Wer reiset, impfet.

„Vor jeder Auslandsreise sollten Eltern überprüfen, ob die mitfahrenden Kinder einen ausreichenden Standardimpfschutz gegen MMR (Masern, Mumps und Röteln), Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Haemophilus influenzae (HiB), Hepatitis B, Poliomyelitis, Pneumokokken und Meningokokken besitzen.

„Um eventuell fehlende Immunisierungen rechtzeitig verabreichen zu können, sollten sich Eltern möglichst schon einige Wochen vor Reiseantritt von ihrem Kinder- und Jugendarzt beraten lassen. Er kann auch bei der Reiseapotheke behilflich sein“, empfiehlt Dr. Ulrich Fegeler, Kinder- und Jugendarzt sowie Bundespressesprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Insbesondere bei älteren Kindern bestehen häufig Impflücken.
Neben den Standardimpfungen können auch andere Schutzmaßnahmen ratsam sein, wie ein Influenza-Impfschutz für Reisen in Regionen der Südhalbkugel. Dort tritt Influenza (Grippe) von April bis Oktober auf und in tropischen Gebieten das ganze Jahr. Impfungen gegen FSME, Hepatitis A, Typhus sowie Impfungen gegen bestimmte Meningokokken-Serogruppen zusätzlich zur Meningokokken-C-Impfung können für manche Länder sinnvoll sein. In seltenen Fällen, wie z.B. bei Aufenthalten in ländlichen Regionen Asiens, kann eine Immunisierung gegen die Japanische Enzephalitis erforderlich sein. Gelbfieberimpfungen sind empfehlenswert für alle Länder, wo ein entsprechendes Risiko besteht. Tödliche Erkrankungen wurden zuletzt von Reisenden im Amazonasgebiet, Venezuela und Westafrika bekannt.

„Eltern sollten auch wissen, ob in dem von ihnen gewählten Urlaubsland Tollwut-Gefahr besteht. Kleine Kinder haben hier ein erhöhtes Risiko für tödliche Infektionen, da sie unüberlegt Tiere streicheln wollen und gebissen werden können. Aber auch Kratzer oder kleinere Verletzungen, oder das Ablecken einer verletzten Hautstelle durch ein infiziertes Tier können zu einer Ansteckung führen“, gibt Dr. Fegeler zu bedenken. Die häufigsten Überträger in den betroffenen Ländern sind Hunde, gefolgt von Fledermäusen, Katzen, Füchsen, Wölfen, Dachsen, Waschbären und Affen. In einigen Ländern muss ein Fledermausbiss immer als ein Tollwutfall behandelt werden, da die Tiere Tollwut übertragen können, ohne selbst Anzeichen zu zeigen. Besonders gefährdete Gebiete sind hier Afrika und Asien. In Südamerika und der Karibik gibt es noch einige Tollwut-Fälle. Laut dem WHO Rabies Bulletin Europe wurden 2014 und 2015 u.a. noch in der Türkei (168 Tiere), in der Ukraine (185 Tiere) und in Georgien (29) infizierte Tiere gemeldet. Allerdings blieben Menschen bis auf einen Fall in Georgien verschont. Weltweit verursacht Tollwut schätzungsweise 60.000 Todesfälle – etwa die Hälfte davon in Indien.“

Quellen: MMW Fortschr. Med., pädiatrie hautnah, pädiatrie & pädiologie, WHO
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Dies ist eine Pressemeldung des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V.

Ich finde es stets interessant, wie blauäugig die Eltern in die exotischsten Regionen reisen, ohne sich rechtzeitig Gedanken zum Impfschutz zu machen. „Morgen fliegen wir nach Kuala Lumpur!“ — schön. Dann wird es etwas knapp mit der empfohlenen Hepatitis-A-Impfung.

Viele Krankenkassen beteiligen sich inzwischen auch an den Kosten für Reiseimpfungen, die jedoch zunächst als Individuelle Gesundheitsleistung selbst zu bezahlen sind. Dieses Geld sollte es einem Wert sein. Die Kohle hat ja schließlich auch für die Weltreise gereicht.

