Überfüttern von Säuglingen führt zu Fettleibigkeit bei Erwachsenen

baby fat

Ein neues Buch weist unmissverständlich daraufhin, dass das Überfüttern von Säuglingen während der ersten Monaten nach Geburt bereits den Stoffwechsel so negativ verändern kann, dass dies in späteren (erwachsenen) Jahren kaum noch zu korrigieren ist.

Mulchand Patel, Biochemie-Prof an der Universität von Buffalo and Jens Høiriis Nielsen von der Universität Kopenhagen versammeln ihrem Buch die aktuellsten Erkenntnisse zum so genannten Priming, dem Einfluss der Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft und der Ernährung des Säuglings auf das genetische Potential des Stoffwechsels, der Entwicklung von Übergewicht, des Metabolischen Syndroms und Diabetes beim Erwachsenen. Dabei sind sie recht klar in ihren Erkenntnissen aus Untersuchungen an Tieren: Die übermäßige Aufnahme kohlenhydratreicher Formula-Milch durch das so genannte „Overfeeding“ reprogrammiert den Stoffwechsel des Menschen, dies sei auch durch einen Korrektur in späteren Jahren nicht wieder aufzuholen.
Sie gehen sogar noch weiter und postulieren, dass die DNA dermaßen ummoduliert werde, dass dies nicht nur den Metabolismus des Einzelnen, sondern auch späterer Generationen negativ beeinflusse.

Wir Kinderärzte kennen das aus der Praxis: Das „feeding on demand“, das für gestillte Kinder sehr wohl empfohlen wird, kann bei flaschengefütterten Säuglingen zu einem Überangebot an Formelmilch führen. Es wird von vorne herein mehr Milch zubereitet als später benötigt. Der letzte Tropfen Milch muß dann aber auch noch rein, die empfohlene Milchmenge wird dabei oft überschritten oder die Pulverdosierung nicht eingehalten. Da wird aus einem gestrichenen Löffel schnell der gehäufte. Auch die frühzeitige Einführung von fester Beikost, vor allem in Form von Getreide und Früchten, begünstigt den unphysiologischen Gewichtsverlauf. Tradierte Ernährungsgewohnheiten wie das Einmischen von Frucht- oder Karottensaft in die Milch oder „Biscotti“ zum Andicken (damit´s Bobele satt werde) sind schwer zu verändern.

Weiter zurück in die Fetalzeit, so Mulchand Patel, führt auch die übermäßige Kohlenhydrataufnahme, Übergewicht und Diabetes der Schwangeren zu einem Priming bereits der fetalen DNA, später Fettleibigkeit zu entwickeln. Übergewichtige Schwangere haben ein höheres Risiko, später übergewichtige Kinder großzuziehen.

Dank dieser Erkenntnisse der letzten Jahre haben sich auch die Ernährungsempfehlungen für die jungen Familien deutlich geändert. Programme wie „9+12“ der „Plattform Ernährung und Bewegung“ versucht in Deutschland, bereits während der neun Monate der Schwangerschaft, dann in den ersten zwölf Monaten der Säuglingszeit eine gesunde Ernährung und bewegungsorientierte Umgebung der Familie zu initiieren. Dabei sind Gynäkologen, Hebammen und Kinderärzte gemeinsam gefordert, die empfohlenen Richtlinien umzusetzen:

– Vermeidung von Übergewicht und diabetischen Stoffwechsellagen in der Schwangerschaft
– Förderung von Bewegung in der Schwangerschaft
– Gesund ausgeglichenes, selbst gekochtes Essen
– Fördern des ausschließlich Stillens während der ersten sechs Säuglingsmonate, danach Weiterstillen mit kontrolliert gesunder Mischkost (wieder: möglichst selbst gekocht)
– Vermeiden von Medienkonsum und Bewegungsmangel durch aktives Ansprechen während der Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt

Unsere Kinder werden es uns danken: Primäre Prävention ist am erfolgsversprechendsten; Ist das Kind oder der Jugendliche bereits dick, greifen Bewegungs- und Ernährungsprogramme oder gar Abnehmkuren nur noch unzureichend. Leider Alltag in den Kinder- und Jugendarztpraxen.

