Tumor

Es war ein dringender Anruf am Morgen bei uns in der Praxis. Neben den vielen Grippen, Durchfällen und Scharlachen tatsächlich mal etwas anderes. Der Junge, vierzehn Jahre alt, wird vorgestellt mit “Tumor am Bauch”. Ich lese das im Terminkalender und bekomme einen Kloß im Hals.

Mutter: “Der hat seit kurzem eine Schwellung am Bauch, das möchten wir anschauen lassen.”

Junge: “Du, nicht ich.”

Ich: “Hast Du denn Beschwerden? Bauchweh? Durchfall? Verstopfung?”

Junge: “Nö, alles gut.”

Ich bitte ihn auf die Liege und untersuche den Bauch. Taste hier, taste dort, streiche, klopfe, höre, drücke tief, frage nach Beschwerden, teste die Abwehrspannung, Loslass-Schmerz, Klopfschmerz. Alles negativ.

Ich: “Und wo ist jetzt genau die Schwellung?”

Mutter: “Na, da, und da. Das ist schon auffällig.”

Junge: “Ach, Mama…”

Und ich schaue nochmal, taste nochmal, lasse den Jugendlichen kurz seine Beine gestreckt hochheben.

Mama: “Sehen Sie, sehen Sie?”

Ich: “Das… und dies… und das… ist ein so genanntes… Six-Pack.”

Junge: “Siehste Mama, habe ich gleich gesagt.”

Ich: “Machst Du grad viele Situps? Fussballer? B-Jugend? Verschärftes Training?”

Er strahlt. “Klar!”

(c) Bild bei DOD (zur freien Nutzung gekennzeichnet)

17 Antworten auf „Tumor“

  1. Eieiei…

    Meine Mutter ist auch so eine. Niemals, wenn es um uns ging, aber immer, wenn es um meine Kinder ging: meine Zochter (damals 1,5Jahre) übernachtete bei der Oma. Am nächsten Tag wollte ich sie abholen, niemand da – bis nachmittags nicht.
    Endlich erreicht, schrie mich meine Mutter an, warum ich mein Kind vernachlässige (?), jetzt musste sie mit ihr ins Kh. Sie hätte einen Tumor im Genitalbereich. Ich fiel aus allen Wolken, denn meine Mutter ist ohne mich zu benachrichtigen ins Kh gefahren, hat das völlig verängstigte Kind den Ärzten ausgehändigt, die es intensivst untersucht haben… ich bin durchgedreht!
    Sie war natürlich kerngesund, meine Mutter hatte wohl die weibliche Anatomie eines Babys vergessen…
    Kind völlig verängstigt, ich stinkwütend, Verhältnis zur Mutter seit dem gestört. Tochter durfte nicht mehr bei Oma übernachten, bis sie weitaus älter war.

  2. Nicht die erste Mutter, die das Erwachsenwerden ihrer Kinder pathologisiert. Echt zum Fremdschämen! Die Rechnung sollte sie selber bezahlen bei so viel Realitätsverweigerung. Ihr Begatter hatte wohl nie ein Sixpack.

  3. Erst wollte ich sowas schreiben wie „sowas erkennt man doch…“, aber dann ist mir eingefallen, dass ich mal mit meinem Kater zum Tierarzt bin wegen eines „Pickels“ am Bauch. Er grinste und zeigte mir noch ein paar andere Pickel daneben, es waren nämlich die Zitzen.

  4. Meine Mutter wurde von meiner Großmutter, die sich zu krank fühlte den Arztbesuch zu begleiten, mit ihrem Vater zum Arzt geschickt, da sie Verwachsungen/ Knoten im Brustbereich hatte.
    Der Arzt erklärte den beiden dann , dass mit 13 Jahren Mädchen in der Regel ein Busen wächst. Für beide war es fürchterlich peinlich.

    1. Mit 14 Jahren hatte ich so etwas auch noch,kein Sport aber viel beim Bauern malocht um Geld zu verdienen,nun 40 Jahre später versteckt er sich unter Kuschelmasse 😉

  5. Ich hatte die Lokalisation „Bauch“ überlesen und bei Tumor sofort auf dicke Lymphknoten am Hals getippt. Das längste an diesen Terminen ist wahrscheinlich die Zeit, die man für die Beruhigung der Eltern braucht. Sieht beim allerersten Mal wirklich furchterregend aus, ist aber zum Glück (meistens) vollkommen harmlose Folge eines Infektes.

    Sixpack hatten wir noch nicht … ist ‘ne aufmerksame Mutter 😉

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