Die Katze geht zum Arzt, nicht zum Heilpraktikant

Unsere Katze hat immer wieder diese kleinen schwarzen Punkte unter dem Kinn, sieht aus wie Mohnkrümel oder schwarze Schuppen. Es scheint, zu jucken, denn gerne schabt sie mit dem Kinn auf der Couch herum. Nach einiger Zeit wird es besonders wüst: Die Haare gehen an der Stelle aus, vor zwei Monaten war ein Mundwinkel richtig wund geworden.

Der Tierarzt nennt das salopp „Katzenakne“, keine Ahnung, ob das stimmt, bei meinen Kindern google ich nicht irgendwelche Krankheiten, sondern verlasse mich auf den Experten. Als der Tierarzt mitbekam, dass ich was mit Medizin mache, murmelte er etwas von Autoimmunerkrankung, „nicht so schlimm“, und dass Cortison ja immer helfe, oder nicht?

Das war dann auch so: Die ein- bis zweimonatliche Spritze tat Wunder, die Hautveränderungen gingen zurück, die Katze war wieder glücklich. Der Behandlungsversuch zuvor mit antibiotischer Salbe scheiterte am Gefauche der Dame und dem Unvermögen des therapierenden Herrchens. Antibiotische Salbe bei Autoimmunerkrankung? Ok, wohl für die Superinfektion.

Im Wartezimmer kam ich ins Gespräch, eine Dame erzählte mir, sie gehe immer zuerst zu dem Tierheilpraktiker im Nachbarort. Eine schöne Praxis gebe es da, in schönen Farben und schönen Gerüchen, man merke, die Tiere fühlten sich gleich viel wohler. Da werden die Tiere auf dem Schoß der „Eltern“ untersucht, sagte sie, nicht, wie hier, auf einem kalten nackten Tisch. Sie zeigte auf ihren bereits grauhaarigen Yorkshire-Terrier, der müde hechelnd unter ihrem Stuhl saß. Es war ein heißer Tag. Der Tierheilpraktiker könne sicher auch was für unsere Katze tun, meinte sie. Und wo man das Geld nun ausgebe, sei doch egal, meinte sie.

Fand ich nicht. Wer ein Haustier hat, weiß, wie teuer ärztliche Behandlungen sein können. Es gibt zwar Tierkrankenversicherungen, aber, Hand aufs Herz, wer schließt die schon ab, wenn man nicht gerade einen Araberhengst im Schuppen stehen hat? So bleibt einem die Überraschung, wenn die Arzthelferin nach der EC-Karte fragt.

Und jetzt soll ich das Geld für Heilpraktikanten ausgeben? Da ist die Erstverschlechterung meiner Begeisterung inklusive. Katzen sind doch Einflüsterungen von außen sowieso nicht zugänglich. Denkt wirklich jemand, dass eine Katze auf Placebos reinfällt? Ein Hund vielleicht, ok, der freut sich über alles, was Frauchen oder Herrchen ihm Gutes tut, da ist die Placebo-by-proxy-Wirkung schon in der Tierart implementiert. Aber Katzen? Da die immer das Gegenteil von dem machen, was wir wollen, müsste ich ja am Ende statt „Similia similibus curentur“ „Contrarium contrario curentur“ anwenden (und man lege mich bitte nicht auf die richtige Deklination fest).

Vielleicht hilft ja Chiropraxie oder Osteopathie bei der Katzenakne? Der Gemütliche Riese aus Norddeutschland (RIP) hätte vielleicht auch das bei unserer Tigerin eingerenkt. Jedenfalls erschlüge sicher sein Charisma unsere Überzeugung. Im Fernsehen war es auf jeden Fall gut anzusehen. Spaß beiseite. Aber es denkt wohl niemand, das Schröpfen bei den Fellungeheuern irgendwas bewirkt, oder? Wie soll der Heilpraktikant denn da auch ein ordentliches Vakuum aufbauen?

Dann vielleicht die Akupunktur. Unsere Katze ist immer hellauf begeistert, wenn sie die Cortisonspritze oder ihre Impfungen bekommt. Ihr Instinkt meldet das schon fünf Minuten vorher an. Wenn dann die Tierärztin mit dem Besteck klappert, wird aus dem wilden Tiger endgültig die Feldmaus, die wir immer schon in ihr vermutet haben. Also dann Akupunkturnadeln? Und wer will die wiederfinden nach getaner Arbeit? Obwohl, man könnte die Nadel mit Fähnchen …

Ich gehe also weiterhin zu Dr. Engel (doch, so ungefähr heißt der tatsächlich) mit seiner Grummelstimme und dem sterilen Metallbeckenuntersuchungstisch mit Abflusseinrichtung. Der hat das – denke ich mal – auch richtig studiert. Der Tierheilpraktiker aus dem Nachbarort hat vielleicht schnell 2.000 Euro in die Hand genommen, ist von Haus aus Bankkaufmann und „mit Tieren groß geworden“. Wenigstens folgen beide ihrer Berufung. Aber ich muss nicht allem hinterher rennen.

