Kontra Pseudomedizin: Homöopathiekritiker tagten in Freiburg

Am letzten Wochenende tagte eine tolle Gesellschaft in Freiburg: Ärzte, Professoren und Wissenschaftler, aber auch Interessierte und die geladene Presse versammelte sich, um einen Anfang zu setzen in Sachen „Homöopathie-Kritik“, offiziell „Erstes Strategietreffen der Homöopathiekritiker„.

Wer war angereist? Beispielsweise (und auch federführend) Kollegin Dr. Natalie Grams („Homöopathie – neu gedacht„) und der Ingenieur Dr. Norbert Aust (Blog „Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie„), dazu der Medizinjournalist Dr. Christian Weymayr („Die Homöopathie-Lüge„), der Verbraucherschützer Guido Bockamp, Professor Rudolf Happle („Marburger Erklärung zur Homöopathie„) oder der Vorsitzende des GWUP-Wissenschaftsrates Prof. Wolfgang Hell. Sie und die anderen verbindet das Interesse an der Aufklärung der Bevölkerung, die Kritik an den Glaubuli und das Heranbringen des „Umdenkens“, zurück zur Vernunft, weg von der Pseudomedizin, hin zur Medizin.

Die Ergebnisse der Strategieplanung können sich sehen lassen:

Gründung eines Netzwerkes Homöopathie (der Titel sei vorläufig – … das denke ich mir)

– Aufbau einer Informationsplattform für Patienten mit Informationen gegen die (üblichen) Argumentationen der Homöopathen, Aufzeigen der inneren Widersprüche der Homöoapthie und Sammlung belegbarer negativer Fallbeispiele

– Initiative, die homöopathischen Medikamente zukünftig mit ihren deutschen Namen zu bezeichnen anstatt mit lateinischen Begriffen

– Erstellung einer Referentenliste, in denen Fachleute genannt werden, die für Vorträge, als Ansprechpartner für Interviews oder Diskussionsteilnehmer zur Verfügung stehen.
– Einwirken auf Änderung der Sprachregelung: Statt des Begriffs ‚Alternativmedizin‘ Verwendung der Bezeichnung ‚Pseudomedizin‘, ‚Schulmedizin‘ wird in Zukunft ‚Medizin‘ heißen

Weitere Forderungen aus dem Netzwerk:

– Abschaffung der Apothekenpflicht für Homöopathische Mittel

– Entzug des Titels „Besondere Therapierichtung“ (und der damit verbundenen Befreiung von Wirksamkeitsnachweisen)

– Keine akademischen Weihen (durch universitäre Fort- und Weiterbildungen)

– Stärkung der „Sprechenden Medizin“

Bedenklich bleiben außerdem die Finanzierung der Pseudomedizin durch Krankenkassen, die Förderung durch pluralistisch denkende Gesundheitspolitiker und die Darstellung der Homöopathie in Medien als „natürlich“, Anekdoten werden höher bewertet als gründliche Recherche.

Wohlgesteckte, wichtige Ziele. Alles Gute. Ich bin gerne dabei. Lasst wieder Vernunft einkehren. Tschakka!

Interview mit Norbert Aust
Deutsche Apotheker-Zeitung
GWUP dazu
… und sogar die F.A.Z.

21 Antworten auf „Kontra Pseudomedizin: Homöopathiekritiker tagten in Freiburg“

  1. „Herr Doktor, Herr Doktor, ’s Bobele hat die ganze Packung Globuli auf einmal leergegessen!“

    „Na gut, dann heute eben keine Süßigkeiten mehr!“

    Sehr gute Initiative, finde ich hervorragend. Ich glaube nur, dass die meisten Homöopathie-Jünger dermaßen beratungsresistent sind, dass die „nicht mehr erreichbar“ sind. Viel Erfolg! Vielleicht kann man ja wenigstens den einen oder anderen davon abhalten, ins Lager der Homöopathie-Jünger zu wechseln!

  2. Wer an solch einen Hokuspokus glauben will der soll diese Bespassung auch aus eigener Tasche zahlen und nicht die Solidargemeinschaft über den Weg der Krankenkassen schröpfen……………..

