Abrechnung done

Ärzte (sicher auch andere offiziell Selbständige) machen am Ende des Quartals die Abrechnung über die behandelten Patienten – gesetzlich Versicherte und Privatpatienten.

Im Idealfall sieht das so aus:
– PC hochfahren
– Praxis-EDV starten
– Menüpunkt „Abrechnung“ suchen
– „Start“ klicken
– Ca. 5 Minuten warten
– Verschlüsselungsmodul der KV starten
– File hochladen
Dauer: Sagen wir 15 Minuten.

And now – back to reality:
– PC hochfahren
– Praxis-EDV starten
– Menüpunkt „Abrechnung“ suchen
– „Start“ klicken
– Ca. 5 Minuten warten
– Verschlüsselungsmodul der KV starten
– Fehlermeldung „Kryptomodul veraltet“ entsetzt anstarren
– Update Praxis-EDV downloaden (ca. 1,5 Stunden), wahlweise Update-CD einlegen, in 50% der Fälle frustriert feststellen, dass diese nicht bootet, also doch Download
– Installation des Updates auf dem Server und den Clients (ca. 1 Stunde, 3/4 Stunde davon wegen des Windows-XP-Clients, von dem ich mich nicht trennen kann)
– Praxis-EDV neustarten
– Menüpunkt „Abrechnung“ suchen
– „Start“ klicken
– Ca. 5 Minuten warten
– Verschlüsselungsmodul der KV starten
– Fehlermeldung „Kryptomodul findet schwere Fehler“ entsetzt anstarren
– Ca. 60 Patienten händisch korrigieren (z.B. „Bronchitis“-ICD in „Bronchitis beim Kind“-ICD umwandeln oder Zahlendreher im Gültigszeitraum der GKV-Karte aufspüren – hat leider die Kontrollroutine vor der Abrechnung nicht gefunden…)(Ca. 1/2 Stunde)
– Praxis-EDV neustarten
– Menüpunkt „Abrechnung“ suchen
– „Start“ klicken
– Ca. 5 Minuten warten
– Verschlüsselungsmodul der KV starten
– Fehlermeldung „Kryptomodul findet leichte Fehler“ ungläubig anstarren und … ignorieren
– File hochladen
– Die Fehlermeldung „Ihre Sitzung ist abgelaufen“ mit einem frischen Kaffee entgegnen
– Neustart KV-Homepage
– File hochladen
Dauer: Ca. 3 Stunden.

(auch schon vorgekommen: Letzten Schritt vergessen und 1 Monat später den erhobenen Zeigefinger der KV per Post zur Kenntnis nehmen).

25 Antworten auf „Abrechnung done“

  1. EBM, Fallwerte, Vergleiche mit anderen Ärzten, prozentuale Einstufungen-, Richtlinienvorgaben bei Verschreibungspraxis, alle möglichen Abrechungs- und Ausschüttungsmodalitäten, die permanente Gefahr von Regress, Verhinderung übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit (so nennt sich das wohl), permanente Widersprüche, etc.,., etc,
    Das ist der helle Wahn, wie konnte das nur so werden
    Oder hat sich der Moloch verselbständigt

    Ich bewundere jeden Arzt, der sich in einer derart feindseligen Umgebung niederlässt oder niedergelassen (und gelassen) bleibt
    Und dann noch von allen Seiten getreten wird
    Wann immer es eine Sau braucht, die es durchs Dorf zu treiben gilt
    Polizisten und Ärzte
    Wäre nichts für mich gewesen, ehrlich
    Und ich musste meine Entscheidung vor über 26 Jahren treffen
    Bin wohl doch nicht so blöd

  2. „– Fehlermeldung „Kryptomodul findet leichte Fehler“ ungläubig anstarren und … ignorieren“

    und in diesem Moment ist effektiv Alles was an Sicherheit durch Crypto erreicht wird verschenkt. Wenn ich Crypto nur zu 90% umsetze kann ich es mir gleich sparen. Es gab da mal einen schoenen TED-Talk vom NSA-Director for Taylored Access Operations: Sicherheit bedeutet eben nicht nur 8 von 10 Luecken zu schliessen und sich gut zu fuehlen, sondern 10 von 10. Ansonsten kommen die boesen Jungs rein.

    Aber es sind ja nur besonders sensible Patientendaten nach BDSG, da kann man schon mal n Auge zudruecken und ne Fehlermeldung ignorieren. Ich hoffe, dass kinderdok das genauso entspannt sieht, wenn Bank/Meldebehoerde/Staatsanwaltschaft/Auskunftei/Verlag bei seinen Daten auch mal auf eine „leichte Fehler“-Meldung des Cryptomoduls pfeift.