14 Antworten auf „Wer reiset, impfet.“

  1. Das Reiseimpfungen gut und wichtig sind steht außer Frage, es ist allerdings gar nicht einfach eine qualifizierte Beratung zu erhalten. Beispiel Tollwutimpfung: WHO-Empfehlung ist einmalig 0; 7; 21/28 Tag zum impfen. Hersteller sagt aber alle drei Jahre Auffrischung. Da finde ich es schon schön an einem Tropenarzt zu geraten, der nicht stumpf dem Hersteller folgt sonder sich zumindest auch schon mal mit der WHO-Empfehlung auseinandergesetzt hat…

    1. Ich glaube, das hast Du etwas missverstanden. Gegen Tollwut soll ja eh nur geimpft werden, wer in ein Land reist, in welchem eine akute Tollwutgefährdung besteht (z.B. durch streunende Hunde). Weiterhin sollen Berufsgruppen geimpft werden, die engen Kontakt zu Tieren in Tollwutgebieten haben.

      In Deutschland ist die RKI / die STIKO die zuständige Insitution, die die Impfempfehlungen herausgibt.
      Diese empfiehlt zum Thema Tollwut: „Personen mit weiter bestehendem Expositionsrisiko sollten regelmäßig eine Auffrischimpfung entsprechend den
      Angaben in den Fachinformationen erhalten. Mit Tollwutvirus arbeitendes Laborpersonal sollte halbjährlich auf neutralisierende Antikörper untersucht werden. Eine Auffrischimpfung ist bei < 0,5 IE/ml Serum indiziert."

      Sanofi empfiehlt in der Fachinfo: "Falls der Impfschutz über längere Zeit
      hinweg aufrechterhalten werden soll, sind Auffrischimpfungen 1 Jahr nach der ersten Impfung und dann jeweils im Abstand von 5 Jahren mit je einer Impfdosis durchzuführen. Bei Personen mit hohem Expositionsrisiko werden regelmäßige Antikörperkontrollen empfohlen. Eine Auffrischimpfung ist bei einer Antikörperkonzentration von kleiner als 0,5 I.E./ml Serum erforderlich oder wenn es bei einer 1 : 5 Verdünnung des Serums nicht zu einer vollständigen Virus-Neutralisation kommt."
      Hersteller zitiert in der Fachinfo weiter: "124 Personen erhielten 5 Impfstoffdosen an den Tagen 0, 3, 7, 14 und 28 sowie Tollwut-Immunglobulin vom Menschen am Tag 0. Alle geimpften Personen erreichten den von der WHO als schützend definierten Wert von 0,5 I.E./ml Serum zwischen Tag 7 und 14. Ein Jahr später verfügten noch 95% der geimpften Personen über schützende Antikörperspiegel."

      Das bedeutet: Nach einem Jahr haben 5% der geimpften Personen keinen Impfschutz mehr. Daher die Auffrischungsimpfung.

      Wenn Du natürlich nur einmalig in ein entsprechendes Gebiet verreist, dann brauchst Du natürlich keine weiteren Auffrischungsimpfungen. Bei einer erneuten Reise dürfte eine Impfung sinnvoll sein.

    2. Um McClouds fachkompetenten, aber leider etwas ausufernden Kommentar zusammenzufassen:
      Grundimmunisierung Schema 0; 7; 21-28 Tag (wie von mir bereits oben geschrieben)
      Auffrischimpfung (je nachdem) alle 3 bzw. 5 Jahre.

      Tetanus & Diphtherie lasse ich mich ja auch „nur“ alle 10 Jahre auffrisch-impfen, und nicht alle paar Jahre neu grundimmunisieren…

      1. Grins, ich schreibe gern (Berufskrankheit).. 🙂 Ich nehme die Kritik an und fasse mich in Zukunft kürzer.

        Sanofi empfiehlt übrigens bei ihrem Produkt die Auffrischung nach einem Jahr und anschließend alle 5 Jahre. Wobei ich selbst Tollwut auch nur dann auffrischen würde, wenn ich alter Sack doch noch mal einen RoadTrip planen würde.

