Sprachbegabung dank Mehrsprachigkeit

Spracherwerb: Mehrsprachig aufwachsende Kinder brauchen länger, denn sie lernen mehr

 

„Kinder hören in einer Sprache weniger Worte und Sätze als Kinder, die alles in einer Sprache wahrnehmen. Infolgedessen entwickeln zweisprachige Kinder jede Sprache langsamer, weil ihr Lernen auf zwei Sprachen verteilt ist. Eltern sollten sich deshalb keine Sorgen machen“, erklärt Dr. Ulrich Fegeler, Kinder- und Jugendarzt sowie Mitglied des Expertengremiums des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Dies belegt eine aktuelle Studie der Florida Atlantic University, die in „Child Development Perspectives“ veröffentlicht wurde.

Wichtig ist es allerdings, dass Eltern auf die Qualität der jeweiligen Sprache achten, die die Kinder hören, und mit ihren Kindern viel sprechen. Denn die Geschwindigkeit des Spracherwerbs hängt davon ab, wie viel und was Kinder hören und wie oft sie selbst mit andern üben. Ein Beispiel dafür ist, dass Eltern, deren Muttersprache Spanisch ist, in den USA mit ihren Kindern oft spanisch sprechen, die Kinder aber häufig englisch antworten. Da die Kinder im Spiel mit anderen Kindern oder im Kindergarten englisch sprechen, können sie sich auch in dieser Sprache deutlich besser ausdrücken. Deshalb verstehen diese zweisprachig aufwachsenden Kinder sowohl Englisch als auch das zu Hause gesprochene Spanisch sehr gut, sie erweiterten ihren englischen Wortschatz aber schneller. „Eltern sollten mit ihrem Kind in der Sprache sprechen, die sie am besten beherrschen. Denn Kinder sollten jede Sprache von den Menschen lernen, die darin ‚zu Hause‘ sind. Dabei sollten Eltern aber nicht erwarten, dass ihr Kind beide Sprachen wie seine Muttersprache beherrschen wird“, ergänzt Dr. Fegeler. Aber haben Kinder im Alltag die Möglichkeit, beide Sprachen zu verwenden, unterstützt dies die zweisprachige Entwicklung, so dass sich die Kinder später nahezu perfekt in beiden Sprachen ausdrücken können.

Kinder aus Familien mit ausländischen Wurzeln sind stark gefordert, denn sie sollten die Sprache des Landes, in dem sie leben, gut lernen, um in der Schule erfolgreich zu sein. Aber sie müssen i.d.R. auch die Sprache des Herkunftslandes ihrer Familie beherrschen, um sich mit Eltern und Verwandten unterhalten zu können.“

Quelle: Child Dev Perspect, Dev Sci. , Florida Atlantic University, HealthNewDigest


Eine Pressemitteilung des BVKJ

Ich finde ja, das hat schon philosophische Bedeutung in der internationalen Verständigung – Migration als Erweiterung des Wissens und der Sprachbegabung. Vielleicht sollte die AfD sich dran machen, den Fremdspracheunterricht in den Schulen abzuschaffen, um konsequent in der eigenen Denke zu bleiben.

Gibt es hier Leser, deren Kinder zweisprachig aufwachsen? Habt Ihr ähnliche Erfahrungen gemacht?

Hier auch was dazu

25 Antworten auf „Sprachbegabung dank Mehrsprachigkeit“

  1. Unser Kind wächst zweisprachig Deutsch/Russisch auf, ich spreche nur Deutsch mit dem Kind, meine Frau nur Russisch. Da ich mich mit meiner frau überwiegend auf Deutsch unterhalte haben wir uns eine russischsprachige Tagesmutter gesucht die auch nur russischsprachige Kinder aufnimmt und mit ihnen auch nur russisch spricht.
    Momentan spricht und versteht er die ersten Worte, Russisch.
    Einzige Deutsche Wort bis jetzt: Papa
    Aber er ist auch erst 19 Monate

  2. Ja, mein Sohn wächst deutsch und russisch auf. Durch die Kita überwiegt Deutsch im Moment, aber Russisch versteht er sehr gut. Die LIeder und Bücher zu Hause sind nur auf Russisch. Das Problem ist, dass wir in der Familie Deutsch sprechen und ich nur mit den Kindern Russisch spreche. Sein Wortschatz ist eher passiv 🙁 Manchmal versteht er aber Wörter, die selten benutzt werden und das überrascht mich immer wieder. Jetzt fahren wir für einige Wochen zum russischen Teil der Familie und ich hoffe, es pusht etwas.

