Bettelverbot für Kinder – Kinderschutz auf der Straße

„Der Berliner Senat plant, das Betteln in Begleitung von Kindern und durch Kinder zu verbieten. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) begrüßt diesen Vorstoß.

BVKJ-Präsident Dr. Wolfram Hartmann: „Das Bettelverbot, das es in München und Bremen schon seit langem gibt, ist ein wichtiger Schritt zum Schutz der Kinder vor Missbrauch. Eltern, die ihre Kinder zum Betteln auf die Straße und in U-Bahnen schicken, verletzen ihre Fürsorge- und Erziehungspflicht und sie gefährden die Gesundheit ihrer Kinder. Kinder stundenlang am Straßenrand in Höhe der Auspuffgase sitzen zu lassen, sie zu zwingen, in U-Bahnen für erwachsene Musikanten Geld einzusammeln oder gar an Ampeln Autoscheiben zu wischen und dafür Münzen zu erbitten, das ist Kindesmissbrauch. Hier ist es höchste Zeit, dass der Staat endlich einschreitet und dafür sorgt, dass Kinderrechte durchgesetzt werden.“
Kindern eine Perspektive geben
Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte unterstützt daher den Plan des Berliner Senats, das Betteln durch Kinder wirksam zu unterbinden, mahnt aber gleichzeitig auch nachhaltige Hilfen an.
Dr. Wolfram Hartmann: „Kinder, die von ihren skrupellosen Verwandten zum Betteln geschickt werden, sind Opfer. Wir haben als Gesellschaft die Pflicht, diese Opfer aus den Fängen der Bettelmafia zu befreien und ihnen eine Perspektive zu geben. Ein Bettelverbot wird dies zwar nicht leisten, aber es ist ein Signal an die Familien der Kinder. Daneben muss die Politik aber auch nachhaltige Lösungen finden, um den Kindern zu helfen. Die Kinder müssen die Möglichkeit bekommen, zur Schule zu gehen, die Eltern müssen sozialpädagogisch begleitet werden und dort, wo die Familien die Bedingungen des Bleiberechts erfüllen, müssen sie Hilfe bei der Integration bekommen.“

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Eine Pressemeldung des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V.

Ist es nicht überraschend, dass es hierzu überhaupt eine Initiative bedarf? Ich stolpere über solche Artikel und wundere mich, dass das Betteln mit Kindern überhaupt erlaubt ist. Aber vielleicht habe ich mich in meinem Wohlfahrtsstaat schon so sehr etabliert und verträumt, dass ich mir das nicht vorstellen konnte.

11 Antworten auf „Bettelverbot für Kinder – Kinderschutz auf der Straße“

  1. Ich war im Juni als Helferin in Stuttgart beim Kirchentag. Es war wahnsinnig heiß (35°C) und ich war mit meiner Gruppe den ganzen Tag im Innenstadtbereich unterwegs. Dabei ist mir ein Junge aufgefallen (ca.13 Jahre alt), der von seinen Osteuropäisch aussehenden Leuten in die pralle Sonne zum betteln gesetzt wurde. Der Junge hatte nicht operierte Klumpfüße und konnte nicht laufen. Die Erwachsenen sind weggegangen und er ist in den Halbschatten gerobbt. Nach einer Stunde bin ich dort wieder vorbeigekommen und er saß immer noch da. Auch nach 2, 3 und 4 Stunden saß er noch da. Ohne Getränk oder Essen. Ich habe ihm etwas zum Essen und ausreichend Wasser gekauft, aber die ganze Situation hat mich einfach nur wütend gemacht. Wie kann man einem Kind so etwas antun? Und wie kann sowas in einem Land wie Deutschland erlaubt sein?

  2. Aber es löst doch das Problem von (Kinder-)Armut nicht. Man verschiebt das Ganze nur noch mehr in Richtung Illegalität. Aber wir gut-gefütterte Mittelschicht sehen es wenigstens nicht mehr. Aus den Augen, aus dem Sinn…

  3. Grundsätzlich ist erst einmal alles erlaubt, was nicht verboten ist. Ob das Betteln durch Kinder, im Beisein von Kindern oder mit Hilfe von Kindern Arbeit, Vernachlässigung und/oder Misshandlung ist, müsste im Einzelfall nachgewiesen werden, was sicher schwierig ist und einen Eingriff von Polizei oder Jugendamt behindert.

