Der Abend vor Weihnachten

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„In Raum B“, sagt die Krankenschwester. „Bluterguß am Auge, ist wohl gestern gestürzt, sagen die Eltern.“ Sie zeigt den Gang runter und zuckt mit den Schultern. „Was Eltern so sagen.“
Die Schwestern hier haben schon alles gesehen, und ihr Verdacht bestätigt sich meist. Ich habe einen der weniger kritischen Dienste an Weihnachten erwischt, den Samstag vor Heiligabend, der Ansturm ist bisher ausgeblieben. Gerade sitzen nur vier oder fünf Eltern mit Kindern, ich hätte wohl ein wenig Zeit.
Im Zimmer ein junges Mädchen, vielleicht dreizehn, auf der Untersuchungsliege, dick verpackt mit schwarzer Daunenjacke und umhalsten Schal.
„Die haben gestern Handstand geübt, im Kinderzimmer“, erklärt die Mutter. „Maike ist ausgerutscht und mit dem Kopf an das Eisengitter vom Bett gehauen.“ Sie zeigt mit Händen, wie das passiert ist. „Die Brille ist ans Auge gedrückt, hier, so.“
Sie steht bei der Tochter und drückt ihr die Brille aufs Gesicht.
Die Brille ist intakt, die Gläser ganz, nichts ist verbogen.

Ich nicke und schaue mir die Verletzung an. Ein Hämatom auf dem Os zygomaticum links, etwas unterhalb der Orbita.
„Na, wie hast Du das denn gemacht?“ frage ich Maike.
Sie zuckt mit den Schultern. „Gestürzt.“
„Ich hab´s ja schon erklärt“, sagt wieder die Mutter. „Sie stand vor dem Bett…“
„Alles klar.“ Ich nicke, unterbreche ihre Erklärung.
Ich taste das Jochbein ab, keine Verschwellung, nur das Hämatom, taste den Kiefer ab und betaste die Ohrmuschel, wende mich der anderen Seite des Kopfes zu, wieder Stirn, Jochbein, Kiefer. Ein zweites Hämatom, am Unterkiefer, schwach zu sehen.
„Und das hier?“, frage ich das Mädchen.
„Keine Ahnung, auch so“, sagt sie. Sie lächelt und schlägt dann die Augen nieder.

„Ist dabei passiert.“ sagt der Vater. Er steht im Hintergrund. Ich halte die Brille in der Hand.
„Die ist wohl heil geblieben?“ frage ich in die Runde.
„Ja, witzig, oder?“ sagt die Mutter.
„Ja, vielleicht.“ Ich nehme das Ophthalmoskop und sehe mir die Augen genauer an. Auf der linken Seite sieht man unter dem Unterlid ein blutunterlaufene Stelle. Von der Brille? Die Pupillen reagieren prompt. Im Ohr ist nichts zu sehen, die Zähne sehen schlecht gepflegt aus, aber unverletzt.
„Das müssen wir genauer anschauen.“ sage ich und zeige auf das Auge.
Der Vater nickt. „Ok. Machen Sie jetzt, oder?“
„Mal sehen. Kann sein, dass ich einen Augenarzt dafür brauche.“

Die Tochter und die Eltern wechseln Blicke. Es schwingt was durch den Raum, die Luft lädt sich auf. Das tut nicht gut.
„Keine Angst, wir sind ja hier, um uns das anzusehen, oder?“ sage ich. Und zu dem Mädchen gewandt: „Wir helfen Dir, dass es Dir besser geht.“
Sie nickt, schaut mich aber nicht an.
„Ich möchte noch, dass Du mal Deine Jacke ausziehst und den Schal. Hier ist es sowieso viel zu warm.“
Sie beginnt, die Kleider auszuziehen. Die Mutter hilft ihr.
„Sie sagen, ´die´ haben Handstand geübt“, frage ich. „War sie alleine, oder noch jemand?“
„Ihr Bruder.“
„Wie alt ist Dein Bruder?“
„Siebzehn.“

Inzwischen hat Maike die Jacke und den Schal ausgezogen. Sie trägt nur ein dünnes Top und darunter einen BH. Jogginghosen. Ich nehme ihre Hand und helfe ihr von der Untersuchungsliege herunter. Stelle sie vor mich hin und schaue.
Beide Oberarme sind mit Blutergüßen übersät. Dorsal sind Handabdrücke zu erkennen, dunklere Male, wo die Fingerspitzen greifen, hellere, wo die Handflächen aufliegen. Die Ellenbogen sind frei, die Unterarme zeigen kleinere, kreisförmige Hämatome. Am unteren Rand des Halses sind feine Blutgerinnsel zu sehen. Alles gut verdeckt durch Schal und Mantel.