Kurzer Faktencheck

(Der Faktencheck wurde der Infoplattform www.tierheilpraktiker.net entnommen. Ergänzen sollte ich, dass der Hinweis auf Praktika, d.h. die Arbeit direkt am Tier nicht bei allen Ausbildungsanbietern zu finden ist.)

Interessant in diesem Zusammenhang fand ich auch die beiden Artikel „Aber bei Kindern und Tieren hilfts doch auch“ und „So wirken Placebos bei Tieren“.

(c) Bild bei Werner Mandl/Flickr unter CC-Lizenz

Dieses Posting erschien ursprünglich bei DocCheck Blogs.

24 Antworten auf „Die Katze geht zum Arzt, nicht zum Heilpraktikant“

  1. Also unser Pferd wird regelmäßig von nem Typen mit nem Kreuz und Oberarmen wie nen Bär behandelt. Der leitet erst positive Energie mittels rot glühendem Metall in das Pferd ein – was eine stinkige Prozedur! Und damit dieses Metall dann anschließend die negative Energie aus dem Pferd in den Boden ableiten kann (Erdung), schlägt er auch noch weitere Metallteile mit nem Hammer in das arme Tier. Anschließend wird ein Termin in 6 bis 8 Wochen vereinbart, weil dann die frisch angebauten Opferanoden auch schon wieder verbraucht sind. Und was soll ich sagen – es wirkt! Seit wir ihn das regelmäßig machen lassen (und ihn fürstlich dafür bezahlen), tun dem Pferd die Füße nach dem Reheanfall vor ein paar Jahren viel weniger weh… Ich glaube, das ist ein Pferde-Quanten-Mechaniker! 😉

    Achtung! Dieser Beitrag ist für humorallergiesche Leser nicht geeignet!

    1. bei uns kommt noch etwas knete und eine engergetisierte kunststoffplatte dazu, die bezieht sich darauf, dass die erde nachgewiesenermassen eine scheibe ist. und siehe da, auch bei uns funktioniert das hervorragend.

  2. Der Wechsel des Futternapfes von Plastik zu Metall hat auch bei uns zum Erfolg geführt! Der Kater hat keinen Ausschlag mehr.

  3. Hallo, bei meinem Kater hat es auch geholfen die Näpfe zu tauschen. Seitdem gibt es Futter und Wasser nur noch aus und von Edelstahl-, Glas- und Porzellanschüsseln und – tellern. Seitdem hat er keine Probleme mehr mit den fiesen Krümeln am Kinn. 🙂

  4. Das mit den Edelstahl-Näpfchen habe ich auch schon gehört … und ist sicher eine gut versuchbare Sache. Ich meine, wenn ich daran denke, wie schwierig es ist, einer Katze Medikamente zu geben oder zu verhindern, dass Salbe wieder abgeschleckt wird – und von täglichen Spritzen bei Diabetes würde ich selber Alpträume bekommen, wenn ich das bei der Katze täglich machen müsste (mein Bruder hatte mit seiner mal das Vergnügen). Halt „alles für die Katze“ 🙂
    Off topic: viele nette und einsichtige Kommentare hier, auch wenn nicht alle Deiner Meinung sind. (Like!)

  5. Ich habe meinen Hausarzt gewechselt als er anfing „ums Lagerfeuer zu hopsen“,da werde ich unserer Katze so einen Aluhutträger bestimmt nicht antun..
    In unserem Stadtteil gab es einige Monate eine Tierheilpraktikerin,scheint nicht so gut gelaufen zu sein die Praxis denn sie ist nicht mehr da.Kann natürlich auch am falschen Standort gelegen haben,abgesehen von Dönerläden ,Telefon-Shops und Gemüsehändlern hat hier eigentlich keiner eine Überlebenschance.

