wieso muss ich eigentlich immer und ständig irgendwelche verletzungen und schnittwunden nachkontrollieren?
die kinder schneiden sich in den finger oder treten in eine glasscherbe, dann gehts zum chirurgen oder in die notfallambulanz der hiesigen klinik, und die wunde wird geflickt geklebt verbunden. soweitsogut.
aber dann werden die patienten immer am nächsten tag zum hausarzt geschickt (übrigens auch, wenn sie in der nacht versorgt werden – was übrigens auch vorkommt – da war dieses zweijährige kind, welches um 23 uhr in eine glasscherbe getreten ist. um 23 uhr. da stell ich mir ganz andere fragen. aber ich schweife ab.)
manchmal denke ich, die chirurgen haben so einen textbaustein im programm, den sie am ende den eltern mitgeben – “lassen sie die wunde morgen nochmal bei ihrem hausarzt anschauen.”
noch nie nie nie never ever habe ich erlebt, dass diese wunden dann entzündet waren oder dehiszent oder wasauchimmer. warum auch?
aber für die leute bedeutet es, brav dieser empfehlung zu folgen, termin zu machen, im wartezimmer zu hocken, den schlauen blick des kinderdoks über sich ergehen zu lassen, die geschichte der verletzung nochmal herzubeten, mit zwei drei viren mehr nach hause zu gehen. und einem neuen verband.
ich schaue mir sowas ja gerne nach ein paar tagen an, außerdem denke ich, die kinder und die eltern sind reif genug, selbst zu beurteilen, ob etwas dick oder rot oder eitrig wird oder eine wunde wieder anfängt zu bluten.
aber nein. jedes mal wieder. “am nächsten tag nochmal gucken lassen.”
und die steigerung: “mal schauen lassen, ob der tetanusschutz noch ausreichend ist.” – wäre er es nicht, wäre der patient im entscheidenden fall schon infiziert. der tetanusschutz muss am gleichen tag überprüft werden. vom behandelnden arzt. durch vorlage des impfbuches.
zurück zu den schnittwunden. sie sind immer sauber, immer gut ausgeführt (schließlich sind die chirurgischen kollegen der umgebung keine schlächter), nie entzündet.
und warum muss ich sie dann nochmal anschauen?
grrr. genug sonst zu tun hab.
Also, als eine, die eben in der Ambulanz die Erstversorgung macht muss ich sagen, daß es mir von meinem Chef so aufgetragen wurde, daß alle nachgeschaut gehören und zwar in einem kurzen Zeitintervall.
Ich setze mich allerdings oft über diese Regel hinweg und denke mir ein einigermaßen bemittelter Patient wird schon kommen, wenn es suppt, eitert oder ähnliches. Ich sage auch den Patienten grundsätzlich auf was sie achten sollen. Da ich immer freitags Nachtdienst habe muss ich mir die Leute immer wieder in die Klinik einbestellen, aber eigentlich immer erst Sonntags. es sei denn es sieht schon versifft aus.
Manchmal überlege ich aber auch, und was ,wenn da ne fette Entzündung draus wird, wenn am schluss eine Osteomyelitis etc. am schluss gibts eine unbrauchbare Hand oder so, dann bin ich der Depp, wenn nicht in meinem Arztbrief drin steht, der Patient solle sich nochmals zur Kontrolle beim Hausarzt am nächsten tag einfinden.
Alles ein wenig kompliziert.
bin zwar kein Kinder-Hausarzt, sondern Erwachsenen-Hausarzt und kenne das “Problem”. Bin aber durchaus der Ansicht, dass die Anweisung, “am nächsten Tag zum HA zu gehen” völlig richtig ist. Wenn der Chirurg sagen würde ” na ja, vielleicht in 8 Tagen” oder, “lassen Sie’s irgendwann mal kontrollieren” oder ähnliches nicht-imperatives, keine Sau würd’ kommen. Nicht dass ich dadurch einen Praxiseinbruch erleben würde: nein, natürlich wäre das auch für mich erholsamer. Nur leider hab ich schon viel zu viele versiffte Wunden gesehen, wo die Patienten (trotz des chirurgischen Imperativs) nicht gekommen waren. Und dann musste ich mir die Litanei anhören über den Kurpfuscher, der wohl unsauber gearbeitet hatte, oder der vielleicht noch das Bestck vom letzten Patienten benutzt hat. Nur keine eigene Schuld zugeben. Diese Diskussionen find ich dann viel ätzender als der kurze Blick drauf und ein wohlwollend-aufmunterndes(-eigenwerbungs)Lächeln “ist doch gar nicht mehr so schlimm”.
ja. auch dieses problems bin ich mir bewußt. vielleicht habe ich reium genug fitte chirurgen – bisher waren alle wunden wunderbar. grundsätzlich bin ich auch nicht gegen eine nachkontrolle, nur die sofort am nächsten tag stört mich. der chirurg kennt doch auch wundinfektionen – vor zwei oder drei tagen sind die doch eher selten.
da glaube ich schon eher an das argument von newty “Haftungsgründe sind dran Schuld, afaik ist der letzte Arzt, der behandelt hat(und seis nur intelligent gucken und neuen Verband draufpacken lassen) der Böse, wenn was schief geht”
wieauchimmer – ich werde das problem nicht lösen und auch weiterhin “ist doch gar nicht so schlimm” murmeln.
