Die Crux mit der Meningokokken-B -Impfung

Meningokokken auf Agarplatte

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Neue STIKO-Empfehlung nun schon seit Januar

Seit Januar nun ist sie offizielle Impfempfehlung durch die Ständige Impfkommission STIKO: Die Meningokokken B Impfung. Bereits ab dem Säuglingsalter ist sie in das Impfschema implementiert, geimpft wird zweimal mit zwei und vier Monaten, sowie ein drittes Mal nach dem ersten Geburtstag. Aber bezahlt wird sie weiterhin nur auf komplizierte Weise.

Der Weg von einer Impfempfehlung hin zur problemlosen Impfung „auf Versichertenkarte“ ist ein langer Prozess, hoffen wir, dass er nicht länger dauert als die Entscheidung der STIKO, die Meningokokken-B-Impfung zu empfehlen.

Kostenübernahme bei Privatversicherten problemlos

Sobald die STIKO ihre Empfehlung abgibt, sollte einer logistisch unkomplizierten Impfung in den Arztpraxen nichts mehr im Wege stehen. So denkt man. Für Privatversicherte gilt das auch in aller Regel: Die meisten Privatkassen und Beihilfen erstatten Impfungen, sobald sie von der Kommission empfohlen sind. Dies wird meist so vertraglich zugesichert. Für gesetzlich Krankenversicherte ist das aber nicht so.

Zum einen muss der Impfstoff selbst in die Arztpraxen gelangen. Bei den etablierten Impfungen bevorraten sich die Arztpraxen mit den Impfstoffen, das heißt die Ampullen werden über „Sprechstundenbedarf“ bestellt. Die Kosten hierfür übernehmen automatisch die Krankenkassen. Wir reichen „Sprechstundenbedarfsrezepte“ (hier als Impfstoffrezept) an lokale oder Versandapotheken und erhalten den Impfstoff zur Lagerung in unserem Impfkühlschrank. Hierbei können große Mengen auf einmal bestellt werden, die Rezepte werden nicht auf den Einzelnamen des Impflings ausgestellt.

Die Patient:innen kommen in die Praxis, werden geimpft, die Aktion des Impfens können wir dann über eine entsprechende Abrechnungsziffer des EBM (einheitlicher Bewertungsmaßstab – die Gebührenordnung für Gesetzlich Versicherte) bei der Kassenärztlichen Vereinigung unseres Bundeslandes einreichen, das Honorar wird uns dann (übrigens ein halbes Jahr später, anderes Thema…) erstattet.

Für Gesetzlich Versicherte ist die Kostenerstattung kompliziert

Aktuell ist die Meningokokken-B-Impfung zwar eine offizielle Empfehlung, aber es gibt noch keine Abrechnungsziffer und auch noch keine Möglichkeit des Bezugs über Sprechstundenbedarf. Die Voraussetzung hierfür wäre eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassen. Diese findet nicht automatisch statt.

Ein erster Schritt ist jedoch die Veröffentlichung der Impfempfehlung im Bundesanzeiger, das zumindest ist letzte Woche erfolgt. Mit diesem Schritt sind nun die Krankenkassen verpflichtet, die Kosten für die Impfung (Arztleistung und Impfstoff) zu erstatten. Der Marktwert des Impfstoffes ist festgelegt, die Arztleistung kann zum jetzigen Zeitpunkt jede Praxis selbst festlegen, als „individuelle Gesundheitsleistung“ IGeL, üblich ist ein Honorar zwischen 20 und 40 Euro. Die Patient:innen, also die Eltern, müssen die Kosten selbst übernehmen und dann bei der Krankenkasse einreichen, um sie erstattet zu bekommen. Der Impfstoff wird als Privat-Rezept auf den Einzelnamen ausgestellt, die Kosten des Impfstoffes müssen ebenfalls die Eltern vorstrecken und auf Erstattung hoffen.

Impfen „auf Karte“ ist dem Impfgedanken zugänglicher

Umstände, die dem Impfgedanken zuwider laufen. Da die Impfung seit über zehn Jahren auf dem Markt ist, als Indikationsimpfung (also bei chronischen Erkrankungen) schon lange empfohlen wird und die allgemeine Impfempfehlung schon lange in der STIKO kreißte, frage ich mich, warum dieser Erstattung nicht in einem Handstreich möglich ist. Die entsprechenden Impfziffern und Modalitäten müssen doch schon lange in den Schubladen liegen.