  3. Mein Beobachtungen aus der Betriebs-Kita (großer Konzern mit internat. Belegschaft): solange sich alle an ihre Sprache halten, klappt es früher oder später. Wichtig war nur, dass pro Bezugsperson eine Sprache verwendet wird. Egal welche Kombination gesprochen wurde, die Kleinen kamen damit zurecht. Die Eltern haben nur darauf geachtet, dass jeder Elternteil konsequent in seiner eigenen Muttersprache bleibt. Mein Lieblingsbeispiel war das Kind mit französischem Papa und chinesischer Mama. Dazu dann Deutsch als Alltagssprache und in der Kita. Je nachdem, wen sie gerade angesehen hat, hat sie dann die Sprachen gewechselt. Faszinierend…
    Interessant fand ich auch, dass das mit zusätzlichem Englisch ebenfalls funktionert hat. Eine Erzieherin hat mit den Kindern konsequent nur englisch geredet (Muttersprachler), auch wenn sie perfekt deutsch konnte. Fand ich erst etwas übertrieben bei dem Sprachengewirr, das es eh schon gab. Aber das haben die Kids aus dem Kontext erstaunlich schnell verstanden. Das englische Zusatzvokbular ist nach und nach in den Wortschatz rein diffundiert. Leider ist es auch (zumindest bei meinen Kindern – nur Deutsch) genau so schnell wieder verschwunden. Schade…

  4. Wir haben 3 Jahre in den USA gewohnt: Kind 1 war 2,5 und Kind 2 war 1 Jahr, als wir hinzogen. Kind 2,5 hat hauptsächlich Englisch gesprochen, aber immer wieder deutsche Worte eingemischt. Kind 2 sprach 100 % (gutes) Englisch. Kind 3 wurde dort geboren. Die beiden Großen haben nur (auch mit uns und untereinander) Englisch gesprochen, auch wenn wir sie auf Deutsch ansprachen. Deutsch haben sie aber immer verstanden. Ausschließlich Deutsch mit ihnen zu reden fand ich schwierig, in einer ausschließlich englischsprachigen Umgebung. Als Kind 1 fünfeinhalb Jahre, Kind 2 vier Jahre und Kind 3 ein Jahr alt war, sind wir zurück nach Deutschland. Kind 2 hat sich, sobald er in den Kindergarten kam, innerhalb von vier Wochen von nur Englisch auf nur Deutsch umgestellt (er ist aber eh der Sprachbegabte in der Familie). Kind 1 tat sich schwerer, ist aber mittlerweile auch bei Deutsch angelangt, auch wenn sie mit der deutschen Grammatik etwas auf Kriegsfuß steht. Bei beiden kommt in Stressituationen immer noch mal etwas Englisch, es ist also noch da, ist nur gerade „abgemeldet“ (da sind Kinder ja Pragmatiker 😉). Kind 3, der als einziger von Vornherein mit 2 Sprachen groß wurde, ließ sich in der Tat viel Zeit mit dem Sprechen, kommt jetzt (mit 20 Monaten) aber immer mehr in die Gänge. Gespannt bin ich darauf, was passiert, wenn wir nächstes Jahr für 3 Wochen wieder in die Staaten fahren ☺.

  5. Ich bin zweisprachig Englisch/Deutsch aufgewachsen. Als Kleinkind habe ich wohl weniger gesprochen, ab vier beides flüssig. Mit meiner englischen Mutter haben mein Bruder und ich Englisch, mit meinem Vater Deutsch gesprochen, auch im gemeinsamen Tischgespräch. Meine Mutter hat an sie gerichtet nur englische Antworten toleriert. Ich glaube, das war sehr wichtig. Die meisten meiner bilingualen Freunde haben ihre Zweitsprache bis zum Gymnasium fast „verloren“, weil sie selbst nur Deutsch geantwortet haben. Ich war muttersprachlich in beiden. Jetzt (27 Jahren) nicht mehr, weil mir der regelmäßige Umgang mit „erwachsenen“ Worten fehlt (Politik, Finanzen usw.) Der Vorteil am Bilingualen ist retrospektiv für mich die Kultur, die Literatur, der Zugang. Lernen einfacher zu machen ist nur ein Nebeneffekt