Ich dachte, die Regel für Tetanus wäre “innerhalb von 24 Stunden” – ist das falsch?
ja. korrekt. aber dann wiederum meist freitag nachmittags und am wochenende läuft gar nichts. deshalb besser, wenn sich der behandelnde gleich drum kümmert.
und von wegen “innerhalb 24 stunden” – die dürfen natürlich gerne am nächsten tag kommen.
Achso. THX 🙂
…und die eltern, die drei mal am tag reinplatzen – schnell mal von der “sprechstundenhilfe” ´n neuen verband machen lassen (die tante trinkt ja sonnst nur kaffee), weil, der alte ist schon ein bisschen schmuddelig ( abgerollt,falsche farbe…) und so kann horst-emmanuel morgen nicht in die schule ( und im matsch spielen)…und dann wieder und wieder neue verbände von der gelangweilten sprechstundentante machen lassen. zahlt die kasse und in der fernsehzeitung unter der rubrik “was macht eine gute praxis aus” steht auch, “man muss denen da nur mal sagen, wo´s langgeht…!”
was könnte man in der zeit alles“sinnvolles” tun !
Das ist eines der typischen Lemminge-Rituale von Ärzten. Wird schon seit den Zeiten von Aderlass und Urinfinger ablutschen so gemacht und niemand hat es je hinterfragt. Darüber hinaus sind wir heute ja alle “Absicherungsmediziner”, die meinen, man könne das normale Lebensrisiko auf Null bringen, wenn man nur gründlich genug ist …
“ich schaue mir sowas ja gerne nach ein paar tagen an, außerdem denke ich, die kinder und die eltern sind reif genug, selbst zu beurteilen, ob etwas dick oder rot oder eitrig wird oder eine wunde wieder anfängt zu bluten.”
Da muss ich einfach wiedersprechen, nach meinen Erfahrungen gibt es leider genug Menschen die nicht reif genug sind so etwas zu erkennen.
Das macht genauso wenig Sinn, wie die Gipskontrolle einen Tag nachdem er angelegt wurde. Das habe ich als Kind zweimal erlebt. Beides mal das Handgelenk durch, beide male wurde nach dem eingipsen gesagt, ich solle nochmal ins KH zur Kontrolle kommen. Resultat: 3 Stunden warten (so eine Notfallambulanz ist halt oftmals voll!), rein zum Eingipser, Frage: “Drückt es irgendwo?” Antwort: “Nö!” und dann wurde man nach Hause geschickt. Mir als Kind war das damals ziemlich wurscht, aber ich erinner mich, dass mein Vater beim zweiten Mal sagte, dass wir das nächste Mal nur kommen, wenn es drückt!!!
Heute ist es so, dass die Leute mit nem Gips zum Hausarzt geschickt werden. Von da an kann man eigentlich deinen Blogeintrag so übernehmen. Nur, dass der Gips nicht extra abgemacht wird, sondern nur gefragt: “Drückt es irgendwo??”
Danke, das hab ich mich auch schon gefragt.
Bei größeren Wunden mit Verbandswechsel macht es ja noch Sinn *find* aber so Kleinigkeiten…?
@Daniela
Ich denke, die Leute inner Ambulanz wissen, dass der kinderdoc nur einmal Geld zu sehen bekommt für den Patienten – zum Fädenziehen muss man nämlich spätestens wieder hin.
Auch mir als Erwachsener wurde gesagt: “Gehen Sie morgen mit dem Schnitt zum Hausarzt – das heißt Montag, am Sonntag wird der Ihnen wohl ganz anderes antun, wennn Sie den besuchen.”
Wenn du mich fragst: Haftungsgründe sind dran Schuld, afaik ist der letzte Arzt, der behandelt hat(und seis nur intelligent gucken und neuen Verband draufpacken lassen) der Böse, wenn was schief geht und der Patient ne zu gute Rechtsschutzversicherung hat 😛 Oder irre ich? Zumindest was Infektionen oder ähnliches betrifft, nichts gegen vergessenes Instrument bei Vollnarkose OPs ^^
Also die “abschweifenden Gedanken” (23Uhr -> Schnittwunde, hää?), die würde ich mir als Arzt dann wohl auch eher machen?!
Vielleicht wollen die chirurgischen Kollegen auch nur Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ergreifen, so wegen Wirtschaftskrise und so. Oder sie sind sich der Gründlichkeit ihrer Arbeit um diese Uhrzeiten nicht so sicher und wollen das einfach nochmal nachgeprüft wissen! *g* Wer weiß, wer weiß… 😀
Und außerdem gibt es den Behandlungsbrief für den Kinderhausarzt. Den ich btw wohl noch nie abgegeben habe. Genausowenig wie ich am Tag danach zum Arzt dackele, ich kann ja sehen, ob’s nötig ist, und meine Zeit hab ich auch nicht gestohlen… bin ich jetzt böse?
Aber mal andersrum gedacht: die Krankenhausärzte bekommen die Kinder ja auch nur “einmal im Leben” zu Gesicht. Da mag es schon ganz gut sein, wenn die Eltern nochmal zum Hausarzt dackeln sollen, vielleicht ergänzt es ein Bild von Kindesmißhandlungen. Andererseits – wer glaubt tatsächlich, mißhandelnde Eltern wären so um ihr Kind besorgt, daß sie wegen einer Schnittwunde(!) nochmal zum Arzt gingen?
Salat