Wenn´s stinkt

Herr Dokter, ja, wann isses denn nun Durchfall, eigentlich?

Wessen Säugling mit Muttermilch großgezogen wurde, weiß, was ein Kleckerstuhlgang ist – dann für gewöhnlich gelb-körnig (die Lehrbücher nennens immer senfig) und normal riechend (Lehrbuch: „aromatisch“). Die mit der Flasche Gezogenen kennen schon eher die festere Variante, vielleicht auch die grün-labbrig-stinkige (bei „HA“-Milchen). Naja. Gehen wir nicht zu sehr in die Tiefen der Stuhlvisite. Aber es möge illustrieren, wie schwer es Eltern fällt, ein normales Säuglings-Kack von einem pathologischen zu unterscheiden. Wen wunderts auch, dass sich Mütter mit Vorlieben über die Ausscheidungen ihrer Kiddies austauschen. bei so schönen Farbpaletten.

Aber wann isses denn nun Durchfall, Herr Dokter?

Es vergeht vermutlich keine Woche, in der mir nicht eine Windel unter die Nase gehalten wurde, um diese Frage ultimativ zu beantworten. Die Altvorderen haben darin eine Lebenserfüllung gesehen: Die Stuhlvisite. Ältere Kinderkrankenschwestern erinnern noch gerne die Visiten auf Station, bei denen der Chefarzt erstmal eine Quasiprise Stuhlgang inhalierte, bevor er ins Zimmer zum Patienten ging. Zu meiner Zeit war es nur noch die visuelle Phantasie, die er aufbringen musste, wenn Klein-Kinderdok als Stationsarzt den morgendlichen Stuhlgang des kleinen Patienten beschrieb. „Das ist Rota“, sagte er dann immer. Immer.

Sie, Herr Dokter? Ja? Durchfall?

Säuglinge haben nun mal Kleckerstuhl. oft. Durchfall wird´s immer dann, wenn es das normale Maß überschreitet. Wenn aus einmal täglich fünfmal wird, oder aus sechsmal täglich zehn. Durchfall ist´s, wenn die Konsistenz sich weiter verflüssigt, wenn aus dem Senf Wasser wird oder aus der Form plötzlich Gelöstes.
Und der Duft. Wenn´s stinkt, dann ist es krank. der wichtigste Sinn in der Stuhldiagnostik ist der Geruch. Also liebe Mutter, ich verspreche es: wenn Dein Baby Durchfall hat, dann wirst Du es zuerst mal hören, dann riechen, dann sehen.

Weiteres: Sprechen wir über Faeces I, Sprechen wir über Faeces II

(c) Daniel Case (Free license CC BY SA 3.0)

6 Antworten auf „Wenn´s stinkt“

  1. Und wenn die Kinder in der KiTa sind sagt einem dann der/die ErzieherIn ob es Durchfall ist. Ohne Wenn und Aber.
    Und dann steht man beim Kinderarzt des Vertrauens und muss erklären, warum man mit einem fitten Kind eine Krankschreibung benötigt…

  2. „Also liebe Mutter, ich verspreche es: wenn Dein Baby Durchfall hat, dann wirst Du es zuerst mal hören, dann riechen, dann sehen.„

    Den Satz muss ich mir unbedingt für die Arbeit merken! Danke dafür.

  3. Hätte es diesen Artikel doch bloß mal eher gegeben! Nach wirklich langer Diagnosesuche aus völlig anderen Gründen fragte der Arzt uns irgendwann: Der Stuhl des Babys riecht aber normal? Und wir: Ja, stinkt halt, aber ist ja normal, oder? Er: Das hätten Sie aber wirklich eher sagen können! Tja… Wir hatten uns tatsächlich nichts dabei gedacht, dass sich der Stuhl nach ein paar Monaten (beim die ganze Zeit und auch da noch vollgestillten Kind) verändert hat. Dachten, das Kind wird halt älter, im Darm ändert sich bakteriell bestimmt auch was mit der Zeit…
    In Wirklichkeit waren das Fettstühle, das Kind hatte (unter anderem) eine Pankreasinsuffizienz. Zu unserer Verteidigung muss ich sagen: Später haben wir beim selben Kind dann auch mal „richtige“ Fettstühle gesehen, mit Fettaugen und allem, aber damals war das wirklich nur stinkig und von merkwürdiger Konsistenz.

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