Fragen an Kinderärzte aus dieser Welt III

Zum Dritten – Kollegin Cornelia Strecker hat auf meinen Aufruf reagiert und die zwanzig Fragen an „die echten Kinderärzte dieser Welt“ beantwortet. Vielen Dank dafür.cropped-logo_klein-jpg

Frau Strecker arbeitet mit ihrer Kollegin in einer Gemeinschaftspraxis im thüringschen Apolda – ein Foto habe ich von ihr leider nicht gefunden 😉

 

20 Fragen an die Kinderärztin:

1) Warum Kinderarzt und nicht Urologe?

Das war nie die Frage. Schon alleine, weil man da operieren muss.

2) Ihr Prüfungsthema in der Facharztprüfung?

Kindesmisshandlung, Morbus Crohn, Fieberkrampf, OTC-Mangel beim Neugeborenen (bzw. eher die gesamten Differentialdiagnosen bei einem Kind, das am 2. LT „verfällt“), Neugeborenenkrämpfe, Obstipation

3) Was, wenn nicht Kinderarzt?

Keine Ahnung. Fürs Studium habe ich zwischen Medizin und Biologie geschwankt. Aber auch eine Hebammenausbildung (allerdings ohne allzu viel darüber zu wissen, wie ich später merkte) war in den Überlegungen. Im Studium kam Innere und Neurologie noch in Betracht. Aber nach der ersten Famulatur auf der Neuropädiatrie war die Wahl gefallen. Ich kann mir nichts vorstellen, bei dem ich so zufrieden wäre.

4) Wie lange werden Sie diese Woche in der Praxis arbeiten?

Mit Nachbereitung ca. 35 h.

5) Einzelkämpfer oder Teamplayer?

Teamplayer!

6) Gibt es etwas, was Sie an der heutigen Medizin ärgert?

Vieles an Bürokratie.

7) Was möchten Sie jungen Eltern auf den Weg geben?

Mehr auf das eigene Gefühl und das Kind vertrauen, nicht dauernd zu vergleichen und dabei die schöne Zeit zu verpassen. Sie sollten nicht Zahlen hinterherjagen, sondern das Kind im Blick haben, z.B. „wir behandeln kein Thermometer, sondern ein Kind“.

8) Gibt es ein Buch oder eine Website, das/die Sie Eltern ans Herz legen?

Mein Kind will nicht essen von Gonzales, Schlafen statt Schreien von Pantley

9) Beruf ist Berufung oder Pflicht?

Berufung

10) Welches Kind werden Sie aus Ihrer Arbeit niemals vergessen?

Am meisten in Erinnerung geblieben sind mir die Kinder von der Psychosomatik (mit inhaltlich nahtlosem Übergang zur KJP, aber zugehörig zur Pädiatrie). Die Hintergrundgeschichten der Familien, die Arbeit mit den Eltern und das Leid der Kinder mit diesen hat mich oft sehr betroffen gemacht. Vermutlich könnte ich diese Arbeit auch nicht auf Dauer schaffen. Da habe ich viele Kinder abends in Gedanken mit nach Hause genommen und morgens wieder mit zur Arbeit gebracht. Insbesondere ein 12jähriges Mädchen ist mir in Erinnerung, die ich erstmalig im Dienst mit 1,8 Promille von der Polizei gebracht bekam und später in der Psychosomatik erleben durfte. Sie wirkte bereits jugendlich vom Äußeren, verhielt sich oft sehr schwierig, aber wünschte sich täglich und durchgehend über die ganzen Monate des Aufenthaltes eine Pflegefamilie mit einer Pflegemutter. Sie wollte in keine Mädchen-WG, in kein Jugendwohnen oder Heim, sie wollte unbedingt eine Mutter. Die eigene Mutter war zwar körperlich anwesend, aber nicht emotional und aus diesem Mädchen schrie alles nach einer Mama.

11) Die ewige Frage: Behandeln Sie die Kinder in der Praxis genauso wie Ihre eigenen Kinder?

Ich versuche es, aber habe damit nicht immer Erfolg. Meine beiden Kinder halten viel „wait and see“ aus, die Eltern meiner Patienten (noch?) nicht so viel.

12) Kaffee oder Tee?

Hauptsächlich Tee, aber immer gerne zwischendurch auch mal Espresso.

13) Fahrrad, Laufen oder Auto?

Am liebsten Fahrrad, aber leider auch viel Auto wegen des Arbeitsweges, Laufen auch gerne.

14) Rock´n´Roll oder Klassik? Beatles oder Stones?

Hauptsächlich elektronische Musik.

15) Computer oder Karteikarte?

PC ausschließlich

16) Globuli oder Abwarten?

Abwarten, aber manchmal helfen die Globuli beim Abwarten.

17) Impfen oder Abhärten?

Impfen

18) Ihre aktuelle Verfassung?

Gut, wenn nur die langweilige Fortbildung am Wochenende nicht wäre. (Stichwort 04356)

19) Ihr Motto für den Praxisalltag?

Hm, fällt mir keins ein.

20) Wichtige unbeantwortete Frage?

Auch da fällt mir nichts ein.


ok, über die Globuli müssen wir noch reden … Danke für die Antworten!

9 Antworten auf „Fragen an Kinderärzte aus dieser Welt III“

  1. Schön, beim Durchschmökern Ihrer ,von mir gern gelesenen, Seite unsere Kinderärztin zu entdecken. Wie klein die Welt doch ist, freut mich! Und ja, ein Hoch auf alle, die aufhören, aus Kindern Statistiken zu machen!
    Liebe Grüße aus Thüringen
    Anja Hauguth

  2. Was haben Glaubulis mit Abwarten zu tun? Wer Glaubulis einwirft kann doch eben genau nicht abwarten.

    Typisch: Kind fällt hin. „Auuuu!“ Mama guckt hin um abzuchecken, wie au es denn ist – und gleichzeitig hört sie von der Seite „Hier – Arnica-Kügelchen, da gehts gleich (!) wieder weg…“.

  3. Ich verordne keine Globuli und schicke sie auch nicht zu Heilpraktikern dafür. Ich bemerke aber, dass die Eltern, die diese geben, oft besser abwarten können und dem Kind mit der Krankheit die Zeit lassen, die es braucht um zu gesunden. Sie brauchen keine „mach mein Kind in 24h gesund“-Medikamente.

    Nein, das Mädchen hat keine Pflegemutter bekommen.

  4. Darf man bei dieser Reihe den eigenen Kinderdoc werben? Als „Abwarten“ Mutter sieht man ihn quasi nur zu VU und Impfungen und dann ist keine Zeit, alle diese schönen Fragen zu stellen.

  5. „Können beim Warten helfen“ ist doch gar nicht so tragisch. Sofern Fr. Strecker das auch so handhabt und nicht jedem das Zeug aufschwazt, sondern nur Eltern, die von sich aus darauf bestehen.
    Und nein, ich bin auch kein Glaubuli-Fan. 😉

    Aber: hat die 12jährige ihre Pflege-Mama bekommen? 🙁

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