  6. Als Lerntherapeutin (Ursprung Sonderpädagogik) kann ich sagen, dass zweitsprachig aufwachsen beim Erlernen des Lesens und Schreibens eindeitig ein Nachteil sein kann. Es wird meistens geraten: Bis zum Kindergarten mit dem Kind die Sprache sprechen, die man besser kann. Damit lernt das Kind, dass eine Sprache Regeln hat und bekommt ein Grundgerüst. Dann geht es auch leichter eine neue Sprache zu lernen. Manche Kinder können leider weder die eine noch die andere Sprache gut. Das alles heißt aber nicht, dass es nicht auch Kinder gibt, die zwei Sprachen auf einmal schnell lernen.
    Bei eigenen Kindern würde ich es spielerisch machen und mit den Kindern manchmal englische/ französische Reime sprechen oder Kinderlieder singen und mehr nicht.

    1. Hallo Kris, ich willl keinesfalls deiner Beobachtung widersprechen, dass manche Kinder vielleicht Schwierigkeiten mit der Grammatik haben können – das kann ich jetzt nicht beurteilen.

      Allerdings ist das bloße „widergeben“ von einzelnen fremdsprachigen Reimen oder Liedern leider ziemlich sinnlos. Die Kinder lernen das zwar „auswendig“, aber ohne ein dazugehöriges Sprachverständnis. Man lernt Sprache nur wenn man sie konsequent in den Alltag einbindet – oder eben nachträglich so, wie man als Erwachsener auch eine Fremdsprache lernen würde. Da kann man natürlich auch Reime oder Lieder mit einbeziehen, aber isoliert von allem anderen bringt das leider nichts.

  7. Ich bin selbst zweisprachig (Deutsch-Englisch) aufgewachsen und gebe dies nun an meine Kinder weiter.

    Zweisprachig zu sein war für mich immer normal und eine Selbstverständlichkeit. Manchmal erhielten meine Eltern Vorwürfe, mein Vater würde uns eine Geheimsprache beibringen, mit der wir dann hinter dem Rücken anderer Lästern könnten…

    Bei meinen eigenen Kindern sind die Rückmeldungen aus der Umgebung inzwischen durchweg positiv. Englisch hat ja in der Gesellschaft einen hohen Stellenwert und alle beneiden meine Kinder um ihren Vorteil, diese wichtige Sprache schon mit der Muttermicl aufgesogen zu haben.

    Einen leicht verspäteten Sprachbeginn gab es bei meinen Kindern zwar, aber der wurde locker aufgeholt. Spätestens mit Ende der 1. Klasse waren auch die letzten grammatikalischen Unsicherheiten (dem/den usw.) von alleine weg.

    Geblieben ist ein gutes Gefühl für Sprache allgemein und ein Bewusstsein dafür, dass es mehr auf dieser Welt gibt als Deutsch.

  8. So ganz laienhaft sehe ich es eher als Problem wenn Immigranten mit ihren Kindern nur in Ihrer Sprache reden UND Kontakt zu Einheimischen verhindern sondern nur unter sich bleiben. Eine Arbeitskollegin von mir ist beispielsweise Muslima aus Serbien, die Familie redet unter sich nur in der Muttersprache (auch ihre Eltern mit den Kindern schon) – sie ist Chefsekretärin, spricht akzentfrei deutsch und beherrscht die deutsche Rechtschreibung besser als mancher „Wurzeldeutsche“.

  9. nach ein paar jahrzehnten beobachtung verschiedener modelle im privaten umkreis möchte ich meinen, dass es menschen (fun fact: kinder sind menschen …) gibt, die halt irgendwas besser können als was anderes. manche sind musikalisch, manche nicht. manche sind „sportlich“, manche nicht. ähnlich verhält es sich wohl auch mit sprachen.

    ich kenne kinder, die drei- oder viersprachig aufgezogen wurden und mit keiner sprache ein problem hatten, weder mit dem „zeitgerechten“ reden (wer setzt da überhaupt die regeln fest, ist das nicht auch von kind zu kind verschieden?), noch mit der ausdrucksstärke oder der wortwahl.

    dann habe ich eineiige zwillingsneffen, die sprachen mit zwei jahren fliessend, leider nur in ihrer eigenen sprache, und so verstanden sie sich, bis sie vier jahre alt waren, mehr oder weniger nur gegenseitig. und das nur auf deutsch, wiewohl der onkel sich fürchterlich bemühte ihnen zumindest englisch nahe zu bringen.

