Masterplan Medizinstudium wieder ohne Kinderversorgung

„Kinder- und Jugendärzte begrüßen Masterplan Medizinstudium, lehnen aber Landarztquote und Beschränkung auf Allgemeinmedizin ab: „Zur ambulanten Grundversorgung gehört auch die Kinder-und Jugendmedizin!“

Bund und Länder haben sich auf einen gemeinsamen Vorschlag zur Reform des Medizinstudiums geeinigt. Der „Masterplan Medizinstudium 2020“ sieht unter anderem eine Stärkung der allgemeinärztlichen Ausbildung vor. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) kritisiert vor allem die unsichere Finanzierung der Reform, die Landarztquote und die Beschränkung auf die Allgemeinmedizin.

BVKJ-Präsident Thomas Fischbach: „Wir begrüßen den Reformplan. Eine größere Praxisnähe des Medizinstudiums, insbesondere die frühzeitige Einbindung von Medizinstudierenden in die ambulante Grundversorgung, dies fordern wir seit langem. Wichtig ist uns dabei die Einbeziehung der Pädiatrie. Wir wollen kein rein ‚allgemeinärztliches Angebot‘! Studierende müssen die Möglichkeit haben, Kinder und Jugendliche in den pädiatrischen Praxen zu betreuen, um die spezifische ambulante Grundversorgung der Kinder- und Jugendärzte kennenzulernen. Die Kinder- und Jugendmedizin ist gemäß SGB V fester Bestandteil der hausärztlichen Versorgung und muss daher ebenso gefördert werden wie die Allgemeinmedizin. Unsere Vorschläge dazu liegen seit Jahren auf dem Tisch. Man hätte sie auch ohne Masterplan umsetzen können.
Ob der Masterplan nun den Mangel an Landärzten behebt, halten wir für fraglich. Aus versorgungspolitischen Erwägungen die Struktur des Medizinstudiums zu ändern und die Zulassung an Bedingungen zu knüpfen, lehnen wir ab. Abiturienten können sich nicht vor Beginn des Studiums festlegen, wo sie später einmal arbeiten wollen. Angehende Ärztinnen und Ärzte sollen sich für die Niederlassung auf dem Land entscheiden, weil sie dort gute Arbeits- und Lebensbedingungen vorfinden. Und die muss die Politik dann auch schaffen.

Als Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte fordern wir den Ausbau der Studienplatzkapazitäten um mindestens zehn Prozent. Nur so kann dem Ärztemangel sinnvoll entgegengewirkt werden. Insbesondere in unserem Fach, in dem viele Kollegen und Kolleginnen innerhalb der nächsten zehn Jahre in den Ruhestand gehen werden. Der Ausbau erfordert Geld. Finanzierungsfragen wurden bei der Beratung des Masterplans ausgeklammert . Für eine Klärung ist es jetzt höchste Zeit.“


Dies ist eine Pressemitteilung des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte.

Kinderärzte arbeiten fachärztlich und allgemeinärztlich, d.h. sie nehmen an der flächendeckenden Versorgung der Patienten gleichberechtigt zu den Allgemeinärzten teil. Umso bedauerlicher, dass sie (wieder einmal) in den Planungen des Medizinstudiums nicht vorkommen.

9 Antworten auf „Masterplan Medizinstudium wieder ohne Kinderversorgung“

  1. Ist doch das selbe Spiel wie bei Wir brauchen mehr Pflegekräfte! Resultat: Wir legen die Ausbildung von Altenpflegern, Krankenpflegern und Kinderkrankenpflegern zusammen, dann haben wir mehr von allem! Falsch. Wir haben genauso viele Ausgebildete, die aufgrund der späteren Differenzierung bei gleicher gesamter Ausbildungsdauer schlechter für ihren späteren Job ausgebildet sind. Dafür dürfen die dann von Station zu Station hüpfen, und mittels Outsourcing von Zeitarbeitsfirmen für alle möglichen Jobs „vermietet“ werden… Aber alles neu -> alles toll!

    Kann man nur noch mit dem Kopf schütteln ob so viel „Expertentum“, aber dann bekommt man ja HWS vor lauter Überanstrengung…

  2. Also zwingen wir jetzt Mediziner aufs Land. Zu den alten Leuten. Denn: junge Familien ziehen dort immer weniger hin. Schließlich gibt es dort nicht mal einen Kinderarzt in erreichbarer Nähe. Und den braucht man spätestens beim zweiten Kind nunmal ziemlich regelmäßig. Also sitzt der Mediziner auf dem Land mit alten Leuten. Die trotz gutem Hausarzt nicht ewig leben. Und dann wird die (teure) Praxis langsam immer leerer.
    Klingt nach einer superguten Planung. Seufz.