Die Entscheidung ist gefallen. Das Mädchen darf nicht wieder nach Hause. Ich werde hier und jetzt nicht weiterfragen, denn das muß Zeit haben für später. Die Eltern sehen, dass ich die Oberarme sehen, sie sehen, dass ich sie begutachte, sie sehen, dass ich mir Gedanken mache. Nur jetzt keine Vorhaltungen meinerseits, keinen Grund für eine Verteidigungshaltung. Die Eltern haben Maike vorgestellt, weil sie sich Sorgen machen, dass der Bluterguß im Gesicht irgendwelche Folgen hat. Dass das Auge verletzt ist. Das ist die Eintrittskarte.

„Wir müssen das hier in der Klinik genauer untersuchen“, sage ich zu den Eltern. „Vor allem das Auge. Nicht das es hier schwerere Verletzungen gibt.“
Sie wechseln Blicke, entspannen sich aber. Keine Ahnung, ob sie das Ahnungslosigkeitsspiel mitspielen, denken, ich hätte keinen Verdacht für eine Misshandlung, mir ist das egal. Oberste Priorität ist es, das Kind hierzubehalten.
Ich spreche meine üblichen Formalien aus, dass sich eine Schwester kümmern wird, dass ein aufnehmender Arzt hinzukommen wird. Kein Wort von Sozialdienst, Jugendamt, Polizei.

Später wird der Oberarzt der Klinik einen Ultraschall vom Abdomen machen und zum Glück nichts finden. Die Verletzungen werden dokumentiert werden, fotografiert. Die Arztkollegin wird das Mädchen nochmal befragen, ohne Eltern. Sie oder der Oberarzt werden die Eltern fragen, immer mal wieder, getrennt, gemeinsam, immer auf der Suche nach Plausibilität der Aussagen, Erklärungen, die Frage nach dem Bruder. Der Sozialdienst hat eine Bereitsschaftsnummer, die die Klinik immer erreichen kann. Da kommt noch viel Arbeit auf das Team zu.
Samstagabend. Der Abend vor Weihnachten.

„Vielen Dank“, sagt der Vater, als ich ihm die Hand gebe und das Zimmer erst einmal verlasse. Vielleicht meint er es wirklich so.

(c) Bild pxhere (CC Lizenz 2.0 Generic)

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26 Antworten auf „Der Abend vor Weihnachten“

  1. Danke, dass Sie dass Sie Ihre Arbeit machen. Bei uns haben alle weggeschaut, die Lehrer, die Nachbarn, Familie und Bekannte. Alle haben sie die Striemen vom Stock gesehen, die Verletzungen von den Fäusten, die blauen Flecken vom Kabel, die Schreie gehört. Jeder im Dorf hat es gewusst, sogar unsere Mitschüler, keiner hat was getan. Ich habe viele Jahre gebraucht um jemand zu werden, nachdem ich 18 Jahre lang zu einem Nichts gemacht wurde. Meine Kinder werden nicht geschlagen, wir haben nicht das Recht, unseren Kindern sowas anzutun.

    1. Genau dies muss sich ändern. Für die betreuenden Familien und die Kinder in Obhut sind drei Dinge ganz wichtig: Ruhe, Zeit und Verlässlichkeit. Verlässlichkeit in Bezug auf Bindung (wenn auch zeitweise) und finanziell. Macht man die Inobhutname mit Herz, ist es ein Vollzeitjob ,der deutlich besser bezahlt gehört. Dazu gehört neben viel Herz auch eine professionelle Ausbildung, um es gut machen zu können. Ob es irgendwann Politiker in diesem Land geben wird, die solche Aufgaben bereit sind vernünftig zu entlohnen? Dazu müsste man ja Bewertungsmaßstäbe ändern…und das braucht langen Atem und Idealismus und und und….

