Flurdiagnostik

„Guck mal, Doktor Kinderdok, ich hab´gaahanz viel Punkte.“
Malte kommt mir strahlend auf dem Flur entgegen. Streckt die Arme nach vorne.
„Ich hab nämlich Hand-Muß-Pfund-Krankheit, mmmhja!“
Er präsentiert stolz die Pickelchen am Mund und den Händen. Dann setzt er sich auf den Praxisflur und zieht die Schuhe aus.
„Guck Guck Guck…!“
Ich gucke. Ja, die Füße sind auch dran.
„Aber Dir geht´s trotzdem gut, oder?“, frage ich ihn.
„Klar, Doktor Kinderdok.“
„Gibt´s was zu ergänzen?“, wende ich mich an die grinsende Mutter im Hintergrund.
„Nein,“ sagt sie, „er hat alles gesagt. Fieber hat er auch nicht, und er ist absolut top-top-fit. Bitte sagen Sie, dass er in den Kindergarten darf.“

Allerdings. Was freue ich mich wieder auf den Aufschrei in der Tageseinrichtung über soviel gesunde Maul- und Klauenseuche.

Zitat Robert-Koch-Institut: „Ob der hohen Zahl asymptomatischer Verläufe (s.o.) sind spezifische Empfehlungen hinsichtlich eines Ausschlusses von erkrankten Kindern aus Kinderbetreuungseinrichtungen oder Schulen prima facie kein angemessenes Mittel, um Ausbrüche zeitnah zu beenden. Ein Verbot für Erkrankte, die Einrichtung zu besuchen, führt zwar zu einer Reduzierung der zirkulierenden Virusmenge vor Ort, damit allein können jedoch Infektionsketten nicht wirksam unterbrochen werden, da die Viren noch für Wochen nach Symptomende ausgeschieden werden können und asymptomatische Virusträger nicht erkannt werden.“

26 Antworten auf „Flurdiagnostik“

  1. Hach so schön zu lesen dieser Beitrag. Wir haben hier ein Riesen Trara in unserer Kita ausgelöst. Kind hatte sich Splitter eingelaufen , welche vom Papa entfernt wurden. 3 zurückbleibende Punkte unter den Füßen ließen bei den qualifizierten Kräften der Kita den Verdacht auf Hand Fuß Mund aufkommen. Bitte einmal das Kind abholen , gesagt getan. 2h beim Kinderarzt verbracht, völlig isoliert und dann eine Gesundschreibung eingesteckt. Diese wollte man in der Kita sehen. Am nächsten Morgen gaben wir zwar das Kind in die Kita, zeigten jedoch die Gesundschreibung nicht vor. Ganz fatal. Keine 2h später das erste von vielen Telefonaten. das Kind müsse unverzüglich aus der Kita abgeolt werden wenn keine Gesundschreibung vorliege. Ich versicherte, dass wir diese hätten und diese leider nur im Auto meines Freundes lag. Eine mündliche Zusicherung meinerseits reichte nicht aus. Ich müsse das Kind sofort abholen. Alles argumentieren half nichts. Selbst der Vorstand der Kita (ja auch dieser hatte sich inzwischen eingeschaltet) konnte oder wollte nicht einsehen, dass eine mündliche Zusicherung unsererseits doch ausreichen müsse). Wie verdammt noch mal kann man als Fachpersonal einer Kitaeinrichtung so einen Aufstand um eine Krankheit machen, bei der 80% der Erkrankten gar keine Symptomezeigen und völlig Absurde Verdachtsfälle äußern? Soll ich mein Kind jetzt wegen jedem Pickel zuhause lassen?

  2. Kann es sein, dass die Krankheit erst die letzten Jahre wirklich verbreitet ist?
    Vor 12 Jahren war dies absolut kein Thema, ich wusste nicht mal, dass es das gibt. Trotz zwei Krippenkinder.
    Die Kinder meiner Schwester haben diese nun schon mehr als einmal gehabt, genau so Kinder von Bekannten.

  3. ok 🙂 ich wiederhole mich zwar aber noch einmal : die virusträger sind lange (2 Wochen)vor den Symptomen und bis zu einem halben Jahr ansteckend. Schwere Fälle sind extrem selten. Die einzige Möglichkeit eine Ansteckung zu verhindern ist ihr Kind ein Jahr aus dem Kiga zu nehmen. Nein, selbst dann können sie es nicht verhindern weil dann evtl schon die nächste Welle kommt die sie noch gar nicht bemerken da noch keine Symptome aufgetreten sind.