  2. Und sich vor allem für die Termine Zeit mitnehmen. Ein guter Arzt sagt nämlich nicht nur „Impfung A,B,X“ sondern gibt auch noch diverse andere Tipps und Tricks. :O
    Unser Reisemediziner benötigt für ein Land etwa 20 bis 30 Minuten Beratung ohne Impfung. Wenns in ein Touristengebiet mit entsprechenden Einrichtungen geht.
    Wir hatten auch schon einen Rucksackquerdurchslandwanderer, der von D-Land bis ins östliche Asien wollte. 1,5 Stunden hat die Beratung gedauert – und bei jedem Impftermin sind dann immer noch Fragen aufgetaucht bzw. wurde die Beratung zum Teil nochmal durchgeführt, weil der Patient seine geplante Route geändert hat. Insgesamt ging für dessen Beratung insgesamt 7 Stunden Arbeitszeit drauf – und dann gibt es Leute, die jammern, dass 30€ (IGeL-Kosten bei uns! Impfungen gehen extra, da man da keine pauschale Preisvorschläge machen kann. Je nach Land, bisherigen Impfungen, Kasse und aktuellen Kosten der Impfungen schwankt das halt) zu teuer wären. >_>

  3. Yay, da muss ich mich auch noch informieren, die Reise ist aber erst Ende Februar – da dürfte noch genügend Zeit sein. Mich gruselt es schon bei dem Gedanken an Tollwut und dem ganzen durch Insekten übertragbaren Mist…

  4. Die Leute kennen keine richtigen Sorgen mehr und glauben an eine rund-um Versorgung, die alles leisten kann. Wird man doch im Urlaub krank, wirds der Doktor schon wieder richten, wozu sich also Gedanken machen.

  5. „Die Kohle hat ja schließlich auch für die Weltreise gereicht.“ – nun ja – 3 Wochen Sylt/Nordsee zur besten Ferienzeit ist oftmals teurer als 3 Wochen Thailand… Impfen ist natürlich Pflicht – keine Frage.

  6. Mal eine kleine Auswahl Impfschemata für reiserelevante Standartimpfungen (Erwachsene):

    HepA: 0; 6-12 Monat
    HepB: 0; 1; 6 Monat
    HepA+B Kombi: 0; 1; (6) Monat
    Tollwut: 0; 7; 21/28 Tag
    Tetanus (Grundimmunisierung): 0; 1-2; 6-12 Monat
    Tetanus / Diphterie (Grundimm.): 0; 1-2; 6-12 Monat
    Typhus (Kapseln): 1; 3; 5 Tag
    Cholera: 0; 7-42Tag

    Gelbfieber: Einzelimpfung. ACHTUNG! Viele Länder mit Gelbfieber-Einreisevorschriften fordern, dass der Impfnachweis MINDESTENS 6 Wochen alt sein muss. Diese Impfung dürfen nur speziell ausgebildete Ärzte durchführen.

    Dosierungsschemata bei Kindern (unterschiedlichen Alters) können abweichen. Dazu sagt der Kinderdoc dann mehr… 😉

  7. Sich rechtzeitig bei Arzt zu informieren heißt auch nicht erst eine Woche vorher – je nachdem, ob mehrere Tot- und/oder Lebendimpfungen notwendig sein sollten, können schließlich einige Wochen zwischen Abstand notwendig sein.
    Wir wollen demnächst nach Jakarta, aber leider sind gerade zwei enge, dort ansässige (und einheimische) Bekannte an Dengue Fieber erkrankt und einer ist eine Woche später im Büro an einem Herzleiden verstorben, kurz vor der Hochzeit seines Sohnes… da die Mücken tag- und nachtaktiv sind und es keine Vorbeugung außer Mückenschutz gibt, sind wir nun am Überlegen, ob wir mit den Winzlingen wirklich fahren sollen. Wenn es vermeidbare Krankheiten wie Hepatitis gibt, gegen die man impfen kann, sollte man diesen Luxus in Anspruch nehmen!

  8. Nicht zu vergessen ist die Kinderlähmung, auch für Erwachsene. In der Schweiz wird die Kinderlähmung nicht mehr zur Aufrischung empfohlen, normalerweise..aber für Reisen in viele Länder ist sie noch dringend nötig. Wir gehen vor jeder Fernreise zum Tropenarzt, der kontrolliert unsere Impfausweise und schaut dass wir alle nötigen Impfungen haben.

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