Nun, da geht es um viel Geld. Es geht um Verhandlungen der Erstattung der Arztkosten zwischen Ärzt:innen und Krankenkassen. Es kursieren Gerüchte, dass die Impfleistung lediglich mit acht Euro vergütet werden soll, obwohl der Aufwand der Beratung bei einer neuen Impfung viel höher ist als bei etablierten Impfungen. Im Moment erhalten die Ärzt:innen bei der o. g. IgeL-Leistung deutlich mehr Geld.

Also wundert Euch nicht, wenn es in der Kinder- und Jugendarztpraxis im Moment noch etwas komplizierter zugeht, Ihr Privaterklärungen unterschreiben müsst und vielleicht sogar den Impfstoff selbst mitbringen müsst: Die bürokratischen Mühlen mahlen langsam.

(c) Bild bei Flickr/Nathan Reading (CC BY-NC-ND 2.0 DEED)

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5 Antworten auf „Die Crux mit der Meningokokken-B -Impfung“

  1. Du schreibst, dass Ihr kühlpflichtige Impfstoffe auch über Versandapotheken bestellt.
    Aus reiner Neugierde: Liefern die im Jahr 2024 die Kühlware an eine Arztpraxis mittlerweile endlich auch temperaturkontrolliert oder kommt das immer noch normal über DHL? Ich frage nach, weil beim normalen Transport über DHL & Co. die Einhaltung der Temperatur beim Transport nicht kontrolliert ist.
    Gerade im Hochsommer kann beim Transport die Ware durchaus Temperaturen über 40 Grad erreichen (vielleicht auch nur kurzzeitig) und Proteine denaturieren dann halt einfach / flocken halt dann aus. Und gerade im Winter kann die Ware einfrieren oder anfrieren (vielleicht auch nur kurzzeitig), was ebenfalls zum Denaturieren führt.
    Und Du als Arzt weißt ja ebenfalls, dass eine Injektion von Proteinaggregaten potentiell zu einem Embolus führen kann (die Gefahr ist ja nicht nur hypothetisch sondern real).

    Hintergrund: Arzneimittel werden vom Hersteller zu einer Apotheke grundsätzlich nur temperaturkontrolliert versendet (Trans-o-flex und Co.), was deutlich teurer als ein normaler Transport über DHL ist (weil Kontrolle über Datenlogger und entsprechende Dokumentation). Das ist rechtlich auch so vorgeschrieben (das Regelwerk heisst GDP – Good Distribution Praxis). Interessanterweise reicht beim Versand von Online-Apotheken an Endverbraucher von rechtlicher Seite immer noch ein normaler Versand aus (und die einzige Begründung hierfür ist, dass das ansonsten ja zu teuer käme und damit unwirtschaftlich wäre). Es ist immer noch so, dass die Haftung einer Online-Apotheke für die Einhaltung der Temperaturbedingungen mit der Übergabe an den Transport-Dienstleister endet.

    Und ja: Ich bin angestellter Apotheker. Ich schreibe jetzt hier aber von fachlicher Seite aus.

    1. Ja, temperaturkontrolliert mit Nachweis und Zeitstempel. Hätten wir sonst nicht gemacht. Das machen die schon 10 Jahre so.
      (Btw: Die lokale Apotheke schickt die Eltern mit dem Impfstoff „auf die Hand“ auf die Reise, ohne Kühltasche o.ä.)

  2. Das war bisher bei jeder neu empfohlenen Impfung so und die Eltern kennen das, egal ob Rotavirus-Schluckimpfung oder HPV für Jungen. By the way, in Sachsen ist es seit über einem Jahr kein Problem mehr, unter anderem auch durch die Empfehlung der eigenen Impfkommission, der SIKO.

  3. Also….. Der Beschluss wurde am 29.05.24 im Bundesanzeiger veröffentlicht und somit seit dem 30.05.24 eine PFLICHTLEISTUNG (!!!) der GKV!
    Wenn die Kassen meinen sich Zeit lassen zu können mit den Verhandlungen über die Vergütung haben sie Pech gehabt! Bei mir bekommt seit gestern JEDES Kind im entsprechenden Alter ein Privatrezept mit der entsprechenden Erläuterung. Abgerechnet wird die Impfleistung privat mit Faktor 3,5 ungefähr 45 Euro.
    Die gesetzlichen Krankenkassen sich verpflichtet (!) dies zu erstatten. Als Satzungsleistung wie bei Barmer etc. rechnen wir nicht mehr ab.
    Wir sind verpflichtet den Empfehlungen der STIKO zu folgen, haben wir bislang mit Rücksicht auf die Erstattung nicht gemacht. Dies ist jetzt geklärt.
    Vorleistung, Rechnung einreichen, Kind geschützt!
    It‘s as easy…..!!!

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