  4. Bei uns herrscht mit HMF Besuchsverbot laut Benutzerordnung.

    Und unsere zwei Kinderärzte hier schreiben da auch nicht gesund, da heißt es, 1 Woche aussetzen. 🤔

  5. Sind bei Ihnen noch keine Fälle schwerer Folgeerkrankungen aufgetreten?
    Bei uns mussten zwei Kinder mit einer Meningitis (ausgelöst durch die Hand-Mund-Fuß-Krankheit) stationär behandelt werden.

    1. Das Kind meiner Freundin hat sich im Alter von 10 Tagen (!) vermutlich über das große („gesunde“) Geschwisterkind, das in einer KiTa betreut wird, oder beim Bringen / Abholen desselben mit HMF-Viren angesteckt. Meningitis und Sepsis waren die Folge. Der Kleine hat den Kampf um sein Leben gottseidank gewonnen, wir alle hoffen, dass keine Folgeschäden bleiben. Ungefährlich ist der Erreger also nicht!
      Allerdings glaube ich auch, dass derartige Erreger in den Einrichtungen nun mal einfach lauern und man ihnen wahrscheinlich einfach nicht aus dem Weg gehen kann.
      Ich verlasse mich auf mein eigenes Gefühl und auf die Aussage meines Kinderarztes, ob mein Kind in die Betreuung gehen kann oder nicht.

  6. Wenn es Fieber hat bzw wenn es ihm schlecht geht bleibt es daheim und wenn es ihm gut geht geht es wieder in den Kindergarten. Was muss man da genauer beobachten ? Wegen HFM würde ich mein Kind, mittlerweile, nicht mehr zum Arzt schleppen. Wieso auch ? Der Aushang verunsichert nur und verhindert keine weitere Ansteckung. Unser Kinderarzt muss auch immer grinsen bei der Frage ob etwas rumgeht da eh immer etwas rumgeht 🙂

    1. @Christian:
      Mein Kind bekommt Ausschlag, der (z.B. aufgrund seiner Neurodermitis) nicht 100%ig typisch aussehen muss und Fieber. Variante 1, ich weiß von nichts und gehe zum Kinderarzt, um zu erfahren, was los ist. Kleine Anmerkung: Seit der (viralen) Meningitis meines Sohnes gehe ich mit Infektionen nicht mehr ganz so locker um. Auch wenn ich weiß, dass so ein Pech sehr selten ist.
      Variante 2, ich weiß, dass HMF umgeht, seufze tief und besorge einfach in der Apotheke was zur Unterstützung für den Neurodermitis-Schub, der wahrscheinlich nun kommen wird, schaue, ob mein Kind überhaupt Fieber bekommt oder nicht.

      Im Kindergarten meiner Kinder wird der Aushang auch durchaus zur Info und eventuell sogar Beruhigung genutzt, nach dem Motto, macht Euch keinen Stress, ist nur HMF! Aber unser Kindergarten ist da ohnehin offensichtlich viel entspannter als viele andere.

  7. Sollte dann über akute HMF eigentlich noch via Aushang im Kindergarten informiert werden?
    Hier wird es nicht (mehr) gemacht „Die Kinder sind ja schon ansteckend gewesen, bevor es sichtbar wurde“ Blödes Argument, denn das gilt ja auch für eine Menge anderer Krankheiten, z.B. Scharlach o.ä.?! Ich würde es gerne wissen, um im Zweifelsfall selber entscheiden zu können, ob ich mein Kind in nächster Zeit schicke, oder eben nicht. Und um eventuell vorgewarnt zu sein, dass da etwas kommen könnte.

    1. So verständlich es ist informiert sein zu wollen wenn etwas rumgeht. Es hat keinen Sinn. Ich bin kein Mediziner aber wie schon gesagt ist das Virus hoch(?) ansteckend und folglich haben eh schon alle Kinder das Virus in der Einrichtung wenn sich bei einzelnen Symptome zeigen. Bitte widersprechen wenn ich falsch liege.

      1. Doch, das macht Sinn. Ich beobachte mein bis dato vlt noch unauffälliges Kind genauer und kann ggf. dem Arzt auch sagen, was grad mal wieder rumgeht…

  8. Frage an Kinderdoc: bei massiv grassierender Hand-Mund-Fuß-Krankeit in unserer Einrichtung mussten nicht nur die betroffenen Kinder daheim bleiben, sondern auch eine schwangere, ansonsten rundum gesunde Kollegin – „für alle Fälle“. Wir stöhnten unter Vertretungslast, sie stöhnte, weil sie hochmotiviert Arbeitsverbot hatte. War das nötig?