    cousine und cousin meiner tochter sind mehrsprachig aufgewachsen: englisch/deutsch/französisch, dann in rio in eine internationale schule gegangen, die reden überall mit, notfalls auch mit händen und füssen, weil: das war schon immer so. immerhin unterrichtet der cousin an diversen universitäten, und ist anerkannter wissenschaftler. die cousine hat das dritte – jeweils artfremde – studium abgeschlossen, jeweils in einem anderen land mit anderer muttersprache. die kleine halbschwester der beiden tut sich mit zwei sprachen schwer, ist aber eine begabte sportlerin.

    dann hatte ich 1972 bei den olympischen spielen in münchen eine kollegin, die kam aus einem diplomaten-haus, 2 mutternsprachen, 2 vaternsprachen, internationaler kindergarten mit 2 weiteren sprachen. studiert hat sie übrigens am MIT, in rekordzeit, fach: flugtechnik. sie war höchst sprachbegabt, lernte noch ein paar sprachen, und verdiente ihren lebensunterhalt mit, überraschung: dolmetschen. spezialisiert auf kampfflugzeuge, im prinzip bildete sie sich sechs monate im jahr weiter, drei monate arbeitete sie, drei monate machte sie urlaub.

    und dann kenne ich wiederum kinder, die durchaus das angebot haben zwei- oder mehrsprachig aufzuwachsen, und das schlichtweg verweigern. warum auch immer.

    man kann wohl nix herausholen, was nicht drinnen ist. anbieten – notfalls auch mit nachdruck – sollte man es aber jedenfalls.

  10. Hallo. Ich kenne einige Kinder, die als Mutter- bzw. Erstsprache die Deutsche Gebärdensprache erlernen und dann die (deutsche) Lautsprache als zweite Sprache dazu (durch Großeltern, Kita, …). Da beobachte ich das im Blog beschriebene ganz ähnlich. Interessant finde ich, dass diese Kinder häufig mehr Gebärden produzieren können als sie sprechen können, auch wenn beide Sprachen gleichzeitig angeboten werden. Es gibt Experten, die meinen, dass Kinder die Gebärde schneller reproduzieren können als gesprochene Wörter.
    An der Uni Hamburg läuft gerade eine Studie zu bilingual-bimodaler Sprachvermittlung in Kitas. Es scheint, dass viele Kinder davon profitieren.

  11. Wichtig finde ich bei dieser Diskussion auch in welcher Sprache das Kind später lesen und schreiben lernen soll – was bis dahin kein Problem ist, kann es dann doch noch werden.

  12. Meine Erfahrung ist nicht, dass die Kinder mit 2 Sprachen langsamer lernten. Kind 1 fing früh an zu sprechen, damals lebten wir in Lateinamerika, allerdings ausschließlich auf Spanisch, später kam deutsch dazu, achtete aber auf Trennung. Kind 2 sprach auch sehr früh und mischte wild durcheinander. Kind 3 war ein „late talker“ und sprach bis über 2 nur das Wort „Dada“. Dann zurück in Deutschland fing die Deutsche Sprache an zu dominieren… Inzwischen ist das Spanische nur noch passiv, und wird nur beim Heimatbesuch aktiv benutzt.

    1. Genau das ist auch meine Erfahrung. Und wissenschaftlich belegt. Dr. Fegener schreibt Quatsch. Kinderärzte lehnen sich sehr häufig zu weit aus dem Fenster und meinen sich überall gut auszukennen. Dass dem nicht so ist sieht man gerade wieder. Es gibt gute! Bücher zum Thema bilinguale Erziehung ( oder trilingual) und Kinder die Sprache schneller oder langsamer lernen. Das hat mit mehrsprachiger Erziehung überhaupt nichts zu tun!
      Im Gegenteil, Kinder die das große Geschenk bekommen in mehreren Sprachen aufzuwachen sind ihren Altersgenossen im Durchschnitt in der Sprachentwicklubg weit voraus. Gute Literatur gibt es auf dem Markt.
      Aber diese ist niemals von einem Kinderarzt!
      Schuster bleib bei deinen Leisten!

