gab’s keine Babysprache. Ich kann mich noch erinnern, wie ich als Kleinkind mit meiner Mutter einen Spaziergang durch das niedliche schwäbische Dorf machte, in dem wir damals wohnten und eine Nachbarin mich mit der Frage: „Ha, gooscht du mit d’r Mama Ada-Ada?“ verwirrte.
    Was mach‘ ich mit der Mama? Ich geh mit der Mama spazieren… *wimmer*

    Im schönen Westfalen konnte ich dann die langfristigen Folgen einer solchen Ausdrucksweise besichtigen. Ich war 14 Jahre alt, als eine gleichaltrige Freundin einen Spaziergang mit den Worten „Woll’n wir Teita gehen?“ vorschlug. Sie konnte nicht verstehen, warum wir das lustig fanden. Es sei doch nichts falsch daran, „Teita“ zu sagen, wenn man Teita gehen wolle…
    Nun ja.

  8. Lieber Kinderdok,
    was ist denn eigentlich so schlecht an diesen Bungee-Türrahmen-Aufbewahrungsdingen?
    Auch schlimm, wenn nur kurz/minutenweise benutzt? Oder als Schaukel statt Hopser? Oder wenn das Kind sich schon selbst in den Stand ziehen kann?
    Danke!

    1. Solche Features sind schlicht überflüssig und dienen eher der Unterhaltung der Eltern als dem Wohl des Kindes. Sie sind schlichtweg nicht physiologisch, sie stützen das Kind, wo es sich selbst noch nicht selbst stützen kann. Warum nicht das Kind einfach auf den Boden legen? Da hat es mehr von. Wenn es sich schon alleine in den Stand ziehen kann, super, soll es das üben, genau wie das Aufsetzen: alleine üben, allenfalls mit ‚richtigen‘, physiologisch sinnvollen Hilfestellungen. Die zeigt der Kinderarzt sicher gerne.
      Benutzen als Schaukel? Bringt dem Kind nichts. Spaß? Dann doch lieber in den Armen gehalten schaukeln, das funktioniert wunderbar. Nur minutenweise? Warum? Damit man mal kurz seine Ruhe hat, um kurz etwas anderes zu erledigen? Vorsicht. Meist benutzt man das Teil dann doch länger als geplant, weil es ja so bequem ist.

  9. Wir haben mit unserem Zwerg immer ohne diese fürchterliche Babysprache gesprochen und viel gesungen , er sabbelt mit seinen 5 Jahren wie ein Wasserfall,wir sind nur etwas traurig das seine Eigenwortschöpfungen wie Nasentuch(Recht hat er ist ja für die Nase) und Fliegzeug(es fliegt halt und flugt nicht) verloren gegangen sind.Beim Essen hat er sich von Anfang an gegen diese Gläschen verweigert,er möchte nur „Echte“ Nahrung,keine Konserven,Obst und Gemüse am liebsten nur im Rohzustand,selbst Zwiebeln putzt er ohne Gnade weg und wehe es gibt zwei Tage hintereinander das gleiche Essen dann gibt es eine Meuterei 😉

  10. Meine Eltern arbeiteten beide zuhause und wurden von Nachbarn und Kunden beim Vornamen genannt, was wir Kinder natürlich übernamen. Und so lernte ich erst mit vier Jahren, dass es nicht nur Muttern und Schrauben gibt sondern auch Mütter und Väter;-)

  11. Als ich ein Kind war, hat ein Nachbarsmädchen mit sieben Jahren noch „Hü-go-go“ statt Pferd gesagt. Sooo peinlich, als sie in die Schule kam…

