Ökologische Arztpraxis

Ich habe mir einmal Gedanken gemacht, was wir in unserer Praxis für die Ökologie tun, und was wir sicher noch verbessern können. In der Medizin ist das manchmal schwierig: Aus hygienischen Gründen werden viele Einmalartikel verwendet, leider viel Wegwerfmedizin betrieben, es wird viel mit Desinfektionsmitteln gearbeitet. Trotzdem tun wir das Möglichste.

  1. Wir haben die Ökologie in unsere Leitlinien aufgenommen.
    Jede Praxis ist verpflichtet, mit Qualitätsmanagement zu arbeiten, Teil davon sind formulierte Leitlinien, die unsere Praxis ausmacht – das Streben nach Nachhaltigkeit und ökologische Ressourcenschonung ist Teil dieser Vorgaben.
  2. Unseren Strom beziehen wir komplett aus natürlichen Quellen (wie passend: Nämlich aus Wasserkraft).
  3. Wir haben einen zentralen Stromschalter.
    Dieser wird allabendlich abgedreht, so dass keine versteckten Stromfresser über Nacht oder im Urlaub laufen. Ausnahme: Der Server und die Kühlschränke sind davon abgekoppelt.
    Die Leuchten in den Toiletten sind mit Bewegungsmeldern gesteuert, so dass nach Benutzung nicht versehentlich das Licht angelassen wird.
  4. Unsere Heizungen sind smart gesteuert.
    Sie sind streng an die Öffnungszeiten der Praxis gekoppelt und steuern je nach Temperatur nach. Fenstersensoren sorgen dafür, dass beim Lüften die Heizungen ausgehen.
    Die Wärmelampen über den Untersuchungsliegen sind mit Zeitschaltuhren ausgerüstet.
  5. Wir haben keine Klimaanlage.
    Ja, die Anschaffung haben wir uns schon öfters überlegt, da im Hochsommer die Praxisfront gnadenlos der Mittagssonne ausgeliefert ist. Wir haben uns für Verschattungen und Reflektorfolien entschieden.
  6. Unsere Wasserhähne sind mit Perlatoren ausgerüstet.
    Nur an zwei Stellen in der Praxis gibt es Heißwasser an den Waschbecken, ansonsten nur Kaltwasser.
    Die Toilettenspülungen sind abgedrosselt auf Kleinmengen.
  7. In der Praxis gilt strenge Mülltrennung.
    Vor allem Papier und Verpackungen werden streng getrennt. Zugegeben, es braucht stets Nachschulung aller “Beteiligten”.
  8. Wir benutzen keine wenig Papierunterlagen.
    Eltern sind gebeten, Handtücher als Unterlagen mitzubringen. Dies gelingt in 8 von 10 Fällen, vor allem nicht bei Vertretungspatienten. (Benutzte Windeln sollen die Eltern wieder mitnehmen. Keine wirklich ökologische Maßnahme, aber es entlastet unser Müllaufkommen enorm.)
  9. Wir beziehen keine Werbeprodukte.
    Keine Pharmavertreter*innen besuchen die Praxis, so bleiben keine Prospekte oder Probepackungen liegen. Der Bezug des “Deutschen Ärzteblatt”s haben wir abbestellt (das Abbestellen der “Roten Liste” wird leider alljährlich ignoriert).
  10. In der Sonographie benutzen wir Stoffhandtücher.
    Diese werden nach Gebrauch gesammelt und später gewaschen. Das ist bei dem geringen Kontakt mit den Patient*innen, eher mit dem Ultraschallgel, vertretbar.
  11. Wir benutzen *keine* Einmalinstrumente.
    Ein sehr umstrittenes Thema, da eigentlich vorgeschrieben. Wir haben stets Sets vorrätig, allerdings haben wir wirklich selten blutige Eingriffe, wo wir diese benutzen. Beim Fädenziehen oder Verbandswechsel kommen die Instrumente praktisch nicht in Kontakt mit den Patient*innen – die Scheren und Pinzetten werden dann dampfsterilisiert.
    Otoskopaufsätze werden ultraschallgesäubert und desinfiziert, bei Sekretkontakt entsorgt.
  12. Wischreinigung erfolgt mit neutralen Seifen.
    Die nachfolgende Flächendesinfektion muss mit viruziden Mitteln erfolgen, hier gibt es kaum Potential für ökologisches Verhalten.
  13. Für Verbrauchsprodukte nutzen wir den Öko-Versandhandel.
    Wie z. B. Memo (kein Werbesponsoring), die ihre Produkte nach dem Nachhaltigkeitsprinzip anbieten und in wiederverwendbaren Versandboxen liefern.
    Den Bankverkehr wickeln wir über die nachhaltige GLS-Bank ab (leider Anthroposophen…).
  14. Wir streben eine papierfreie Praxis an.
    Bedeutet: Digitalisierung, Versand von Arztbriefen digital verschlüsselt, Einscannen von Briefen. Wiederkehrende Fragebögen für Patient*innen haben wir laminiert, diese werden nach Gebrauch abgewischt.
  15. Wir bieten unseren Mitarbeiter*innen die Möglichkeit, E-Bikes zu erwerben (als so genanntes “Jobrad”)
    Leider haben das bisher nur die ärztlichen Mitarbeiter*innen umgesetzt. Beide Ärzt*innen fahren Elektroauto (laden via Wasserkraftstrom, s. o.) und -bike. Unsere Auszubildende erhalten ein Dauerticket des ÖPNV.
  16. Wir trinken “fairen” Kaffee.