  3. Gerade die Kinder sind die eigentlichen Opfer dieser Pseudomedizin. Globuli sind keine pflanzlichen Mittel. Sie enthalten in den üblichen Dosierungen keine Wirkstoffe. Auch nicht die „winzigen“ Spuren von der Ausgangssubstanz. Nichts. Nur Zucker. Und die Ausgangssubstanzen sind nun mal nicht nur die appetitlichen Heilpflanzen, sondern auch höchst unappetitliche, toxische und dubiose Dinge. Gerade die Homöopathie macht aus gesunden Kindern von klein auf bereits Pillenlutscher, wenn ihnen beigebracht wird, dass sofort Arnika Kügelchen genommen werden sollen, wenn sie einmal hin gefallen sind. So zieht sich diese Art der Pharmabranche (nichts anderes sind die Produzenten mit Umsätzen im dreistelligen Millionenbereich allein in Deutschland) ihre Stammkunden heran. Die Werbung ist gigantisch und zielt direkt auf die Mütter.

    Nein, liebe Mamis, euer Kind braucht keine Globuli, wenn es hingefallen ist. Das heilt auch ganz allein. Bringt den Kindern das lieber bei und nicht, dass es vor jeder Mathearbeit unbedingt irgendwelche Kügelchen braucht.

  4. Sehr gut und überfällig! Es kann doch nicht angehen, dass Menschen mit falschen Heilsversprechen hinters Licht geführt werden und oft viel zu lange ohne wirksame Medizin ausharren. Die Wissenschaft ist 200 Jahre weiter, das wird von Homöopathieanhängern anscheinend gekonnt übersehen.

  5. Ein dickes *Daumen hoch* von mir.
    Ich finde es so erschreckend, mit welcher Selbstverständlichkeit und Unwissenheit seitens der Eltern Kinder in Deutschland mit Homöopathie quasi bombardiert werden.

  6. Es wär zu überlegen, nicht nur die Apothekenpflicht für homöopathische „Arzneimittel“ aufzuheben, sondern diese ganz aus den Apotheken zu verbannen. Das wurde in Australien diskutiert (scheiterete aber leider am Widerstand der Apotheker). Ich mußte die erschreckende Erfahrung machen, daß mir meine Apotheke anhand der im Computer befindlichen Informationen nicht sagen konnten, ob ein bestimmtes Bockshornklee-Präparat homöopathisch war oder nicht. Dazu mußten sie es erst bestellen. Ich finde so etwas unglaublich.

    Wünschenswert wäre auch, daß homöopathische „Arzneimittel“ nicht mehr von den Kassen bezahlt werden. Die Beiträge steigen, die Kassen zahlen sinnvolle Behandlungen und Tests nicht, aber für Globuli ist Geld da. Erklärung der TK auf Nachfrage: „Die Mitglieder wünschen sich, daß Homöopathie bezahlt wird.“ Ich wünsche mir, daß der Sehtest für meine Kinder bezahlt wird (Kosten 20€). Andere Eltern auch. Aber dafür ist kein Geld da.

    1. „Ich mußte die erschreckende Erfahrung machen, daß mir meine Apotheke anhand der im Computer befindlichen Informationen nicht sagen konnten, ob ein bestimmtes Bockshornklee-Präparat homöopathisch war oder nicht. Dazu mußten sie es erst bestellen. Ich finde so etwas unglaublich.“

      Das liegt daran, dass Nahrungsergänzungspräparate wie Bockshornkleesamen-Kapseln keine Arzneimittel sind und daher auch keine Angaben an die ABDA melden müssen, sprich auch keinen Beipackzettel haben müssen, in denen Inhaltsstoffe, Hilfsstoffe und Anwendungshinweise angegeben werden müssen. Folglich kann man nur online recherchieren, den Hersteller anrufen oder eben bestellen.

      Die Computersysteme in den Apotheken haben in der Regel eben nur umfassende Informationen zu Arzneimitteln. Nahrungsergänzungsmittel zählen da nicht dazu, weil diese einer anderen Gesetzgebung unterliegen und genauso gut im Reformhaus oder in der Drogerie verkauft werden könnten, sprich sie sind nicht apothekenpflichtig.

