Therapieresistenz

Mutter: „Die hustet immer noch.“ Sie spricht von ihrer dreizehnjährigen Tochter, die neben ihr sitzt.
Ich: „Hat sie denn weiter inhaliert?“ Die Tochter hat asthmatische Probleme, ist nebenbei bei einem BMI von 32 kg/m2, und ich hatte sie vor drei Wochen auf ein inhalatives Corticoid gesetzt.
Mutter: „Naja, wir haben das weggelassen. die hustet ja immer noch.“
Ich: „Ja, aber die Lunge war doch nachher frei. und jetzt durften Sie erstmal dauerhaft inhalieren, damit es nicht wieder zu einer Verschlechterung kommt.“
Mutter: „Mmmh. Hat ja nichts gebracht. Sie hustet immer noch.“
Ich: „Diese Dauerinhalationen brauchen ein bisschen Zeit. Unter zwei Monaten geht da nichts. Sie hätten weiter inhalieren sollen. Jetzt fangen Sie nochmal von vorne an.“
Mutter: „Hat ja nichts gebracht.“
Tochter: „Hat ja nichts gebracht, ich huste immer noch.“
Ich: „Ok. Vorschlag (wie übrigens schon vor drei Wochen): Du inhalierst jetzt nochmal regelmäßig mit deinem Diskus, wenigstens bis Ende Oktober – und dann treffen wir uns hier nochmal.“
Tochter: „Ich muss auch immer schwer atmen, wenn ich eine Treppe hochsteige oder beim Rennen.“
Ich: „Ja.“ (siehe BMI)
Mutter: „Und der Husten?“
Ich: „Die Lufu war mit dem kurzwirksamen Medikament richtig gut. Und nun darf Ihre Tochter einfach dauerhaft mit ihrem Diskus inhalieren, damit es auch so bleibt.“
Mutter: „Aber was soll ich mit einem Medikament, das nichts bringt? Da setze ich es lieber ab.“
Ich: „Noch mal deutlich: Ich empfehle Ihnen, das Medikament dauerhaft zu benutzen, aber Sie lassen es weg nach ein paar Tagen? Dann kann es auch keinen Erfolg zeigen.“
Mutter: „Also sind wir jetzt Schuld?“
Ich: „Ja!!! Da geht´s nicht um Schuld. Es geht darum, dem Medikament eine Chance zu geben.“
Mutter und Tochter im Chor: „Also müssen wir jetzt so weitermachen?“
Ich: „Ja.“
Mutter: „Vielleicht schreiben Sie doch lieber einen Hustensaft auf?“

Aaaah!!

(c) Bild bei LiveLaughLove (Free bei Pixabay)

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8 Antworten auf „Therapieresistenz“

  1. Von dem geschriebenen abgesehen: Ein durchschnittliches Mädchen im Alter von 13 Jahren dürfte etwa 1,65m groß sein. Bei einem BMI von 32 würde das einem Gewicht von 87 Kg entsprechen.
    Ich würde sagen, das Kind hat ein deutlich schwereres Problem als ständiges husten, was primär angegangen und auch angesprochen (und nicht nur angedacht) werden müsste – wahrscheinlich hört dann auch das husten von alleine auf….
    Ja, wenn jemand wegen husten kommt ist es doof, wenn dann wegen dem Gewicht was besprochen wird – ich will auch nicht bei jedem Arztbesuch auf mein Übergewicht angesprochen werden – aber wenn sie dann auch noch ihre Kurzatmigkeit anspricht (nun, zum husten braucht es ja erst mal auch Luft in der Lunge), nun, ach mensch, da sind offenbar noch einige weitere Baustellen zu beackern…

  2. Neulich wollte ich mir eine Hühnersuppe kochen. Habe das Huhn gesäubert, in den Topf gelegt, mit Wasser bedeckt, Salz und Pfeffer dazu getan, das Suppengemüse bereit gelegt und das Wasser ums Huhn zum Kochen gebracht. Genau nach Rezept. Nach 5min kochen habe ich ein Stück von Huhn probiert – UN GE NIEß BAR!

    Habe meine Omi angerufen, die hat echt Ahnung vom Kochen und hat in meiner Kindheit immer super leckere Hühnersuppe geköchelt. Die hat gesagt, so ein Huhn muss schon mal 2-4 Stunden kochen, je nachdem, und so würde das auch im Rezept stehen. Habe ihr gesagt, dass ich das für nicht in Ordnung halte, weil
    a) nach 5min hat es noch kein bischen gut geschmeckt!
    b) Sushi muss gar nicht kochen! (Zumindest habe ich den Koch in der Sushi-Bar meiner Wahl noch nie beim Sushi-machen mit einem Topf gesehen!)

    Daher werde ich nie wieder Hühnersuppe zubereiten, weil einerseots offensichtlich alle Rezepte zur Hühnersuppenzubereitung falschsind , und/oder weil andererseits alle Suppenhühner ungenießbar sind!