Was können wir noch verbessern?
– Nicht alle unsere Geräte arbeiten batteriefrei. Die Otoskope haben einen USB-Akku, Pulsoxy und Blutdruckmessgerät laufen leider mit Batterie.
– Nicht alle unsere Lichtquellen sind mit LED ausgerüstet, wir sind bei ca. 75%, da manche “hohen” Lampen Neonröhren haben. Bei mehreren Birnen pro Lampe haben wir die Hälfte der Birnen herausgedreht.
– Nach dem Händewaschen werden Einmalhandtücher (aus recycletem Material) benutzt. Dies schreibt die Hygieneverordnung vor, genau wie die Flüssigseife statt Stückseife.
– Wir versenden unsere Privatrechnungen noch mit der Post (allerdings ohne Kopie, also Reduktion des Papiers zu 50%), wer möchte, bekommt auch eine E-Mail. Wird leider nicht nachgefragt.

Fallen Euch noch Verbesserungen ein? Schreibt mir in den Kommentaren.

Tipps zur Nachhaltigkeit in Arztpraxen (pdf)

(c) Bild bei kinderdok


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13 Antworten auf „Ökologische Arztpraxis“

  1. Kann es sein, dass Allergiker mit dem Auto (mit Klimaanlage) gebracht werden ohne in der fraglichen Zeit lange durch die Natur laufen zu müssen? Immun geschwächte Patienten z.b. Nach Chemotherapie sollten auch so wenig keimen wie möglich ausgesetzt werden. In vielen Kliniken und Praxen ist das Standard, in den USA hat jeder Haushalt eine Klimaanlage. Aber wenn man partout nicht möchte findet man natürlich Gründe.

  2. Und? Ist die Welt jetzt gerettet? Der große Einfluss einer Arztklitsche in Deutschland ist bestimmt das Problem auf dieser Welt. Dank deiner nicht messbaren Einsparungen ist Russland, China und USA so beeindruckt, dass sie direkt auf Klimaneutralität umgeschaltet haben.

    Deutsche…die einzigen Trottel die meinen, sie könnten irgendwas bewirken und die Welt retten.

    1. @Lächerlich
      Nomen est Omen –> Geh am besten direkt sterben. Ist wahrscheinlich der einzige Beitrag den du für deine Umwelt leisten kannst.

    2. Deutsche – die einzigen, die glauben, wenn sie meckern verändert sich was. Mein Tipp an Sie: Schreiben Sie in Zukunft keine solchen Kommentare mehr, das spart Serverstrom.

  3. Heyho, das finde ich schon sehr, sehr gut. Statt GLS-Bank haben wir uns (also wir als Familie) für die Umweltbank entschieden. Wegen der Anthroposophie. Bisher tipptopp.

  4. Hallo,

    also ich finde eure Anstrengungen enorm und toll.
    Ich arbeite im Rettungsdienst und kenne die Problematik der Einwegprodukte in dem Bereich sehr gut.
    Das Einzige was ihr noch tun könntet, wäre andere Praxen zur Nachahmung animieren.
    Von mir gibt es zwei Daumen hoch.
    Gruß
    Mithrandir

      1. Klimaanlagen gehören in öffentlichen Bereichen und erst recht in Bereichen, in denen sich die Menschen nicht selbst helfen können also z. B. Patienten sind, einfach dazu. Folierungen oder andere Maßnahmen bringen nicht annähernd den gleichen Effekt. Das hat auch was mit Gesundheit und Wohlbefinden zu tun.

        1. Finde ich immer spassig, wie gut hier manche unsere Praxis und Bedingungen kennen. Doch, es geht ohne Klimaanlage. Außerdem fühlen sich manche Menschen in Klimaanlagenluft nicht wohl.

          1. Dafür gibt es einen an /aus Knopf. Aber grundsätzlich würde dann die Möglichkeit bestehen und man ist auf Glück und Zufall, wie das Wetter gerade an einem Arbeitstag ist, angewiesen. Sicherlich behandeln Sie auch Allergiker oder immun geschwächte Kinder. Da kann man mitunter nicht einfach so lüften.

            1. AllergikerInnen müssen in unsere Praxis kommen. Wie machen sie das, ohne draußen zu sein? Also, warum nicht lüften?
              Immungeschwächte Kinder? Warum sollten die von Aussenluft krank werden?

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