      1. @Manuela: Die Beurteilung der Sprachentwicklung ist ein fester Bestandteil der Vorsorgeuntersuchungen und damit eine Kernkompetenz der Fachärzte für Kinder- & Jugendmedizin.
        Du hast die Berufsbezeichnung nicht korrekt verwendet und so massiv Verunsicherung zu schüren versucht. Denn als solche betrachte ich die verniedlichende Bezeichnung „Kinderarzt“ in diesem Zusammenhang: „Ist kein richtiger Arzt, hat nicht fertig studiert, reicht nur für Kinder“. Im Gegenteil, der FACHARZT für Kinder und Jugendliche kann den Spracherwerb am besten beurteilen, denn er ist der über viele Jahre ausgebildete Fachmann dafür. Wer, wenn nicht der Arzt meines Kindes hat denn Erfahrung mit einer so großen Anzahl von Sprechern in allen Stadien, dazu stets Zugriff auf den aktuellsten Stand der Wissenschaft? Eltern hören das Urteil eines Fachmanns heutzutage aber nicht gerne, sondern ziehen lieber Dr. Google und Bücher von Autoren mit unbekannter Ausbildung, dafür aber einer Erfahrung von n=1 bis max 12 zu Rate.

        In puncto bilingualem Spracherwerb spreche ich auch dem Durchschnitts-Logopäden die notwendigen Kenntnisse zur Einschätzung des Sprechstandes ab, zumal sein Schwerpunkt die Therapie des Sprechens (Aussprache) und nicht der Sprache ist. Therapeuten mit bilingualem Schwerpunkt findet man zudem nicht an jeder Ecke. Lehrer sind zum einen leider (noch) nicht ausreichend für dieses Thema sensibilisiert worden, zum anderen sollte es sie gar nicht mehr betreffen: Mit Schulbeginn muss die Sprache des Landes altersgemäß beherrscht werden.

        Fatal ist es in jedem Fall, die Sprache des Landes und damit des Schulunterrichtes zu spät zu beherrschen: „Lernt deutsch in Schule“ höre ich leider viel zu häufig.

  13. Kenne eine Familie, deren Kinder viersprachig aufwachsen: Muttersprache der Mutter (Deutsch), Muttersprache des Vaters (eine ostafrikanische Sprache), norwegisch (Land, in dem sie leben und in den Kindergarten gehen) sowie umständehalber etwas englisch (Sprache der Eltern untereinander, damit die Sprache am Abendbrottisch etc). Bisher gehts allen gut 😉 Im Kiga- bzw. Grundschulalter jetzt gerade merkt man, dass zB der norwegische Satzbau dominiert, aber sich auch in allen Sprachen gut verständigt werden kann und der aktive Wortschatz beeindruckend ist.

    Ich selbst habe einen „Gastarbeitervater“, aber mit wurde nie seine Sprache beigebracht. Heute bedauere ich das so unglaublich – ich hätte in zwei Welten leben können, was für eine Chance wurde da vertan!

  14. Hier! Unsere Kinder wachsen deutsch / englisch auf. Wobei der Papa, der ausnahmslos und zu 100% mit den Kindern englisch spricht, kein Muttersprachler ist, sondern Deutscher. Ja, ich weiß – böse, böse. 😉
    Aber er spricht aufgrund Auslandsaufenthalte, Arbeit, etc. nahezu perfekt, auch was das Vermitteln von Emotionen angeht.
    Ging uns auch nie darum, dass die Kinder dadurch mal einen „Vorteil in der Schule“ oder sowas haben (geht so auch kaum), sondern eine Selbstverständlichkeit für das Vorhandensein von mehreren Sprachen zu erzeugen.

    So, jetzt aber zu unseren Erfahrungen. Die „große“ Tochter ist gerade 3 geworden. Sie hat im ersten Lebensjahr und noch ein paar Monate darüber weniger gesprochen als manche andere, aber beide Sprachen immer gleich gut verstanden. Dann ist innerhalb kürzester Zeit der deutsche Wortschatz förmlich explodiert. Mit 2 Jahren hat sie komplexe Sätze mit 5 oder mehr Wörtern auf deutsch gesprochen und 2-Wort Sätze auf englisch.
    Jetzt, zur U7a, hat uns der Kinderarzt mitgeteilt, dass sie sich sprachlich im Deuschen auf dem Niveau einer 4 oder 5-jährigen befindet. Sie trennt zudem beide Sprachen fast perfekt, mixt also nicht mehr und spricht mit dem Vater verstärkt englisch, mit mir nur deutsch. Englische Sätze, Fragen, etc. bildet sie korrekt mit 5-10 Wörtern.

    Ich würde also sagen, in unserem Fall funktioniert es prima.