  2. Ein sehr vielschichtiges Thema. Bei Gefahr in Verzug muss gehandelt werden, keine Frage. Oft ist aber auch, wie vom Kinderdoc geschrien, Behutsamkeit ganz elementar. Kinder lieben ihre Eltern, auch wenn sie die schrecklichsten Dinge tun. So erlebe ich esimmer wieder bei Kindern, die aus schwerwiegenden Gründen aus ihren Familien genommen werden. Oft beginnt eine haltlose Suche nach einem Familienersatz. Gründe: Erstens:
    eine abgrundtiefe Sehnsucht nach Familie, die wohl in den meisten von uns angelegt ist. Unterfüttert von dem täglichen Erlebnis, dass dies den meisten anderen Mitschülern möglich ist….
    Zweitens:
    Viele Einrichtungen sind personell eng besetzt. Bezugspersonen wechseln im Schichtdienst. Besonders in Einrichtungen, die mit dem Prinzip der „Stammerzieher“ also einer festen Erwachsenen Bezugsperson, die für ein Kind alle Angelegenheit regelt, arbeiten. Ich erlebe oft, dass dann, wenn diese Person frei hat, gar keiner sich richtig zuständig fühlt. Oft wohl aus einer Überlastung heraus. Für die betroffenen Kinder jedoch die Auffrischung der Erfahrung: keiner ist wirklich verlässlich für mich da.Dann wird der Wunsch nach Familie sehr mächtig, egal was dort passiert ist. Können Kinderseelen dies unbeschadet überstehen? Einige sicher, viele nicht. Und man kommt als Lehrkraft in die Situation: wem melde ich Missstände in öffentlichen Einrichtungen? Was passiert dann mit den Kindern? Und und und….so viele Fragen, so viel abzuwägen. Behutsamkeit, bevor noch mehr Schaden entsteht. Und Mut zu handeln, wenn der Bauch sagt: hier ist jetzt Handeln statt abwägen dran!
    Für alle Kinder die dies erleben müssen, wünsche ich mir einen Erwachsenen, der verlässlich Bindung gibt. Immer, Tag und Nacht. Wie es sein sollte für Kinder. Ohne Gewalt. Seelisch oder körperlich.

  3. Keine leichte Kost…. man kann nur die Daumen drücken, dass das Kind auch in der Klinik ankommt und dass die betreffenden Kollegen es schaffen, konsequent und richtig zu handeln (was leider auch nicht selbstverständlich ist)…

  4. Genau… der Abend vor Weihnachten…. wir haben viele Kinder mit ähnlichen Erfahrungen bei uns in der Schule. Handeln dürfen wir in der Regel nur mit ein Einverständnis der Kinder. Also begleiten wir, trösten wir und versuchen immer wieder, Hilfe anzubieten. Besonders vor Weihnachten ist es dann oft soweit: Die Kinder merken, es geht nicht mehr, sie wollen aus der Familie raus. Doch dann gibt es jedes Jahr im Dezember dasselbe Problem: Die Plätze in Wohngruppen, Heimen und Pflegefamilie sind mehr als voll. Kreative Lösungen müssen her… und mir bricht es jedes Mal fast das Herz…
    Deshalb: jeder, der es sich vorstellen kann, eine Pflegekind aufzunehmen, sollte vielleicht einmal gründlicher darüber nachdenken, um solchen Kindern und Teenagern einen ersten Hafen zum Ankommen zu bieten…

  5. Mein Bruder, zwei Jahre jünger als ich, hat damals im Kindergarten andere Jungs verhauen. Die waren in der Überzahl und wahrscheinlich doppelt so groß wie er, aber sie hatten mich geärgert und er hat das gesehen. Danach hat er mich in den Arm genommen: „Punkt, ich helf‘ dir!“
    Papa erzählt diese Geschichte gern und nach dem hundersten Mal ist es eher nervig. Aber wenn ich das hier lese und vergleiche… Muss ich kurz ein bisschen heulen…

