Meine Kinder – Deine Kinder

Wenn mich Eltern fragen, ob ich bei meinen eigenen Kindern auch
– diese Impfung gebe
– dieses Antibiotikum einsetze
– diesen Erziehungstipp beherzige
– diesen fachärztlichen Kollegen besuche
– diese Diagnostik veranlasste
antworte ich stets:
„Ja. Denn meine Kinder sind meine Kinder, und ich bin ihr Vater. Entscheidungen für meine Kinder treffe ich nach eigenem Gewissen, wie Sie auch, aber mit Ratschlag des Mediziners in mir, das ist für mich ein Glücksfall. Warum sollte dieser Ratschlag bei Ihrem Kind anders ausfallen? Schließlich sind wir unseren Patienten zur besten Behandlung nach bestem Wissen und Gewissen verpflichtet.“

Mit der Umsetzung haperts dann mitunter (siehe Erziehung). Aber das steht auf einem anderen Blatt.

18 Antworten auf „Meine Kinder – Deine Kinder“

    1. Als ob es nicht genug kranke Menschen gebe, auch ohne das Ärzte das beschleunigen. Und selbst wenn es mal eine krankenarme Phase gibt, dann gibt es noch genug Vorsorgen und Nachsorgen und Wehleidige (wobei mit denen in der Regel kein Geld zu verdienen ist, weil sie gefühlt tausendmal im Quartal kommen). o.ô

      1. Dazu fällt mir das Gedicht von Wilhelm Busch ein
        Im Sommer

        In Sommerbäder
        Reist jetzt ein jeder
        Und lebt famos.
        Der arme Dokter,
        Zu Hause hockt er
        Patientenlos.

        Von Winterszenen,
        Von schrecklich schönen,
        Träumt sein Gemüt,
        Wenn, Dank der Götter,
        Bei Hundewetter
        Sein Weizen blüht.

  1. Lea, es ging eben nicht um den Arzt selbst. Er hatte eine sehr risikoreiche OP durchführen wollen, obwohl meine Oma bereits sehr schwach war. Ich hatte Bedenken geäußert und er machte mir große Vorwürfe, nicht alles Menschenmögliche tun zu wollen. Da habe ihn gefragt, ob er diese OP auch an seiner eigenen Großmutter durchführen würde. Dass die Chancen, dass sich ihre Lebensqualität dadurch verbessert bzw. die Lebenszeit dadurch verlängert, gegen null geht, hatte er bereits zugegeben.

    1. Nachtrag: Ich finde auch, wer jemanden auf persönlicher Ebene angreift, muss schon damit rechnen eine persönliche Frage gestellt zu bekommen.

    2. Liebe bohnemohne, der Arztwechsel war in diesem konkreten Fall wahrscheinlich die beste Entscheidung. Ohne endgültig urteilen zu können, weil wir nichts über den Arzt wissen und nicht dabei waren – manche Ärzte „können“ einfach nicht mit Menschen, manche sehen nur den Fall oder die OP (oder das Geld). Manche waren vielleicht auch in einer ähnlichen Situation (gewesen) und schleppen mangels Abstand emotionale Altlasten mit sich herum, die in die Situation projeziert werden. Eine OP zu empfehlen, die nichts bringt, „nur um etwas zu tun“ ist im einfachsten Fall falsch (nicht loslassen/aufgeben können/Angst vor juristischen Reperkussionen), im schlimmsten Fall skrupellos (gierig). Zum Glück ist die Palliativmedizin hier auch so langsam angekommen, man muß eben auch akzeptieren können, daß man nciht immer etwas tun kann und muß. Es ist eben unerläßlich, den Einzelfall zu betrachten.

      1. Lieber arzt4empfaenger,
        es ging mir hier ja auch nicht darum, den Arzt zu verurteilen, sondern darum, dass ich mir eben eine Antwort bzw. Begründung wie die vom Kinderdoc gewünscht hätte – auch wenn er anderer Meinung war.
        Der Arzt war noch jung und ich war es auch. Ich würde heute auch einiges anders machen als in meiner frühen Berufstätigkeit (ich bin Juristin).
        Meine Oma war am Ende in guten Händen, das ist das Wichtigste.

        1. Nachtrag: Damals war ich noch keine Juristin. An der Angst vor jur. Konsequenzen sollte es also nicht gelegen haben. 😉

  2. Ein wirklich sehr schöner Post und eine beruhigende Antwort. Ich habe diese Frage bzgl. meiner Großmutter auch schon einem Arzt im Altenheim gestellt und bekam als Antwort: „Das geht Sie gar nichts an!“ Ich habe daraufhin durchgesetzt, dass meine Oma einen anderen Arzt bekommt. Die neue Ärztin hat sie dann sehr liebevoll mit mir zusammen auf ihrem langen letzten Weg begleitet.

