Als mir das Herz aufging.

Und dann ist da dieser skeptische Einjährige zur U6, die stets die erste Masernimpfung mit sich bringt. Die Kleinen sind bedingt interessiert, eher verunsichert, mittendrin im Fremdelalter, im Übergang zum Trotzen, zum selbstbestimmten Egoentwickeln, verständlich, dass er mich erst einmal genau beäugt, was ich denn von ihm und seiner Schmusemama wolle. Nackig ist er, frisch gewogen (sehr seltsam! Noch jemand Fremdes, eine andere Frau mit kalten Händen), immer auf der Hut.

Es folgt das Interview mit der Mutter, das Vertrauenschaffen durch Beobachtung des jungen Kandidaten, viel erfahren bereits durch Berichte der Mama. Was er schon macht, was er schon kann, was er ist, wie er sich fortbewegt, nachmacht, Verstecken spielt, greift, lautiert, MamaPapaDadaBibabutzemann.
Untersuchung, ganz ok, ein bisschen Otoskopgeleuchte hier, Fingergeschnippse da, Telefonspielen mit dem Stethoskop, KilleKille am Bauch und Fahrradfahren mit den Beinen, immer in fröhlicher Stimmung, ohne großartig Blickkontakt, aber mit viel Lachen meinerseits, Gebrabbelgebabbel, was ich so tue und was Du so kannst. Der Blick im Mund schön zum Schluß, weil besonders unangenehm.

Dann das Impfen: Der Mutter alles erklärt, Vorzüge, Nebenwirkungen, Fieber in der ersten Woche, Impfmasern, Lymphknoten, Fieberkrämpfe, Risiken des Nichtimpfens, für die Frau hier gar keine Frage, soll der Keksgesichtheld noch diesen Monat in die Kindertagesstätte zu den anderen Virenschleudern. Dann die Spritze geschnappt, dem Skeptiker gezeigt, der Mutter auf den Arm gegeben, sie darf ihn kitzeln, darf ihn halsknutschen, und zappzerapp, guckstduschon in die „Außenseite des Oberarmes, distal-lateral, subcutan, Aspiration nicht nötig“ gespritzt, dass er gar nicht merkt, was passiert, dochdochdoch, da guckst Du schnell, was der da macht, aus der Skepsis wird ein Flunschemund, das Grübchen am Kinn verzieht sich zu einem feinschlägigen Zucken.

Mutter ist entspannt, kitzelt weiter, alles prima, ich genauso, mache den Schritt zurück, wedele mit den Armen, mache meine Mätzchen, Lippenblubbern, Augenzwinkern, was man so tut.

Das Grübchen entspannt sich, die Flunsch flutscht zurück, die Augenwinkel lächeln, er dreht sich zu mir und … streckt mir die Arme entgegen. Und auch auf meinem Arm lacht er, mit wachen klaren freudigen Augen, zehn Sekunden nur, dann ist er lieber wieder bei Kuschelmama.

… was meinen Arbeitsalltag erleichtert.

18 Antworten auf „Als mir das Herz aufging.“

  1. Du schreibst:
    Fingergeschnippse da, Telefonspielen mit dem Stethoskop, KilleKille am Bauch,… wedele mit den Armen, mache meine Mätzchen, Lippenblubbern, Augenzwinkern, was man so tut…..

    kennst Du das, so zum Wochenende hin, wenn die Sprechstundentage übervoll waren, die Zusatzstunden lang, wenn wieder mal die Massenpanik ausbricht (einer weint drin, alle draussen denken sie müssten auch weinen wenn sie rein kommen), du machst beim 42. Kind des Tages den Hampelmann – – – dass du dich plötzlich so u n g l a u b l i c h MÜDE fühlst?

    Aber vielleicht hast Du noch nicht die 5 vor deinem Alter, vielleicht bist du noch gefeit.

    Nein, ich kann mir *keine* schöne Arbeit vorstellen, ich mache sie mit Leib und Seele gern, trotzdem ist da bisweilen diese M ü d i g k e i t…..