      1. Danke für die Erklärung, aber das ist keine Entschuldigung für mangelnde Angabe von Informationen. Wobei sich mein Kommentar nicht gegen die Apotheken richtet, sondern gegen die Gesetzgebung oder gegen die Hersteller der Computerprogramme. Auf Nahrungsmitteln muß ja auch draufstehen, was drin ist (wenn auch mit Hintertürchen). Es ist ein Unterschied zwischen einem Nahrungsergänzungsmittel, das einen Stoff enthält, den ich für meinen Körper sinnvoll halte (oder wirklich brauche), oder einem homöopathischen Mittel, in dem der Stoff eben nicht enthalten ist. Die Apotheke sollte Zugriff auf diese Information haben, das liegt in ihrem eigenen Interesse. Sicher kann ich selbst recherchieren, aber dann brauche ich auch nicht mehr in die Apotheke zu gehen, sondern kann das Zeug gleich im Internet bestellen. Und damit fällt das Argument der Apotheken, eine bessere Beratung zu bieten als ihre Internetkonkurrenz, weg.

        1. Ich denke, dass Du den Kollegen aus der Offizin weiter Unrecht tust.

          Über Arzneimittel (auch homöopathische „Arzneimittel“) haben die nämlich umfassende Informationen in ihren Datenbanken da. Auch zu pflanzlichen Arzneimitteln kann man Dir jederzeit sofort die Zusammensetzung nennen. Es gibt verschiene Pflanzen, bei denen evidenzbasiert eine gewisse pharmakologische Wirkung vorhanden ist und die daher eine Zulassung als AM haben. Beispiele sind Pfefferminze, Johanniskraut, Baldrian, etc.

          Das Problem ist der Bockshornklee. Der hat evidenzbasiert überhaupt keine pharmakologische Wirkung und kann daher nicht als AM in den Verkehr gebracht werden. Daher gibt es derartige Präparate nur als Nahungsergänzungsmittel (bedeutet: als Lebensmittel). Wenn ein Kunde – wie beispielsweise Du – dennoch so ein Präparat möchte, kann es die Apotheke natürlich über den Großhandel ordern. Aber bei solch eher dubiosen Dingen gibt es keinen Beipackzettel, sondern nur die Angaben auf dem Etikett.

          Die Apotheke hat Dir angeboten, dass sie die Kapseln über den Großhandel bestellen kann – 4 Stunden später hat sie es da. Anschließend schaut man mal gemeinsam auf das Etikett, was der Hersteller deklariert. Wenn es Dir nicht gefällt, schickt es die Apotheke mit der nächsten Retoure an den Großhandel zurück.

          Eine Apotheke kann über den Großhandel sehr viele Dinge ordern, die zwar keine AM sind, aber dennoch häufig nachgefragt werden. Ich selbst hatte zur privaten Weinherstellung dort schon Hefe- und Schwefeltabletten geordert. Ich finde es jetzt wirklich übertrieben, wenn man jetzt zu solchen Dingen auch noch die genaue Zusammensetzung wissen will.

          Oder anders: Bockshornkleekapseln sind evidenzbasiert Schrott und rausgeworfenes Geld – egal ob homöopathisch oder nicht. Wenn Du das natürlich trotzdem schlucken willst, kann Dir eine Apotheke sowas bestellen.

          1. Wie gesagt, mein Kommentar richtete sich nicht gegen die Apotheke selbst, sondern gegen die Deklarierungsregeln. Und da muß ich mich auch zu einem gewissen Grad auf die Aussage meiner Apotheke verlassen. Mag sein, daß Bockshornklee Unsinn ist und ich hab mich auch über das Geld geärgert, gerade das homöopatische Zeug ist nämlich teuer. Aber da zeigt meine Geschichte auch wieder das Problem mit der Pseudomedizin: Wenn man als Mutter gerade das erste Kind zur Welt gebracht hat, völlig fertig ist und das Stillen nicht klappt, verläßt mach sich nunmal auf die „Fachleute“. Damals war ich noch naiv genug zu glauben, daß Hebammen erstmal wissen was sie tun, zumal meine Hebamme mir zugesichert hatte, mich primär schulmedizinisch zu behandeln. Wenn sie sagt, Bockshornklee hilft, habe ich also erstmal Vertrauen. Die Zeit für eine Literaturrecherche war sowieso nicht da. Meiner Apothekerin fiel dann auf, dass das bestellte Präparat homöopatisch ist. Sie hätte mir auch ein anderes bestellt, aber selbst eine ausgedehnte Suche in ihrer Software hat uns nicht weitergebracht und ins Blaue hinein etwas bestellen, wiederkommen, feststellen, dass es homöopatisch ist, was Neues bestellen, usw. ist für keine Seite sinnvoll. Sprich, die Apotheke möchte mir einen Service bieten, kann das aber nicht ohne großen Aufwand. Mein Vorschlag ist also eine eindeutige Deklarierung aller homöopatischer Mittel, um auch den Apotheken ihren Job zu erleichtern.