    1. Obwohl ich die Antwort des Arztes sehr ruppig finde, kann ich ihn verstehen. Zum einen, weil es belastend ist, sich ernsthaft Gedanken zu eigenen (alters) Krankheiten zu machen. Zum anderen, weil die Antwort oft von eigenen Lebensentwurf, Wünschen und Ängsten abhängt und Fremde dann nichts angeht. Z.B. wenn man FSME nicht impft, weil man nie im Wald ist. Wenn man allergisch gegen dieses Antibiotika ist. Wenn nicht erzählen will, ob die Kinder im Ehebett schlafen. Wenn man den Kollegen nicht mag, wegen einer alten Rivalität. Wenn sich entschied auch ein Kind mit Trisomie auszutragen und den Test deshalb nicht macht.

      1. Ich denke auch, dass gerade wenn es um lebensverlängernde Maßnahmen u.ä. geht, haben Ärzte mitunter für sich selbst eine recht radikale Einstellung („alles abstellen, ich will nicht dahinsiechen!“), die man Angehörigen so nicht einfach vermitteln kann, ohne herzlos zu wirken. Als behandelnder Arzt kann man ja schlecht sagen „also ich würde sie ja lieber sterben lassen“. Da sagt man dann lieber gar nix.

        1. Ich kann das zum Teil nachvollziehen. Allerdings denke ich, dass es einem guten Arzt auch möglich sein muß, empathisch auf Patienten und Angehörige einzugehen und eben auch zu vermitteln, dass es in manchen Situationen eben doch angebracht ist, zumindest ernsthaft über das Einstellen der Maßnahmen nachzudenken. Mein Neuroprofessor hat immer gesagt, daß das viel Mut und Courage erfordert, und daß viele Ärzte aus Angst for rechtlichen Folgen gegen Ihre Überzeugung handeln würden. Selbstverständlich kann nicht jeder Patient oder Angehöriger eine ganz ehrliche Meinung verkraften (oder möchte sie gar hören), dann darf man aber auch schweigen – der Patient hat ja auch ein Recht darauf, ncht alles zu erfahren, wenn er/sie es nicht möchte. Wenn es in der Situation angebracht erscheint, alle Beteiligten berücksichtigend, dann darf man meiner Meinung nach ruhig sagen, daß man unter diesen Umständen Person XY lieber gehen lassen würde. Taktvoll, menschlich und einfühlsam vermittelt wirken diese Worte auch ganz anders als ruppig und herzlos dahergepatzt. Gleiches gilt auch andersherum – statt „Das geht Sie gar nichts an!“ hätte der Arzt den gleichen Inhalt (er hat ja ein Recht darauf, sich privat nicht mitzuteilen!) auch etwas professioneller vermitteln können. Der Ton macht die Musik und den feinen Unterschied, wie es dann wirkt… sonst klingt jemand im Recht so, als wäre er im Unrecht und andersherum.

          1. Es hießt ja immer, Ärzte seien verpflichtet, das Leben zu bewahren, sie sind aber auch, zumindest moralisch-ethisch, verpflichtet, das Leiden nicht unnötig und wider besseres medizinisches Wissen zu verlängern! Diese Gratwanderung ist schon für den Arzt oft emotional schwierig, mit anderen Personen in der Gleichung wird es umso schwerer.

  3. Diese Frage (bei anderen Ärzten: Würden SIE diese Therapie für sich selbst auch wählen?) wurde in Artikeln a la Apothekenrundschau empfohlen. Ich hab das mal gelesen im Zusammenhang mit konservativen orthopädischen Behandlungen vs. operativen Eingriffen (Hüfte, Knie, Bandscheiben)

  4. Hm. Kannst Du denn bei Deinen Kindern immer objektiv bleiben, zB wenn es um ein Abwägen der Risiken gegeneinander geht?
    Aber ja, prinzipiell sollte man als Kinderarzt nichts verordnen, was man nicht selbst geben würde.
    *Lach*, ich würde allerdings zu gerne mal bei Dir Mäuschen spielen, wenn bei Dir Erziehung danebengeht, 😛

    1. Molly, unser lieber Kinderdoc hat darauf eine Antwort im letzten Absatz gegeben
      .. menschlich halt, und das macht ihn so sympathisch 😉

  5. Das ist eine SEHR schöne Antwort und sie beruhigt.
    Ich habe unserer Kinderärztin diese Frage: „Würden Sie Ihrem Kind dieses Medikament auch geben?“ einmal gestellt, nachdem sie mich mehr als eindringlich vor der Gabe des Medikamentes gewarnt hat, das sie dem Kind gerade verschrieben hat und das laut Laborbefund des Abstrichs dringend erforderlich war (multiresistenter Keim, kommt bei der chronischen Krankheit des Kindes leider mal vor). Und sie verneinte. Ihrem Kind würde sie das Medikament nicht geben. Das war für mich ein ECHTES Problem, das mich eine schlaflose Nacht gekostet hat und das ich schließlich an unsere Spezialambulanz im Krankenhaus weitergegeben habe, denn was soll ich als Laie denn bitte dann machen bzw. entscheiden?
    Das KH riet übrigens zur Gabe und stellte eine stationäre Aufnahme als Alternative zur Wahl. Ich habe das Medikament verabreicht und alles ging gut, aber DAS Dilemma mag ich nicht noch mal erleben.
    Blüte

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