    1. Ja. Immer feste drauf.
      Das Kryptomodul hat in zweiter Linie die Aufgabe, die Daten zu verschlüsseln. Da gibt es gar keine Überprüfung, die ich ignorieren könnte.
      In erster Linie prüft das Modul aber Abrechnungsplausibilitäten, und da darf man leichte Fehler ignorieren (sie sind eh zu meinem Nachteil).

      Also müsste das Modul „Abrechnungsplausibilität- und Kryptomodul“ heißen, ich habe mir erlaubt, es abzukürzen, so ist wohl das Deinige Fehlinterpretieren meiner Datensicherheitsignoranz entstanden.
      Aber schimpf ruhig.

  3. Und wie lange dauert es, bis so ein Arzt dann tatsächlich weiß, was er verdient hat? Ist das nach der Abrechnung (also am Ende des jeweiligen Quartals) klar oder dauert das dann auch noch, bis die Krankenkassen sich melden?!

    1. Am Ende des jeweiligen Quartals, ach schöne Welt…

      Nein. Meine Abrechnung geht an die Kassenärztliche Vereinigung, wie alle Abrechnungen der Kassenärzte meines KV-Bezirkes. Die Abrechnung erfolgt in so genannten Punkten, also nicht Eurobeträgen. Aufwändige Arbeit bekommt mehr Punkte, einfache weniger, grob.

      Das Gesamt-Punkt-Volumen des jeweiligen KV-Bezirks wird erfasst und von den Krankenkassen eingefordert. Dies wiederum wird dann wieder an die Niedergelassenen ausgeschüttet. Hier gibt es ein sehr kompliziertes Regelwerk aus a) was hat der jeweilige Doc im letzten Jahr abgerechnet – denn gesteigert werden darf nur in geringem Maße, Überschreitungen werden nicht bezahlt b) hat die Fachgruppe (bei mir Kinderärzte) im Vergleich auch mehr oder weniger abgerechnet usw. usf.

      Kurzum: Ich weiß erst am Ende des übernächsten Quartals, also ca. Ende diesen Jahres, was ich tatsächlich im vergangenen Quartal verdient habe. Trotzdem fließt Geld: Jeden Monat gibt es Abstandszahlungen, die sich am Verdienst des Vorjahres orientieren und am Ende eine Schlußzahlung, die die Differenz zum tatsächlich erwirtschafteten füllt.

      Gibt es in (glaube ich) keinem anderen Beruf.

      Deshalb sind auch Privatpatienten beliebt: Du schreibst eine Rechnung, und sie wird – in aller Regel – zügig bezahlt. Und der Patient muß sich selbst mit der Versicherung beschäftigen.

      1. Langsam erscheinen mir die Krankenkassen als fast genauso schlau wie die (systemrelevanten) Banken. Alles, sowohl die Abrechnung für die Ärzte als auch die für die Apotheken, so verkomplizieren (politisch abgesegnet natürlich), dass man auf Seiten der Krankenkassen einen riesigen Verwaltungsapparat aufbauen muss (Arbeitsplätze!) und prompt ist man unersetzlich um all den Verwaltungskram umzusetzen… self-fulfilling prophecy… . Dafür, was das für Arzt oder Apotheker bedeutet, ist die Krankenkasse ja nicht zuständig.
        Und bezahlen tun das die Patienten, aber da sie von dem Verwaltungsirrsinn nicht direkt alle drei Monate betroffen sind, geht keiner auf die Barrikaden.

        Aber meine Krankenkasse hat mir gerade eine Liste der Heilpraktiker zugeschickt, bei denen sie Behandlungen meiner Kinder bezahlen würde! Mir, die demnächst vermutlich das Sorgerecht entzogen bekommt, weil sie nicht mal Arnika-Globuli an die Kinder verteilt! 😉

  4. Windows Xp really? Du weißt schon, dass das unsicher wie die Hölle ist? Da nützt dann auch das Verschlüselungstool nicht mehr so viel, wenn das Betriebssystem auf dem es läuft angreifbar ist und damit alles vorher abgegriffen werden kann.
    Oder nutzt du das noch, weil irgendeine Spezialsoftware nicht auf neueren Systemen läuft?

  5. Ich habe in meiner Laufbahn als Arzthelferin noch niemals eine Abrechnung in 15 Minuten erleben dürfen. Scheine zählen war ja schon ein Abenteuer damals (verzählt, noch einmal von vorn…), aber die EDV-Variante war nicht wirklich entspannter.