Fetal and Early Postnatal Programming and its Influence on Adult Health
Do bigger bottles lead to bigger babies?
9+12 – Projekt der Plattform Ernährung und Bewegung
Projektmaterialien

Ursprünglich hier

(c) Foto bei Flickr/hto2008 (unter CC-Lizenz)

25 Antworten auf „Überfüttern von Säuglingen führt zu Fettleibigkeit bei Erwachsenen“

  1. Beim Thema Gewicht weiß ich nicht, ob ich mir Sorgen machen muss oder nicht… Mein Sohn ist mit knapp 3 Jahren, ca. 95 cm und ca. 16,5 kg eher ein Wonneproppen, aber Risikofaktoren für Übergewicht liegen bei uns nicht vor (ich schlank, Geburtsgewicht durchschnittlich, als Baby gestillt nach Bedarf, gesunde Ernährung, geregelte und gesunde Mahlzeiten, wenig Naschen, trinkt überwiegend Wasser und Tee, Kind normal bewegungsfreudig). Aber von den Zahlen her ist er übergewichtig, seit er ein paar Wochen alt ist! Und seit jeher heißt es, wenn er einmal läuft, geht das schnell weg. Wir warten noch darauf.

  2. Kann man denn ein Kind ins Übergewicht stillen? Oder ist es beim vollgestillten Baby nie Übergewicht? ( frage ich mit einer Tochter, die vollgestillt mit 3 Monaten 8 kg wog, und mit 6 Monaten 10kg)

    1. Ist denn die Größe stimmig zum Gewicht? Mein Sohn ist mit 4,7 Kilo geschlüpft und danach Gewichtstechnisch weit oben geblieben. Aber er ist halt auch groß ..

  3. Ist Pre ebenfalls Formulanahrung bzw. Ist diese Formulanahrung ebenfalls gemeint? Es heißt ja immer, Pre kann man nicht überfüttern. Ich nutze ebenfalls Pre, weil meine Milch nur fürs Teilstillen, nicht vollstillen langt.

  4. Zum Werbeverbot: es gibt einen internationalen Kodex zum Werbevorbot von Muttermilchersatznahrung: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Internationaler_Kodex_f%C3%BCr_die_Vermarktung_von_Muttermilchersatzprodukten
    In Deutschland ist dies nur sehr schlecht umgesetzt worden: Als Muttermilch gilt nur Pre oder 1er Nahrung (was ja grundsätzlich erstmal.stimmt.) Aber damit gilt die restliche künstliche Milch als Beikost, und dafür wird dann munter Werbung gemacht.

    Die Tatsache, dass Werbung gemacht werden darf heisst NICHT, dass es sich um empfehlenswerte Produkte handelt.

    Ich bin immer wieder erstaunt, warum es als „Angriff“ gewertet wird, wenn jemand auf die Risiken von Formulamilch hinweist.
    Ebenso ist es ja auch bei den Risiken von Übergewicht.
    Beim Rauchen ist das nicht so.

  5. Unser Zwerg war Flaschenkind und wir haben jeden Tag beim füttern ein bis zwei Stunden gebraucht damit er wenigstens 50 ml trinkt,er schlief zwischendurch immer wieder ein.Später kam ja heraus das er ein Loch in der Vorhofwand hatte und daher immer schnell erschöpft war,daher dieses eeeewige trinken.Später hat er die Gläschen verweigert,es musste frisch gekocht sein,aber am liebsten hat er jedes Gemüse selbst Zwiebeln roh verzehrt,seine Leibspeise war und ist zermatschte Banane mit Butterkeks davon wurden/werden grosse Mengen vertilgt.Er ist mit seinen sieben Jahren ein langer,klappriger Kerl dem die Hosen rutschen weil zu weit oder er hat Hochwasser weil zu kurz.Sein Übergewicht hat er mir überlassen,denn seit er bei uns eingezogen ist habe ich etliche Kilo zugenommen…………..

    Ich vermute mal das die Mütter verunsichert werden weil aus allen Richtungen „gute“Ratschläge bezüglich der Ernährung auf sie einprasseln und dann kann schon einmal „falsch“ernährt werden.Das hatten wir bei unseren Kindern zur genüge,selbst Menschen ohne Nachwuchs meinten es besser zu wissen als Mutter und Kind,bei unserem Zwerg ist es zum Glück nur noch die Kinderärztin die gelegentlich darauf hinweist wie wichtig Fleisch für den Jungen sei.

    1. Es gibt schon Leute, die setzen sich professionell mit Kinderernährung auseinander, mit Inhaltsstoffen und Kalorien. Da würde ich jetzt mal bezweifeln, dass es JEDE Mutter besser weiss. Auch im Handel werden ja viele Produkte angeboten und mit Altersangaben bedruckt die unterm Strich wenig sinnvoll sind.
      Dass es bei chronisch kranken Kindern nochmal ganz anders ist steht außer Frage, aber eine einseitige Ernährung ist sicher auch in diesem Fall nicht gut, wie der Tipp der Kinderärztin zeigt.

