Wenn mal wieder die Nase juckt…


… ist Heuschnupfenzeit.

Und wenn ich aus dem Fenster schaue, dann wird es nicht mehr lange dauern, bis die ersten Kinder in der Praxis aufschlagen, um sich ihre bitter nötigen Medikamente zur Linderung der Beschwerden abzuholen. Wir sprechen von Heuschnupfen, professioneller von „Pollinosis“, also der allergischen Reaktion auf Pflanzenpollen, insbesondere Gräser- und Baumpollen.

Betroffene Patienten haben ab Beginn des Frühlings jährlich wiederkehrende Beschwerden, dabei reagieren Nasen- und Augenschleimhäute allergisch auf die feinen Pollen in der Luft. Zu allem Übel kann es ganzjährig zu so genannten Kreuzallergien kommen, d.h. Pollenallergiker reagieren oft auch auf Nahrungsmittel.

Was tun?

Den Auslöser definieren:
– Also z.B. einen Allergiekalender führen, indem der Patient oder die Eltern die Beschwerdetage eintragen, diesen abgleichen mit Pollenflugkalendern im Internet oder oldfashioned zum Arzt mitbringen.
– Einen Allergietest druchführen lassen: z.B. einen Prick-Hauttest oder (bei kleineren Kindern) einen RAST-Test.

Das Allergen meiden: Leichter gesagt als getan, fliegen doch die Pflanzenpollen mitunter kilometerweit. Dennoch kann man bestimmte Dinge tun, um die Pollenbelastung zu minimieren:
– Urlaub in pollenarmen Regionen: Meeresklima oder Hochgebirgsklima, auch Städteurlaub kann Linderung versprechen.
– Am Abend die Fenster geschlossen lassen und nicht die ganze Zeit lüften.
– Kleider, die am Tage getragen wurden, außerhalb des Schlafzimmers lassen, oder gleich in die Wäsche geben.
– Haare täglich abends ausspülen.
– Die Pollenbelastung ist auf dem Land eher morgens am höchsten, in der Stadt abends. Entsprechend sollte man das Lüftungsverhalten in der Wohnung anpassen.

Medikamente geben:
– Lokaltherapeutika wie Nasen- und Augentropfen
– Antiallergika in Form von Säften, Tropfen oder Tabletten.
– Letztere nimmt man vor allem dann ein, wenn die Allergie bereits Symptome zeigt. Nasen und Augentropfen kann man und sollte man besser prophylaktisch einsetzen, zum Beispiel am Morgen, bevor man überhaupt das Haus verlässt.

Allergieimpfung:
Ein umgangssprachlicher Ausdruck, der die so genannte Hyposensibilisierung beschreibt. Ähnlich einer Impfung werden die auslösenden Substanzen (Pollen) in hoher Verdünnung über Spritzen oder Tabletten über einen längeren Zeitraum hin verabreicht, so dass sich der Körper an die Allergene gewöhnen kann. In der tatsächlichen Pollensaison ist dann die Reaktion deutlich geringer oder bleibt komplett aus. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen ist eine Hyposensibilisierung sehr erfolgsversprechend, diese kann, rechtzeitig begonnen, den so genannten Allergiemarsch in die Bronchien (Asthma) verhindern. (Dabei ist der „Allergiemarsch“ kein „Weiterwandern“, sondern eine Verschlimmerung der Allergie.)

Rund um Allergien kreisen viele Gerüchte und Anekdoten. So können viele Allergien über die Jahre spontan besser, aber auch schlechter werden, viele Allergiker berichten von Spontanheilungen in der Pubertät oder sonst im Laufe ihres Lebens. Gerade bei Pollenallergikern ist das Ausmaß Allergie vom Klima abhängig. Jedes Jahr kann man spätestens im Mai beurteilen, ob ein starkes Allergiejahr ist.