    Mal am Rande: Es ist immer wieder erstaunlich wie sehr sich Kinder untereinander beeinflussen. Sie wird im Januar in den Kindergarten wechseln und ist derzeit das älteste Kind bei der Tagesmutter. Wenn ich sie abhole, spricht sie manchmal eine halbe Stunde lang mit mir wieder in 2-Wort-Sätzen, bis sie endlich wieder umschaltet…

    1. Ich frage mich, wie man auf die Idee kommt, mit seinem Kind in einer Sprache zu reden, die nicht die eigene Muttersprache ist.
      Das ist mir wirklich völlig unverständlich.

      1. Weil es für die Kinder ein riesiges Geschenk ist, die Sprache „nebenbei“ zu lernen. Weil mein Mann es definitiv gut genug kann und viel Spaß daran hat. Wir lesen auch aus reiner Freude englische Bücher oder schauen englische Filme.
        Und weil es ganz offenbar nicht schadet.

        Sind das genug Gründe?

      2. Es ist wohl so, dass sich bei Kindern das „Sprachenzentrum“ besser entwickelt, wenn sie bis 5 Jahre oder so mit einer Fremdsprache (regelmäßig) in Kontakt kommen. Sie haben dann später weniger Schwierigkeiten, Fremdsprachen generell zu lernen. Nicht um in der Schule zu glänzen, sondern weil einem Sprachen nun mal viele Horizonte öffnen.
        Man muss aber, wie Danielas Mann, seine Emotionen zuverlässig ausdrücken können, wenn man in einer nicht-Muttersprache mit dem Kind spricht.
        Ich finde es Mehrsprachigkeit ein Geschenk, habe nur bei meinen Kindern nicht diese Möglichkeit,weil Spanisch nicht 100% gut genug und ich mich dagegen entschieden habe.

    2. Ich spreche mit den Kindern auch englisch ohne Muttersprachlerin zu sein (deutsch-französisch aufgewachsen) – mein Englisch ist allerdings gut genug dass ich in der Schule von den Eltern der Freunde meiner amerikanischen Stiefbrüder gefragt wurde ob ich schon auf dem College bin, weil man mich so selten sieht. Die kamen gar nicht auf die Idee dass ich keine Amerikanerin sein könnte.

      Das nur wegen der Frage wie man auf die Idee kommt.

      Meine Große ist auch gerade drei. Englisch versteht sie, spricht es aber gar nicht. Bin gespannt wie es bei dem Baby wird.

  15. Unsere Tochter spricht zuhause Deutsch, im Kindergarten Englisch und die Umgebungssprache ist Französisch (das versteht sie ganz gut, spricht es aber nicht fließend). In unserer Umgebung ist dies „normal“, aber wir finden es trotzdem ganz schön viel für sie – das ganze Gerede, dass Kindern Sprachen einfach zufliegen, ist in meinen Augen Quatsch. Ja, sie lernen Sprachen spielerisch, es ist aber für ein Kind genausoviel Arbeit wie für Erwachsene. Und es kann auch dazu führen, dass sie gar keine Muttersprache, in der sie ganz zuhause sind, mehr haben – für mein Kind möchte ich dies nicht.

  16. Das Kind ist zweisprachig: Deutsch-Französisch. Der hat erst mit 2 Jahren mehr als Ja/oui, Mama/Papa, danke/merci gesprochen. Aber ab da ohne Punkt und Komma.
    Holprig wurde es noch einmal, als er mit 3 erstmalig in eine Einrichtung kam, da kam er mit der Mischung aus Deutsch und Französisch (Französisch als Familiensprache) nicht weiter und schaltete für gut ein Jahr auf „nur Deutsch“ um – also auch dem französischen Vater gegenüber.
    Mittlerweile ist Deutsch die Alltagssprache und Französisch nur, wenn er beim Vater ist. Das Umschalten klappt aber gut. Und er kann auch auf Französisch lesen.

    1. „Und er kann auch auf Französisch lesen.“

      Total interessanter Satz. Ich habe Fachliteratur lange nur auf Englisch gelesen und erst nach einiger Zeit bemerkt, dass ich mir den Text nicht mehr „im Kopf übersetzen“ muss. Inzwischen bin ich so außer Übung, dass ich mich tatsächlich schwer tue „englisch zu lesen“.
      Dass das auch für Kinder gilt, war mir gar nicht bewusst, ist aber natürlich logisch.

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