Eltern sind uneins – BGH entscheidet pro Impfungen

(Ein Blogpost ohne das Bild einer überdimensionierte Impfspritze)

Vor einem knappen Jahr musste ich hier bloggen, dass bei getrennt lebenden Eltern die Einverständnis beider Eltern vonnöten sei, um ein Kind impfen zu lassen. Dies hatte auch Auswirkungen auf die Praxis in der Praxis: Wir Ärzte können nicht stillschweigend davon ausgehen, dass das nicht anwesende Elternteil mit der Impfentscheidung einverstanden ist.

Nun gab es ein neues Urteil in ähnlicher Sache – aber von höchster Instanz, dem Bundesgerichtshof (Beschluss vom 3. Mai 2017 – XII ZB 157/16 ). Hier wurde einem Vater die (Pro-)Impfentscheidung zugesprochen, die Klage der Mutter gegen die Impfungen abgewiesen. Bereits ein Oberlandesgericht hatte für die Impfungen entschieden, die Beschwerde der Mutter hatte keinen Erfolg.

Zunächst wurde die Schwere der Impfentscheidung herausgestellt und aus den Entscheidungen des alltäglichen Lebens herausgelöst (welche stets das Elternteil fällen darf, bei dem das Kind lebt): „Sowohl das durch eine Impfung vermeidbare und mit möglichen Komplikationen verbundene Infektionsrisiko als auch das Risiko einer Impfschädigung belegen die erhebliche Bedeutung.“ — und daher soll die Entscheidung im Streitfall nicht bei einem Elternteil belassen werden, sondern kann vor einem Familiengericht entschieden werden. Dieses wiederum kann „auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen. Die Entscheidungskompetenz ist dem Elternteil zu übertragen, dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird.“ Und hier entschied das Gericht für den Vater.

… und weiter: „Die von der Mutter erhobenen Vorbehalte, die aus ihrer Befürchtung einer „unheilvollen Lobbyarbeit von Pharmaindustrie und der Ärzteschaft“ resultieren, musste das Oberlandesgericht dagegen nicht zum Anlass für die Einholung eines gesonderten Sachverständigengutachtens über allgemeine Impfrisiken nehmen.“ Anders: Die Sinnhaftigheit von Impfungen hat das BGH in seiner Urteilsbegründung als gegeben und medizinischen Standard angesehen, hierüber musste gar nicht diskutiert werden.

Ein guter Schritt für den Impfgedanken.

Pressemitteilung des BGH und der Originaltext der Urteilsbegründung (Sehr lesenswert im Detail!)

25 Antworten auf „Eltern sind uneins – BGH entscheidet pro Impfungen“

  1. Impfungen sind Nervengifte, also nein, danke, du ruhm- und geldgeiles Arschloch, das nicht mal den Mut hat, öffentlich aufzutreten!

  2. Hoppla! Das war mir aber neu. Bislang hat mich noch niemand nach der Zustimmung des KV gefragt bei Impfungen. Man kann es auch übertreiben in manchen Dingen, oder? Ich meine, müsste man nicht da auch mal schauen, wer sich sonst um die Kids hauptsächlich kümmert, die medizinische Versorgung und VORSORGE möglich macht und wie sich dieser Elternteil für die Gesundheit der Kinder einsetzt und bemüht? Wenn ich mir vorstelle, dass es auch Fälle gibt, wo der andere einfach sagt: „Nö, will ich nicht!“, weil er dem oder der Ex eines auswischen will???? Jedes Mal zu klagen könnte die Gerichte dann doch aber auch ein Weilchen beschäftigen, oder? Und was würde passieren, wenn der andere einfach gar nicht reagieren würde, weil es ihn gar nicht interessiert? Wäre das dann einfach „stille Zustimmung“?

    1. Ich interpretiere das ganze eher anders herum. Wenn beim Kinderarzt nicht geimpft werden soll, stellt sich die Frage, ob der andere Elternteil mit der Nichtimpfung einverstanden ist.
      Wenn das anwesende Elternteil die Impfung befürwortet, ist die Zustimmung des abwesenden Elternteils nach diesem Urteil quasi fast entbehrlich, da nun höchstrichterlich entschieden ist, dass bei einer Meinungsverschiedenheit in dieser Angelegenheit grundsätzlich pro Impfung tendiert wird, sich das Elternteil pro impfen also am Ende durchsetzen kann.

  3. Ich finde, dass eine generelle Impfpflicht mehr bringen würde, der Entwurf von Gröhe, Srafen einzuführen, dagegen erscheint mir, dass an Auswirkungen „therapiert“ werden soll, statt die Ursachen anzugehen.