  6. Tja, wir haben gerade den TIERARZT gewechselt, weil unser alter offenbar kaputt war. Über Jahre waren wir eigentlich zufrieden, dann: Wellensittich, Nierentumor, der Herr erzählt mir was von Homöopathie, ich glaub‘ ich hör nicht recht… Ich fange doch nicht täglich meinen Vogel aus dem Schwarm, um ihm Wasser mit nichts drin in den Schnabel… auf meine ungläubige Reaktion ausführlicher Vortrag seinerseits, wie gut das wirke, und dass selbst die Hochschulen das inzwischen verstehen und lehren würden. Na schönen Dank auch… Wir sind dann mal wo anders…

    Unsere Pferde haben übrignes auch keine Krankenversicherung.

  7. Ich besitze mittlerweile den zweiten Araber meines Lebens (erster war tatsächlich Hengst und ein wirklich teurer dazu schmunzel), aber ich hatte keine Krankenversicherung für Pferde, und werde auch keine haben. Ausschlaggebender Grund dabei ist, daß bei den mir bekannten Anbietern die wirklich teuren Sachen, wie Kolik-OP nicht bezahlt werden, da das auch auf Fahrlässigkeit des Besitzers (Fütterungsfehler) zurückgeführt werden kann ?!?
    Nun gut… sei es, wie es sei… Chiropraktik und Akkupunktur (bisweilen auch Akkupressur mit Stäbchen wie bei APM) lasse ich regelmäßig bei Pferd und Hund anwenden – Allerdings ist das auch hier eine Tierärztin mit Zusatzqualifikation. Und beide habe ich damit für längere Perioden schmerzfrei.

    1. Ich habe auch keine Tierkrankenversicherung. Aber für all meine Tiere OP-Versicherungen (die sehr wohl auch Kolik-OPs beim Pferd bezahlen).
      Hat sich sowohl beim Pferd als auch bei einer der Katzen schon gelohnt 😎

  8. man sollte zudem noch dringend einen tierkommunikator zu rate ziehen. die können sogar mit verstorbenen tieren kontakt aufnehmen. das ist immer noch das allergrösste kino, muss ich neidlos anerkennen….

  9. Also beim „Pferdeflüsterer“ da gibt es auch immer solche Tierheilpraktiker .. das sieht eigentlich gar nicht schlecht aus, was die da machen … ansonsten eine wunderbare Schmunzelgeschichte diesmal nicht aus der Praxis 🙂 … holen sie sich gern einen Lichtmoment aus Schweden ab 😉 ?

  10. Vorab – selbstverständlich gibt es Placeboeffekte auch bei Tieren. Allerdings nur bei Tieren, die eine enge Bindung an ihre Besitzer haben. Glaubt der Besitzer an was wird er ruhiger, das Tier merkt, dass der Stress nachlässt und weniger „Gefahr“ besteht und Symptome verschwinden. Funktioniert aber natürlich nur bei überwiegend eingebildeten Zipperleins.

    Ich bin ja bekennende Globulihasserin und prinzipiell sehr misstrauisch gegen alles, was nicht „evidenzbasiert“ ist. Aber ich gebe zu, Hund und Pferd haben schon THP gesehen, Katze 1 ist auch bald dran. Allerdings nicht wegen „Katzenakne“, da würde mich jetzt auch nicht einfallen, was die THP da tun soll.
    Ich mag meine Tierärzte, alle wie sie da sind, jeder mit seinem Bereich. Sie sind immer die ersten die ich befrage. Aber besonders mag ich an ihnen, dass sie über den Tellerrand gucken, ihre Grenzen kennen und sich nicht schämen, das zuzugeben.
    Ein einziges Mal hat die THP gegen die Überzeugung des TA gehandelt, ich habe es zugelassen und es hat dem Hund wohl noch ein weiteres Lebensjahr beschert. Allerdings auch ohne Globuli sondern einzig und allein durch eine Futterumstellung, von derer Erfolg dann auch der TA begeistert war.
    Wobei ich versnobt genug bin, nicht zu reinen THP zu gehen, sondern immer auf die Zusatzausbildung scharf bin 8-). Und falls sie ansonsten gewohnheitsmäßig irgendwas auspendeln oder mit Globuli behandeln, haben sie das bis jetzt erfolgreich vor mir verborgen gg
    So bekommt das Pferd bei Bedarf Blutegel gesetzt und wird mit Nadeln gespickt, der arthrotische Hund wurde regelmäßig physiotherapeutisch behandelt und ebenfalls genadelt und die (vermutlich angefahrene) Katze die vor einiger Zeit selbstverständlich erst von meiner Tierärztin zunächst fachkundig, liebevoll und hervorragend zusammengeflickt wurde bekommt nächste Woche eine Massage in der Hoffnung, dass sie danach nicht mehr mit leichtem Buckel läuft und überall hoch springen kann wo sie will, ohne dafür zwei Anläufe zu brauchen. Alles mit Absegnung meiner Tierärzte, die sich mit den THP gern über den Behandlungsverlauf austauschen.