  9. Ok, ich hatte mich nicht ausführlich genug ausgedrückt. Die Damen waren alarmiert weil sie sofort HFM diagnostiziert hatten und mir sagten dass er damit nicht in den KIGA dürfe. Wir gehören nicht zu den Eltern die Ihr Kind krank in den KIGA schicken.

    1. Ok, dann gebe ich Ihnen recht, allein die Erfahrung müsste den Damen klar machen, dass sie jetzt nunmal HMF im Kindergarten haben (vermutlich schon 3 Fälle, die sie einfach nicht bemerkt haben). Zettel an die Tür, zur Info für die anderen Eltern, müsste da eigentlich reichen.
      Das ist doch eine häufig auftretende Krankheit, das kann den Erzieherinnen doch nicht zum ersten Mal über den Weg laufen?

  10. leider wissen es unsere Kindergärtnerinnen besser als das Robert Koch Institut und rationalen Argumenten nicht zugänglich. Unser damals 4jähriger hatte auch rote Pusteln und Ihm gings sonst gut. Dennoch kam der Anruf aus dem Kiga wir müssten ihn SOFORT abholen und zum Kinderarzt bringen……

    1. Hier sehe ich nicht das Problem, dass Erzieherinnen es besser wissen als das Robert-Koch-Institut, sondern dass sie eben keine Ärzte sind. Und bei Ausschlag am Körper eines Kindes erst einmal wissen wollen, um was es sich handelt. Was ich durchaus verständlich finde. Ja, es ist nervig, das Kind wegen einer (angeblichen) Kleinigkeit aus dem Kindergarten abholen zu müssen. Aber wenn die Kleinigkeit dann doch keine ist, sondern eine allergische Reaktion oder die Windpocken oder was auch immer, ist es vielleicht ja doch gut, dass man Bescheid bekommen hat.

  11. Is ja nett…. dann lass ich mein Neurodermitisgeplagtes Kind demnächst sofort daheim… hatte er letztes Jahr – HMF auf offene Neurodermitis… war super (nicht) 😣😤

    1. Bei Ihrem Kind ist das Virus schlimm. Das kann ich einsehen und würde ja auch wirklich gerne mein quietschfideles Kind, das diesen für die meisten Kinder harmlosen Virus hat, mit Rücksicht auf Ihr Kind zu Hause lassen. (Bin ja auch aus analogem Grund sehr für das Impfen).

      Nur: Der Beitrag des Robert-Koch-Institut besagt, dass das Rausnehmen von den kranken Kindern Ihrem Kind nichts genutzt hätte: Angesteckt hätte sich Ihr Kind sowieso.

      Dann wiederum frage ich mich schon als Elternteil eines gesunden quietschfidelen Kindes mit einem solchen für die meisten harmlosen Virus, wofür ich mein fittes Kind zu Hause lassen soll?

      1. Danke..
        Seine Zwillingsschwester hatte 2-3 Pünktchen und das wars. Es ist halt mit Neurodermitis wirklich ein Problem mit allen Krankheiten, die mit Ausschlag einhergehen. Nicht nur deswegen sind alle auch gegen Windpocken geimpft….Mir ist schon klar, dass das überall lauert. Aber wenn es sich vermeiden lässt, fände ich es schon schön, wenn ich ihm ein zweites Mal ersparen kann. Mit den Nachwirkungen hatten wir noch 6 Wochen später zu kämpfen 😔

        1. Verständlich. Und echt bitter. Darum haben wir neulich unser akut „krankes“ Kind (das de facto nichts hatte außer ein paar Pickelchen) drei Tage zu Hause gelassen. Andererseits: Laut unserem KiA können einmal Erkrankte allerdings in Extremfällen bis zu einem halben Jahr ansteckend bleiben. — Und es ist schlichtweg UNMÖGLICH ein Kind so lange zu Hause zu lassen. Insbesondere bei zwei beruftstägigen Eltern!

        2. Da mein Kind auch unter Neurodermitis leidet, wenn auch normalerweise nur unter leichten Schüben, kann ich Sie gut verstehen. Aber bei uns geht Hand-Mund-Fuss jedes Jahr mindestens einmal im Kindergarten um (da es leider nicht nur einen festen Erreger gibt, gegen den die Kinder dann immun wären). Ich schlucke zwar jedesmal heftig, aber bisher hatten wir nur einmal das „Vergnügen“. Aber es ist weder eine Option mein Kind monatelang zu Hause zu behalten, noch die anderen Kinder.

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