  6. Mein vollgestillter Säugling bekam mit vier Monaten die „Diagnose“ Adipositas wegen übermäßiger Kalorienzufuhr – ich frag mich heute noch, was das sollte…

  7. Ohja, die Ernährungberatung in der Schwangerschaft…
    Ich bekam eine nette kleine Klappbroschüre mit Listen von häufigen Lebensmitteln nach dem Ampelprinzip. Grün = Gut, Gelb = begrenzen, Rot = Möglichst vermeiden

    Jetzt ratet mal, wo Milch und Joghurt standen… -> Richtig, bei Gelb!
    Auf die grüne Seite schafften es nur Magermilchprodukte, Obst, Gemüse und Vollkorn.
    Auf solche „Ernährungberatung“ gibt es zwei Reaktionen:
    1 (hoffentlich häufig) „Ihr spinnt doch!“
    2 Die Schwangere hungert. Und „versaut“ damit übrigens auch den Stoffwechsel ihres Babys, dazu gibts nämlich auch Studien.

  8. Kommt auf das Kind an. Bei Sohn 1 hat „Brei gerockt“. Sohn 2 hat Brei konsequent verweigert. Da war BLW die einzige Chance. (Nebenwirkung: Er muss heute noch, als Grundschulkind, jedes Essen mit den Händen anfassen. nerv)
    Übrigens: Ich hatte zwei Flaschenkinder. Beide sind heute spindeldünn, so dass ich Mühe habe, Hosen für sie zu finden, die nicht rutschen.

  9. Meine Freundin war als Baby untergewichtigt und in den 60er war dann der Rat der Ärzte stopfen. Tja seit dem Schulalter ist sie übergewichtig, Sie hat bei ihren Kinder drauf geachtet das die normal essen.
    Also BEweis am lebenden

  10. auf meinen Hinweis per BLW in die „normale“ Kost umzusteigen reagierte die Dame von ElternstartNRW mit: „Aber Brei rockt doch!“
    Soviel dazu …

    1. Bei Frühchen und Sondenkosten geht es ums blanke Überleben durch KH-Zufuhr. Die meisten Frühchen sind später – wenn die Eltern gut begleitet werden und nicht „kompensieren“ wollen – doch eher dünn bis normalgewichtig.

    2. Unser Sohn – 27.+3 SSW – wurde zunächst auf Neo-ITS per Magensonde mit PreMilch und abgepumpter Muttermilch „nach Zeitplan“ gefütttert, weil es ums blanke Überleben ging. Später, als auf die Son de verzichtet werden konnte, wurde er mit PreMilch „ad libitum“ gefüttert – die PreMilch hat er übrigens als „Begleitnahrung“ bis weit nach dem ersten Geburtstag bekommen, weil unsere Kinderärzte/ Neonathologen der Meinung waren, dass selbst Folgemilch1 Blödsinn ist und PreMilch völlig ausreicht.

      Er ist heute zwar halbwegs normal groß, aber eher leicht …

  11. Klassiker „Mein Kind ißt so schlecht“- leider ist doch vielen Eltern der gesunde Instinkt für gesundes Essverhalten (und auch anderes Verhalten) abhanden gekommen. Erfahrungen der älteren Generation werden mit „das ist heute anders“ abgetan. Man muss sich ganz sicher nicht zum Wunscherfüller und Diener des Kindes machen. Es darf mal Hunger kennen lernen, nicht immer die Lieblingsmahlzeit bekommen und auch mal sauer auf die Eltern sein. So geht Familienalltag. (->bezieht sich auf größere/sonst gesunde Kinder und das sind zum Glück die meisten)

