bericht aus orb III

wirre wortschöpfungs-sprach-euphemismus-verfachdiffizilierungen

“labeln” (sprich: läibelnd) – “katastrophisierend” – “transmissionsriemen im umgang” – “schulabsentismus” – “introzept”

wer hier sprach, war ein psychologe – hatten wir es anders erwartet? wieso müssen bei solchen vorträgen eigentlich immer irgendwelche fremdwortschöpfungen benutzt werden, als hätten wir davon nicht schon genug? manchmal meint man, die vorträge sollen dadurch interessanter werden. in diesem falle schade, denn der vortrag selbst – über die somatoformen störungen im kindesalter – war an sich interessant, und wurde für mich (vielleicht weil mein auskultierorgan ab einem bestimmten temporären punkt über diese vocabulogenese ständig salierte) erst dann so schwierig, rein linguistisch zu sequieren.
diebisch gefreut habe ich mich, als sein powerpoint-vortrag gesprenkelt war mit druckfehlern, zudem welchen mit interessanten bedeutungswendungen, aus “training” wurde “traning” und die bilder zeigten den “bauschschmerz” und die “schuphobie”.
um mit den worten des dozenten zu enden: “da möchte ich ihnen doch als take home diese message mitgeben.”

finis.

17 Antworten auf „bericht aus orb III“

  1. Ich bin eh inzwischen der Meinung, dass mindestens 80% der Psychologiestudenten das Fach gewählt haben, um ihre eigene Macke besser verstehen zu können.

    Aus den restlichen 20% können gute Psychologen werden, wenn sie nicht an die aus den 80% geraten, von denen es einige in die Lehre schaffen 😉

  2. Tja, das Thema “Klugsprech” … uns angehenden Psycho-Gesellen wir das ja von Anfang an eingetrichtert, viele nutzen es dann leider zur Selbstdarstellung (ich hätte beinahe geschrieben: für’s Impression Management).

  3. Heheheheeee!
    Sie hörten: diabolisches Ablachen in epischer Breite.

    Nein, ganz ehrlich, das gibt ein ganz schlechtes Bild ab…
    Klingt ein bissel nach Profilneurose ohne Korrekturlesen.
    *g*

  4. Was ist ein Introzept?
    Den Schulabsentismus hat er sicher nur unzureichend aus dem Französischen übersetzt (hierzuland will man dem systematischen Schuleschwänzen, absentéisme scolaire, mit ablatio allocationum familiarum, vulgo Kindergeldentzug beikommen…).

        1. Stimmt, abstempeln ist gut. Bin wohl schon zu sehr in Fachbegriffen gefangen, obwohl ich die eigentlich selten nutze, meiner Meinung nach zumindest. Da könnte übrigens auch das Problem des Redners liegen, man bemerkt sein eigenes Fachsimpeln gar nicht mehr.
          Zurück zur Introzeption. Perzeption ist allgemein Wahrnehmung. Intro -> aufs Innere gerichtet. Laut Wikipedia also im Prinzip die Wahrnehmung der Vorgänge im Körper. Also einerseits Lage im Raum, also stehe ich, liege ich, etc. Andererseits Wahrnehmung der Vorgänge im Körper, also zum Beispiel Herzschlag und Körpertemperatur.

  5. Das Problem ist, dass diese Leute immer nur mit den Begriffen um sich schmeißen die sie aus irgendeinem Grund können. Ich hab die Erfahrung gemacht, dass die “take home messenger” oft weder richtiges Englisch noch sinnvolle und verbreitete Fachbegriffe beherrschen.
    Und sie nutzen diese Einsprengsel nur deshalb so extrem, damit das ja keinem auffällt. Ist ja schließlich intölöröntes Fachpublikum anwesend.

  6. naja, ich denke, da sitzen viele einem echten klischee auf. mag schon sein, dass noch viele ärzte im ärztedeutsch reden, aber – wirklich! – als kinder- und jugendarzt kann man sich das nun wirklich nicht erlauben.
    andererseits ist es sicher legitim, auf einem kongress mit ärztlichen kollegen fremdwörter – also bei uns fachwörter – zu nutzen. mich stößt nur auf, dass man auf teufel komm raus neue worte erfinden muss. womöglich, damit der vortrag interessanter klingt.

    1. Bist du denn sicher, dass der Vortragende die Worte erfunden hat?
      DEINE Fachsprache ist ja die Medizin – und die Fachsprache der Psychologen unterscheidet sich da doch noch ein bisschen davon.

      Möglicherweise ist es also tatsächlich Fachsprache gewesen – nur halt nicht deine.
      (Ich hab mich mal über den Begriff “Gender Forschung” aufgeregt – warum man da nicht deutsch “Geschlechterforschung” sagen kann. Da wurde mir dann von jemand aus dem Fach erklärt, dass “Gender” nochmal sehr viel spezieller ist als allgemein von “Geschlechtern” zu reden. Und wenn ich ehrlich bin, gibt es genau solche Fälle, wo der Fachbegriff gegenüber dem üblichen Sprachbegriff eingeschränkt ist, in meinem eigenen Fachgebiet auch zuhauf.)

        1. Würde ich nicht sagen. Das ist wie mit Sky und Heaven, da unterteilt das Englische ja auch noch einmal, welcher Himmel gemeint ist. Genau so ist das mit dem Geschlecht. Wir haben das eine Wort. Im Englischen gibt es dagegen sex, also das biologische Geschlecht. Gender dagegen ist das empfundene Geschlecht, also fühlt man sich als Mann oder Frau. Beides muss ja nicht unbedingt übereinstimmen.

  7. Das war doch nur die kostenlose Fortbildungsbeigabe. *g* Titel “Wie wirken Sie auf Ihre Patienten, wenn sie sich nicht bemühen verständlich rüberzukommen.”
    Ich wette für 70% der Seminarteilnehmer wäre genau das die eigentliche Fortbildung gewesen. 😉

    Solche Vorträge sind ein verdammt guter Spiegel, um sich zu hinterfragen, wo man vielleicht genauso den Kontakt zur Zielgruppe verloren hat.

  8. Das ist wahrscheinlich auch ‘ne Inselbegabung. Noch schlimmer, wenn man dann das “take home” tatsächlich noch als Printout in seiner ganzen Awesomeness mit allen Typos mitnehmen darf. Hat man zuhause gleich nochmal Spaß damit 🙂

  9. “… Sie haben da ein redizives Goborrhem am vierten Valtrikel, das muessen wir haloplasieren sonst fuehrt das zu einer cilabischen Kasunexitis…” – “Häää?”
    Stimmt. Solche Konstrukte wuerde ein Arzt nie verwenden.

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