Was ich den Unfallchirurgen schon immer mal sagen wollte

Stitch Composite

Liebe Kolleginnen und Kollegen der chirurgischen Zunft,

Ihr macht ganz tolle Arbeit: Eure Operationen sind einfach besser als meine, Eure Nähte und Klammerungen bei Wunden viel routinierter und hübscher, keine Frage. Viele von Euch können auch mit Kindern gut, basteln Gummihandschuhgesichter und benutzen bunte Verbände. Das ist alles ganz prima.

Kleine Anregung: Platzwunden könnt Ihr ja nähen oder mit Gewebekleber kleben oder auch mal Klammerpflaster benutzen, je nach Zustand der Wunde und Eurem Belieben, manche kleben eben lieber. Ist völlig ok.

Aber: Kombinieren muss man das nicht. Eine gut vernähte Wunde benötigt keine Klammerpflaster, schon gar keinen Histokleber oben drauf. Eine geklammerte Wunde wird auch so halten, dann muss das ganze nicht noch mit Sekundenkleber verziert werden (oder man benutzt gleich *nur* den Kleber).

Denn: Verdammt, ich muss die Fäden ziehen. Und wenn dann alles in einer einzigen Klebepampe verschwindet, macht das weder mir, noch dem Patienten wirklich Spaß. Das wollte ich mal anmerken. Vielleicht lest Ihr´s ja.

Achja: … dann war da noch die Sache mit den Haaren. Aber das ein anderes Mal.

Viele liebe kollegiale Grüße zum Nikolaus,

Euer kinderdok

(c) Bild bei Flickr/Pitt Caleb (unter Lizenz Creative Commons)

18 Antworten auf „Was ich den Unfallchirurgen schon immer mal sagen wollte“

  1. Marginal on topic – ich hatte vor ein paar Jahren mal gelesen, daß im Englischsprachigen Ausland kleinere Kopfplatzwunden projektmäßig mal durch Zusammenzwirbeln und Verkleben der Haare(!) behandelt wurden. Hat sich das irgendwo durchgesetzt? Die Idee klang zumindest spannend, weil es das schmerzhafte lokale Betäuben/Klammern/Nähen ersetzte (wenn auch nicht das Reinigen). Oder war das nur so eine Drittweltland-Lösung?

  2. och, da hab ich respektive mein Wildfangtöchterchen ja richtig Glück gehabt. Der megatiefe Schlaatz an der Stirn, den sie sich bei nem Sturz im Kiga geholt hat (mit Kopf auf Rutsche geknallt, als sie das Dreirad festhalten wollte und das sich selbständig machte. Konnte keiner was für, war echt ein Unfall) wurde zweischichtig genäht mit ich glaub insgesamt 10 oder 12 Stichen. Danach kam nur ein Abdeckpflaster drauf und Kind zur Beobachtung auf Station. Die Narbe heilte gut, dass mein Töchterlein partout immer mit dem Kopf durch die Wand will und mit selbigem (inklusive Narbe) halt auch immer wieder andotzt, kann die Narbe ja nix für 😉
    Am Freitag ist es ein halbes Jahr her und die Narbe ist noch ein bisschen rötlich und minimal erhaben 🙂 Aber dem Kind geht es gut, ist genauso tobesüchtig wie vorher. 😀

  3. @Kinderdok: bei Kleber, Naht und Klammerpflaster hat sich aber jemand wirklich stark verkünstlert… Bei mir kommts hin und wieder zu Kleber + Klammerpflaster (wenn ich weder Kleber noch Klammerpflaster alleine genug Halt zutraue, dass die Wunde nicht wieder aufgeht, aber nicht nähen kann, weil Patient zu unkooperativ) oder zu Naht + Klammerpflaster (wenn die Naht nicht so schön geworden ist, wie ichs gern hätte um die Wundränder noch etwas schöner zu adaptieren*, damit die Narbe hübscher wird), nur Klammerpflaster mag ich nicht (hab zu oft gesehen, dass Leute nach nur Klammerpflaster mit wieder aufgerissener Wunde aufgeschlagen sind), nur nähen oder nur kleben geht voll ok… so eine Dreifachversorgung ist unnötig (und unnötig schwer für den Niedergelassenen wieder los zu werden)

    *deswegen werden Klammerpflaster bei uns auch gerne Pfuscherpflaster genannt…

    @cara: Doch macht man… sieht nicht schön aus, hat aber verschiedene Gründe: Tempo (z.B. bei nicht so wirklich stabilen Patient, der schnell wieder aus der Narkose soll), stark gespanntes Gewebe (da laufen selbst dicke Fäden sonst Gefahr durch die Wundränder zu schneiden, dann ginge die Wunde wieder auf), schlechtes Gewebe bei z.B. sehr dicken Patienten oder schlecht eingestellten Diabetikern (gleiche Günde wie bei stark gespanntes Gewebe), Second Look notwendig (z.B. bei sehr siffigen Bauch-OPs, wo dann später noch ein zweites Mal operiert wird -> geht schneller und lässt sich besser wieder öffnen), befürchtete Wundheilungsstörung (sofern genug Subcutangewebe vorhanden ist, sollen die Klammern wohl die Wundränder weniger stark spannen und daher eine bessere Wundheilung bewirken) oder aber leider auch Faulheit (geht schneller). Wie stark der „Reißverschluss“ später zu sehen ist, hängt allerdings auch von der Narbenbildung ab. Ich habe Leute gesehen bei den hat man nach dem Klammern (ca. 1 Jahr später) fast gar nix mehr gesehen. Bei mir wärs z.B. auch egal, wie man die Wunde versorgt, wird eh hässlich (ich hab zwar eine normale Wundheilung, neige aber zu hypertropher Narbenbildung… da kann sich der Chirurg noch so viel Mühe geben, wird trotzdem nicht hübsch), das gebe beim Klammern auch einen Reißverschluss (den bekommt ich allerdings auch in etwas weniger stark bei einer stabilen Naht)

    1. Was sagt man da als Mutter zu dem Arzt, der die Platzwunde am Kinn eines extrem sabbernden Zweijährigen eben nur mit Klammerpflaster behandelt und alle Einwände vom Tisch wischt? Weil er sich vorm Nähen scheute… (warum er den Kleber nicht benutzt hat, weiß ich nicht). Pfuscherpflaster – muss ich mir merken!