  12. Die „BÖSE“ Formelmilch… jetzt wird wieder auf ihr rumgehackt, auweija! (Achtung, Ironie!)
    Sie ist nur blöderweise nicht ersetzbar, wenn frau nicht stillen kann/darf/möchte. Ich finde es sehr grenzwertig, sie an den Pranger zu stellen. Ich habe berufsbedingt mit extrem vielen Kleinkindern und Kleinstkindern zu tun und selten werden sie mit Flasche überfüttert. Es sind eher die Stillkinder, die zum Teil massiv übergewichtig sind, weil sie mit der Brust beruhigt werden, wohingegen die Flaschenkinder dazu eher den Schnuller bekommen und nach der Uhr gefüttert werden, was die Milchnahrungsmenge begrenzt.
    Es gibt auch Studien, die besagen, dass die Ursache unerheblich sei. Fest steht, fette Babies haben erhöhte Risiken insgesamt. Natürlich berücksichtigen diese Studien nicht zwangsläufig die Einflüsse der Formel-/Muttermilch auf die Genetik. Ich glaube aber, dass generell mehr passieren muss. Ich rede hier aber nicht davon Stillen zu promoten und Flaschen zu verteufeln oder andersrum. Aufklärungsarbeit bei Eltern und Hebammen, Kinderärzten, Erziehern und Familienberatern tut Not. Und auch Stillberaterinnen müssten so langsam umdenken. Hand auf’s Herz: Wer kennt die deutsche Fläschchenverordnung? Welche Hebamme oder Stillberaterin hat die Weiterbildung zur Flaschenernährung gemacht? Warum gibt es keine Fläschchenberaterinnen?
    Wie viel Prozent der Kinderärzte/Hebis/Eltern usw. kennen sich mit den EU-Richtlinien zur Formelnahrung aus? Warum gibt es kein Verbot für Folgemilchwerbung, wenn Pre und 1er nicht beworben werden dürfen?
    Ich finde Aufklärung hilft. Aber nur, wenn sie an der richtigen Stelle passiert.

    1. ich habe den text nicht als formelmilch bashing verstanden. wenn ich das richtig gelesen habe, steht da, dass man die formelmilch nicht überdosieren soll und das dies eben zu häufig passiert. nicht mehr, nicht weniger. es steht da auch, dass überdosieren beim stillen eher nicht passiert. nicht mehr, nicht weniger.

  13. Nach meiner Erfahrung in der Elternberatung ist der Hintergrund nicht primär eine quasi kulinarische Tradition, die von den Schwiegermüttern eingefordert wird, sondern eine tiefsitzende erzieherische Verunsicherung, manchmal gepaart mit Bequemlichkeit: In den letzten Jahrzehnten wurde so etwas wie ein fester Schlaf- und Trinkrhythmus, also die allerersten Erziehungsaufgaben im Bereich Bedürfnisbefriedung (sic; nicht: Befriedigung), dermaßen ideologisch umkämpft, dass enorme Verunsicherung herrscht. Selbst beim – in vieler Hinsicht wahren – „Jedes Kind kann schlafen lernen“ steht nicht im Vordergrund, dass man hier beim Kind durch äußeren Halt eine innere Kompetenz und Stetigkeit aufbaut, sondern es drängt sich mehr der Eindruck auf, geordnete Tagesabläufe seien lediglich nach dem Motto „der Zweck heiligt die Mittel“ eine probate Notlösung für chronisch übermüdete Eltern. Die Wahrheit, dass Erziehung mit Maß und Rhythmus für Antriebs- und Wunschbefriedigung anfängt und dass hier etwas Wertvolles aufzubauen ist, lange bevor die Übermüdung einsetzt, wird kaum noch geäußert. Die Folge? Schläft das Baby nicht wie gewünscht ein, wird es pappsatt gemacht, bis etwas Ruhe einkehrt. Quengelt tagsüber das übermüdete Kind, steckt man erst den Schnuller rein und wenn das nicht hilft, die Flasche. Echte Kommunikation? Aushalten von Unlust? Stützende Gewohnheiten? Gäbe es all dies, wären wohl weder Mama noch Baby schwer übergewichtig.

  14. Ich empfinde solche mahnenden Aussagen immer als sehr zwiespältig. Einerseits ist es natürlich gut, z.B. das Stillen zu postulieren und vor Überfütterung zu warnen. Andererseits: Ich bin sehr schlank und sehr sportlich und entwickle in der Schwangerschaft trotzdem diabetische Stoffwechsellagen. Das zweite Kind ist vielleicht auch deswegen nicht so richtig dünn. Was macht man, wenn man alles richtig macht, trotzdem kommt das „Falsche“ dabei heraus und alle anderen haben verinnerlicht, dass man ja als Mutter irgendwie selbst schuld sein muss? Gut anfühlen tut sich das jedenfalls nicht.

    1. Verstehe ich. Aber das sind doch Einzelfälle. Und beim Gros der dicken Kinder lässt sich das nicht auf die „Drüsen“ reduzieren. Da werden nur nach bequemen Entschuldigungen gesucht.

  15. Meine italienische Schwiegermutter hält uns noch heute, 2 1/2 Jahre nach der Geburt, für verantwortungslose Rabeneltern ohne Herz weil wir nicht die Milch mit biscotti angedickt haben. Die gibt es entweder als normale Kekse oder wie Formelmilch in der 500gr Dosen (Konsistenz Paniermehl) zu kaufen. Kein Wunder, dass unser Junge „so dünn ist, er trinkt ja nur Wasser“ 😀

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