Wenn den Kindern auf der Reise übel ist

„Die Ferienzeit naht – und damit erinnert sich vielleicht die eine oder andere Familie auch an unschöne Erlebnisse mit Erbrochenem auf dem Rücksitz oder im Fußraum, improvisierte Reinigungsaktionen und unnötigen Stress bei der letztjährigen Fahrt in den Urlaub.Warum trifft es immer die Kleinen bei der Reiseübelkeit? Und was kann man dagegen unternehmen?
Viele Eltern schwören auf Übelkeit reduzierende Medikamente. Vom unkritischen Einsatz vieler dieser Stoffe raten Kinder- und Jugendärzte aber dringend ab. 

Michael Achenbach, Landes-Pressesprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in Westfalen-Lippe: „Gerade bei Kleinkindern kann es in seltenen Fällen zu gegenteiligen Wirkungen kommen. Die Medikamente lösen den Brechreiz erst aus. Auch hat es bei diesen Präparaten schon Überdosierungen mit tödlichem Verlauf gegeben. Eltern sollten also immer über alternative Möglichkeiten zur Vermeidung und Reduktion von Reiseübelkeit Bescheid wissen.“

Reiseübelkeit entsteht, wenn die Signale des Gleichgewichtsorgans nicht mit den restlichen Sinneseindrücken übereinstimmen. Babys stört das noch nicht so sehr, da in diesem Alter die optischen Eindrücke noch nicht mit Bewegungserfahrungen gekoppelt sind. Ab dem Alter von zwei Jahren kann die Übelkeit Kinder dann aber umso heftiger erwischen. „Der Körper denkt, er steht still, das Gleichgewichtsorgan meldet hingegen Bewegung. Auf diesen Widerspruch reagiert der Körper mit Übelkeit – bei dem einen Menschen stärker, beim anderen schwächer“, erläutert Achenbach. „Wichtig ist jetzt, die unterschiedlichen Eindrücke besser abzugleichen, zum Beispiel indem das Kind auf der Mitte der Rückbank sitzt, damit es nach vorne sehen kann. Am besten ist es, den Blick auf einen festen Punkt in der Ferne zu richten.“

Aber auch eine sanfte, vorausschauende Fahrweise kann helfen, Übelkeit zu vermeiden.

Außerdem helfen eine leichte Mahlzeit vor Fahrtbeginn, Ablenkung, regelmäßige Pausen an der Frischluft und das Vermeiden widersprüchlicher Sinnesreize. Achenbach: „Wer sich spuckende Kinder auf der Rückbank ersparen will, sollte Tablet, Smartphone, Bücher usw. bis zur Ankunft am Ferienort wegpacken! Beschäftigen Sie statt dessen die Ohren, z.B. mit Geschichten, Hörbüchern usw.“

Auf keinen Fall darf das Kind bei laufender Fahrt abgeschnallt werden, wenn es über Übelkeit klagt. Sicherheit geht immer vor. „Fenster auf, den nächsten Parkplatz ansteuern und – für den schlimmsten Fall – eine Brechtüte parat haben!“ empfiehlt Achenbach. Rezeptfreie Medikamente gegen Reiseübelkeit sollten nur im Ausnahmefall und dann nur in kleinstmöglicher Dosis gegeben werden.

Achenbach: „Ob mit oder hoffentlich ohne Reiseübelkeit: ich wünsche allen Familien einen erholsamen Sommerurlaub.“

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Dies ist eine Pressemeldung des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V.

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Ich verlinke immer gerne auf die Seite Kinderaerzte-im-Netz.de, weil das Redaktionsteam gute Recherche betreibt, stets aktuelle Artikel aus internationalen Veröffentlichungen postet und trotzdem auch an eigene Pressemitteilungen wie die oben denkt. Leider gibt es dort keine Kommentarfunktion – es soll wohl bewußt kein übliches Elternforum sein.

Welche Tipps habt Ihr, dass Euren Kindern auf Reisen nicht so kotzerig wird?

16 Antworten auf „Wenn den Kindern auf der Reise übel ist“

  1. ob ihrs glaubt oder nicht, aufgeschnittener Apfel mit Zitrone (ursprünglich gegens braun werden) hilft mir bis heute. das erfrischende machts scheinbar… verhindert zudem nen leeren magen (ich bin absolut kein frühaufsteher, dadurch meist nüchtern bei fahrtbeginn weil mir sonst durchs essen schon schlecht wird).
    find ich besser als die „tollen“ pfefferminz kaugummis.

  2. ´s gibt da auch was pflanzliches in Kapselform als Fertigarzneimittel. Wirkstoff ist Ingwerwurzelstockpulver. Zugelassen ab dem 6. Geburtstag. Unerwünschte Nebenwirkung ist vor allem Sodbrennen. Die Kombination mit Gerinnungshemmern ist zu hinterfragen.

