Auf dem Zahnfleisch

Kind kommt zur U7a (3 Jahre). Wüste Frontzahnkaries, praktisch alle Zähne 53-63 und 73-83 weggefault.

Ich: „Ok, die Zähne sehen ja weiterhin ganz schön schlimm aus. Das war letztes Jahr schon so. Waren Sie mal beim Zahnarzt deswegen?“

Vater: „Ja, ja, gleich nachdem Sie uns nach der U7 da hingeschickt haben.“

Ich: „Was hat der Zahnarzt gesagt?“

Vater: „Da seien zwei Zähne vereitert, man muss was machen, geht aber nur in Narkose bei dem Kleinen. Kann der Zahnarzt aber nicht selbst.“

Ich: „Hat er Ihnen jemanden empfohlen?“

Vater: „Nö. Er hat gesagt, wir sollen mal googlen, wer das bei Kindern macht.“

Ich: „Interessant. Haben Sie jemanden gefunden?“

Vater: „Wir sind noch nicht dazu gekommen.“

Wohlgemerkt: Ein Jahr später. Nebenbei hatte übrigens der behandelnde (?) Zahnarzt von der örtlichen Kinderzahnarztpraxis abgeraten, da habe er nur „Schlechtes gehört“. Die Eltern sollen lieber googlen, was sie natürlich nicht gemacht haben. 

Schade. Zähne sind oft ein Zeichen für Vernachlässigung der Pflege, des Kindes. Auch dieses Kind brachte alle Risikofaktoren mit sich: Flaschengefüttert bis nach dem zweiten Geburtstag, danach Übergang zu Saftflaschen. Von Zahnpflege haben die Eltern bis zur U7 nichts gehört. „Das muß man bei Milchzähnen nicht“ oder „wie sollen wir das hinbekommen, der mag keine Zähne putzen“.

Die Eltern aber mit der Googleempfehlung entlassen, ist Vernachlässigung durch den Zahnarzt.

(c) Bild bei pexels/Alex Lunardi (Free license)

 

25 Antworten auf „Auf dem Zahnfleisch“

  1. Dieser Beitrag ist mehr als besorgniserregend. Einerseits tut einem das Kind unglaublich leid und es kommt die Frage auf warum Eltern es soweit kommen lassen und sich nicht richtig kümmern und dazu die Unfähigkeit des Zahnarztes… Da ist es besser zu einem guten Kinderzahnarzt Bern zu gehen, der kann vielleicht noch auf die Eltern einwirken.

  2. Ich kenne aus meinen bekannten Kreis eine Familie Eltern trinken Wasser. K1 O-Limo, K2 Z-Limo 50 Euro pro Kind für die Zahnsanierung unter Narkose war nicht da.
    Lieber hat man sich 2 Rassehunde für 3000 Euro besorgt. 😡

    Oft leiden die Kinder unter den prioritären ihrer Eltern.

  3. Unser ZA hat überings zur elektrischen Zahnbürste geraten, so früh wie möglich. Er meinte, ein Kinderaufsatz würde reichen, wir haben ihm dann aber doch eine eigene gegönnt.
    Subjektiv sind die Zähne nun sehr sauber, die Handhabung ist auch einfacher als bei einer manuellen…

  4. Erinnert mich an den Vater letztens im Supermarkt, der zu seiner Tochter sagte: „Guck mal, Kind, das ist der süße Tee, wegen dem du die Zähne kaputt hast“ …

  5. Krass – ich dachte, dass das inzwischen bekannt sein sollte.

    Bei mir war das noch sehr unterbelichtet (1960 und ff). Selbst der behandelnde Zahnarzt, der bei mir schon im Kindergarten regelmäßig gebohrt hat, hat nie was zur Zahnpflege gesagt, weder zu mir, noch zu meinen Eltern. Und ging dann weiter – ein Zahnarzt hat nur leise vor sich hingestöhnt, „Und wie soll das mit 40 aussehen?“ statt mal ordentlich aufzuklären, was ich besser machen kann, bei dem inzwischen selbst ohne Elternanleitung begonnenem Putzen!! Das finde ich echt kritisch inzwischen und wenn ich noch in der Nähe wäre, würde ich ihn gerne mal drauf ansprechen. Aber ist eh schon zu alt… – Das zum Thema Zahnärzte!!

    Den Wurm bekomme ich einfach nicht mehr raus. Teuer und schmerzhaft. Und daher schaute ich bei meinen Kindern schon von Anfang an genau hin.