  3. Ich weiß nicht wie das beim Medizinstudium in Österreich aufgebaut ist, aber ich vermute leider nicht viel besser. Das würde auch etwas die Reaktionen zweier Vertretungen meiner Hausärztin erklären: Ich habe vor ein paar Wochen gebeten, ob ich meine 2-jährige Tochter bei meiner Hausärztin impfen lassen kann, da meine Kinderärztin auf Urlaub und danach direkt im Krankenstand war und ich aufgrund mehrerer Windpockenfälle in der Kinderbetreuungseinrichtung, sie gerne noch (mit Hoffnung, dass sie verschont bleibt) dagegen impfen lassen wollte. Ich bekam dafür die Antwort, dass sie keine Kinder in der Praxis impfen und ich mich damit bitte an einen anderen Kinderarzt bzw. an einen anderen Allgemeinarzt wenden soll. Auf meine Frage wieso keine Kleinkinder impfen, bekam ich zur Antwort, dass das nicht ihr „Fachgebiet“ sei.
    Der 2. Fall war vor ein paar Tagen: Meine Tochter hatte in der Nacht Fieber bekommen (39,7°C trotz Nureflexgabe nicht unter 39°zu bekommen), Kinderarzt hat das Telefon aufgrund eines Krankenstandes am Empfang auf Tonband geschalten und war nicht erreichbar, hatte aber auch keine Vertretung. Anruf bei meiner Hausärztin, ob sie sich bitte sie ansehen kann, durfte dann hinkommen, bei der Untersuchung meinte sie dann, dass Kinderheilkunde nicht ihr Gebiet sei und der Hals und die Ohren leicht gerötet sind und sie mir ein Antibiotikum mitgibt und wenn ich das Gefühl habe, dass meine Tochter es benötigt bzw. das Fieber in 2 Tagen nicht besser wird, ich ihr das geben soll. Positiv ausgedrückt, habe ich mich damit nicht besonders wohl gefühlt und war dann schlußendlich auf der Kinderklinik. Dort bekam ich noch gesagt, das nächste Mal solle ich bitte versuchen bei einem anderen niedergelassenen Kinderarzt noch einen Termin zu bekommen. Muss aber dazu sagen, dass ich versucht habe bei 2 anderen Kinderärzten einen Termin zu bekommen, aber da sie keine offizielle Vertretung meiner Kinderärztin waren und so keine neue Patienten aufnehmen, war das nicht möglich. Irgendwie war hier diesmal der Wurm drinnen und ich am Schluss ehrlich gesagt nur mehr verzweifelt, mit einem schlappen, fiebernden Kind :-(.

    1. Wenn man überflüssige Medikamente oder ungenaue Behandlung vermeiden möchte sollte man das Kind immer (!) einem Kinderarzt vorstellen, keinem Dorfarzt der mal eben alles mit macht. Und möglichst bei Verschlechterung immer dem gleichen Arzt vorstellen. Notfalls mit Wartezeit und Fahrtweg. Aber den Behandlungsverlauf hat man als Eltern auch selbst mit in der Hand.

  4. Die Kinderärzte werden immer wieder in der Allgemeinmedizinischen Versorgung vergessen…

    Dennoch hat die Pressemitteilung bei mir unangenehme Erinnerungen an mein Studium wachgerüttelt. Wens es interessiert:

    Ich war mit meinem Studium fertig, bevor die großen Veränderungen kamen (Umstellung des PJs und der Famulaturen), aber trotzdem hatte ich das Fach „Hausarzt-/Landarzt-sein-ist-schön“ (keine Ahnung, wie es wirklich hieß und was es uns beibringen sollte). Es war schrecklich. In einem Teil des Faches sollte ich für 2 (?) Wochen einem Landarzt über die Schulter schauen. Weit außerhalb des Gebietes meines Semestertickets und faktisch nicht mit den Öffentlichen erreichbar (ich hatte kein Auto). Ich war mehr als 6h pro Tag unterwegs nur um dieses Praktikum wahr zu nehmen (natürlich Pflicht)… Es war im tiefsten Winter, die letzte Stunde des Hin-/Rückweges musste ich laufen. Eine Pension konnte ich mir für die 2 Wochen nicht leisten. Der Praktikumsplatz wurde einem zugelost, Tauschen nur in Außnahmefällen möglich. (Nach mehrmaliger Nachfrage: 6h Fahrt am Tag und deutliche Kosten, die nicht so einfach zu stemmen waren, zählten nicht. Und ich hatte wohl nicht einmal einen der schlimmsten Plätze erwischt.) Alles in Allem: Das war dermaßen be*** organisiert, dass ich mich nicht daran erinnere, ob der Landarzt gut/schlecht oder durchschnittlich war. ABER: Wenn das einem Lust aufs Landarzt sein (egal ob für Erwachsene oder Kinder) machen sollte, hat es gründlich versagt. Danach hatte ich lange Zeit nämlich definitiv keine Lust mehr jemals wieder in die Nähe einer so ländlichen Gegend zu kommen…

    Was will ich mit dem Erfahrungsbericht aussagen: Wenn das die Umsetzung der politischen Forderung „Wir brauchen mehr Nachwuchs an Ärzten auf dem Land“ ist, braucht man sich nicht wundern, wenn der ausbleibt. Egal für welche Alterskategorie.

  5. Den Kinderärztlichen Notdienst kündigen sie auf und dann wird das im Allgemeinmedizinischen Studium nicht mehr gelehrt? Kommunizieren die in der Krankenkasse und der medizinischen Ausbildung nicht miteinander?

  6. Umso bedauerlicher ist es, dass uns in der Pädiatrievorlesung vor rund einem Jahr noch erzählt wurde, wir sollen bloß keine Kinderärzte werden. Es sei ein aussterbendes Fach.

    Ich hätte damals gerne meine hausärztliche Pflichtfamulatur beim Kinderarzt absolviert. Leider hat das aufgrund mangelnder Kapazitäten nicht geklappt – wenn das schon zum Problem wird, wie sollen dann noch mehr angehende Mediziner/innen in pädiatrischen Praxen „untergebracht“ werden?

    Die Landarztquote ist natürlich ganz großer Murks. Man kann sich mit 18 noch nicht festlegen, welche Fachrichtung man später machen möchte, ohne überhaupt die Möglichkeiten zu kennen. Das wird nicht die Versorgung garantieren, sondern frustrierte Mediziner aufs Land bringen…Und im Zweifel kauft man sich halt frei.

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