  12. Hm. Ich verstehe auch nicht so ganz, warum man mit Babys nicht „Babysprache“ sprechen soll? Das Ding ist doch, dass zunächst 99% aller Menschen ganz automatisch so mit Babys reden. Weil Wörter wie „Pupsi“ lustiger klingen als „Festverdauung“, weil sie bei Klangimitationen wie „Wauwau“ wissen, was gemeint ist etc. Und weil „Utziputzi-dingdong“ das Kleine zum Lachen bringt. Ich wüsste nicht, was daran verkehrt sein sollte?
    Im Gegenteil: Solche Wörter prägen sich bei den Kindern doch viel besser ein und machen einfach Spaß und animieren so die Kleinen, sich am sprechen zu versuchen! Nicht umsonst nutzt man bei den Kleinsten ja auch automatisch erstmal eine vereinfachte Grammatik. „Hast Du Aui?“ statt „Hast Du Dir weh getan?“ etc.
    Und mEn haben noch alle Kinder irgendwann angefangen, „Hund“ statt „Wauwau“ und dergleichen zu sagen.
    „alle wundern sich, wenn´s Kind mit anderthalb immer noch Wauwau sagt und den Hund meint.!
    -> Mit anderthalb? Im Ernst jetzt? Wer wundert sich denn da???? Im Gegenteil, :-D, ich würde mich wundern, wenn ein Kind in dem Alter schon das Wort „Hund“ benutzt! Klar: Jedes Kind ist anders. Aber die U5 ist um den 7. Lebensmonat rum – man kann`s auch übertreiben, lieber Kinderdok …

    1. äh, nein. Kann man nicht. Kinder verstehen Hund genauso wie Wauwau und Hast Du Dir weh getan natürlich genauso wie Aui, also warum so reden? Und klar gibt es Vierjährige, die noch immer WauWau sagen. Das Geschrei ist dann in der Schule groß. „Das Kind kann viele Worte noch nicht, wie wäre es mal mit Logopädie?“

      1. Na, die Sorge teile ich nicht. Wenn`s bei anderen Leuten so läuft: Blöd. Aber irgendwann fängt man doch automatisch an, „vernünftig“ mit den Kindern zu reden. ZB, indem man mit dem Kind zusammen Bilderbuch „liest“ und das Kind kräht dann fröhlich „Wauwau“ und man sagt, „Ja, das ist ein Hund“, oder: „Wie macht der Hund?“ – „Wauwau“ usw.
        Na ja. Aber mit 4 sollte man das Wort schon können, da gebe ich Dir Recht.
        Logopädie zur Wortschatzerweiterung? Hm. Das ist schon krass.

        1. Das anfängliche Nutzen von „Babysprache“ auf Seiten der Erwachsenen führt sicherlich auch nicht bei jedem Kind zu dauernden Sprachverzögerungen. Es gibt aber leider die paar Fälle, bei denen die Erwachsenen nicht aufhören, kindlicher als das Kind zu reden, und dann kommt es im Extremfall eben tatsächlich zu einem Vorschulkind mit begrenztem korrekten Wortschatz. In unserem alten Kindergarten sprachen die Erzieher(!!) hartnäckig vom „kackern“, das alle Kinder bis fünf Jahre(!) dann übernahmen… ein Dorn in meinem Ohr (und so viel niedlicher als kacken ist es auch nicht). 😛 Die Dosis macht nicht umsonst das Gift.

            1. Gegen „kacken“ habe ich auch nichts, ist ja umgangssprachlich in Ordnung. Aber warum die bei uns ein „R“ einfügen mussten erschloss sich mir nicht…. („kackern“)