  6. Meines Erachtens werden die (Neu)Eltern auch schlecht informiert, was de Zahnpflege ihrer Kinder angeht. Denn offenbar spricht das Thema Zahnpflege nicht Bender KiA bei den ersten Us an. In meinen Baby-Gruppen gibt es tatsächlich Mütter, die erstaunt darüber sind, dass wir ab dem ersten Zahn putzen, das müsse man bei Milchzähnen doch nicht. Die Kinder dieser Mütter sind natürlich Flaschenkinder und bekommen zum Knabbernlernen Kekse von A***e mit satten 17g Zucker auf 100g. Auch das ist ihnen nicht mal bewusst. „Wieso, die sind doch extra für Babys und so viele essen sie ja nicht davon.“

    Ich finde, es sollte daher eine verpflichtende Vorsorgeuntersuchung beim Zahnarzt geben, wie dies mit den Us ist (zumindest sind die in unserem Bundesland verpflichtend). Bei dieser VU könnten die Eltern hinsichtlich der Zahnpflege ihrer Kinder aufgeklärt werden. Vielleicht kann man den Eltern auch einen Stempel für ihr eigenes Heft schenken, aber ich bezweifle, dass diese Eltern eins haben ;).

    An der Schule, an der ich tätig bin, kommt de Zahnfee in der 5. Klasse und erklärt den Kindern, wie sie ihre Zähne pflegen sollen. Für Kinder, wie sie der Kinderdok beschreibt, ist es dann schon viel zu spät.

    1. Bei uns kommt schon im Kindergarten und in der Grundschule der Zahnarzt jedes Jahr und ebenfalls 6 Monate später, auch jährlich die Prophylaxehelfer (so ist jedes Kind 2x im Jahr ohnehin unter Kontrolle). Dennoch gab es auch da Kinder mit krass weggefaulten Zähnen. Tatsächlich hat aber auch unser Kinderarzt bei jeder U das Thema Zähne angesprochen. (dazu sind wir natürlich eh noch jedes halbe Jahr zur Kontrolle beim Zahnarzt)

      1. Wieviel Zeit hat der Zahnarzt im Kindergarten bei Gruppengrößen von 50+?
        Wie ist die Beleuchtung?

        Interne Mitteilung einer befreundeten Zahnärztin: „Das ist nur für das allergrobste Screening, meist am Fenster, meist 1-2 Minuten pro Kind, Empfehlung an die Eltern erfolgt per Zettel – wird meist nicht nachgegangen.“

        1. Meine beste Freundin hat eine Kollegin da im Gesundheitsamt, daher sind die Infos so halb verlässlich. Bei der Prophylaxe geht es eher ums allgemeine Zeigen, auch nur in den Kitaräumen, aber der Zahnarzt kommt mit einer mobilen Praxis und schaut jedem Kind mit Spiegel in den Mund. Tatsächlich haben die einen kleinen Sturzschaden bei meiner Tochter „gefunden“ und uns darüber aufgeklärt. (von dem wussten wir und unser Zahnarzt natürlich schon) Ich wollte damit auch nicht sagen, dass das den Zahnarztbesuch ersetzt, aber allemal besser als wenn erst ab der 5. Klasse was passiert.

        2. Ich habe keinesfalls gesagt, dass ich es für empfehlenswert halte, dass die Prophylaxe erst ab / in der 5. Klasse stattfinden sollte. Da ich aber nun mal an einer Schule arbeite, die erst ab der 5. Klasse beginnt, kann ich mich auch nur hierzu äußern. Ich habe auch weder ein Kindergarten- noch ein Grundschulkind zu Hause. Dies war aber auch nicht der Haupttenor meines Kommentars.
          Grundsätzlich sind diese Prophylaxen aber sinnvoll und wichtig (gerne so früh es nur möglich ist). Doch leider kann ich dir aus meiner beruflichen Praxis sagen, dass Kinder nur einen Bruchteil des Gesagten / Gezeigten mitnehmen und später auch tatsächlich umsetzten. Deshalb ist es umso wichtiger, die Eltern früh aufzuklären (wie der Kinderdok schreibt über die Us) und diese in die Pflicht zu nehmen. Auch hinsichtlich der stark gezuckerten Produkte FÜR KINDER tragen ausschließlich die Eltern die Verantwortung. Kinder finden die schönen Verpackungen toll und den süßen Inhalt noch toller. Zu glauben, dass Kinder dies selbst übernehmen, weil jemand mal 1-2 Stunden darüber gesprochen hat, ist leider sehr naiv. Und auch in der Grundschule hätte das vom Kinderdok genannte Kind längst schwarze Zähne.