      „2 Tage sauber und trocken halten, dann ist alles vergessen“ – wenn’s nicht zum Heulen wäre, wäre es ja zum Lachen. Da der Knabe nicht mal 2 Minuten ein trockenes Kinn hatte, hat es natürlich nicht gehalten und er hat jetzt eine unnötig große Narbe am Kinn, zum Glück unten und damit aus dem Sichtfeld – aber ärgerlich trotzdem.

      1. Kenn ich. Im Laufe der Jahre mehrere Platzwunden am Kinn und ein extrem sabberndes (schwerbehindertes) Kind. Den Arzt, der mir da mit „ein paar Tage trocken halten“ kam, hab ich ausgelacht und gebeten, die Wunde doch bitte zu nähen.

        Einmal wurde es mit Kleben versucht, nach dem nächsten (gar nicht so dramatischen) Sturz aufs Kinn ein paar Tage war die Wunde dann auch direkt wieder offen.

        1. Mit Auslachen habe ich es ja versucht, hat leider nichts gebracht. Stattdessen war ich die Rabenmutter, die abends um 8 noch verlangte, dem übermüdeten Kind müssten ein paar Stiche gesetzt werden, wo es doch gar nicht nötig sei… Ergebnis siehe oben!

      2. Ich denke pfuscherpfladter bezieht sich darauf das man eine weniger gelungene naht mit den Pflastern nicht nur überdecken Sondern auch in der Adaptation verbessern und so das Endergebnis wieder richten kann. Und nicht wie ich glaube die es verstanden haben das es eine schlechte Alternative ist die nur von faulen Quaksalbern genutzt wird

      1. Wieso denn auch, du hast deine Kritik doch taktisch gut aufgebaut: Zuerst einmal unsere Wundversorgung in den Himmel loben und dann die eigentliche Kritik anbringen 😉 (Aber du hast mich zum nachdenken gebracht: Wird dem Niedergelassenen aus meinen paar Worten im Ambulanzbrief immer klar, was ich mir bei der Wundversorgung gedacht habe? Wohl eher nicht immer…)

    2. Alle genannten medezinischen Klammer-Gründe kann ich eigentlich ausschließen. Bei der zweiten OP (gleicher Schnitt) haben sie genäht, wovon längst nichts mehr zu sehen ist. Ich vermute demnach Faulheit.

      Sauerei, eigentlich. Und das Rausmachen hat so wehgetan. Ich war ein Kind, Schmerzmittel gabs nicht.

      1. Ich hab jetzt keine ausführliche Recherche betrieben, welche Klammergründe es früher(TM) gab (vielleicht Gründe die heute obsolet sind oder sich als falsch rausgestellt haben), wenn ich das richtig verstanden habe, ist die OP ja schon länger her und habe nur aus dem Kopf aufgeschrieben, was mir dazu einfällt… aber es kann wirklich Faulheit gewesen sein…

        Ich persönlich finde Klammern entfernen jetzt so wirklich nicht schmerzhaft, aber meine Erfahrung bezieht sich auch nur auf eine einzige Klammern (stolpernde PJlerin mit Klammergerät vs mein Arm), das rein tat ganz schön weh… das raus war echt ok… aber jeder empfindet das als anders.

        Bei uns wird z.B. bei allen Knie-TEPs geklammert; da auf Grund der Frühmobilisierung sehr viel Bewegung auf die Wunde kommt (Gefahr von Wundheilungsstörungen), aber ob das jetzt Aberglaube ist oder wirklich hilft… kann ich leider nicht sagen. (Keine verlässlichen Studien…)

        1. Nochmal ich: Ich persönlich hoffe es gab Gründe für die Klammerung, da ich es nicht mag, wenn mein Berufsstand Kindern aus eigener Faulheit unnötiges Leid zufügt… Aber natürlich hab ich über die Entfernung des Internets und der Zeit keine Ahnung was sich dein damaliger Arzt gedacht hat (oder eben auch nicht gedacht hat)…

  4. Ich denke dabei unweigerlich an das Klammern (nicht Pflaster – so eine Art Metallklammern) größerer Wunden. Sieht 30 Jahre später noch aus wie ein Reißverschluss.
    Bitte sag, dass man das nicht mehr macht.

    1. Mir hat man vor 10 Jahren so eine verpasst. Siebzehn Klammern nach Nierenentfernung. Ich sah aus wie Frankensteins Monster. Schon 5 Jahre später sah man davon so gut wie nichts mehr. Heute ist es nur noch ein etwas hellerer Streifen, der nur dann auffällt, wenn ich die Arme hoch recke. 🙂

  5. Und dann ist da noch die Sache mit den selbstauflösenden Fäden. Die sich dann aber so gar nicht selbst auflösen…. autsch

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