Herbstzeit ist Verbrennungszeit

 

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Ich hätte nicht gedacht, dass ich dieses Blogpost mal in der Herbst- oder Winterzeit schreiben muss, weil: Verbrennungen kommen vor allem im Sommer vor. Beim Grillen nämlich, beim unbeobachteten Umgang mit Spiritus oder anderen Grillanzündern, ganzjährig beim Umgang mit heißem Wasser zum Tee- oder Kaffeekochen. Ganz doof auch: Das früher geübte Inhalieren über der heissen Wasserschüssel, mit Kamille oder irgendwelchen ätherischen Ölen. Don´t do that.

Verbrennungsquellen im Herbst und Winter? Klar, Heizungen und Öfen. Alleine in den letzten zwei Wochen haben wir in der Praxis sechs Kleinkinder versorgt, die mit ihren Fingern an freistehende Öfen gefasst haben, eines hatte sich am Auflaufrohr einer Heizung verbrannt. Für alle Familien überraschend und ein schreckliches Ereignis.

Deshalb ist Vorbeugung so wichtig:
– Zunächst bewusst machen, wo Gefahrenquellen lauern, also mit offenen Augen (und auf den Knien) durch die Wohnung oder das Haus gehen und *hinsehen*.
– Regulierbare Heizapparate gar nicht erst zu heiß stellen (macht sowieso zu trockene Luft – schlecht für die Atemwege)
– Heiße Rohre abisolieren (spart außerdem Energie)
– Öfen und Kamine weiträumig sichern: Anlaufgitter aufstellen, offene Feuerstellen (ja, die gibt es immer noch) mit Funkenschutzgittern versehen
– Kindern die Kamine und Öfen als absolute Tabubereiche vermitteln, genau wie Steckdosen, hier richtig streng sein und keine Kompromisse eingehen („da ist er noch nie dran gegangen“) – das Tabu muss stärker sein als die Neugier

Meist geht das Verbrennen an Heizungen recht glimpflich ab: Nur die Finger oder Handflächen berühren die heißen Platten, Glasabdeckungen oder Rohre, die Kinder schrecken hoffentlich dank des eingebauten Schutzreflexes schnell zurück (funktioniert bei unter Einjährigen oft nicht so gut), so dass die Hitze sofort weg ist von der Haut. Anders ist das bei Flüssigkeiten oder Brennspiritus.

Daher haben die Kinder „nur“ verbrühte Fingerkuppen oder Handflächen. Schlimm genug, denn Hände sind für uns Menschen Inbegriff des Erfassens und Erfahrens, wer ein Kleinkind mit Gips oder Handverbänden erlebt hat, weiß, wie schlimm das für das tägliche haptische Erleben ist.

Ist es nun doch passiert, bewahrt bitte einen kühlen Kopf. Die Hände oder andere verbrannte Körperregionen werden vorsichtig gekühlt, am besten unter fließend handwarmen Wasser oder mit einem Kühlpäckchen (dieses aber in einem Handtuch verpackt, um nicht noch Frostbeulen zu provozieren). Kühlen wenigstens zwanzig bis dreissig Minuten aufrechterhalten, dann könnt Ihr zum Arzt oder ins Krankenhaus fahren, um die verbrannten Flächen verbinden zu lassen.
Wir versorgen dann nach Verbrennungsgrad. Leichte Rötungen können offen belassen werden oder mit Panthenol versorgt werden, blasige Verbrennungen werden gesäubert und steril abgedeckt und verbunden, in aller Regel mit einem Gitterverband und einer Wundcreme. Blasen an Fingern und Handflächen werden nicht künstlich eröffnet, außer sie stünden unter starker Spannung durch darunter entstandener Wundflüssigkeit, dann wird diese abgelassen, das Blasendach erhalten wir aber, es ist der beste Schutz für Infektionen. Verbandswechsel führen wir alle zwei Tage durch, bis eine gute Granulierung der Wunde eingesetzt hat, meist erkennbar am Ablösen des alten Blasendaches. Das dauert ungefähr zehn Tage.

Erspart den Kindern aber diese Prozedur – beugt vor! Und sagte es allen weiter: Winterzeit ist auch Verbrennungszeit – also Finger weg von Öfen und Heizungen.

Tag des Brandverletzten Kindes mit weiteren Tipps

Einfache Verbrühungsregel

10 Antworten auf „Herbstzeit ist Verbrennungszeit“

  1. Wir haben (eher aus Spaß) versucht unserer Kleinen beizubringen schon die Kerze auf ihrer ersten Geburtstagstorte selbst auszublasen, was sie (in den Proben) auch geschafft hat. Seitdem muß man sie davon abhalten sämtliche Kerzen auszublasen. Keine Ahnung, ob der Ansatz gut ist. Wir verlassen uns nicht drauf…

  2. Artikel gelesen und mir einen Tag später das kochend heiße Wasser über die Hand geschüttet -.- Aber besser mir als dem Kind. Und trotz höllischer Schmerzen (wie muss das sein, wenn man sich großflächig verbrennt?) nur kleine Brandbläschen.

  3. Kühlung ist heutzutage nicht mehr das Allheilmittel bei Brandwunden, da es je nach Größe der Wunde auch zu systemischer Unterkühlung und damit weiteren negativen Effekten führen kann.
    Eine Empfehlung zur Kühlung mit Kühlkompressen o.ä. erscheint im Vergleich zum handwarmen Wasser deutlich kälter als erforderlich.

  4. Und noch eine Quelle für Verbrühungen:
    Meine Kinder kennen meinen Thermobecher, der kühlt einigermaßen schnell ab.
    Aber unsere Thermoskanne ist da leider sehr hochwertig….

    Kind hat versucht, direkt daraus zu trinken.

    1. Ja, das und gerade gestern passiert. Wusste nicht dass das Kind weiß wie die Thermoskanne aufgeht und habe sie immer im Wohnzimmer stehen, damit ich keine Teelichter brennen lassen muss wenn das Kind wach ist. Und kaum guckt man eine Minute nicht hin… Kinn, Brust, Schulter knallrot. Sie wollte auch Tee trinken und der im Becher war ihr zu heiß.
      Aber mit ein wenig Après Sun Lotion war es bald besser (mussten etwas improvisieren, da wir keine Wundsalbe hatten).

  5. Kühlpacks lagern wir in der Kühlschranktür.
    Dann besteht die Gefahr der Erfrierung nicht. Und man kann sie direkt auf die Haut legen.

    Bei Kerzen unbedingt danebensitzen!
    Es ist so schnell ein Kinderärmel oder Haare drin.
    Und Zweijährige sind leider auch in der Lage, Streichhölzer anzuzünden, eigene glimpflich ausgegangene Erfahrung.

  6. Und in der Adventszeit bitte immer (!) dran denken, dass (brennende) Kerzen und Kleinkinder niemals alleine in einem Raum bleiben sollten! Nein, auch nicht für zwei Minuten!
    Feuer ist für Menschen faszinierend, auch und besonders für die kleineren Ausgaben und es ist gut, wenn sie gemeinsam mit den Eltern den Umgang damit erlernen können. Aber eben unter Aufsicht.

    1. Bei manchen Kindern muss man das noch schärfer formulieren: Sie sollten mit brennenden Kerzen am besten überhaupt nicht gemeinsam in einem Raum sein… seufz

  7. Feuerzeuge immer am Mann bzw. an der Frau,meinem Neffen hat es mit 4 Jahren das Leben gekostet das die Dinger in der Wohnung überall herum lagen .

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