    Es gibt Verbote von Betteln mit Kindern in vielen Städten, um einen Zugriff durch die Polizei überhaupt möglich zu machen. In Berlin scheint ein Bußgeld von € 500,- geplant zu sein, dass die Erzeihungsberechtigten zahlen sollen. Meine erste Reaktion dazu: es geht mehr um den „Schutz der öffentlich Ordnung“ – das Unsichtbarwerden menschlichem Elends als um den Schutz der Kinder.

    In meiner derzeitigen Heimat Wien wurde ein entsprechendes Verbot (ebenfalls Geldbuße bzw. Ersatzfreiheitsstrafe) ebenfalls durchgesetzt. Das Durchschnittsalter von sichtbaren Bettlern ist dadurch höher geworden. Dafür sieht man wesentlich mehr Bettler mit fehlenden Gliedmaßen oder anderen Verformungen.

    Jedenfalls halte ich es für eine Illusion, dass derartige Verbote zu weniger Bettlerei führen oder zu weniger Elend von Kindern oder Heranwachsenden. Ob es eine Evaluierung der Maßnahme gegeben hat, weiss ich nicht; es wäre mir jedenfalls nicht bekannt. Tatsache ist, dass alles grösseren Touristenstädte in Österreich ein entsprechendes Verbot erlassen haben.

    Es wäre jedenfalls überraschend, wenn der Berliner Senat flankierende Maßnahmen zum Kinderschutz beschliessen würde und wie diese aussehen sollen. Weiss jemand etwas?

  4. Ich fand das vor ein paar Jahren auf einem großen Festival mal sehr krass… Von morgens 9 Uhr bis abends um 11 Uhr standen da Kinder und haben Flaschen und Dosen eingesammelt. Die waren nicht älter als 12 und es waren einige. Richtig organisiert, direkt vor dem Bühneneingang und immer dieselben. Das war Kinderarbeit! ‚Ne doppelte Schicht, mitten in der Mittagshitze und im größten Dreck standen die da rum. Ich hab mich dann mit einem Security darüber unterhalten, der meinte sie können leider nichts dagegen machen da Flaschensammeln nicht als Arbeit zählt. Sorry, aber das gehört verboten! Und nicht nur flecklesweise, sondern bundesweit.

  5. Ich muss dabei spontan an diese Komische Panflötentruppe denken die ich vor einigen Jahren zu Weihnachten in der Innenstadt einer Deutschen Großstadt gesehen habe.

    Unmotivierte erwachsene, aber Kinderaugen die nur gesagt haben „Bitte holt uns hier haus“

  6. Erlaubt ist, was nicht verboten ist. –

    Aber ich glaube, so einfach ist das hier nicht. Denn im Grunde ist das Betteln schicken von Kindern schon verboten – wie es Kinderarbeit, Kindesmisshandlung und Vernachlässigung schon heute sind.

    Insofern brauchte es m.E. dieses Verbot nicht, sondern nur Jugendämter, Sozialarbeiter, Polizei und aufmerksame Bürger, die hingucken und dementsprechend handeln.

    (Nicht dass ich es jemals in einem vergleichbaren Fall getan hätte – manchmal braucht es vielleicht kein Verbot, sondern mal wieder den Anstupser zum Augen aufmachen, auch bei mir 🙁 )

  7. Die meisten Gesetze entstehen nunmal erst, wenn das, was verboten werden soll ein Problem wird. Ohne bettelnde Kinder kommen die meisten wahrscheinlich nicht mal auf die Idee Gesetze dagegen zu verabschieden, weil es absurd ist, als Eltern so etwas zu verlangen.

    1. Das denke ich auch. Ging nicht mal durch die Medien das die Kinder auch teilweise ruhig gestellt werden damit die Mütter mit ihren „schlafenden“ Kindern Mitleid erzeugen können?

      1. Teilweise ganz sicher. Wenn ich da an eine Bettlerin in unserer Innenstadt denke, die immer mit Kind und Kinderwagen unterwegs ist und das Kind IMMER schläft…

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