      2. Hatte mal die Diskussion mit einem unserer Presbyter, als ich ihn durch die neue Krippe führte und erklärte, dass wir großen Wert darauf legen, eben nicht im Babysprech mit den Kindern zu reden. Er war der Meinung, die Lautsprache (gemeint war eben Wauwau etc.) seien so wichtig für die Kinder. Ich erwiederte nur, dass der Hund zwar wauwau macht, aber keiner ist.
        Natürlich sprechen wir automatisch in vereinfachter Form mit Kindern, aber das heißt nicht, dass wir dabei nicht einen reichhaltigen Wortschatz anbieten können. Daraus picken sie sich ohnehin das heraus, was ihrer aktuellen Entwicklung entspricht.
        Mir selbst geht es grade furchtbar auf die Nerven, wenn ich mich selbst dabei ertappe von mir in der dritten Person zu sprechen, wenn ich mit meiner Tochter (4 Monate) rede. Das mache ich auch automatisch (und anderen Eltern geht es auch so), deswegen finde ich es aber trotzdem nicht gut, und versuche bewusst gegenzusteuern. Vielleicht liegt das daran, dass Eltern manchmal etwas neben sich stehen.

    2. Ich wiederum verstehe nicht, wo diese Babysprache überhaupt herkommt? Gibts da irgendeinen psychologischen, anthropologischen oder was auch immer für einen Grund, warum manche Menschen für Babies extra Worte erfinden?

      Sprache kann auch ohne diese Wörter lustig, spannend und klangvoll sein. Ich hab meinem damals fünf Monate altem Sohn versucht das Wort „minimalinvasive Chirurgie“ beizubringen, und wir fanden es beide zum Kringeln. Was Kinder sich einprägen sind Wörter, die sich wiederholen und die sie auf emotionale Weise mit etwas verbinden können. Ein Kind lernt auch den Text von Claudius‘ „Abendlied“ wenn es das regelmäßig vorgesungen bekommt, da muss man nicht auf “Utziputzi-dingdong” ausweichen. Das macht ungefähr genausoviel Sinn wie dem Kind was auf Sindarin vorzusingen. Erweitert sicherlich den Sprachschatz, ist aber fürs zukünftige Leben eher unbrauchbar.

      1. Bei unserem war das Spaßwort des Säuglingsalters „Babinski“. XD Die bessere Hälfte hat damals, als Kinderkrankenpfleger vor dem Studium, den Säuglingen auf der Station Gebrauchsanweisungen im Bariton vorgebrummt.

        Daß Kinder lange Wauwau sagen, auch wenn sie Hund verstehen leuchtet mir allerdings auch ein – je nachdem um welches Tier es sich handelt ist das Eine leichter auszusprechen. Für unseren Einjährigen sind Kühe, Bären und Schweine z.Z. nur „CHHHRRRRRRRRRR“ (fauchendes Knurren). Wenn wir fragen, wo denn das Schweinchen ist, weist er aber zielsicher auf das Stoffschwein. So lange sich das vor dem Schulalter gibt, sind wir zufrieden.

      2. Ganz einfach – für den Stöpsel ist „Minimalinvasive Chirurgie“ das gleiche wie „Utziputzidingdong.“ (Bei uns wars „Generationenkonflikt“) Kind wird in Sprache gebadet, hat Zuwendung, Mama/Papa lacht. Alles prima!

        Und „Guck mal, ein Hund, der macht Wauwau“ „JA, da, wauwau!“ ist bis 2-3 Jahre völlig iO. Schlimm ist es wenn das Kind halt NUR und ausschließlich Babysprache vorgesetzt bekommt. Klasse war dazu das Augenrollen vom Dreijährigen der Oma gegenüber und dazu der Kommentar vom 5-Jährigen: „Oma, du darfst ruhig „ich“ sagen wenn du von dir redest.“