    Nur so als Info und Alternative zu den gängigen synthetischen H1-Antihistaminika.

  3. Wir haben als Kinder tatsächlich SuperPep aus der Apotheke bekommen. Allerdings erst dann, wenn gar nichts mehr ging.
    Vor SuperPep gab´s erstmal normale Kaugummis. Und ich muss sagen die Kaugummis haben meistens sehr gut geholfen.

  4. Das mit der Milch muss ich mir mal merken. Mir wird bis heute übel, wenn ich z.B. im Bus nicht vorn sitzen kann bei langen Strecken. Weswegen ich einer derjenigen bin, die nicht von teurer Bahn auf preiswerte Linienbusfahrten umsteigen kann …
    Bei uns ist es bei der Jüngsten am Schlimmsten, weswegen sie bis heute mittig hinten sitzt.
    Ansonsten Bonbons oder Kaugummis, kleine Snacks während der Fahrt. Am besten ist es, wenn sie schläft 😉 aber das ist inzwischen eher selten der Fall.

  5. Der Geheimtipp hier, der immer funktioniert hat, bei mir früher und bei meinen Kindern: kalte Füße. Mit kalten Füßen kotzt man nicht, egal ob Auto oder sonst wo. Schuhe und Socken aus, im Zweifel die Füße hoch in Richtung offenes Fenster. Für uns funktioniert es.

  6. Milchprodukte, besonders in Verbindung mit Apfel, sind auch hier eine „Kotzgarantie“ – ansonsten scheint die Spuckerei im Auto eher tagesformabhängig aufzutreten, auch unabhängig von der bereits gefahrenen Strecke bzw. Zeit (hatten von schon nach einer halben Stunde bis erst nach zwei Stunden Fahrt schon alles dabei…)
    Also: Weglassen der genannten Nahrungsmittel, sanfte Fahrweise und verknotbare Mülltüten im Auto.
    Dass gemahlener Kaffee gegen den Geruch hilft, haben wir auch schon festgestellt.

  7. Brechtüte: Biomülltüten aus Pappe (formstabil und blickdicht), kann man zur Sicherheit auch innen mit einer dünnen Plastiktüte auskleiden.

    Wenn doch was danebengegangen ist: Kaffeesatz über die verbleibenden feuchten Flecken gegeben nimmt erstaunlich viel Geruch auf. Frischer gemahlener Kaffee geht auch.

    1. Dann aber nicht ICE zwischen Köln und Frankfurt/Main. Oberhalb von 250km/h korkenziehert der so, dass empfindliche Mägen sich umdrehen. Selbst erlebt. Seitdem nur noch IC am Rhein entlang…

  8. Bei meinem Sohn helfen keine milchhaltigen Getränke/Speisen vor der Fahrt und wenn die Übelkeit kommt, Augen schließen und bewusst tief ein- und ausatmen. Außerdem natürlich während der Fahrt nichts lesen. Musik/Hörspiele dagegen sind erlaubt. Das Sea-Band hat leider nicht funktioniert.

    Bekannte Strecken gehen besser als fremde, wenn er die Strecke nicht abschätzen kann wieviele Kurven es gibt und wie lange es noch dauert, steigt die Angst und damit sinkt die Übelkeits-Schwelle.

    Übrigens begann die Reiseübelkeit bei meinem Sohn schon mit deutlich unter 1 Jahr. Inzwischen hat es zum Glück etwas nachgelassen. Nächste Woche geht es in den Urlaub, und der Brech-Eimer wird dann hoffentlich nicht benötigt.

    1. Witzig – bei mir war es als Kind genauso. Käsegenuss vor der Fahrt und unbekannte Strecke -> Kotzgarantie. Zum Glück hat sich das verwachsen, heute kann ich sogar lesen auf Autofahrten. (Ich hab übrigens keine Laktoseintoleranz oder so, ich habe keine Ahnung, was die Milchprodukte damals angestellt haben…)

  9. Meinem Bruder und mir wurde auf Autofahrten auch immer fürchterlich schlecht. Auf der laaaangen Fahrt nach Portugal hatten meine Eltern dann ein Tütchen mit kleinen roten und weißen Drops dabei. Die roten für schnelle Sofortwirkung und die weißen für Langzeitwirkung. Hat überwiegend geholfen.
    Jahre später hab ich dann in der Apotheke entdeckt, dass es Salmiakpastillen gab, die tatsächlich GENAUSO aussahen, wie unsere „Pillen“!! 😉

    Jetzt als Erwachsene hilft mir frischer Ingwer! Einfach auf einem Stückchen rumkauen. Muss man aber mögen…

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