    Werde mir in Zukunft wieder halbe Hähnchen am Stand holen, die schmecken wenigstens…..

    [Kopf->Tisch]

    Werter Kinderdok – viel Erfolg und unendliche Geduld wünsche ich Dir für Deine und bei Deinen Erklärungen.

  3. Ich liefere mal noch eine Übersetzung:
    „Mmmh. Hat ja nichts gebracht. Sie hustet immer noch.“
    „Wir/die Tochter will nicht inhalieren und wir wollten uns erkundigen, ob es nicht eine Möglichkeit gibt, die Symptome schneller zu bekämpfen als mit einer langwierigen Behandlung, bei der erstmal kein Effekt wahrzunehmen und das Ende nicht abzusehen ist.“

    Für den Kinderdok kann ich nicht sprechen, aber meiner Erfahrung nach fahren erstaunlich viele Ärzte eine massiv demotivierende Salamitaktik, wenn es darum geht, wie lange eine Behandlung durchgeführt werden muss. Insbesondere bei unangenehmen Behandlungen. (Keine Ahnung wie aufwändig das hier beschriebene Inhalieren ist. Ich kenne es z.B. von Kompressionsstrümpfen und Augenpflastern. Wenn es beim Dreijährigen heißt, ab Schulalter passiere mit den Augen nicht mehr viel und mit 7 Jahren ist dann plötzlich vom 10. Geburtstag die Rede.)

    1. Aufwendig ist da überhaupt gar nix — es geht hier offenbar um ein Cortisonspray. Je nach Dosierung ein bis zweimal täglich tief ausatmen, Spray vor den Mund, abdrücken, dabei tief einatmen. Evt. wiederholen (je nach verordneter Dosierung). Anschließend Mund gut ausspülen (oder z.B. vor dem Zähne putzen anwenden), weil es sonst Pilzinfektionen geben kann.

      Meine tägliche Routine seit nunmehr fast 20 Jahren. Deutliche Besserung damals bereits nach wenigen Wochen. Minimale Asthma-Beschwerden, top Lungenfunktion, keinerlei Nebenwirkungen.

      Und ja, es ist schon wichtig das Ärzt_innen deutlich erklären, dass es auch Daueranwendungen nötig sein können, dass es unglaublich wichtig ist, dass Zeug auch und gerade dann weiter zu nehmen, wenn die Beschwerden nachlassen (allenfalls Dosisreduktion nach Absprache), auch wenn sich Asthma bei Kindern manchmal noch in der Pubertät auswächst.
      Dass das aber wirklich nicht schlimm ist, denn wenn mit so geringen Maßnahmen eine potentiell tödliche Krankheit so perfekt kontrolliert werden kann — dann ist das absolut wunderbar!

      Im beschriebenen Fall ist es ja schon zu Beginn gescheitert — offenbar schwer zu verstehen, dass manche Medikamente eine Weile genommen werden müssen um zu wirken.

      1. Beim beschriebenen Diskus muss man nicht mal mit dem „sprühen“ aufpassen geschweige denn die Koordination zwischen „Sprühstoß auslösen“ und „einatmen“ hinzubekommen. Das ganze funktioniert so:
        1) Man „spannt“ das Teil (versetzt es in Funktionsbereitschaft). Einfach einen Hebel ziehen.
        2) Man atmen aus. NEIN! NICHT durch das Gerät!
        3) Man setzt das Gerät mit dem Mundtsück an den Mund.
        4) Man atmet tief ein. Durch den Mund. NICHT durch die Nase!
        5) Man hält kurz die Luft an.
        6) Man atmet aus. NEIN! NICHT durch das Gerät. (In diesem Fall tatsächlich am besten durch die Nase.)
        [7) Man spühlt sich den Mund kurz mit lauwarmen Wasser aus / gurgelt. Kommt auf die Wirkstoffkombination in dem Gerät an.]

        Das ganze ist ein Zeitaufwand von ca. 30 Sekunden pro Anwendung. Zumindest, wenn man etwas Übung hat, was man nach einer Woche Benutzung eigentlich schon haben sollte.

  4. „Noch mal deutlich“ war für die mutmaßliche Bildungsschicht überhaupt nicht deutlich. Daß hat die Frau schlicht nicht verstanden, denn das ist Intellektuellensprech. „Das muß sie jetzt mindestens, mindestens!, sechs Monate lang morgens und abends anwenden, und dann, dann! sehen wir, was es bringt“ wäre deutlicher, aber wahrscheinlich noch zu kompliziert.

  5. Ja.
    Mein L-Thyroxin hat meine Schilddrüsenunterfunktion immer noch nicht geheilt.
    Mein Blutdrucksenker hat das grundsätzliche Problem meines Bluthochdrucks auch nicht beseitigt.
    Ich lasse beides dann mal weg, oder?

    Ehrlich. Man fasst sich an den Kopf.

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