  6. Ich war als (6jähriges?) Kind mal auf der anderen Seite der Befragung. Zum Glück war der Verdacht unbegründet – auch wenn ich heute sehen kann, wie man darauf gekommen ist. Aber ich bin wirklich selber vom Schrank aufs Bett gesprungen .. und beim letzten Mal dabei doof auf die Bettkante gefallen … zwischen den Beinen. Es war im Spital damals, als sie mich für die Befragung von den Eltern getrennt haben. Das war seltsam. Noch seltsamer die Fragen. Da bekam dann sogar ich mit, worauf sie hinaus wollten (etwas suggestiv) – und habe stark protestiert ob der „Verdächtigung“. Heute finde ich es gut, dass sie das gemacht haben. Man muss wirklich aufmerksam bleiben. Missbrauch findet häufig nicht von Fremden statt sondern in der Familie. Und Kinder können meist nicht von selber ausdrücken, was ihnen da passiert ist.

    1. Es kann auch der Bruder gewesen sein. Und dann stehen die Eltern zwischen ihren beiden Kindern, auch wenn klar ist wer Opfer und wer Täter ist. Und dann bedeutet das Danke des Vaters eine Dankbarkeit, dass man ihm diese Entscheidung abnimmt.

  7. Ich bin jedes Mal betroffen und unglaublich wütend….jedes Mal, wenn das Jugendamt bei uns anruft, und fragt, ob wir ein Kind aufnehmen können, dem es nicht gut geht, dass sein Zuhause verlassen muss, damit die Situation geklärt werden kann. Kinder, die misshandelt werden, die keiner möchte, die nach der Entbindung einfach in der Klinik gelassen werden. Trotzdem sind wir froh um jedes Kind, dem geholfen wird und sind dankbar für jeden Arzt, jede Schwester, Erzieher, Lehrer, Nachbarn, der nicht wegschaut sondern sich traut zu handeln.
    Hier kommen die Kinder nur an, haben einen familiären Rahmen, in dem sie aufatmen können, Schutz finden und wo langsam (im Idealfall) begonnen wird, eine bessere Zukunft zu finden.
    Manche bleiben sehr kurz, andere länger, aber immer finden sie einen Platz in unserer Familie.
    Einige finden eine neue Familie, andere gehen zurück in ihre Familie und manche haben so viel erleben müssen, dass ihnen nur noch professionelle Hilfe einen Weg zeigen kann.
    Also bitte habt den Mut – wie der kinderdoc- und haltet die Augen offen.
    Danke

  8. Kenn ich, buppert sofort hoch bis zum Hals, wenn ich das lese.
    Bei mir war es der Bruder, aber anders. Mal einen Stein über den Kopf, eine rostige Kette, einen Schuh ins Gesicht.
    Geschwiegen wird überall, wenn die Situation es gerade her gibt.
    100000 Gründe gibt’s dafür, auch welche, bei denen man spontan lachen muss.
    Eine Therapeutin hat einmal zu mir gesagt : „Wir sprechen hier nicht über Deinen Bruder, wir sprechen über Dich“
    Da war ich 14 und war gerade freiwillig in die Psychiatrie gegangen.
    Man versucht es, und dann lässt man es eben für die nächsten 20 Jahre, darüber zu reden.
    Und doch vermag ich nicht, jemandem Schuld zu geben.
    Ich habe mich selbst therapiert, habe gesunde, glückliche Kinder, bin ein glücklicher Mensch in einer mehr als 20jährigen Beziehung, die mir alles gibt, was ich je an Kraft brauchte, und manchmal sogar so viel, das ich etwas abgeben kann, und das tue ich dann.
    Aber meinem inneren Kind in die Augen zu schauen, ist eine verdammt harte Angelegenheit.
    Es gibt ein Opfer von ihm, das nie wieder ein Wort reden wird.
    Damit muss nun auch ich leben, obwohl ich selbst noch Kind war.
    Ich bin zutiefst Dankbar, vom Gunde meines Herzens bis in die Haarspitzen, das es Menschen gibt, die sehen und handeln.
    Ich weiß, was alles verhindert werden kann.

    1. Ja, das Buch habe ich auch gelesen. Genau das ist es: Den Kontakt zu halten, damit das Kind nicht verloren geht. Noch viel schwieriger sind die praxisbekannten Familien, bei denen man immer den Weg finden muß zwischen Vertrauenserhalt und steter Einflussnahme und vorsichtiger Kontaktanbahnung zu Sozialen Dienst. Sie sind so schnell weg.