    3. Ääh… also Kinder finden, da sie Sprache ja noch nicht ganz verstehen, sicherlich viele normale Worte genauso gut wie Fantasie-Babysprache. „Nicht umsonst nutzt man bei den Kleinsten ja auch automatisch erstmal eine vereinfachte Grammatik. “Hast Du Aui?” statt “Hast Du Dir weh getan?” etc.“ – Da stimme ich nicht zu, im Gegenteil! Bei uns gab es das nie, immer gleich „Hast Du dir weh getan?“ etc. Unser Erster hat früh alles verstanden aber kam selbst mit drei, vier Worten durch als er zwei wurde („Da!/Ball“ waren die top-Worte), ein wenig sicherlich unser Tun, da wir trotzdem alles verstanden haben durch Gestik und Mimik. 😀 (Wir machten uns ein wenig Sorgen, aber da er mit 8 Monaten schon lief und bald rannte, excellente Feinmotorik hatte etc. haben wir es als Schwerpunktverschiebung gesehen). Er hat dafür nie gebrabbelt, sondern dann innerhalb von ein paar Wochen angefangen, in seinen Möglichkeiten gleich normal zu sprechen (mit kleinen Abzügen wie Zwingeli für Zwillinge, Ames für Amsel, Maschase für Massage, Kado und Wikina für Avocado und Wikinger). Er ist aber insgesamt eher der heimlich-und-leise-im-Stillen-Übende, der Sachen erst präsentiert, wenn er sich sicher fühlt.
      Es ist immer hilfreich, Kinder adäquat zu behandeln. Sicherlich bei Verletzungen mal mehr und länger trösten, wenn es aber nur ein harmloser Stolperer ist auch mal lachen und zum weitergehen auffordern ohne panikartig mit Pflaster und Globuli draufloszustürzen. Normal mit ihnen zu sprechen integriert sie meiner Meinung nach in den Kreis der Familie – Du bist wie wir, wir nehmen Dich ernst. Dazu muß man als Erwachsener mit einem Säugkling oder Kleinkind weder Babysprache brabbeln („Hat Schnecki kacka-kacka-stinkiwindel gemacht?!“) noch höchst-steif verschachtelte Sätze formulieren („Ich werde Dir nun Deine Exkrement-gefüllte Windel wechseln, Maurice-Beaumont. Bitte achte zukünftig darauf, uns zu benachrichtigen, sollte Dich der Stuhldrang plagen“) oder zwanghaft immer Donnerstags beim Essen nur Englisch zu reden. Ich spreche einfach so, wie ich vorher auch schon gesprochen habe (aber wir sind auch nicht die Art von Eltern, die sich gegenseitig Papa und Mama nennen…).

  13. Hm. Also hier spricht die fast zweijährige nur wenig in unserer Sprache und der Hund ist immer „wauwau“- und das, obwohl hier keiner von eben diesem „wauwau“ spricht, sondern immer und viel in „normaler“ Sprache gesprochen wird. Töchterchen spricht auch von sich selbst als „ich“.
    Von der großen Schwester konnte man damals im selben Alter in ganze Sätze hören und im übrigen niemals das besagte „wauwau“.
    Ich finde es also etwas befremdlich, solche Aussagen zu lesen… und verunsichert (gerade Ersteltern) wohl nur!
    Viele Grüße
    Simone

    1. Nuja… Die große war mit sprechen auch sehr flott und gut dabei, das ging so mit 10-11 Monaten losund mit anderthalb sprach sie schon deutlich – wenn sie wollte. In fremder Umgebung hat sie grundsätzlich den Mund verloren 😇 Die Minihexe hat mit 20 Monaten einen unglaublich großen passiven Wortschatz, sie versteht im Prinzip alles, was gesagt oder von ihr gefordert wird und setzt das auch um. Am aktiven arbeitet sie gerade, aber bisher half „eeeeeh“ in verschiedenen Tonlagen und Gestik ganz gut 😁
      Tiere benennt sie allerdings nach ihren Lauten, also ist der Hund der wauwau, der Vogel ein piep, die Ente ein gackgack und der Hase ein heeeees. Wird schon noch 😉
      Ihr Zwillingsbruder guckt sich das erstmal an. Er brabbelt zwar irgendwelche Sachen und die zwei verstehen sich wohl auch, nur der Rest nicht 😁 Aber solange Gestik, Gemecker und „eeeeeh“ ausreichen, denkt er sich wohl, gehts a so 😁

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