  2. Ihr Kinderärzte scheint aber auch alle Tricks zu kennen …

    War neulich mit meinem Kleinen das erste Mal beim Kinderarzt (knapp 5 Wochen alt – naja, das allererste Mal war in der Geburtsklinik und danach noch Ultraschalluntersuchung an der Hüfte in der ersten Woche, wurde leider in der Klinik nicht gemacht).

    Er wurde natürlich genau angeschaut, gewogen und gemessen. Hat das alles recht ruhig über sich ergehen lassen – auch weil er unter einer Wärmelampe lag; Kälte (kalte Gegenstände oder Hände) mag er nicht.

    Als er nicht untersucht wurde, aber noch kurz warten musste, hat der Kinderarzt eine Stoffwindel auf seinem Unterleib drapiert (war auch nötig, höhere Beinfreiheit wurde zm Strampeln genutzt, was zum Entleeren der Blase führte – eine Windel gespart). Zum Abhorchen wurde das Ende des Stetoskops ebenfalls kurz erwärmt.

    Gegen die Blähungen sollen wir jetzt eine Suspension mit Simethicon geben, ausserdem haben wir ein Darmrohr bekommen (ob wir das benutzen werden?). Gegen die Erkältungsbeschwerden (5 Wochen und schon die 2te Verkühlung, das macht kein Spass) hat der Arzt uns ein Spray mit Kochsalzlösung aufgeschrieben, dass es aber in Österreich nicht gibt. Wir verzichten ganz auf Nasenspray erstmal. Vitamin D-Tropfen sollen wir weiterhin geben; die mag er nicht, das ist aber allemal besser als Knochenprobleme.

    Eigentlich schreit unser Sohn nicht viel – den Druck auf Magen und Darm (Blähungen) nimmt er bei ausreichender Ablenkung recht philosophisch: ich glaube allerdings inzwischen, dass er eine Art indischer Lichtfakir sein muss, denn bei jeder Runde Tragen auf der Schulter nimmt er zu.

    Wovon er sich gar nicht ablenken lässt, ist das Bedürfnis nach Nahrung. Er wird von seiner Mutter gesäugt. Wenn er Essen will – das kann je nach Tagesform 30 Minuten bis 5 Stunden Abstand bedeuten, dann will er das JETZT und SOFORT und ICHVERHUNGEREHIER! Oft schläft er beim Stillen ein, wach bei einer Lageänderung aber sofort wieder auf und ist SEHR unzufrieden. Liegen lassen geht aber nicht immer; er saugt viel Luft mit, und die sollte raus, sonst bekommt er nur noch mehr Magenprobleme. Mama findet ein so halb an der Brust nuckelndes Kind auch nicht immer SO angenehm.

    Nach dem Kinderarzt konnten wir jedenfalls noch nicht sofort nach Hause fahren, weil es jetzt definitv Zeit zum Essen war; so unser kleiner Chef. Also wurde er gestillt, ich wurde beim Aufstoßen etwas mit Milch dekoriert (mein Sohn wollte wohl ein Lama sein: er spuckt immer so gezielt an der Stoffwindel vorbei und auf Kleidung, Möbel oder Boden). Dann ist er aber eingeschlafen und wir sind zurück nach Hause bekommen, ohne dass wir weitere Anweisungen entgegennehmen mussten.

    Kinderarzt war letztlich nicht schlimm für ihn, für mich ist jeder Ausflug mit Baby noch etwas ungewohnt und stressig, aber ich lerne ständig dazu.

  3. Bei uns impfen der Kinderarzt plus Assistentin simultan in die Schenkel (wobei MMR glaube ich auch getrennt geschieht). Oa hatten wir noch nie. Die Stimmung war dafür aber auch immer im Keller… 😛

  4. Keine Varizellenimpfe? Bei uns gab es die noch separat in den anderen Arm und die gute Laune war dahin bis wir draußen waren.

  5. Das kann doch gar nicht sein, er muss doch in den Moment, wo du das „Gift“ in ihn gespritzt hast, das Leuchten in seinen Augen verloren haben 😀

  6. Oh ist das schön…
    Gerade jetzt, wo so viele impfkritisch sind.
    Meine Tochter bekommt heute die 1. HPV-Impfe, sie will sie auch unbedingt… aber mit 11 Jahren will sie bei niemandem mehr so richtig auf den Arm…

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