  4. Boah: “ …Die von der Mutter eingewendete Gefahr, dass sich nicht geimpfte Geschwister des betroffenen Kindes, darunter ein Säugling, durch Impferreger infizieren könnten, …“

    Wie muss man drauf sein, um nicht zu schämen, eine solche Verdrehung von Ursache und Wirkung vor Gericht ernsthaft anzuführen: Riesen-Angst vor Impferregern zu haben und die echten Erreger, sollte sich das ungeimpfte Kind infizieren und damit die Geschwister anstecken, garnicht in Erwägung zu ziehen?

    Wenn es nicht so traurig wäre, ist das echt zum Lachen. Jeder Kabarettist könnte das fast 1:1 zitieren und würde Lachsalven ernten.

  5. Ich bin froh und erleichtert über das Urteil.

    Es kommt ja nicht nur bei getrennt lebenden Paaren zu Uneinigkeiten wegen dem Impfen.

    Mein Lebensgefährte war strikt gegen die Pneumokokken-, Rotaviren- und Hepatitisimpfung bei unserer Tochter. Nach langer zermürbender Diskussion hat er nachgegeben. Ich trage aber volles Risiko für sämtliche Impfschäden, das ich gerne in Kauf nehme. Besser als diesen Krankheiten ungeschützt ausgesetzt zu sein.

    1. Nun ja, das Risiko dürfte eher gering sein.

      Zudem: Das hohe Risiko der Krankheitsschäden und auch das geringe Risiko von Impfschäden trägt weder Mutter noch Vater, sondern ganz alleine das Kind.

  6. Aus juristischer Sicht finde ich das Urteil gut gemacht. Klar formuliert, kurz und prägnant und es zeigt die Wichtigkeit des Themas auf.

  7. Bei uns steht nächste Woche die erste Impfung an und ich sehe mich schon wieder vor der Dikussion, dass wir unseren Zwerg nicht gegen Rota Viren impfen lassen wollen. Gegen den Rest, MMR, wird er auf alle Fälle geimpft…

    1. Naja, die Rota-Infektionen sind ja in den letzten Jahren auch ordentlich zurückgegangen, da ist das Risiko, dass sich Dein „Zwerg“ infiziert, gering.

      oh… wait …!

      1. Lieber Kinderdoc, unser erstes Kind hat sich im Kinderkrankenhaus, auf einer kardiologischen Station, Rota Viren eingefangen. Pneumonie + Rota Viren ist doch mal eine nette Kombi… Er war damals übrigens drei Monate..

    2. Ist Rota denn so erstrebenswert? Immerhin landen die meisten Säuglinge mit diesem Infekt im Krankenhaus – Infusionen inklusive.

      Auch wenn die Impfung nicht zu 100% schützt, so verringert sie das Risiko doch erheblich, und man sollte seinem Kind doch möglichst die Krankheiten ersparen, die man verhindern kann, oder nicht?

        1. Keine bleibenden Schäden? Wie bleibend ist der Tod? Unser Ältester hat sich mit 15 Monaten Rota eingefangen. Er war damals ein völlig gesundes, gut ernährtes 24h am Stück behütetes Kind und man konnte zuschauen, wie er innerhalb kürzester Zeit abbaute. Seitdem verstehe ich, wie unterernährte Kinder in Entwicklungländern innerhalb kürzester Zeit wie die Fliegen daran sterben. Dank Krankenhausaufenthalt wurde diese Gefahr bei unserem Sohn natürlich schnell gebannt, v.a. aber weil er eine gute Konstitution hatte. Nicht auszudenken, was bei einem irgendwie geschwächten Kind passiert wäre. Das ist nichts, was ich meinem Kind nochmal freiwillig antun würde. Seine zwei jüngeren Geschwister sind geimpft. Klar kann das auch harmloser ablaufen. Das Kind, das meinen Sohn angesteckt hat, hat einen Tag erbrochen, einen Tag Durchfall und das war’s.

        2. Ich bin wohl etwas schwer von Begriff, bitte erklären Sie mal die Logik Ihrer Aussage:

          Sie schreiben:
          1. „Pneumonie + Rota Viren ist doch mal eine nette Kombi…“, Zudem im Krankenhaus. => Ich verstehe das so, dass diese „nette Kombi“ für das Kind eher unangenehm war.
          2. „Rote Viren sind nicht so schlimm wie Masern und sie hinterlassen auch keine bleibenden Schäden“
          3. Damals gab es keine Impfung.

          Sie möchten dennoch ihrem Kind potentiell (die durch Imfpung eigentlich vermeidbaren) Rotaviren zusätzlich zu einem anderen Infekt zumuten?

          1. Mein Kommentar war völlig ironisch gemeint. Unser ältester Sohn war von Anfang an unser Sorgenkind. Er kam schon mit einer ausgeprägten Sepsis zur Welt und hatte zwei Monate später eine Pneumonie. Es war weder für Kind, noch für uns Eltern angenehm..

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