Daher zur Ergänzung: Spontane Besserungen und Jahresschwankungen machen Pollenallergien zu dankbaren Aufgaben für die Alternativmedizin und Heilpraktiker: Zuckerkügelchen lassen die Beschwerden verschwinden oder sie verstärken sich (Erstverschlimmerung!), am Ende des Sommers sei alles wieder gut. Und wenn’s nicht geholfen hat, nimmt der HP ein anderes Mittelchen in anderer Verdünnung, über die Jahre werde es dann schon besser. Bei Kindern und Jugendlichen keine gute Idee: Jedes Jahr, indem die Pollinose nicht „gescheit“ behandelt wird, lässt die Chance auf ein allergisches Asthma steigen, ganz zu schweigen von den alljährlichen Akutbeschwerden, die die Kinder in der Konzentration und im Sport in Schule und Verein und der Freizeit leiden lassen.

Susannchen braucht keine Globuli

Übersicht Heuschnupfenallergie BVKJ und des Deutschen Allergie- und Asthmabundes

Volkskrankheit Allergien (Posting von 2015)

(c) Bild Susannchen beim Informationsnetzwerk Homöopathie

13 Antworten auf „Wenn mal wieder die Nase juckt…“

  1. Bin selbst Hautärztin und in Weiterbildung für Allergologie. Die Allergenkarenz ist sehr wichtig, aber kein Antihistaminikum kann (leider) die Progredienz zu Asthma beeinflussen.

  2. Schöner Artikel, danke.
    Dass die Einnahme von Antihistaminika den Etagenwechsel verhindern kann, lese ich jetzt zum ersten Mal. Überall sonst hab ich nur die Hyposensibilisierung als einzige Möglichkeit aufgeschnappt. Für die ist einfach mein Leidensdruck nicht hoch genug, aber Etagenwechsel will natürlich keiner.

  3. Ach ja, der Heuschnupfen. Als Kind war ich echt gut dabei. Augen, Nase, Mund, Rachen … das Schlimmste war jedoch dieser Arzt. Alles nicht so schlimm. Geht schon wieder vorbei. Blöderweise wollten sie mich Kiga trotzdem nicht zurückhaben mit diesen Symptomen, also mußte dann doch was her. Der Erzieherin bin ich heute noch dankbar.
    Da meine Eltern das Ganze aber irgendwie nicht weiter interessierte und wir den Urlaub logischerweise immer im Wald verbracht haben, ließ das Asthma nicht lang auf sich warten. Beim dritten Mal abfahren lassen mit dem Rettungsdienst wegen der sattblauen Farbe muss mal einer klare Worte gesprochen haben. Ab da funktionierte zumindest der Medi-Nachschub halbwegs. Ich habe schnell gelernt, mir (vor allem vor Urlauben) die benötigte Menge verschreiben zu lassen – zum Glück hab ich die bei diesem Doc auch immer anstandslos bekommen. Der hat sich dann nicht mehr gewundert, dass eine Elfjährige ihren Kram selber besorgt.

    Zum Glück hatte die Natur ein Einsehen mit mir und über die Pubertät hat sich das rausgewachsen. Heute gelegentlich mal zarte Anflüge wie juckende Augen, aber das auch nicht jedes Jahr. Gott sei Dank.

  4. Wieso? Die Zurückhaltung… fördert den Allergiemarsch. Das passt schon.
    Blöd wenn das Asthma dann schon da ist und zwar in einer Ausprägung dass kein Ki-pneumologe eine Hypo machen will/kann.
    Bleibt nur noch Karenz, Kortison und Antihistamin … und hoffen auf die Pubertät….

    1. Ähm… wirklich? Das habe ich noch nie erlebt. Ich persönliche bevorzuge dann ein etwas langsameres Aufdosierungsschema, hat bisher immer geklappt. Eventuell mal den Kinderpneumologen wechseln!

  5. Moin, Danke für die nette Anleitung. Der Satz „Zurückhaltung mit diesen Medikamenten ist nicht empfehlenswert, da sie den so genannten Allergiemarsch in die Bronchien (Asthma) fördert.“ erschließt sich mir noch nicht. Der Allergiemarsch ist doch sicher nicht gewünscht, oder?
    Grüße
    Der Rolf

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