  11. Witzigerweise habe ich gerade gestern ein längeres Gespräch oder nennen wir es Vortag (mit) einer Nachbarin darüber ertragen.

    Sie ist angehende Heilpraktikantin, ist aber schon seit Jahren bei Hunden/Katzen/ … sehr aktiv und dank Mundpropaganda schon recht gut dabei.

    Sie beklagte sich darüber, dass sie überlegt, damit aufzuhören, denn… die Tiere seien ja überhaupt nicht das Problem, sondern die Besitzer. Die Stellen sich dann so schwierig an, da kann die Blockade nicht gelöst, die Wurzel nicht am üblen Ende gezogen werden. Dann gäbe es Endlosdiskussionen, ob den Mittel (a) auch beim Dackel hilft, wo er doch ganz andere Charakterzüge hat, als ein Pudel. Und wo das Tier doch so sensibel sei, bitte besser keine Hochpotenz und so weiter und so weiter…

    Kein Wunder, dass es nicht hilft, wenn der Besitzer sich nicht öffnet.
    Mhhja.

    Tja, da ist jeder Cent wirklich hartverdient.

  12. Sehr schöner Text. Ich stelle mit gerade vor, was ein Tierheilpraktiker bei dem offenen kutanen Mastzellentumor meines Katers gemacht hätte. Weggependelt?

    1. Silberkolloid (dringender Tip von meiner Nachbarin s.u.) . Wenn das nicht wirkt, ist es der Weg des Tieres und die Prüfung für die Besitzer, die gestärkt aus dieser Phase herausgehen werden
      (Bitte nicht auf mich einprügeln, aber genau so einen Fall hatte sie in ihrer Praxis auch schon öfter … ich hör mir das immer an und denk mir meinen Teil – streiten bringt da nix, ist ja nicht meine Katze….)

      1. Silberkolloid (dringender Tip von meiner Nachbarin s.u.) . Wenn das nicht wirkt, ist es der Weg des Tieres und die Prüfung für die Besitzer, die gestärkt aus dieser Phase herausgehen werden
        (Bitte nicht auf mich einprügeln, aber genau so einen Fall hatte sie in ihrer Praxis auch schon öfter … ich hör mir das immer an und denk mir meinen Teil – streiten bringt da nix, ist ja nicht meine Katze….)

        Ach und “Schuld“ an den Tumoren sind ihrer Meinung nach die Impfungen, die ja immer mehr Katzen bekommen. Sei statistisch einwandfrei belegt. Der Zusammenhang …Anzahl Impfungen und Anzahl Tumore.
        Mein Einwand, dass dank den Impfungen und der besseren Versorgung generell die Tiere älter werden und somit anfälliger für Tumore ist natürlich kompletter Humbug.

  13. Anekdote ohne empirische Beweiskraft:
    bei unserem Kater mit Katzenakne hat ein Wechsel der Futterschüsseln, genauer des Materials für Abhilfe gesorgt. Gerüchten zufolge stehen Plastiknäpfe im Verdacht die Symptome zu verschlimmern. Besser Edelstahl. Noch besser Keramik. Oder Glas
    (der Rat kam vom Veterinär, nicht von einem Wunderheiler)

    1. Super Idee und so einfach! Warum der tolle Veterinär wohl nicht draufgekommen ist????
      Nun ja, Spritzen bringen Geld aber das war bestimmt nicht der Grund, nein! Ärzte sind alle toll, so wie Kinderdoc 😉

      1. Mein toller Tierarzt ist darauf gekommen. Er hat die Umstellung auf Tonschalen statt Plastik empfohlen, außerdem phasenweise auf Trockenfutter auszuweichen. Und für den akuten Schub gab es eine Cortisonsalbe.
        Wo genau ist Ihr Problem damit?

  14. Einen Placeboeffekt gibt es durchaus auch bei Tieren. Aber da gilt dasselbe wie bei Menschen: Wenn Behandlung nötig ist, braucht man etwas wirksames, und nichts, was vielleicht hilft. Zumal der Placeboeffekt auch bei der Verabreichung von Medikamenten zusätzlich mit ins Spiel kommt…

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