        3. Bei uns kommt die Zahnärztin mit einer Helferin und voller Ausrüstung. Jedes Kind wird jährlich befundet und die Eltern bekommen den Befund mit
          eventuellem Behandlungsplan zum Unterschreiben.
          In der Nachbarschule wird täglich 2mal Zähne geputzt. Fest im Stundenplan verankert und in eigens gebauten Räumen.
          Bei uns wöchentlich mit Anleitung.
          So ist totaler Kariesbefall seltener geworden. Für meine Schule würde uch mir tägliches Putzen wünschen,nachdem die Zahngesundheit „nebenan“ sich so deutlich gebessert hat. Noch gelten wir aber nicht als totaler Brennpunkt in diesem Punkt….. Prophylaxe in Deutschland ist sehr ausbaufähig….

        4. Paukerin: meintest du mich? (ich kann leider irgendwie nicht direkt auf deinen Beitrag antworten).

          Ich habe es keinesfalls so verstanden, dass du das empfehlenwert findest, mit Prophylaxe erst ab Klasse 5 anzufangen. Ich wollte nur aufzeigen, dass es teilweise eben Modelle gibt, wo früher interveniert wird.

          Dass Kinder nicht alles mitnehmen, ist mir auch klar und ich glaube auch nicht, dass alles selbst erledigt wird, weil es den Kindern einmal gezeigt wurde. Hab ich auch nicht behauptet. Ich wollte nur sagen, dass frühzeitiges Ansprechen bei den Us (fing bei uns tatsächlich bei der U2 schon an) plus frühzeitige Prophylaxe plus Befund an die Eltern vielleicht das eine oder andere Kind mehr erreicht. Alle garantiert nicht, das denke ich auch.

  7. Also ich kann mir nicht vorstellen, dass das was die Eltern da über den Zahnarzt erzählen, stimmt.
    Ganz nach Dr House: Alle Patienten lügen.
    Jeder Zahnarzt (bin ich selbst auch) hat mindestens 1 ( oder sogar mehrere je nach Stadt) Kinderzahnarztpraxen, an die er Kinder, die zu klein oder behandlungsunwillig sind, überweist.
    Und sicherlich von diesen Praxen auch Visitenkarten zum mitgeben da.
    Im Zweifelsfall einfach mal den Zahnarztkollegen anrufen.
    Denke es sind einfach Ausreden der Eltern.

  8. Uff, das ist hart. Ich habe selbst so viele Probleme mit den Zähnen (sicher noch im Normalbereich, aber wie aufwendig so ein Implantat ist, hattest du ja schon mal ausgeführt) und das bei normalen Zähnen in der Kindheit. Wie muss es der armen Socke dann erst als Erwachsenem gehen? Wird er mit Mitte 30 überhaupt noch einen intakten Zahn haben?

  9. Puh. Bei dem fast zahnlosen Kind in unserer Grundschulklasse war’s „Klar putzt der die Zähne. Aber nützt ja nix, oder? Danach beim Fernsehen isst er ja eh wieder Süßigkeiten und dann schläft er ja, soll ich den zum Zähneputzen nochmal wecken? Der Lehrer sagt doch, das Kind braucht genug Schlaf!“
    Aber unwillige Zahnärzte hatten wir auch schon Zuhauf. Backenzahn mit angeborenem Zahnschmelzdefekt wurde durch Abwarten behandelt, die riesige Eiterbeule, die sich daneben bildete, wurde dann innerhalb von drei Tagen von drei Zahnärzten als „da kommt wohl noch ein Zahn durch, na, wenn das nächste Woche noch weh tut, gucken Sie doch noch mal irgendwo vorbei“ weitergeschickt. Der Vierte griff dann beherzt zur Zange…

  10. Schlimm. Wie kann einem die Gesundheit des eigenen Kindes nur so völlig egal sein?! Was für eine handhabe hast du, wenn das den Eltern weiterhin völlig egal ist? Jugendamt?

      1. Ich glaube keinem Patienten der so etwas über Kollegen erzählt und selbst nicht in der Lage ist für sich (oder hier: seine Kinder) zu sorgen. Und auch aus diesem Grund finde ich Kollegenbashing an dieser Stelle absolut unangebracht.

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