      1. @kinderdocs Antwort auf Jennifer-Heart:

        Ich finde das mit Samthandschuhen anfassen und Herumgetiptapse um die Eltern ist reiner Täterschutz. Die Eltern brauchen eine klare Ansage, eine rechtliche Belehrung, und eine resolute Familienhelferin, die regelmässig und ungefragt vorbeischaut. Und eine Bestrafung von Gesetzes wegen: Geld, gemeinnützige Arbeit oder meinetwegen Freiheitsentzug. Anders fällt der Groschen nicht! Familie ist kein rechtsfreier Raum!
        Bei Kindesentzug machen die dann gleich ein neues Kind, und geht alles von vorne los … erlebe ich nicht zum ersten Mal …

        Zweites: Wenn als Feigenblatt für die eigene Feigheit und Untätigkeit jeweils vorgeschoben wird, man „möchte der Beziehung zwischen Eltern und Kind nicht schaden“, wachsen mir die Eckzähne. Alles schon erlebt und gehört …

        Dauernd nur Hilfsangebote „anzubieten“ ist für die Kinder zu wenig tragfähig, zu vage. Es ist für ein Kind ein riesiger Schritt, die Eltern ins Ungewisse zu verlassen, und da braucht es schon fass- und belastbare Alternativen, denen man vertrauen kann. Und kein: „Wenn’s ganz schlimm wird, ruf das Sorgentelefon an!“ Na klar … oder: „Geh ins Kinderhaus“, das aber leider an 300 Tagen pro Jahr schon voll ist, und nach wenigen Tagen geht’s eh ins alte Elend zurück … denn „die Situation hätte sich ja inzwischen beruhigt“. Na danke auch.
        Schöne „Hilfsangebote“ … Hauptsache, die Helfer haben ein gutes Gefühl dabei.

        Sorry, hat alles keinen direkten Bezug zur Geschichte hier. Aber gerade im sozialen Helferfeld tummeln sich so viele harmoniesüchtige „alles-wieder-gut-machen-Woller“ und so wenig gute Leute mit Rückgrat, Biss, Ecken, Durchsetzungsvermögen, klaren Worten und Taten, die keine Konfrontationsscheu haben und das Unaussprechliche aussprechen.

        Oft werden die Augen erst dann richtig gross, wenn endlich – und viel zu spät – die Polizei auftaucht … „Ach scheisse, die meinen das ernst? Echt jetzt?!“

        Die kindlichen Opfer haben keine Lobby, bloss einen Haufen Leute, die für’s eigene Gewissen „Gutes tun“ wollen. Kinderschutz braucht mehr Mut und Durchsetzungsvermögen als „Helferwille“.

        Saskia Guddath und Michael Tsokos lassen grüssen!

        1. Ich weiss nicht, ob Tsokos und Co. dem ganzen Opferschutz so gut getan haben. Sie haben den Finger in die Wunde gelegt, ordentlich ausgeteilt gegen Jugendämter, Politik und auch Kinderärzte, das kommt ja immer gut, auf andere zu zeigen. Aber es braucht hier eben doch Fingerspitzengefühl.
          Das ist nicht wie beim Mobbing, wo nur hartes Durchgreifen zieht. Hier geht es um zerrüttete Familien, deren Kinder bei der Erfahrung eines Bindungsverlustes noch mehr traumatisieren. Denn, auch wenn man sich das von außen nicht vorstellen kann, die Kinder haben trotzdem eine Bindung innerhalb der Familie, wenn auch manchmal eine pathologische.
          Genauer Hinsehen! Signale erkennen! Das gilt auch für Nachbarn und Erzieher, vor allem aber für Kinderärzte in Praxis und Klinik.
          Das Vorsichtiganfassen fand vor zehn Jahren statt, heute sind wir da viel weiter, die Hürden sind niedriger, das Hilfenetz kleinmaschiger.
          Trotzdem wird es immer eine Dunkelziffer geben.

      2. Ich denke, es geht dem Kinderdok u.a. auch darum, dass die Eltern „greifbar“ bleiben. Man hat nichts gewonnen, wenn die Eltern sich zurückziehen und die Kinder bei Verletzungen schlimmstenfalls gar nicht mehr zum Arzt gebracht werden.

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