            1. Wie gesagt: Homöopathika sind in der Lauer-Taxe bzw. im ABDA-Datenstamm auf jeden Fall mit der Zusammensetzung dokumentiert. Hier dürfte die Dokumentation lückenlos sein.

              Das Problem sind die Nahrungsergänzungsmittel. Die kommen in den Handel und gehen dann wieder nach kurzer Zeit aus dem Handel. Je nachdem, welche Werbeanzeige in BILD und Co. gerade eben wieder veröffentlicht wurde. Wenn man alles in die Datenbank einpflegen würde, was da an Mittelchen auf dem Markt ist, würde das den Rahmen sprengen. Normalerweise kann ja auch mal der Apotheker oder die PTA kurz im Netz recherchieren, was da drin sein könnte. Wenn das nur halbwegs was seriöses ist, dann hat der Hersteller dazu eine Homepage.

              Man muss dazu sagen, dass Nahrungsergänzungsmittel dem „Zweck der Ernährung oder des Genusses“ dienen. Bockshornkleesamen als Kapseln sind halt Nahrungsergänzungsmittel. So lange die zumindest Nahrungsergänzungsmittel (also: Lebensmittel) sind, kann man sie auch bedenkenlos „verzehren“ (beachte meine Wortwahl: „verzehren“ und nicht „einnehmen“ wie das bei einem Arzneimittel der Fall wäre). Schaden tut das Zeug nichts.

              Ne Möglichkeit, um das zu lösen, wäre gewesen, dass der Apotheker nach der Lieferung mal kurz aufs Etikett sieht und Dich danach telefonisch anruft.

              Was die Hebammen angeht: Die Mädels haben schon was auf dem Kasten. Und wenn die mal zur Anregung der Milchbildung einen Tee oder irgendwelche Kapseln empfehlen, dann hat die Hebamme da halt gute Erfahrung gemacht. Gerade bei einem Tee denke ich mir, dass es nichts schadet, mal ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Auch das Ritual des Teetrinkens stellt ja eine gewisse Form der Entspannung dar – das ist für eine Stillende mit schreiendem Neugeborenen durchaus ja auch wichtig.
              Es gibt halt da manchmal wirklich keine evidenzbasierten doppelblinden und randomisierte Studien. Manches ist halt einfach Erfahrungsschatz.

              Wenn Du wirklich wissen willst, ob da mit Bockshornklee evidenzbasiert was dahintersteckt, frage doch einfach in der Apotheke nach. Eine vernünftige Apotheke wird Dir da eine ehrliche Auskunft geben. Natürlich besteht die Möglichkeit, dass ein Apotheker als Kaufmann Dir da unbedingt was verkaufen will. Falls Du denkst, dass das der Fall sein könnte, frage Deinen Kinderarzt – der ist auf jeden Fall neutral.

          2. nix gegen bockshornklee, das ist ein ganz tolles gewuerz und gibt der curry gewuerzmischung erst ihren typischen „curry“-geschmack. ich kauf das beim gewuerzhaendler meines vertrauens.

            1. Guter Tipp! Sollte ich das Zeug jemals wieder „brauchen“, schau ich in der Gewürzabteilung nach. Da ist es auf jeden Fall nicht homöopatisch. Wobei, wer weiß, homöopatische Lebensmittel wären doch mal ein tolles Life Style Produkt ;-).

  7. Halleluja! Endlich! Hinfort mit den Aluhüten!
    Die namentliche Abgrenzung find ich auch super und Alternativmedizin wird sofort aus meinem Wortschatz gestrichen 🙂

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