Kinderarzt angeklagt

Ein spektakulärer Fall von Kindsmißbrauch wird seit heute am Landgericht in Augsburg verhandelt: Der 40jährige Kinderarzt Harry S. soll sich in über zwanzig Fällen an Jungen vergangen haben.

Besonders schwer wiegt in seinem Fall die Planung und die Perfidität der Ausführung: Er habe über das Bayrische Rote Kreuz Kinderfreizeiten organisiert, um an seine Opfer heranzukommen, aber auch auf Spielplätzen und im eigenen Bekanntenkreis kam es zu Mißbrauchsfällen. Hierbei hat der ehemalige Mediziner (Harry S. hat wohl mittlerweile seine Approbation zurückgegeben) auch Medikamente zur Betäubung eingesetzt.

Harry S. hat in der Kinderklinik Augsburg als Notfallmediziner gearbeitet, er saß zudem im Kreisvorstand des BRK Augsburg. Spuren im Netz finden sich noch immer, obwohl er sich seit seiner Verhaftung aus allen Ämtern zurückgezogen hat.

So sehr ich Mediziner bin, so sehr ich vielleicht mal gelernt habe über die Psychologie eines andersartigen Sexualverhaltens, so sehr ich mir auch vorstellen kann, wie Pädophile unter ihrer Neigung leiden, ist dies doch ein anderer Fall. Der Begriff der „Kernpädophilie“ taucht in allen Artikeln auf: Der Patient liebe seine Opfer wirklich, sein Realitätssinn sei so sehr verschoben, dass er sogar glaubt, die Opfer würden diese Liebe erwidern. Eine sehr romantisierte Vorstellung einer schweren Erkrankung. In aller Konsequenz muß diese Liebe erlebt werden, bis zur grausigen Erfüllung.

Wer gezielt seine beruflichen Türen öffnet, um an Kinder heranzukommen, wer vielleicht bereits seine Berufswahl danach ausrichtet – der plant, der geht gezielt seiner Neigung nach und versucht zu vertuschen. Der Mann ist krank, Pädophilie ist eine psychische Störung, die Abwägung zwischen Erkrankung und dem gerüttelt Maß an krimineller Energie, die seinen Handlungen nachfolgt, gebührt nun den Richtern.

Presseerklärung der Staatsanwaltschaft Augsburg vom Juni d. Jahres.

8 Antworten auf „Kinderarzt angeklagt“

  1. Auch ich hatte eine sehr schwere Kindheit und es fällt mir schwer, darüber zu sprechen. Immer wenn es mir jedoch gelingt, merke ich, wie wichtig das ist udn wie gut es tut.

    1. Reden hilft. Wurde in meiner frühen Kindheit von meinen Eltern geschlagen. Die Probleme durch den Vertrauensverlust/Hass auf die Eltern haben sich bei mir bis ins Studium rein gezogen.

      Glücklicherweise hatte ich die Möglichkeit die Probleme irgendwann mit meinen Eltern zu Besprechen und konnte sie seitdem auch einigermaßen hinter mir lassen.

      Ich kann mir vorstellen, dass es ungleich schlimmer ist, wenn man die Chance nicht hat. Zumal wenn die Gewalt die man erfahren hat noch verletzender ist als Schläge.

  2. Ich kann es sehr gut verstehen, wie du dich fühlst und ich finde es super, dass du zu deinen Gefühlen und Erlebnissen stehst. Nur so kann man solche Erlebnisse wirklich verarbeiten und sich wieder gut fühlen.

  3. Ich bin selbst Opfer von sexuellem Missbrauch in meiner Kindheit und weiß daher nur zu gut was diese Übergriffe an einer Kinderseele aber auch deren Familien für dauerhaften Schaden anrichten. Ich bin fassungslos wie dieser Mann als Mediziner der einen Eid abgelegt hat, so geplant und skrupellos handeln konnte. Da fehlen mir die Worte.

    1. Oh scheiße!
      Ich würde Dir jetzt so gerne was schreiben, aber … ja, mir fehlen da die Worte!
      Merkwürdig ist das, so etwas zu lesen, weißt Du?
      Da schreibt einer, also ein (wahrscheinlich) wildfremer Mensch sowas wie „Ich bin selbst Opfer von sexuellem Missbrauch in meiner Kindheit“ und man sitzt da und denkt sich: „*************!“
      Man will dann etwas sagen, will das nicht einfach übergehen, weil das ja auch schilmm und blöd sein muss, wenn man so etwas schreibt und keiner „reagiert“ darauf, aber irgendwie … weiß man eben nicht, was man dazu schreiben soll.

      Daumen hoch oder runter ist ja auch keine Option.

      Ich würde Dir gerne etwas schreiben, aber ich weiß nicht was. Außer natürlich jede Menge „*************!“
      Un dich schreibe das hier trotzdem, einfach, damit Du weißt, dass das nicht ungehört bliebt. Denn wenn ich nicht weiß, was ich sagen soll, wissen es vermutlich ganz viele andere auch nicht. Aber das heißt nicht, dass wir das nicht gelesen haben und alle denken „***********!“
      Und Dir alles, alles gute wünschen!

      1. Vielen Dank für deine Antwort. Ich kann dir aber versichern, dass es mir nicht darum ging Reaktionen herauszufordern. Ich habe in einem langen Kampf mein Leben zurück erobert und leide heute nicht mehr unter den Vorkommnissen in meiner Kindheit. Vergessen werde ich sie jedoch nie. Es ging mir viel mehr darum, mich zu meiner Vergangenheit zu bekennen und mich nicht zu verstecken. Das Deckmäntelchen des Schweigens wird nur allzu oft darüber ausgebreitet oder wo sind die ganzen Opfer?
        Dennoch empfinde ich deine Antwort als erfrischend ehrlich und dafür möchte ich dir danken!

  4. Sowas ist schrecklich. Für die Kinder selber. Sowas ist auch schrecklich für die Eltern, deren Kinder (in welchem Bezug auch) Kontakt mit ihm hatten, weil sie sich immer fragen werden (selbst wenn nichts passiert ist): hätte ich das merken müssen / könnnen?
    Und was das für Auswirkungen haben wird für den Kontakt mit anderen Kinderärzten … selbst nicht-betroffene Eltern könnten dadurch unnötig misstrauisch werden. Das ist ein Fall wo ein schwarzes Schaf einen ganzen Berufszweig in Misskredit bringt.
    Tut mir leid das zu hören … wenigstens höre ich es von Dir hier zuerst.

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