  6. Hachja, die liebe EDV… Bei uns muss da meistens die Chefin ran, zumindest was Updates angeht. Wenn sie Pech hat, sitzt sie den ganzen Samstag dran, vor allem zu Jahresanfang, wenn es die neuen Programmversionen gibt.
    Wir schlagen uns mittlerweile mit der ollen E-Bilanz rum. Das ist gefühlt auch erst oft ein Lottospiel, ob es gesendet wird, oder ätzende Fehler ausspuckt, die nochmal gefühlt stundenlang korrigiert werden müssen… Ich kann es sooo nachvollziehen 😀

  7. Bei mir ist der eigentlichen Abrechnung noch ein umfangreicher Check vorgeschaltet: Sind alle Laborausnahmeziffern eingegeben? Fehlen Chronikerziffern? Sind alle DMP abgerechnet?

  8. Ging mir heute mit der Buchhaltung der GmbH meines Mannes ähnlich. Wollte nur den Juni buchen, dann noch Mehrwertsteuer Abrechnung Q2 machen, lange einen komischen Fehler gejagt, auch noch Zahlungen erledigt und lange Synchronisation des Secure Safes wo wir die Geschäftsdokumente haben abwarten müssen. Und alles ging auch gut 3 Stunden, obwohl ich mit einer Stunde rechnete… ;-(

      1. Das kenne ich sogar noch selbst aus meiner Ausbildung. … was für ein Chaos! Und nicht nur die Kassen, auch die Ortsgruppen der Kassen…. wir haben vor 35 Jahren dafür drei Tage veranschlagt – neben dem normalen Praxisbetrieb – und noch einen Samstag zur endgültigen Bearbeitung. … da hören sich drei Stunden nach einer netten Abwechslung an.. *grins*
        Wenn ich aber jetzt die Steuererklärung übertragen möchte und das funktioniert nicht innerhalb 5 Minuten raste ich auch aus….. 😂

  9. Oh, je… geht es denn wenigstens bei den Privatpatienten besser und einfacher? Oder ist das auch umständlich, weil man z.B. extra Rechnungen schreiben und auch den Eingang kontrollieren muss?
    Liebe Grüße
    Sara

    1. Kommt darauf an. Die Leistungsziffern sind ja andere. In der Regel sagt man einem Programm „Testrechnung“ erstellen, der das dann auch macht. Man kontrolliert diese nach Fehler oder ähnliches (die groben Fehler wie zum Beispiel Ausschlüsse werden in der Regel durch die Praxissoftware selbst angemeckert), ist das alles erledigt, wird die Endrechnung gedruckt und den Patienten zugeschickt.

      Die Rechnungssoftware ergänzt zudem automatisch alle Daten, die notwendig sind. Man muss eigentlich nur „von bis“ und eventuell noch den Arzt angeben (falls es mehrere Arztpraxen in einer Praxis gibt) und einen Augenblick warten.

      Manche Praxen haben dafür auch Dritte als Dienstleister beauftragt, zu denen schickt man dann einfach die Daten, die überprüfen das alles, bitten die Ärzte um Korrektur und senden dann den Patienten die Rechnungen zu.

      Sofern man bei der Leistungserbringung nicht schludert ist das alles recht einfach. Aber das Eintüten ist ätzend.

      1. Ja, Privatrechnungen gehen schneller, vor allem, weil sich das Regelwerk (und damit auch die Euro-beträge) seit 1995 nicht geändert hat. Zwanzig Jahre ohne Kostensteigerung, das ist doch cool.

        Das Eintüten macht meine Frau, außer am Sonntag, da ist sie ja mit den Kindern in der Kirche, bevor sie das Sonntagsessen kocht.

        1. Ach Leistungserhöhung… Leistungserhöhung. Ihr Ärzte wollt immer nur mehr Geld! Meine Güte! Ihr könnt doch von Luft und Liebe leben! 😉

          Bei uns mussten immer die Azubis eintüten. Bei 5 Ärzten, davon einer fast nur privat behandelnd, kommt da einiges zusammen. Hat in der Regel zwei bis drei Tage gebraucht, wenn zwei Leute zeitgleich eintüteten.

          1. Ich hab in meiner Ausbildung vor 20 Jahren hauptsächlich Pressemitteilungen abgeschickt. Ja, damals noch per Post. 300-500 Briefe am Tag. Schon damals gab es Falz- und Frankiermaschinen und wir waren noch nichtmal besonders gut ausgestattet. Das sollte 2016 doch wirklich kein Aufwand mehr sein?

        2. Wie jetzt,ohne Aufsicht raus lassen?? Nachher setzt sie die Kinder in die Eisdiele und sie macht wer weiss was schlimmes…… :-O

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